Sie können nicht heute Frauenhausplätze streichen und am 25. November Brötchentüten verteilen, um auf den Tag der Gewalt gegen Frauen hinzuweisen. Das passt nicht zusammen!
Ohne Unterstützung und Brücken aus der Not heraus entstehen noch mehr menschliches Leid und volkswirtschaftliche Kosten, die um ein Vielfaches höher sind als die eingesparten Fördergelder. Ihr Konzept ist Sparen an der falschen Stelle!
Nicht nur nach Gewalterfahrung, auch in anderen Bereichen ist eine gezielte Beratung und Förderung von Frauen sinnvoll und erforderlich. Auch im Jahr 2010, Jahrzehnte nach Einführung von Frauenförderungen und Gender-Mainstreaming, ist die reale Gleichstellung der Geschlechter nicht erreicht, nicht in der Familie, nicht auf dem Arbeitsmarkt und schon gar nicht in Wirtschaft und Politik. Deshalb brauchen wir auch weiterhin frauenspezifische Beratungseinrichtungen, kommunale Gleichstellungsbeauftragte und Mädchentreffs.
Ich appelliere an die Landesregierung: Sparen Sie nicht an der falschen Stelle! Setzen Sie sich mit den beteiligten Einrichtungen zusammen, und suchen Sie nach Alternativen. Ich bin sicher, es gibt sie.
Wir machen auch gern ein paar Vorschläge: Setzen Sie sich dafür ein, dass die Hotelsteuer wieder auf die ursprüngliche Höhe gesetzt wird. Das sind laut Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der Kollegin Poersch 11,9 Millionen € pro Jahr. Damit wäre die fehlende Summe rein rechnerisch für mehr als 20 Jahre finanziert. Oder noch besser: Machen Sie den Weg für Neuwahlen schon 2011 frei. Das spart knapp 2,5 Millionen € ein. Oder sparen Sie die 500.000 € bei der einzelbetrieblichen Förderung. Wir wissen alle, dass das möglich ist.
Es gibt Möglichkeiten für eine solide, nachhaltige Finanzierung der Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen und Mädchentreffs.
Liebe Landesregierung, den Medizinstudiengang in Lübeck wollten Sie schließen. Diesen Fehler haben Sie gerade noch rechtzeitig bemerkt. Bei den Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen und Mädchentreffs sind Sie genauso auf dem Holzweg. Kehren Sie um, noch ist es nicht zu spät. Stimmen Sie unserem Antrag zu.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition aus CDU und FDP weiß, wie wichtig Frauenhäuser, Frauenberatungsstellen, der LFSH und der Frauennotruf, die sogenannte Helpline, für viele von Gewalt bedrohte Frauen und Kinder in unserem Land sind. Es ist deutlich, dass hier wichtige Arbeit geleistet wird. Deshalb erhalten diese Einrichtungen auch eine nicht unerhebliche Förderung durch das Land Schleswig-Holstein. Es besteht überhaupt kein Zweifel an der Notwendigkeit vor allem von Frauenberatungsstellen und Frauenhäusern hier bei uns in unserem Land. Wir werden auch zukünftig eine flächendeckende und auch qualitativ hochwertige Versorgung von Frauen, die aus gewaltbelasteten Beziehungen flüchten, in Schleswig-Holstein erhalten.
Jedoch müssen wir bei allem, was wir gern erhalten möchten, auch die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes berücksichtigen. Wir können nicht auf der einen Seite ein Neuverschuldungsverbot ab 2020 beschließen und auf der anderen Seite so tun, als würde uns dies in unserem Handeln nicht berühren.
Die Ziele aus den Vorgaben der von uns eingesetzten Haushaltsstrukturkommission wurden klar definiert. Die daraus folgenden Einsparerfordernisse betreffen jedes Haushaltsressort. Die verabredeten Einsparziele im Bereich der Gleichstellung von Männern und Frauen wurden auf 500.000 € festgesetzt. Dazu - diesem Ziel entsprechend - liegt ein Vorschlag des Ministeriums für Justiz, Gleichstel
lung und Integration vor. Diese Planung sieht im Bereich der Frauenhausfinanzierung vor, zwei Frauenhäuser zu schließen. Es betrifft das dritte Frauenhaus im Kreis Pinneberg und das zweite Frauenhaus in der Hansestadt Lübeck. Dadurch verringert sich die Anzahl der vom Land SchleswigHolstein geförderten Frauenhausplätze von aktuell 335 auf 287. Bezogen auf den Bundesdurchschnitt liegt Schleswig-Holstein mit einem Frauenhausplatz auf 9.871 Einwohnerinnen und Einwohner noch immer deutlich über dem Bundesdurchschnitt mit einer Relation von einem Platz auf 12.291.
In den vermeintlich reichen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und so weiter ist die Quote sogar deutlich schlechter.
Diese strukturell schlechte Ausstattung mit Frauenhausplätzen in anderen Teilen der Bundesrepublik führt dazu, dass in Schleswig-Holstein weit mehr Frauen aus anderen Bundesländern aufgenommen werden, als es sonst üblich ist. Auffällig ist auch der hohe Anteil Hamburger Frauen in schleswig-holsteinischen Frauenhäusern. Im Frauenhaus Wedel liegt der Anteil der Frauen aus der Hansestadt Hamburg bei 47 %.
Festzustellen ist ebenfalls, dass die jeweilige Verweildauer im Frauenhaus regional sehr unterschiedlich ist. Wir müssen gemeinsame Konzepte mit den Kommunen vor Ort entwickeln, um die Frauen und deren Kinder zu stärken und ihnen nach Bewältigung der Notphase zu einem selbständigen und selbstbestimmten Weiterleben zu verhelfen. Dabei sollten die vielfältigen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um lange Aufenthalte in Frauenhäusern zu verhindern. Erste Ansätze und Ideen sind bereits entwickelt. Ich bedaure, dass wir darüber bisher noch nicht ausreichend gesprochen haben.
In Bezug auf die Empfehlungen des Europarates für eine sehr niedrige Quote von Frauenhausplätzen pro Einwohner sollte man bedenken, dass in Schleswig-Holstein die Frauenhäuser nicht die einzigen Anlaufstellen für gewaltbedrohte Frauen sind. Wir haben in Schleswig-Holstein ein Netz von ambulanten, niedrigschwelligen Angeboten, die die
Leistungen der Frauenhäuser ergänzen und viele Frauen bereits vor ihrem Umzug in ein Frauenhaus auffangen können.
Seitens des Ministeriums ist zum Beispiel geplant, die Erreichbarkeit der landesweiten Helpline zu erweitern und den gemeinsamen Landesverband zu stärken. Dieser stärkt gerade die Akutversorgung der von Gewalt betroffenen Frauen. Im Bereich der vom Ministerium vorgestellten Umverteilungsmaßnahmen bei den Frauenberatungsstellen sehen wir von der CDU-Fraktion zurzeit noch Gesprächsbedarf. Ich persönlich sehe die besondere Aufgabe der einwohnerstärksten Städte des Landes - Lübeck, Kiel und Norderstedt - nicht ausreichend berücksichtigt.
Hier reicht die dargestellte, scheinbar gerechtere Arithmetik des Umschichtungsentwurfs des Ministeriums nicht aus, um die gewachsenen Strukturen im ganzen Land auch weiterhin zu gewährleisten.
Zudem werden wir klären, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, auch künftig den Landesfrauenrat und die Beratungsstelle „mixed pickles“ in Lübeck finanziell zu unterstützen. Hier suchen wir intensiv nach Lösungsvorschlägen.
Nun zu den Mädchentreffs: Die Opposition fordert, die vier vom Land Schleswig-Holstein finanziell unterstützten Mädchentreffs weiterhin zu fördern und die finanzielle Unterstützung auch weiterhin zu gewährleisten. Eine objektive Betrachtung der bisherigen Förderkulisse der Mädchentreffs in unserem Land zeigt jedoch ganz klar auf, dass dies eine originäre Aufgabe der örtlichen Jugendhilfe und keineswegs eine Landesaufgabe ist.
In unserer finanziellen Situation und bei einer kritischen Überprüfung der Haushaltslage zeigt sich deutlich, dass wir uns bei aller Wertschätzung der Arbeit der lokalen Mädchentreffs diese finanzielle Unterstützung nicht mehr leisten können.
Es werden dringend andere Finanzierungspartner vor Ort benötigt. Uns ist klar, dass dies äußerst schwierig sein wird. Wir sind trotz der geplanten Einsparungen überzeugt, dass auch künftig jede Frau in Schleswig-Holstein, die akut von häuslicher Gewalt bedroht ist, auch die entsprechende und notwendige sofortige Hilfe erhalten wird.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauenfachberatungseinrichtungen, Frauennotrufe und Frauenhäuser sind für unser Land ebenso unverzichtbar wie Mädchentreffs.
Nicht zuletzt deshalb freue ich mich, dass Vertreterinnen dieser Einrichtung heute hier sind, um der Debatte zu folgen.
Die Landesregierung schlägt in ihrem Haushaltsentwurf vor, die Förderung der Mädchentreffs völlig einzustellen und 500.000 € bei der Förderung der Frauenberatungsstellen und den Frauenhäusern zu kürzen. Das bedeutet das Aus für das AWOFrauenhaus in Lübeck und das Wedeler Frauenhaus, die Zusammenlegung von Beratungsstellen, weil man schematisch nur noch eine Stelle pro Kreis fördern will. So bekommt auch der Kreis Steinburg erstmalig in den Genuss einer Frauenberatungsstelle.
Diese Pläne zeugen davon, dass man sich entweder nicht mit der Funktion und Aufgabe der Einrichtungen auseinandergesetzt hat oder aber die Kürzung um 500.000 € um jeden Preis umsetzen will. Es mutet fast schon zynisch an, wenn im sogenannten Handout des Gleichstellungsministeriums zu lesen ist, das Finanzierungskonzept verhilft darüber hinaus den Trägern zu einem „Höchstmaß an Planungssicherheit“.
Sicher ist für die Mitarbeiterinnen der betroffenen Frauenhäuser, für die Bewohnerinnen und ihre Kinder, dass sie vor dem Nichts stehen. Sicher ist, dass Fachwissen der Mitarbeiterinnen, dass die Vernetzung im Hilfesystem vor Ort von einem Tag auf den anderen verlorengeht. Sicher ist auch, dass das
ehrenamtliche Engagement der Frauen in den Vorständen und Fördervereinen von dieser Landesregierung so gering geschätzt wird, dass es nicht einmal der Erwähnung wert zu sein scheint.
Die LAG der Autonomen Frauenhäuser hat uns allen dargelegt, dass das Gleichstellungsministerium nicht mit korrekten Zahlen argumentiert. So wird behauptet, im Jahr 2009 hätten 2.101 Frauen und Kinder die Frauenhäuser aufgesucht, die tatsächliche Anzahl betrug ausweislich der eigenen Qualitätsberichte aber 2.193. Tatsache ist jedenfalls, dass sich weder Belegung noch Verweildauer in den letzten sieben Jahren signifikant verlängert haben.