Auch wir erkennen die Tatsache an, dass es ein natürliches Spielbedürfnis der Bevölkerung gibt und dieses in geordnete Bahnen gelenkt werden muss. In einer Ausweitung des Angebots und einem erleichterten Zugang sehen wir aber ganz sicher nicht den richtigen Weg. Geht es nach CDU und FDP, wird die Verfügbarkeit und damit auch eine beliebige Spielfrequenz und Einsatzhöhe für ein Onlinespiel künftig sogar über das Handy oder den Computer im stillen Kämmerlein möglich. Ich halte es für naiv und auch sehr gefährlich zu glauben, dass dies zu einem effektiven Spielerschutz beiträgt. Denn sowohl Spielfrequenz als auch Einsatzhöhe sind maßgebliche Faktoren für die Entstehung von Spielsucht. Hier müssen schärfere Vorgaben gemacht werden, und eigentlich müssten diese Anbieter durch Abgaben ebenfalls für die Umsetzung der übergeordneten Ziele herangezogen werden.
Ein ganz wesentlicher Bereich, der unserer Meinung nach über den Glücksspielstaatsvertrag ebenfalls geregelt werden sollte, ist das sogenannte kleine Spiel an Geldspielautomaten. Denn es macht mehr als ein Drittel der rund 3,4 Milliarden € Gesamteinnahmen aus dem Glücksspiel aus, bietet dabei das nachweislich höchste Suchtpotenzial und ist bisher dennoch nur in Spielbanken einer wirksamen Regulierung unterworfen. Wenn wir es also ernst meinen mit dem Spielerschutz, muss hier angesetzt und etwas verändert werden. Eine Regelung über
Für den Bereich der Sportwetten, der ja im Zusammenhang mit dem Glücksspielstaatsvertrag häufig diskutiert wird, gilt, dass dieser auch weiterhin in staatlicher Hand verbleiben muss. Eine Kommerzialisierung, wie sie von CDU und FDP angestrebt wird, sorgt zwar für höhere Umsätze und Gewinne bei privaten Anbietern, möglicherweise auch beim Staat, aber sie birgt eben auch erhebliche finanzielle Risiken und Unsicherheiten für die Aufgabenwahrnehmung im kulturellen und sozialen Bereich sowie für die Förderung des Breitensportes, die ja aus den Einnahmen finanziert werden. Eine solche Entwicklung kann der SSW jedenfalls sicher nicht mittragen, insbesondere - das darf ich noch einmal sagen - liegt auch uns der Spielerschutz am Herzen, die Suchtprävention. Das ist das eigentliche Ziel, das ist das übergeordnete Ziel, das in den letzten Jahrzehnten verfolgt wurde. Von diesem Weg gehen wir mit dem Weg, den Sie von CDU und FDP beschreiten wollen, ab. Genau das sehen wir als das große Problem an. Wir können uns gern über Geld unterhalten, über Mehreinnahmen, Mindereinnahmen. Das ist aber alles nicht das eigentliche Ziel, sondern staatliche Aufgabe ist es, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes vor Spielsucht zu schützen. Das muss unsere Intention sein.
Dann muss ich also annehmen, dass der SSW das sogenannte dänische Modell, den dänischen Glücksspielstaatsvertrag, nicht unterstützt?
- Sehen Sie, liebe Kollegin, das ist der Unterschied zwischen Ihnen und mir. Ich beachte die Gesetze und Traditionen dieses Landes. Ich habe Ihnen gerade gesagt, was in den vergangenen Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland und damit auch im
Lande Schleswig-Holstein besonders wichtig war in Bezug auf das Glücksspiel, und das war der Spielerschutz. Daran halte ich mich. Den Spielerschutz bewerte ich sehr hoch.
Als Vertreter der dänischen Minderheit bin ich selbstverständlich recht unabhängig. Ich habe aber auch kein Problem damit zu sagen: Lasst uns doch einmal die Leute aus Dänemark einladen. Lasst uns doch einmal im Rahmen einer Anhörung erfahren, wie man denn drüben denkt. Dabei will ich auch gern behilflich sein.
Das setzt allerdings voraus, dass wir die beiden Anträge an den Ausschuss überweisen, was ich sehr gut finden würde.
Bedeutet das also, dass für den SSW der Spielerschutz in Dänemark mit dem dänischen Modell nicht gewährleistet ist?
- Das habe ich nicht gesagt. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich mich an das halte, was bei uns bisher Tradition war, was bei uns bisher wichtig war. Wenn Sie das nicht verstehen wollen, dann verstehen Sie das eben nicht.
Als Politiker, der hier gewählt worden ist und der hier Verantwortung trägt, ist es mir wichtig, für Spielerschutz zu sorgen, aber nicht für die Gewinnmaximierung privater Unternehmen.
Das tue ich selbstverständlich am liebsten, weil ich im Übrigen auch nicht weiß, welche Konsequenzen mir blühen, wenn ich eine solche Zwischenfrage nicht zulasse.
häufig ein Problem ist, dass nur Teile des dänischen Modells hier verstanden werden, dass zum Beispiel das dänische FlexicurityModell hier immer nur als Teilbefreiung von Kündigungsfristen verstanden wird, dass man immer nur fordert, aber nicht fördert?
- Frau Kollegin, um auf Ihre Frage zu antworten: Ich bin mir nicht sicher, ob CDU und FDP dänische Modelle verstehen.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Andreas Beran von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist gut, dass es Dreiminutenbeiträge gibt, weil man so hier und da etwas deutlicher auf manche Dinge hinweisen kann.
Wir gehen natürlich mit zwei verschiedenen Sichtweisen an diese Sache heran. Nach einer Sichtweise ist dieses Thema aus sozialer beziehungsweise gesellschaftspolitischer Perspektive zu betrachten. Nach einer anderen Sichtweise ist dieses Thema eher aus wirtschaftspolitischer Perspektive zu betrachten. Darin wird die grundlegende Auseinandersetzung deutlich, die ich hier beobachtet habe.
Da das möglicherweise immer noch nicht richtig verstanden worden ist, muss ich an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen: Die jetzige Fassung des Glücksspielstaatsvertrages ist vom Europäischen Gerichtshof nicht verworfen worden. Der Europäische Gerichtshof hat lediglich gesagt: Die in Deutschland geübte Praxis stimmt nicht mit diesem Staatsvertrag überein. Das kritisieren wir.
Der Europäische Gerichtshof hat auch nicht das letzte Entscheidungsrecht, sondern er hat auf Anfragen der Verwaltungsgerichte reagiert. Diese Verwaltungsgerichte müssen nun erst einmal entscheiden. Das ist der Stand, den wir momentan vorfinden. Das scheint auch hier unterschiedlich aufgefasst zu werden.
Herr von Boetticher, schauen Sie sich bitte das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern an. Darin werden Sie die Ausführungen, die ich hier gemacht habe, wiederfinden.
Herr Abgeordneter, Sie haben vorhin gesagt, die einen hätten eher das Soziale im Blick, die anderen eher das Finanzpolitische. Würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, dass man Gesetze auch so beleuchten kann, dass man unterschiedliche Aspekte berücksichtigt und dann zu einem Gesamtergebnis kommt?
Sehr geehrter Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass der Europäische Gerichtshof entgegenstehende Normen mit sofortiger Wirkung für nicht mehr als anwendbar erklärt hat? Würden Sie freundlicherweise auch ausführen, was das für Sie heißt?
- Herr von Boetticher, ich widerspreche Ihnen. Ich habe die Gelegenheit gehabt, in Brüssel mit der für den Rechtsbereich zuständigen Kommissarin zu sprechen. Sie hat genau das gesagt, was ich vorhin wiedergegeben habe.
Wir waren in Brüssel, und ich hatte die Gelegenheit, mich mit dem Referenten bezüglich des Themas EuGH-Urteil auseinanderzusetzen. Dort ist mir das genauso erklärt worden, wie ich es hier wiedergegeben habe.
Mir ist noch etwas deutlich geworden. Wenn gesagt wird, das Glücksspiel werde gemacht, obwohl es verboten ist, und deshalb sei es besser, es freizugeben, dann entspricht das nicht meinem Rechtsverständnis. Dann müssen wir uns darüber unterhalten, was ist, wenn Verbote in der Straßenverkehrsordnung und so weiter nicht eingehalten werden. Wie gehen wir damit um? Lassen wir sie zu, oder heben wir beispielsweise die Straßenverkehrsordnung auf? Ich habe ein anderes Verständnis davon.