Unser Antrag will Ihnen, Herr Ministerpräsident, bei der MPK im Dezember gewissermaßen den Rücken stärken. Sie haben vor einem Jahr an dieser Stelle erklärt: Es ist ein ehrgeiziges Ziel, das wir uns vornehmen. Zum Vergleich: 2006 lagen wir bundesweit bei den Ausgaben bei rund 8,5 %. - Damit ist klar, wovon Sie im letzten Oktober beim Bildungsgipfel ausgegangen sind. Das ist ein OECD-Wert. Versprochen ist versprochen. Regierungschefs sollten halten dürfen, was sie versprochen haben.
An dieser Stelle setzt unser Antrag an. Am 16. Dezember, wenn Sie sich mit Ihren Kollegen wieder treffen, muss es eine Entscheidung über das Wie geben. Wie können die 10 % erreicht werden? Wenn Ihnen nichts einfällt - Herr von Boetticher hat gestern ja nach Vorschlägen gefragt -, so verweise ich darauf, dass wir einen Bildungssoli vorgeschlagen haben. Ab 2010 könnte man den Soli Ost sukzessive - noch nicht komplett - einsetzen. Wenn man einmal errechnet, was man für die Altschuldenhilfe abzieht, ergibt sich, dass ab 2010 das ist praktisch übermorgen - ungefähr 23 Milliarden bis 2019 zur Verfügung stehen. Das ist noch nicht ausreichend, aber es ist ein Anfang, und zwar ein schneller Anfang.
In einem zweiten Punkt möchte ich eine weitere Deichlinie ansprechen. Sollte am 16. Dezember die Debatte über statistische Abgrenzungen wieder anfangen, so wären wir froh, wenn es nicht darum geht, welches die Rechentricks der Finanzminister sind. Die Länderchefs haben damals gesagt: Wir wollen mehr Geld. Herr Tillich hat als Ministerpräsident damals gesagt: Wir gehen von Kosten in Höhe von 60 Milliarden € für die öffentliche Hand aus. Die Finanzminister können dann nicht einfach sagen: Ihr habt euch komplett geirrt.
Der dritte Punkt ist, dass wir den demografischen Gewinn für eine Qualitätsoffensive nutzen wollen. Wir wollen in Köpfe investieren. Das haben wir gestern alle wieder betont. Wir wollen es nicht so wie der Landesrechnungshof machen, der für den Schulbereich unter den Strich vorschlägt, dass dieser Bereich schrumpfen solle. In diesem Punkt gehen wir mit dem Landesrechnungshof nicht konform.
Herr Klug, wir haben um ein Konzept gebeten, wie die Umsetzung bezüglich des demografischen Gewinns erfolgen soll. Wir haben dafür einen Termin im Februar vorgeschlagen. Wenn Sie sagen, das sei ein zu früher Termin, können Sie ja einen anderen Vorschlag machen und ein anderes ambitioniertes und realistisches Konzept vorschlagen. Wir sind diesbezüglich lernfähig. Die FDP will immer Motor sein. Herr Minister Klug, wir setzen auf Sie. Geben Sie Gas!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich will gleich zu Beginn meiner Rede kurz unsere neue Kollegin darauf aufmerksam machen, dass man, wenn man Mehrheiten für einen Antrag in diesem Parlament bekommen möchte, auch ein bisschen auf die Sprache des Antrages achten sollte. Einem Antrag, der dem Finanzminister statistische Schönrechnerei vorhält, zuzustimmen, ist für uns als regierungstragende Fraktion gelinde gesagt etwas schwierig.
So formuliert man in der Tat nur, wenn man aus populistischen Gründen ohnehin eine Ablehnung dieses Antrages erwirken will.
Meine Damen und Herren, das Land SchleswigHolstein hat in den vergangen Jahren in erheblichem Umfang Mittel in die Hand genommen, um die Bildungssituation zu verbessern. So stehen im Haushalt 2009/2010 22 Millionen € als Grundlage zur Schaffung von 17.000 Betreuungsplätzen für unter Dreijährige bereit. Das letzte Kindergartenjahr ist für die Eltern beitragsfrei, was in den nächsten Jahren mit 35 Millionen € jährlich zu Buche schlägt. Für das Sonderprogramm zu Bau und Modernisierung von Schulgebäuden stehen 42 Millionen € bereit. Zur Umsetzung eines integrativen Sprachförderkonzeptes geben wir 27 Millionen € aus. In der letzten Legislaturperiode wurden insgesamt 1.155 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. 84 Millionen € zusätzliche Mittel gingen in die Schaffung von 4.000 zusätzlichen Studienplätzen. Für die Hochschulen, für die Hochbegabtenförderung, für die Volkshochschulen, für die Finanzierung der Excellenzcluster, für die Schülerbeförderung der dänischen Minderheit und für das Projekt „Kein Kind ohne Mahlzeit“ sind in der letzten Legislaturperiode zusätzliche Mittel bereitgestellt worden.
Liebe Kollegin Erdmann, dass wäre uns alles noch viel leichter gefallen, wenn die Grünen zu ihrer Regierungszeit keine ungedeckten Schecks wie die Vorgriffsstunde für Lehrkräfte mit beschlossen hätten,
für die wir heute mit 650 Planstellen bezahlen müssen, die uns im Unterricht fehlen. Stattdessen hätten sie damals schon für genügend Lehrkräfte im System sorgen können.
Was ich damit sagen will, ist, dass sich auch die neue Landesregierung mit aller Kraft dafür einsetzen wird, weitere Mittel für die Finanzierung unseres Bildungswesens zur Verfügung zu stellen. So
sollen auch trotz der rückläufigen Schülerzahlen nicht alle dem demografischen Gewinn zuzurechnenden Lehrerplanstellen wegfallen. Ein Teil soll zur weiteren Verbesserung der Unterrichtssituation im Bildungswesen verbleiben, auch wenn der Landesrechnungshof hier zu anderen Ergebnissen kommt. Schule kann man eben nicht nur ausschließlich unter wirtschaftlichen Aspekten betrachten. Hier geht es nicht nur um Klassenfrequenzen und Schüler-Lehrer-Relationen, sondern insbesondere um Pädagogik und um Lebensräume für Kinder. Dennoch, das will ich deutlich sagen, müssen wir die Vorschläge des Landesrechnungshofes ernst nehmen und uns damit beschäftigen.
Die auf dem Bildungsgipfel geplante Steigerung der Bildungsausgaben auf 10 % des Bruttoinlandprodukts werden wir hier in Schleswig-Holstein aus eigener Kraft nicht erreichen können. Insbesondere vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Landeshaushalts und der Vorgabe der verfassungsrechtlich zu verankernden Schuldenbremse, mit der der Bund den Ländern ab 2020 untersagt, weitere Schulden zu machen, ist auch der Bund in der Pflicht, uns bei den Umsetzungen zu helfen. Für das Land Schleswig-Holstein heißt diese 10-%-Marke zusätzliche Ausgaben von jährlich 3,2 Milliarden €. Das werden wir durch Einsparungen im Landeshaushalt, der ein Gesamtvolumen von rund 9 Milliarden € hat, sicherlich nicht schaffen. Da helfen uns auch nicht die zur Sanierung der Landeshaushalte zur Verfügung gestellten 80 Millionen € weiter.
Erfreulicherweise kann man im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und FDP auf Bundesebene lesen, dass der Bund die Bildungsausgaben um 12 Milliarden € steigern will und von Maßnahmen spricht, die es den Ländern ermöglichen sollen, ihre Beiträge für die 10-%-Marke zu erreichen. Ein Mittel soll dabei ein deutlich höherer Anteil an der Umsatzsteuer sein. Und auch eine höhere Beteiligung der Privatwirtschaft ist vorgesehen.
Über diese Vorschläge, meine Damen und Herren, müssen wir mit dem Bund verhandeln. Ich bin überzeugt, dass wir uns in der Zielsetzung einig sind.
Ich beantrage daher trotz der anfangs genannten Kritik für die CDU-Fraktion die Überweisung des Antrages in den Bildungsausschuss zur weiteren Beratung. Vielleicht finden wir dann eine Formulierung, mit der wir gemeinsam leben können.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Oktober 2008 trafen sich in Dresden die Bundeskanzlerin und die Länderregierungschefs, um konkrete Vereinbarungen für eine Verbesserung des deutschen Bildungswesens zu schaffen. Es gab Übereinstimmung darin, dass bis 2015 10 % des Bruttoinlandsproduktes in Bildung und Forschung investiert werden sollten. Davon sollten auf den Bildungsbereich 7 % entfallen, auf den Forschungssektor 3 %.
Es gab bei diesem Gipfel wichtige Aussagen über den Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren, über eine frühere Sprachförderung und über eine Qualitätsinitiative für die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher und der Tagesmütter und Tagesväter. Was es jedoch nicht gab, war ein umfassendes Finanzierungspaket. Der Bund sah sich leider nicht in der Lage, zum Beispiel ein kostenloses Mittagessen für Kinder aus finanziell schwachen Familien zu bezuschussen.
Festgelegt wurden Eckwerte, nicht aber eine, wie es auf neudeutsch heißt, Roadmap, diese hoch gesteckten Ziele zu erreichen. Die GEW sprach von „Nebel auf dem Bildungsgipfel“, der Deutsche Lehrerverband nannte den Bildungsgipfel eine „in der Geschichte unbedeutende Fußnote“, und der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft bescheinigte der Politik, sie habe „das Ziel aufgegeben, mehr junge Leute zur Aufnahme eines Studiums zu motivieren“.
Heute, ein Jahr danach, erscheint der Bildungsgipfel in der Rückschau nur noch als Wanderdüne. Und dass die Abstände zwischen den bundesweiten Protestaktionen der Studierenden und der Schülerinnen und Schüler mittlerweile immer kürzer werden, ist ein Beweis dafür, dass dieser Gipfel von 2008 bisher alle Hoffnungen enttäuscht hat.
Die Ziele des Bildungsgipfels waren und sind richtig, aber die Umsetzung lässt bedauerlicherweise auf sich warten. Es ist daher folgerichtig, dass die Grünen in ihrem Antrag die Landesregierung darin bestärken, sich verstärkt für die Ziele von Dresden einzusetzen.
Wer mehr öffentliches Geld für Bildung und Wissenschaft ausgeben will, darf die Einnahmen des Staates nicht schwächen.
Steuersenkungen, das sage ich an dieser Stelle, sind Gift für dieses Ziel. Es gibt natürlich immer wieder einen Zielkonflikt zwischen den Finanzpolitikern und den Bildungspolitikern, völlig unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Das ist ein Konflikt über die Priorität der Haushaltssanierung gegenüber der Priorität der qualitativen und quantitativen Verbesserung unseres Bildungssystems. Das ist kein Gegensatz zwischen Gut und Böse, sondern ein Konflikt, den wir alle aushalten müssen, auch gegenüber den Forderungen aus der Bevölkerung vor dem Hintergrund des zukünftigen Verschuldungsverbotes.
In Nummer 2 ihres Antrages befürchten die Grünen, dass bei der Berechung die Quote der Pensionszahlungen an die ausgeschiedenen Lehrerinnen und Lehrer in die Bildungsausgaben eingerechnet wird. Meine Damen und Herren, in der Haushaltssystematik des Landes Schleswig-Holstein ist dies immer Bestandteil der allgemeinen Finanzverwaltung, nicht des Bildungshaushaltes, also nicht des guten alten Einzelplans 07. Ich will aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, dass die Grünen die Pensionskosten als Bestandteil der Berechnung der Schülerkostensätze für die Schulen in freier Trägerschaft immer gern hinzugerechnet hätten. Man muss aber natürlich feststellen, dass die neuen Bundesländer, die zum überwiegenden Teil Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis beschäftigen, die Arbeitgeberanteile an den Versorgungskosten als logischen Bestandteil der Bildungsausgaben darstellen. Ich kann also nur davor warnen, im Antragstext Formulierungen wie „statistische Schönrechnereien“ zu verwenden, weil sie den Verdacht der bewussten Manipulation durch die Finanzminister aufkommen lassen. Das ist nicht richtig.
Die zurückgehenden Schülerzahlen schaffen Spielräume, wobei diese Spielräume nach meiner Auffassung bei Weitem nicht den Umfang erreichen können, den der Landesrechnungshof in seinem Schulbericht 2009 auf jährlich 261 Millionen € beziffert hat. Da es eine Entwicklung ist, die in Kurven verläuft, wird es vielleicht für zwei, drei Jahrgänge im Jahr 2020 zutreffen, wenn die Schülerverluste das Tal erreichen haben. Wenn man aber bedenkt, dass wir 2016 doppelte Abiturjahrgänge haben, werden schwerpunktmäßig in jenem Jahr die Ausgaben an den Hochschulen und in der berufli
chen Bildung steigen. Und wenn wir immer mehr junge Menschen zu einem höheren Bildungsabschluss führen wollen - das hat unser Land in besonderem Maße nötig -, kostet das auch mehr Geld, weil diese eben die Schulen länger besuchen.
Wir sprechen uns als SPD-Fraktion dafür aus, dass diese Spielräume dazu genutzt werden, die Unterrichtsversorgung dort, wo nötig, zu verbessern und gleichzeitig die pädagogische Qualität der Schulen zu steigern. Dazu gehören viele Maßnahmen, von der Sprachförderung vor der Einschulung und in den ersten Schuljahren über die vorgezogene Einführung der Fremdsprache bis hin zur Ausstattung der Ganztagsschulen. Darüber, dass die Mittel zu 100 % haushaltstechnisch gedeckelt oder überrollt im Bildungssystem bleiben, können wir - wie sicherlich auch die Antragsteller - keine Garantie abgeben.
Meine Damen und Herren, ich schlage vor, den Antrag, der nach unserer Auffassung eine deutliche textliche Überarbeitung braucht - so wollen wir ihm nicht zustimmen -, in den Bildungsausschuss zu überweisen. Wir bieten an, im Bildungsausschuss eine konsensfähige Formulierung zu schaffen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat: Bildungsfinanzierung ist ein wichtiges Thema, das sehr im ARGEn liegt. Die nachhaltigen lautstarken Proteste der Studenten und Schüler seit Wochen - gestern auch bei uns vor dem Landeshaus - sind unüberhörbar und eng mit dem Begriff Bildungsfinanzierung verbunden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern in ihrem Antrag, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 % des Bruttoinlandprodukts anzuheben. Das sieht auch unser Koalitionsvertrag im Bund vor. In diesem haben wir uns verpflichtet ich zitiere, „die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung bis 2013 um insgesamt 12 Milliarden € zu erhöhen. Darüber hinaus werden wir Maßnahmen ergreifen, die es zudem Ländern, Wirtschaft und Privaten erleichtern, ihre jeweiligen Beiträge bis spätestens 2015 ebenfalls auf das 10-%-Niveau anzuheben.“