Protokoll der Sitzung vom 09.09.2010

gewesen, wenn wir da schon einmal einen Antrag gesehen hätten.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Ministerprä- sident Peter Harry Carstensen)

- Darf ich noch einmal hören, was Sie sagen? Ich kann das immer ganz schlecht verstehen, wenn Sie mir an der Seite -

(Zuruf von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

- Ja, genau, Her Ministerpräsident. Vielen Dank! Ach, Sie haben es zu jemand anderem gesagt. Sie haben sich nur umgedreht.

Nur zur Information: Zwischenrufe der Landesregierung sind in der Tat nicht statthaft, aber Meldungen jederzeit, Herr Ministerpräsident.

Das Weitere ist: Wir warten jetzt ganz gespannt.

Ich darf mich trotz allem beim Herrn Innenminister bedanken, der, wie gesagt, mein Dreiphasenmodell, das ich Ihnen am Anfang meiner Rede vorgestellt hatte, wie hier das ganze neue Wahlgesetz zu laufen hat, bestätigt hat. Wie gesagt, es wäre sehr schön die Möglichkeit besteht jederzeit -, dass im Innenund Rechtsausschuss auch Ihre Änderungsanträge bearbeitet werden.

Ich möchte jetzt gern auf Folgendes hinweisen, was Herr Kubicki gesagt hat. Es handelt sich eigentlich um eine Wiederholungswahl. Dazu sollte man im Urteil nämlich noch Folgendes lesen:

„Allerdings sind die in der Summe festzustellenden Wahlfehler so weitgehend und so gewichtig, dass sie eine Wiederholungswahl auch unter Berücksichtigung der genannten Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte nach gebotener Folgenabwägung rechtfertigen würden. Denn der Fortbestand“

- das ist jetzt der entscheidende Punkt

„des in verfassungswidriger Weise zusammengesetzten Landtages für die Dauer von weiteren vier Jahren ist gegenüber dem hohen Verfassungsgut seiner richtigen Zusammensetzung nicht zu rechtfertigen.“

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

(Wolfgang Kubicki)

Das ist der Grund, warum sich das Landesverfassungsgericht entschieden hat, Fristen zu setzen. Es wäre schön, wenn auch das hier gesehen wird. Ich kann mich ansonsten dem anschließen, dass es viele Punkte gibt, die wir berücksichtigen müssen. Ich bedaure nur sehr, dass dieser Teil des Urteils von Ihnen anscheinend nicht gesehen wurde. Aber ich würde Sie darum bitten, auch zu sehen, dass man die Zeiten, die uns das Verfassungsgereicht vorgegeben hat, verkürzen sollte und könnte. Das ist im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Sehr verehrte Frau Kollegin Hinrichsen, wir wollen uns jetzt nicht wechselseitig Passagen aus dem Urteil vorlesen.

- Aber Sie haben das ja gar nicht gelesen.

- Ich wollte Sie nur fragen

(Rolf Fischer [SPD]: Eine Frage stellen!)

- ich stelle die Frage ja schon, Herr Kollege Fischer, gemach, gemach -, Frau Kollegin Hinrichsen, ob Ihnen bekannt ist, dass der Herbst am 22. Dezember 2010 - übrigens immer am 22. Dezember oder Ende Dezember endet und Sie gesagt haben, Sie warten auf Herbst?

- Ja. Aber Sie wissen auch, dass wir Sie mehrmals darum gebeten haben, uns zu erklären, was das Wort „zügig“ im Koalitionsvertrag heißt. Das Wort „zügig“ wurde von Ihnen im September 2009 mit „Herbst 2010“ bezeichnet. Das ist ein Jahr. Das zeigt, wie lange Sie warten wollen, bis etwas „zügig“ bearbeitet wird.

(Beifall bei SSW und SPD)

Das Wort hat nun die Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, das Tischtuch der Gemeinsamkeit zerschneiden Sie, wenn Sie so auftreten wie hier.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ich finde es ungeheuerlich. Der Landtagspräsident bietet an, dass sich alle Fraktionen treffen - am Freitag sollte das Treffen sein -, die Opposition lässt sich darauf ein und sagt: „Ja, der Ältestenrat tagt“, und dann kommen Sie mit einer Arroganz der Macht hierher und sagen: Ist mir doch alles ziemlich wurscht, CDU und FDP werden hier im Dezember einen Antrag einbringen, und dann könnt Ihr machen, was ihr wollt, Vogel, friss oder stirb, wir haben eine Stimme Mehrheit, wir ziehen das durch.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das hat er gesagt!)

Herr Kubicki, dieses Verhalten ist unerträglich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Wir haben hier einen Landtag, der verfassungswidrig zusammengesetzt ist. Wir haben hier eine Mehrheit, die vom Verfassungsgericht infrage gestellt worden ist, und dann stellen Sie sich hier hin und sagen: Eine Stimme Mehrheit, das reicht doch. Wissen Sie, dann braucht der Landtagspräsident gar keine Gespräche mehr anzubieten. Ich bin mir sicher, Herr Habeck kann am Freitagabend etwas anderes machen, als mit Ihnen zusammenzusitzen. Ich ahne schon, wie der Hase läuft. Ich nenne das Stichwort Haushaltsstrukturkommission. Ich befürchte, der Aufbau ihrer Beratungen wird ähnlich sein, die Fraktionen von CDU und FDP werden gemeinsam mit der Regierung beraten. Dann kommen Sie hier an und sagen: Alles fertig! Nehmen Sie doch einen Baustein rein oder raus, aber wir verraten nicht, wie genau die Bausteine aussehen. Ich sage Ihnen: Wenn das Ihr Vorschlag ist, dann machen Sie Ihren Kram alleine, dann tragen Sie aber auch alleine die Verantwortung dafür.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ich möchte noch eines zu dem Zeitraum sagen. Es heißt immer: keine Schnellschüsse. Ich bitte Sie, wir sind Berufspolitiker und Berufspolitikerinnen.

(Zuruf von der FDP)

(Silke Hinrichsen)

- Sie sind auch Berufspolitiker, auch wenn Sie nebenbei noch einen anderen Job haben. Aber von der Zeit und von dem Gehalt her, das Ihnen mit Steuergeld zur Verfügung steht, sind Sie - hoffentlich vollumfänglich für dieses Parlament tätig. Dann erkläre ich draußen den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir monatelang brauchen, bis Mai 2011, um uns darüber zu verständigen, wie wir vier Stellschrauben drehen? Herr Kubicki, das ist mir unangenehm. Ich will Ihnen das ehrlich sagen. Die Leute denken doch, wir sind hier lahme Enten. Es muss doch möglich sein, innerhalb weniger Wochen vier Stellschrauben, die das Gericht ja vorgegeben hat, zu bestimmen und zu drehen. Dann wird man sich einig oder nicht. Aber Sie werden doch nicht behaupten, Sie brauchen monatelang, um sich auf ein Modell zu verständigen. Das glaube ich Ihnen einfach nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Nun zur Wahlkreisschneidung! Ich kann verstehen, dass das eine extrem schwierige Angelegenheit für die großen Fraktionen ist, weil es schlicht darum geht zu gucken, welcher Abgeordnete kommt wieder hinein oder nicht und wo hat welche große Partei vielleicht eine Mehrheit. Ich kann nachvollziehen, dass das schwierig ist.

Frau Abgeordnete, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eichstädt?

Frau Kollegin Heinold, halten Sie es mit mir zusammen für eine gute Idee, wenn an dieser Stelle eigentlich die CDU gefragt werden sollte, ob sie die Ausführungen von Herrn Kubicki teilt?

- Herr Eichstädt, ich halte das für eine sehr gute Idee.

(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ich würde mich freuen, wenn Herr von Boetticher das aufnimmt, denn wenn diese Frage nicht geklärt ist, haben wir tatsächlich alle miteinander ein Problem.

Ich komme zurück zu der Wahlkreisschneidung. Ich kann verstehen, dass es schwierig ist. Aber weil

es schwierig ist und weil jeder seine Straße, seinen Bezirk und sein Dorf im Kopf hat, kann der Umkehrschluss doch nicht sein, nicht zu Potte zu kommen. Man kann sich das alles relativ neutral ansehen, und dann muss man, so bitter wie es ist, Wahlkreise auch so schneiden, dass einige Abgeordnete sich anders orientieren müssen als bisher.

Sie haben das bisher nicht gewollt. Deshalb haben wir noch immer 40 Wahlkreise. Aber Sie kommen jetzt nicht drum herum. Manchmal ist es so, dass man die bittere Pille lieber heute schluckt, bevor man sie wochenlang liegen lässt und sich davor drückt. Geben Sie sich einen Ruck und vermitteln Sie nicht das Bild, dass wir nicht in der Lage sind, über Gesetze, die notwendig sind und uns vom Verfassungsgericht vorgegeben sind, schnell zu entscheiden!

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, kommen Sie einfach her, haben Sie die Größe und sagen Sie: „Vergessen Sie meine letzten drei Minuten. Setzen wir auf Gemeinsamkeit.“

Dann klatschen wir, wir akzeptieren das. Dann sitzen wir wieder zusammen im Boot des Landtagspräsidenten und versuchen, eine Gemeinsamkeit zu finden.