Protokoll der Sitzung vom 07.07.2010

(Beifall des Abgeordneten Dr. Axel Bern- stein [CDU] - Zuruf des Abgeordneten Flem- ming Meyer [SSW])

- Gut.

Das Zweite: Was da gerade von der Linksfraktion kam, hat mich doch etwas gewundert. Beim letzten Tagesordnungspunkt - wenn Sie sich daran erinnern - wurde die Freiberuflichkeit gegeißelt: Weg damit! Bei diesem Tagesordnungspunkt wird die Freiberuflichkeit in den siebten Himmel gelobt und als Garant für eine Leistung, auf die wir alle nicht verzichten wollen, gelobt. Meine Damen und Herren, so funktioniert das nicht. Das ist widersprüchlich, dass ist unglaubwürdig, und das ist auch kein redlicher Stil. Das will ich ganz deutlich sagen.

(Beifall bei FDP und CDU - Zurufe von der SPD)

Da muss man sich schon entscheiden, für welche Versorgungsform man sich grundsätzlich ausspricht und für welche Philosophie man sich entscheidet.

(Günther Hildebrand [FDP]: Heute so, mor- gen so!)

Der vorliegende Antrag hat zwei Zielrichtungen: erstens verbesserte finanzielle Rahmenbedingungen für die freiberufliche Geburtshilfetätigkeit auf Landes- und auf Bundesebene und zweitens eine Erweiterung des Leistungsumfangs für schleswig-holsteinische Beilhilfeberechtigte um sogenannte erweiterte Leistungen rund um die Geburt.

Ich will vonseiten der Landesregierung dazu folgende Anmerkungen machen. Erstens: Ich möchte daran erinnern und es Ihnen auch nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2007 die Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt - meines Wissens nach mit Parteibuch der antragstellenden Partei - die Hebammengebührenordnung aufgehoben hat. Damit ist die Verantwortung für Aushand

lung und Festlegung der Hebammenvergütung auf den GKV-Spitzenverband und auf die Berufsverbände der Hebammen und Geburtspfleger übergegangen. Insofern wurde für die Geburtshilfe die Entscheidungskompetenz über die Vergütung genauso geordnet, wie es für andere Berufe des Gesundheitswesens bereits zuvor galt. Ich habe das Parteibuch deshalb so hervorgehoben, weil ich meine, dass das zu Recht so geregelt wurde, genauso wie für andere Gesundheitsberufe auch.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

- Herr Kollege Eichstädt, das findet Ihre Zustimmung? Das würde ich mir für nachher aufheben. Daraus folgt nämlich unmittelbar, dass entsprechende Vergütungsvereinbarungen die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Hebammen und Entbindungshelfer zu berücksichtigen haben, also auch Versicherungskosten. Dass das am Montag im Schiedsverfahren zwischen dem GKV-Spitzenverband und dem HebammenVerband erzielte Resultat aus Sicht der Hebammen nicht befriedigt, das steht dazu nicht im Widerspruch. Ich möchte ganz deutlich sagen: Wir können nicht gestern die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen beklagen und heute kritisieren, dass die Kostenträger an der Stelle hart verhandelt haben. Auch das gehört zur Redlichkeit mit dazu.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Drittens. Eine ergänzende Vergütungsregelung durch das Land Schleswig-Holstein passt nicht zu der seit 2007 geltenden Regelung. Wenn andere Wege gegangen werden sollen, dann müssen wir auch erklären, warum wir dann andere freiberuflich tätige Gesundheitsberufe an der Stelle nicht gleich behandeln. Allerdings ist die dramatische Entwicklung der finanziellen Situation im Bereich der freiberuflichen Geburtshilfe namentlich in Folge der exorbitanten Steigerung der Berufshaftpflichtprämien uns nicht nur nicht entgangen, sondern sie ist auch uns - damit meine ich sämtliche Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsministern und Senatorinnen und Senatoren der Länder - nicht gleichgültig. Ganz im Gegenteil, auch in Schleswig-Holstein steht das Gesundheitsministerium in Kontakt mit dem HebammenVerband.

Jetzt vielleicht noch etwas zu dem Grund dieser Steigerung. Das hat herzlich wenig mit politischem Versagen von der Regierung oder der Vorgängerregierung zu tun, sondern der Grund für diese Steigerung sind die deutlich gestiegenen Summen pro Leistungsfall. Und diese deutlich gestiegenen Sum

men pro Leistungsfall beruhen auf der deutlich gestiegenen Lebenserwartung von Säuglingen, die mit einer Behinderung auf die Welt kommen.

Vor einigen Tagen war in einer großen überregionalen Tageszeitung, nämlich der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zu lesen - ich weiß nicht, ob Sie das gesehen haben -: Ursächlich für diese Kostensteigerungen sei der Umstand, dass zunehmend Menschen nicht mehr bereit seien, die Geburt eines Kindes mit Geburtsschäden als Schicksal zu akzeptieren. Meine Damen und Herren, dazu will ich Ihnen ganz deutlich sagen: Das ist falsch, und das ist auch befremdlich. Fakt ist, dass ein Haftpflichtleistungsfall - und darüber reden wir hier bei den gestiegenen Kosten - nur dann eintritt, wenn ein Verschulden vorliegt. Von Schicksal kann man hier nun wahrlich nicht sprechen, und das muss dann auch nicht hingenommen werden.

In der vergangenen Woche hat sich die Gesundheitsministerkonferenz mit der wirtschaftlichen Lage der Hebammen befasst, und zwar intensiv. Wir waren uns einig über die hohe Bedeutung freiberuflicher Geburtshelferinnen und -helfer für die Wahlfreiheit bezogen auf den Ort der Geburt. Das ist ein ganz klares, eindeutiges und einstimmiges Bekenntnis. Daher haben die Länder zunächst die deutlichen - übrigens auch von der A-Länderseite geteilten Bedenken gegen staatliche Eingriffe in die Handlungsfreiheit von Hebammen und GKV bei den Überlegungen hinten angestellt. Einigkeit bestand allerdings auch darin, dass sinnvoll allein eine bundeseinheitliche Lösung sein muss. In diesem Sinne hat die GKV einmütig die Bundesregierung und zwar sehr klar - dazu aufgefordert, entsprechende Lösungen zu finden.

Jetzt zum Petitum, die Landesregierung möge für Beihilfeberechtigte den Leistungsumfang an die Hilfen anpassen, die gesetzlich Versicherte erhalten, und eine entsprechende Verordnung auf den Weg bringen. Die Frage, ob besagte ergänzende Leistungen auch für Beihilfeberechtigte, also Angehörige des öffentlichen Dienstes und ihren Ehepartner, erstattungsfähig werden können, werden gerade von meinem Haus und dem Haus des Finanzministers geprüft. Ich will aber an der Stelle auch sofort sagen: Wir reden - unabhängig davon, wie diese Prüfung ausgeht - mit Sicherheit über einen sechsstelligen Betrag, der dann dauerhaft dafür fällig werden wird. Das muss man wissen, wenn man eine solche Forderung aufstellt.

Abschließend will ich den bescheidenden Hinweis geben, dass ich selbstverständlich das Parlament auch wenn es sich nur um eine einfache Minister

verordnung handelt, die niemandem vorgelegt werden müsste -, den entsprechenden Ausschuss, über die weiteren Erfolge und Fortschritte in dieser Frage, wenn es welche gibt, informieren werde. Ich denke, darauf haben Sie nicht nur ein Recht, sondern das ist auch der Wichtigkeit dieses Themas angemessen. Deshalb freue ich mich mit Ihnen gemeinsam auf die Ausschussberatung.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Landesregierung hat die verabredete Redezeit um 2 Minuten und 40 Sekunden überschritten. Diese steht jetzt allen Fraktionen erneut wieder zur Verfügung.

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich Herr Abgeordneter Bernd Heinemann gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie provozieren mich sehr selten, weil ich im Grunde meines Herzens auch ein Stückchen ein liberaler Mensch bin. Aber das geht manchmal auch an meine Grenzen.

Sie haben hier eben in Ihrer Rede etwas zu den Freiberuflern gesagt. Sie haben allen Ernstes gesagt, dass wir hier nicht auf der einen Seite für und auf der anderen Seite gegen die Freiberufler reden sollten.

(Minister Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich habe von den LINKEN gesprochen!)

- Sie haben von den LINKEN gesprochen, ich weiß. Ich habe das schon mitbekommen. Aber man muss den Unterschied schon richtig darstellen. Ob man maximal 14.000 € im Jahr verdient oder minimal 140.000 € im Jahr, das ist ein Unterschied, Herr Minister. Das muss man deutlich sagen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Sie vergleichen Äpfel mit Birnen bei Ihren Sparvorschlägen. Sie vergleichen Geburtskosten von 600 €, freiberuflich erzielt, hier mit Geburtskosten von 2.600 €, die Sie sozusagen gleichzeitig hinnehmen. Sie sparen bei den 600-€-Geburten und fordern zu mehr 2.600-€-Geburten auf. Das ist doch kein Sparvorschlag, das ist falsch, das ist ein Irrweg. Gehen Sie mit uns zusammen einen anderen. Sie haben das gerade auch angeboten, das nehmen wir an.

(Minister Dr. Heiner Garg)

(Vereinzelter Beifall bei SPD und der LIN- KEN)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/654 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen worden.

Ich schließe unsere vormittägliche Sitzung. Wir setzen die Sitzung um 15 Uhr mit dem gesetzten Punkt „Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken“ fort.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 13:31 bis 15:04 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir treten wieder in die Tagesordnung ein.

Begrüßen Sie bitte mit mir auf der Tribüne die Besucher des CDU-Ortsverbands Pinneberg ganz herzlich. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ganz besonders begrüße ich aber auch den SPDKreisvorsitzenden aus Schleswig-Flensburg, Herrn Ralf Wrobel, mit seinem Gast aus Schweden. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zunächst zu dem von den Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und SSW vorgelegten Dringlichkeitsantrag.

Ich rufe also auf:

Universitäten in Schleswig-Holstein nicht gegeneinander ausspielen

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/727

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann lasse ich über die Dringlichkeit des Antrags Drucksache 17/727 abstimmen.

Ich weise noch darauf hin, dass nach § 51 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung eine Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich ist. Wer die

Dringlichkeit bejaht, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Die Dringlichkeit ist einstimmig bejaht.

Ich schlage Ihnen vor, den Antrag als Punkt 42 A in die Tagesordnung einzureihen, und bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen, mir mitzuteilen, wann der Tagesordnungspunkt mit wie viel Redezeit aufgerufen werden soll.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 30 auf:

Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken