Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer wäre kein Traumschloss auf Papier wie die ganzen anderen Zahlen in Ihrem Papier. Wir können sie hier im Land umsetzen, wir müssen nicht nach Berlin gehen. Sie, CDU und FDP, können das heute nach dieser Debatte tun. Das wäre einmal ein Signal, dass es beim Sparen auch gerecht zugehen kann und nicht nur das Carstensensche „Wohlfahrt-kannerdrücken“ zum Zuge kommt.
Wir haben uns daran gewöhnt, dass wir konstruktive Vorschläge machen, die Sie ablehnen. Wann hat es eine Opposition gegeben, die aus freien Stücken Steuererhöhungen vorgeschlagen hat? Wann hat es das einmal gegeben? Von der FDP oder der CDU habe ich so etwas niemals gehört. Diesen Vorschlag haben wir unterbreitet, und im Anschluss an diese Debatte wird er absehbar niedergestimmt werden. Das erklären Sie dann einmal den Kitas, Bildungsstätten, den blinden Menschen, denen, denen Sie die Leistungen zusammenstreichen, warum Sie sich weigern, von Hausbesitzern einen zusätzlichen Beitrag zu erheben, den Sie dann 2013 doch einführen wollen. Das ist doch absurd!
Meine Damen und Herren, hier hätte das Parlament zusammenfinden können, keine Fraktion hätte die andere vorgeführt. Allein wieder abgelehnt. Ehrlich, ich verstehe es nicht. Das ist doch politische Dummheit. Warum eigentlich? Nur weil der Vorschlag von der Opposition kam? Das ist genau die Bockigkeit, die so enttäuschend ist. Es ist diese Haltung, die die Regierung an den Abgrund gebracht hat und seit dem 30. August über ihn hinaus. Jetzt hängen Sie in der Luft und dass sie nicht fallen, liegt einzig und allein daran, dass sie zu wenig Masse aufbringen.
All die Bundesratsinitiativen, die wir der Landesregierung in der letzten Plenartag vorgeschlagen haben, wurden von Schwarz-Gelb im Ausschuss abgelehnt, die Rücknahme der Steuerbefreiung von Herrn Wiegard in seiner Mittelfristigen Finanzplanung schon längst eingeplant - abgelehnt, und
jetzt regen Sie sich darüber auf, dass Ihnen die böse Opposition vorhält, nichts für die Einnahmeseite zu tun. Das ist nicht glaubwürdig. Sie machen sich damit unglaubwürdig.
40.000 € für einen Kulturentwicklungsplan, der Monate später noch immer unter Verschluss gehalten wird, Herr Klug. 600.000 € für ein Ehrenmal für den U-Boot-Krieg. 216.000 € für ein Gewerbegebiet, 270.000 € für eine Schokoladenfabrik, 5,1 Millionen € für einen überdachten Fährübergang, 2,2 Millionen € für einen neuen Kai in Kiel, Förderzusagen über 10 Millionen € für eine Edeltherme, 1 Million € für eine Machbarkeitsstudie zur UK S-H-Privatisierung - irgendeine Firma soll den Markt erkunden. Das sind zufällig gegriffene Zahlen aus den letzten Pressemitteilungen der Landesregierung. Das ist ein Potpourri, das ich aufgegriffen habe, wahrscheinlich nicht vollständig.
Ich frage mich: Wie schlecht muss es einem Bundesland gehen, wenn all das möglich ist? Da kann ich nicht mehr besonnen bleiben. Denn ein Jahr Ankündigungsrhetorik, Gürtel-enger-schnallen-Sprüche, Sparen, Sparen, Sparen und ein Jahr Spendierhosen für Prestigeprojekte, für zwei neue Beauftragte, neu geschaffene Stellen in der Landesvertretung, neue Abteilungsleiterstellen im Justizministerium. Und Sie sagen, die einzelbetriebliche Förderung sei gekürzt worden. Herr Koch, wenn Sie gleich reden, sagen Sie doch einmal, wo und um wie viel Sie gekürzt wird! Da wäre dringend Erklärungsbedarf.
Sollte Sie nämlich nicht gekürzt sein, wäre es in der Tat ein starkes Stück, Blindengeld, die Frauenberatungseinrichtungen, Ökolandbau zusammenstreichen, aber Beton und Asphalt lustig weiter fördern, und die Krabbenfischer in Friedrichskoog bekommen Aufschub, die Bildungsstätten nicht. Da hält man sich als Opposition zurück, Herr Carstensen, und versucht nicht, wie früher üblich, allen alles zu versprechen - und was liest man heute in der Zeitung: Der Ministerpräsident stößt in diese Lücke vor und wird zum Oppositionsführer. Da frage ich mich einmal Ihrer Logik folgend, Herr Carstensen: Welchen Baustein aus dem Haushaltsstrukturkommissionspapier haben Sie herausgenommen, und was tun Sie jetzt wieder rein, wo ist der Baustein?
Was Sie uns immer vorhalten, ist Pharisäertum. Sie tun, was Sie wollen, und verlangen von uns Haushaltsredlichkeit. Das ist wirklich kläglich.
Ihr Sparpaket ist die Packanleitung für eine politische Abschiedsreise. Ich sage: Gute Fahrt, wo immer sie hinführt!
Herr Finanzminister und Herr von Boetticher, Sie vergleichen den Landeshaushalt so gern mit dem verantwortungsvollen Familienvater. Ich bleibe einmal im Bild: Diese Regierung weiß, dass sie ab morgen arbeitslos ist, und legt sich drei Wochen davor noch zwei Porsche zu. Was ist das für ein Begriff von Verantwortung!
Hören Sie zu, Herr Kubicki, jetzt wird es für Sie wirklich unangenehm. Der Fehler der Regierung ist ein systematischer, es ist der Geburtsfehler dieser Regierung. Er wurde gleich zu Anfang gemacht. Mit der Einberufung der Haushaltsstrukturkommission haben Sie eine Struktur organisierter Verantwortungslosigkeit geschaffen, eine Nebenregierung neben der Regierung, ein Vakuum, in dem sich der Narzissmus Einzelner ausbreiten konnte.
Das Durchstechen von Informationen an die Presse und die Beschädigung des eigenen Wirtschaftsministers, die Arroganz der Macht, das Umdeuten von Demonstrationen - das sind keine Schönheitsfehler, die man irgendwie belächeln kann. Für Sie, Herr Kubicki, ist das alles nur ein großes Politikspiel. Aber was für Sie nur Schlagzeilen, Interviews und Zynismus sind, das sind für Menschen Arbeitsplätze und Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder. Das, was wir verhandeln, sind die Lebensumstände der Menschen in Schleswig-Holstein. Die Menschen sind keine Schachfiguren für anwaltliche Winkelzüge.
und ich mich hier hingestellt und das ausdrücklich auch als Erfolg der Regierung anerkannt. Aber mich oder uns für die Wahrheitsverdrehung des Fraktionsvorsitzenden der FDP haftbar machen zu wollen, das kann nicht sein. So, wie Sie agieren, Herr Kubicki, machen Sie es auch der konstruktivsten Opposition unmöglich, konstruktiv zu sein.
Alles in mir sträubt sich, von dem Postengeschacher zu reden, das die FDP hier im Land abzieht. Deshalb nur ein etwas längerer Satz: Der Verdacht ist nicht ausgeräumt, dass in diesem Land wieder Parteibücher mehr zählen als Transparenz und Gewaltentrennung.
Wenn er nicht ausgeräumt wird, haben Sie in einem Jahr das Land dorthin zurückgeführt, wovon es sich zwanzig Jahre lang befreit hat.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Deshalb haben wir auch Herrn Weichert zum Datenschutz- beauftragten gewählt! Das ist wirklich unver- schämt! - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist die Realität! - Weitere Zurufe)
Herr von Boetticher, ich rufe Sie zur Ordnung, damit der Herr Abgeordnete Wiegard eine Zwischenfrage stellen kann.
Herr Kollege Habeck, wann kann das Hohe Haus nun damit rechnen, dass Sie Ihre Vorschläge für die Finanzplanung und die Haushalte 2011/2012 hier auf den Tisch legen?
(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer ist eigentlich der Finanzmi- nister? - Weitere Zurufe)
Herr Wiegard, es tut mir leid. Offensichtlich habe ich Probleme, mich klar auszudrücken. Ich rechne Ihnen doch vor, dass es keine Vorschläge gibt, die das Land in die Lage bringen, aus eigener Kraft die Schuldenbremse einzuhalten. Das ist die Aussage. Sie hingegen tun erstens so, und zweitens buchen Sie 1,2 Milliarden €, ohne zu belegen, woher sie eigentlich kommen. Deshalb reiche ich diese Frage zurück an Sie, Herr Wiegard: Woher sollen die 1,2 Milliarden €, die aus Ausnahmetatbeständen fließen sollen, kommen? Das ist doch die Frage, die an Sie geht, Herr Wiegard!
Wir sagen doch, es ist unmöglich, einen Haushalt aus eigener Kraft zu sanieren. Man muss ändern, was überholt ist, man muss die überkommenen Strukturen aufheben, man muss auch Einschnitte vornehmen, aber man kann das Land nicht durch Kürzungen bei lauter Sozialleistungen sanieren. Nehmen Sie das einmal als Aussage zur Kenntnis!
Habe ich Sie eben richtig verstanden, dass Sie sagen SchleswigHolstein ist überhaupt nicht in der Lage, den Konsolidierungspfad so einzuhalten, wie wir ihn erst vor wenigen Wochen in der Verfassung verankert haben?
Sie haben in dem Satz die Worte „aus eigener Kraft“ unterschlagen, aber wenn Sie diese einfügen, sage ich, genau so ist es: Aus eigener Kraft ist Schleswig Holstein nicht in der Lage, den Konsolidierungspfad einzuhalten. Herr Wiegard, wir werden da gemeinsam in einem Boot sitzen, Sie sagen genau das Gleiche.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das heißt, Sie wussten das schon bei der Verfassungsände- rung! - Weitere Zurufe)