Sagen Sie vor allem aber nicht, dass dies Ausnahmetatbestände seien. Es sind massive Steuererhöhungen, die Sie einplanen. Ich frage mich, wie das alles zusammenpasst. Es ist doch erklärtes Ziel Ihrer Parteien auf Bundesebene, die Steuern eben nicht zu erhöhen. Im Gegenteil: Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP steht, dass die Steuereinnahmen um 24 Milliarden € sinken sollen.
Und dann frage ich Sie, Herr Finanzminister, und Sie, Herr Kubicki: Wie redlich ist es, von Steuererhöhungen auszugehen und diese einzuplanen, und zwar in voller Kenntnis eines Koalitionsvertrags Ihrer Parteien angesichts des Verhaltens der Bagaluten in Berlin aus Ihrer Partei? Haben Sie Ihre Rechnung denn schon einmal Frau Merkel oder Herrn Schäuble vorgelegt?
- Nein? Das ist doch aber ein Skandal, oder? Ich verstehe nicht, wie Sie sich hier hinstellen können und von Bundessteuereinnahmen ausgehen können, ohne mit dem Bundesfinanzminister oder Ihrer Bundeskanzlerin darüber überhaupt schon einmal gesprochen zu haben. Wenn die Bundeskanzlerin die Kommunalaufsicht für Schleswig-Holstein hätte, dann würde sie das niemals durchgehen lassen.
- Ja, das ist ja wunderbar, Herr Kubicki. Dann können Sie doch jetzt als Erstes, bevor Sie mich irgendetwas fragen, sagen, woher denn die 1,2 Milliarden € kommen sollen. Welche Steuer soll das denn sein, und wie groß soll deren Volumen sein? Denn darüber sollen wir ja heute hier debattieren und beschließen.
Dafür ist aber nicht dieser Ort vorgesehen. Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kubicki?
Frau Kollegin, ich möchte gern meine Frage stellen, nicht die Frage, die Herr Kollege Habeck gern hätte.
Herr Dr. Habeck, ist Ihnen bekannt, dass es eine rechtliche Verpflichtung gibt, den Konsolidierungspfad, den Schleswig-Holstein beschreiten will, mit dem Bund in einer verbindlichen Verwaltungsvereinbarung zu vereinbaren, das heißt vertraglich abzuschließen, und dass von daher Ihre Überlegungen in Bezug auf eine Freisprechung von Schleswig-Holstein obsolet werden?
Das ist mir selbstverständlich bekannt, Herr Kubicki. Ich habe auch nicht von einer Freisprechung Schleswig-Holsteins gesprochen. Ich glaube, dass Sie sich und offensichtlich auch Ihren Leuten in Berlin Sand in die Augen streuen. Dieser Pfad ist nur einzuhalten, wenn Sie massive Steuererhöhungen einplanen. Diese haben Sie eingeplant, und nur das will ich von Ihnen hören. Mit den Zahlen habe ich ja gerade erst angefangen. Wenn Sie in Berlin
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber dann kann man doch nicht Falsches behaupten!)
Wenn Sie also wieder einmal mit Ihren „ehrlichen Kaufleuten“ reden - das war ein Zitat -, dann erklären Sie doch einmal klipp und klar, dass die Vorzugsbehandlung der AKW-Lobby in SchleswigHolstein nicht akzeptiert wird, wenn schon nicht aus ökologischer Vernunft - wir werden uns ja in der Debatte am Freitag damit beschäftigen -, dann aus finanzpolitischer. Denn die Kommunen bekommen die Steuereinbrüche in den nächsten Jahren voll zu spüren. Wir haben in der Verfassung einen Schutzrahmen um sie gezogen. Es kann nicht sein, dass sich der Bund durch die Brennelementesteuer auf Kosten der Länder sanieren will. Herr Ministerpräsident, wir führen die Atomdebatte am Freitag; aber schon aus haushalterischer Verantwortung ergibt sich, dass Sie der Laufzeitverlängerung im Bundesrat nicht zustimmen dürfen. Sie können nicht zustimmen, Sie müssen sie verhindern.
Liebe Regierungsbank, durch die Fragen von Herrn Kubicki bin ich schon ein wenig vorausgeeilt. Aber vielleicht schleift es sich ein, indem ich es noch einmal in der Systematik wiederhole. Sie gaukeln nur vor, die Schuldenbremse einhalten zu können; aber die Wahrheit ist: Sie haben es nicht in der Hand. Niemand hat es in der Hand.
Nachdem wir am Montag, also vor drei Tagen, unsere Rechnung offengelegt haben, lautete die Widerlegung, die Gegenargumentation aus dem Finanzministerium, die auch heute hier hätte ausgebreitet werden können: Das stimmt nicht.
Das war die Argumentation. Nur die Behauptung, es stimme nicht, kein einziges Argument. Die Grünen haben keine Ahnung; ich habe recht. Das ist Politik. Das nennen sie dann „Handreichung an die Opposition“ und einen konstruktiven Dialog über die Entschuldung des Landes. Das ist wirklich großartig! Das ist schon harter Tobak!
Wenn das nicht stimmt, welche Steuersteigerungsrate legen Sie denn zugrunde? Sagen Sie es doch! Wenn unsere Annahmen nicht stimmen, welche stimmen denn dann? Stimmen die 1,2 Milliarden
nicht, und wie viel an Steuererhöhungen macht es denn aus? Was, Herr Finanzminister, sagen Sie dem CDU-Fraktionsvorsitzenden, Herrn von Boetticher, der am Wochenende im „Abendblatt“ unverdrossen schwadronierte, dass wir kein Einnahmeproblem haben?
- Herr von Boetticher, Sie müssen in die Finanzplanung hineinschauen. Darin steht, dass Sie mit 1,2 Milliarden € Einnahmen rechnen. Wenn das kein Einnahmeproblem ist, dann weiß ich nicht, was ein Einnahmeproblem sein soll.
Sie waren doch in der gleichen Haushaltsstrukturkommission. Sie, lieber Herr CDU-Kronprinz, müssen doch wenigstens zur Kenntnis nehmen, was der Finanzminister macht. Konservative Werte schaffen zu wollen, ist das eine; aber, das - „kein Einnahmeproblem“ - ist ein konservatives Ammenmärchen, Herr von Boetticher.
Herr Kubicki, Herr von Boetticher, der Vorwurf mangelnder Seriosität an die Opposition ist lächerlich. Diese sagt immerhin, dass man den Haushalt ohne Mehreinnahmen nicht sanieren kann. Nein, Ihre Polemik richtet sich gegen Sie selbst und gegen Ihre eigene Vorlage.
Denn bei den globalen Steuermehreinnahmen ist ja nicht Schluss. Wir haben es vom Finanzminister gehört: Zusätzlich zu den 1,2 Milliarden € sogenannter Ausnahmetatbestände weist der Finanzplan aus, dass die Ausgaben des Landes bis 2020 um weitere 500 Millionen € sinken sollen. Jetzt - das erkenne ich an, Herr Kubicki - sinken die Ausgaben um 270 Millionen €. Da frage ich: Wie realistisch ist es, den Landeshaushalt noch einmal um das Doppelte reduzieren zu wollen? Was heißt das konkret? Wollen Sie keine Universitäten mehr, keine Theater? Alle die Visionen von Herrn von Boetticher - alles weg? Dafür Klassen mit 50 Schülerinnen und Schülern? Sollen die Menschen zwei Jahre lang warten, bis sie einen Gerichtstermin bekommen? Wollen Sie die Polizei komplett von der Straße abziehen? Wie wollen Sie 500 Millionen € einsparen, zusätzlich zu den Maßnahmen, die jetzt im Haushalt stehen? Das ist die Frage. Auch diese Annahme, 500 Millionen € abzuziehen, ist eine rein theoretische. Das steht nirgendwo geschrieben,
Herr Kubicki. Sagen Sie nicht immer: Sie können das lesen. Stellen Sie sich hier hin und erklären Sie das. Melden Sie sich für drei Minuten, und sagen Sie, woher die 500 Millionen € kommen!
Das ist eine rein theoretische Annahme, und - Obacht jetzt! - sie gilt nur für den optimistischen Fall, dass wir tatsächlich 2,5 % Wirtschaftswachstum über zehn Jahre haben.
Erreichen wir das nicht, haben wir ein geringeres Wirtschaftswachstum, müssen wir Steuereinnahmen haben. Erreichen wir das nicht, müssen wir den Landeshaushalt über die 500 Millionen € hinaus weiter kürzen.
Nimmt man also beides zusammen, luftgebuchte Einnahmen und virtuelle Ausgaben, besteht eine Lücke von 1,7 Milliarden €. Der vorgelegte Haushalt beinhaltet also nicht den ersten Sparhaushalt des Landes Schleswig-Holstein. Nein, er beinhaltet die höchste Neuverschuldung, die das Land unter einem CDU-Finanzminister je hatte. Das Sparen heißt in Wahrheit neue Schulden aufzunehmen. Das haben wir heute gehört. Nur der Schuldenabbaupfad, die viel gepriesene Schuldenbremse, lässt diese hohe Verschuldung zu, weil er in den Anfangsjahren eine deutlich höhere Kreditaufnahme ermöglicht, als es nach der alten Regelung des Investitionsbegriffs verfassungskonform gewesen wäre. Da haben Sie, Herr Finanzminister, wirklich Glück. Sie lachen zu Recht. Sie können sich wirklich freuen. Hätten wir die Schuldenbremse nicht, dann wäre Ihr Haushalt nicht verfassungskonform.
Deshalb sollten wir uns alle ehrlich machen, und vor allem sollten Sie sich ehrlich machen und den Blick nach vorn wenden. Das Verfahren, das Sie zur Errechnung der strukturellen Neuverschuldung anwenden, wird von uns - wir sprachen darüber - akzeptiert, weil es die Steuerverluste, die uns die Bundesentscheidungen beschert haben, mit einpreist. 400 Millionen € Steuerausfälle - das war die zweite Frage von Herrn Kubicki aus seiner ersten Fragerunde - kosten uns die Steuerrechtsänderungen aus den Jahren 2008 bis 2010. Was die entsprechenden Beschlüsse angeht, so sitzen wieder fast alle in einem Boot. Die Grünen habe ich ja vorhin schon selbst bezichtigt. - Die Linke nicht. Wir sit
Das Verfahren, Herr Minister, akzeptieren wir, nicht die Zahlen. Denn der Hammer ist, dass die Steuerausfälle, diese 400 Millionen €, nur bis 2012 eingeplant sind. Was Sie uns hier also als solide Buchhaltung verkaufen, ist in Wahrheit ein Taschenspielertrick.
Das strukturelle Defizit war ja ursprünglich mit 800 Millionen € bis 2020 angegeben. Es wurde dann auf 1,2 Milliarden € angehoben - wegen der Steuerausfälle. Unfassbarerweise haben Sie nach der Aussage Ihres -