Es darf nicht sein, dass sich Land, Kreise und Kommunen, wenn es um den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen geht, beispielsweise vor Armut, jederzeit damit herausreden können, es sei bitter, aber so gern sie es auch täten, so fehle doch leider der finanzielle Spielraum. Dieses Argument kennen wir aus den Diskussionen in Kreisen und Kommunen.
Der Mangel, den wir in der Vorlage sehen, ist für Regierung und Verwaltung vielleicht gerade das Praktische: Sie haben es so geschickt angestellt, dass sie in Zukunft kaum anders handeln müssen, als sie es sonst auch getan hätten. Die Verfassungsänderung stellt damit zwar eine gewisse Verbesserung dar; aber angesichts der herrschenden Kinderarmut in unserem Bundesland stellt sich die Frage: Was passiert real und konkret im Kampf gegen die Armut?
Unsere Befürchtung bleibt: Trotz der vorgesehenen Änderung der Verfassung wird es Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungsmehrheit, angesichts chronisch knapper Kassen weiterhin nicht schwerfallen, Kindern und Jugendlichen genau die Rechte vorzuenthalten, die sie ihnen gerade in die Verfassung schreiben wollen. Wir dagegen meinen: Alle Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, brauchen gute Bildung, ordentliche Krankenversorgung und umfangreiche Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. In unseren Städten ist mittlerweile jedes dritte Kind von Armut betroffen. Deshalb brauchen wir endlich eine solide rechtsstaatliche Grundlage, mit der die Betreuung gerade
Einen Satz noch. - Wir müssen unseren Rückstand aufholen und die UN-Kinderrechtskonvention endlich erfüllen. Auch deshalb ist die von der Volksinitiative angestrebte Änderung unserer Landesverfassung längst überfällig.
Natürlich werden wir diesen Prozess weiter begleiten. Wir werden hier auch Einzelanträge einbringen.
Wir werden uns hier nicht entziehen und argumentieren: „Unsere Maximalforderung hat sich nicht durchgesetzt“, sondern wir werden mitdiskutieren, auch mit der Volksinitiative gemeinsam.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir, der SSW, haben wiederholt deutlich gemacht, wie skeptisch wir der Aufnahme immer neuer Staatszielbestimmungen in die Landesverfassung gegenüberstehen. Doch in diesem konkreten Fall, in dem es um ein wichtiges Anliegen einer Volksinitiative geht, haben wir keinen Zweifel. Die Aufnahme von Kinderrechten in unsere Verfassung ist ganz einfach überfällig, zeigt doch die Praxis leider immer wieder, dass sich Kinder und Jugendliche nicht effektiv gegen die Verletzung ihrer Rechte wehren und diese nicht einklagen können.
Dabei muss ich aber gestehen, dass wir uns bei diesem sehr wichtigen Anliegen durchaus die eine oder andere konkretere Formulierung gewünscht hätten. Dies gilt besonders für den Schutz vor Kinderarmut, für den der Staat Sorge tragen muss, wenn die Eltern hierzu nicht in der Lage sind - und das auch, wenn es dabei in erster Linie um die symbolische Wirkung gegangen wäre, die wir mit einer solchen Formulierung als Verfassungsauftrag erreicht hätten.
Uns allen muss natürlich klar sein, dass eine Konkretisierung von Kinderrechten nur durch eine Änderung der Landesverfassung noch lange nicht alle bestehenden Probleme löst. Gesetze sind eben nur so gut, wie sie gelebt werden.
Allein die Tatsache, dass sich Gerichte in ihrer Rechtsprechung auf diese Rechte in der Verfassung berufen, wird kaum zu großen Veränderungen in der Praxis führen. Diese Änderung der Verfassung ist nach Meinung des SSW aber dennoch ein Schritt in die richtige Richtung; daher ist sie absolut zu begrüßen.
Ich bitte darum, dass man Ihnen ein bisschen mehr und konzentrierter zuhört. - Sie haben wieder das Wort.
Danke. - Doch nicht nur der Inhalt des vorliegenden Artikels 6 a LVerf lässt beim SSW Wünsche offen. Vor allem der Weg der Entscheidungsfindung stimmt uns bedenklich; denn es ist viel zu viel Zeit vergangen, bis sich der Großteil der Fraktionen zu einer Einigung in dieser doch sehr wichtigen Sache durchringen konnte. Trotz der grundlegenden Bereitschaft der Fraktionen, einen Konsens herbeizuführen, wurden die Verhandlungen immer wieder verzögert. Dies finden wir bedauerlich; denn für die Bürgerinnen und Bürger - und nicht zuletzt für die Kinder im Land - konnte so leicht der Eindruck ent
stehen, dass man die Stärkung der Kinderrechte dann doch nicht für so wichtig hält, wie sie tatsächlich ist.
Auch ich bedanke mich an dieser Stelle noch einmal bei allen, die beteiligt waren. Trotz der intensiven Debatten, die wir führten, sind wir zu einem Ergebnis gekommen.
Über die Verankerung in der Verfassung hinaus müssen wir auch in Zukunft klare Ziele zur konkreten Umsetzung der Kinderrechte und zur Verminderung von Armutsrisiken formulieren und auch mit Nachdruck verfolgen. Denn Kinderrechte sind mehr als Schutz vor Gewalt und Vernachlässigung. Sie betreffen auch die Förderung und die Teilhabe der Kleinsten. Deshalb muss in der konkreten Umsetzung natürlich auch die Mitsprache der Kinder bei politischen Fragen, die ihren Alltag betreffen, eine wesentliche Rolle spielen. Der SSW hat schon häufig davor gewarnt, dass SchleswigHolstein seine Vorbildfunktion bei der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen auf den verschiedenen politischen Ebenen verliert. Da gerade dies durch die vorgeschlagene Änderung der Gemeindeordnung zu befürchten ist, muss ich mich für den SSW klar und eindeutig gegen einen solchen Vorschlag aussprechen.
Gerade weil es uns leider in vielen Fällen nicht einmal gelingt, die grundlegendsten Rechte der Kinder im Land zu gewährleisten, müssen dieser Verfassungsänderung dringend konkrete Handlungen folgen. Dabei muss die Teilhabe der Kleinsten in unserer Gesellschaft ein ebenso wesentliches Gebot sein wie die stärkere Berücksichtigung des sozialen Existenzminimums.
Sonst bleibt die Zustimmung zur vorliegenden Änderung nur ein rein symbolischer Akt ohne konkrete Verbesserung für die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in unserem Land.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kollegin Sassen, liebe Kollegin Klahn, ich werde mit Ihnen nicht in einen Wettkampf darüber eintreten, wer von uns der bessere Demokrat sei. Meine Fraktion ist von mehr als 100.000 Wählerinnen und Wählern in diesem Land gewählt worden, Ihre Fraktion, Frau Klahn, von mehr als doppelt so vielen. Frau Sassen ist in ihrem Wahlkreis als Direktkandidatin gewählt worden. Ich werde Ihnen nicht unterstellen, dass Ihr Demokratieverständnis besser beziehungsweise schlechter sei als meines. Ich würde mir wünschen, dass es umgekehrt auch nicht geschieht.
Ich glaube, ich habe einen Satz verstanden, Frau Sassen. Sie haben sinngemäß gesagt: Wer maßlose Forderungen stellt, hat keine Ahnung von Demokratie. Auch das würde ich niemandem unterstellen. Ich höre sehr viele maßlose Forderungen. Angesichts der sozialen Schieflage in unserem Land höre ich aus Berlin Forderungen nach Steuersenkungen. Diese halte ich für maßlos, würde aber jenen, die sie stellen, kein mangelndes Demokratieverständnis unterstellen, sondern ich will mich mit ihnen inhaltlich auseinandersetzen.
Genau das würde ich mir von anderen auch wünschen. Ich würde mir wünschen, dass mir jemand sagt, was an dem Satz „Bei der Schaffung und Erhaltung kindgerechter Lebensverhältnisse ist dem besonderen Schutz von Kindern und ihren Fähigkeiten und Bedürfnissen Rechnung zu tragen“ oder an dem Satz „Im Rahmen ihrer Möglichkeiten schützen Land, Kreise und Gemeinden Kinder und Jugendliche gegen Armut, Ausbeutung sowie Gefahren für ihr Wohl“ maßlos sein soll. Ich setze mich gern inhaltlich mit Ihnen auseinander. Wir können darüber diskutieren.
Ich komme zu meinem letzten Punkt. Auch das geht sehr schnell. Wir befinden uns im Gesetzgebungsverfahren; wir haben eine erste Lesung. Wir bringen in die erste Lesung weitergehende Forderungen ein. Wir werden mit diesen Forderungen wie mit dem Gesetzentwurf in die Ausschüsse gehen, und wir werden mit einem Ergebnis aus den Ausschüssen herauskommen. Ich frage mich: Warum sollen wir weitergehende Forderungen
schon vor der Ersten Lesung aufgeben? Dann hätten wir theoretisch heute sagen können: Wir machen es ohne Aussprache; wir sind ohnehin alle dafür; es braucht gar nicht mehr diskutiert zu werden. Denn wir sind uns alle darin einig - viele Redner haben das betont, und ich unterstütze dies ausdrücklich -, dass nicht die Verfassungsänderung allein die Lage der Kinder verändern wird, sondern dass eine breite gesellschaftliche Diskussion und dass die Arbeit von uns allen und der Menschen draußen im Land die Lage der Kinder verändern wird.
Deswegen bin ich froh, dass wir heute so diskutiert haben. Ich finde es schade, dass Sie sich mit unseren Forderungen inhaltlich nicht auseinandergesetzt haben. Darüber hätte ich mich gefreut. Aber wir werden in den Ausschüssen und bei der zweiten Lesung die Möglichkeit hierzu haben, und ich bin davon überzeugt, dass am Ende etwas dabei herauskommen wird, was wir mittragen können, so wie dies auch alle anderen Abgeordneten in diesem Haus mittragen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kinder und Jugendliche brauchen Unterstützung. Kinder und Jugendliche, die unter schwierigen oder schwierigsten Rahmenbedingungen aufwachsen und auch im Hinblick auf ihre soziale Integration Gefahren ausgesetzt sind, brauchen besondere Unterstützung.