Die LAG der Autonomen Frauenhäuser hat uns allen dargelegt, dass das Gleichstellungsministerium nicht mit korrekten Zahlen argumentiert. So wird behauptet, im Jahr 2009 hätten 2.101 Frauen und Kinder die Frauenhäuser aufgesucht, die tatsächliche Anzahl betrug ausweislich der eigenen Qualitätsberichte aber 2.193. Tatsache ist jedenfalls, dass sich weder Belegung noch Verweildauer in den letzten sieben Jahren signifikant verlängert haben.
Tatsache ist ebenfalls, dass die Argumentation, dass zum Beispiel im Wedeler Frauenhaus nur wenige Frauen und Kinder aus Wedel leben oder lebten und dieses Haus deshalb überflüssig sei, auch davon zeugt, dass wenig Sachkenntnis der Arbeit der Frauenhäuser vorhanden zu sein scheint.
Eine Frau, die mit ihren Kindern in einer relativ kleinen Stadt vor ihrem gewalttätigen Partner flüchtet, wird in dieser Stadt wahrscheinlich nicht unbehelligt vor diesem Partner oder auch dessen Familie leben können. Die Folge: Sie muss in ein Frauenhaus, das weiter entfernt liegt. Auch ein Austausch zwischen den Bundesländern ist fachlich zum Schutz der Frauen und der Kinder häufig genug geboten.
Vor wenigen Wochen haben uns hier vor dem Landeshaus Vertreterinnen und Bewohnerinnen von Frauenhäusern drastisch vor Augen geführt, dass für viele ihre Situation lebensbedrohend ist. Ich frage mich, ob die Abgeordneten, die diesem vorgelegten Kürzungskonzept zustimmen wollen, wirklich die Verantwortung für derartige Vorfälle übernehmen wollen und können.
Auch Frauenberatungsstellen sind darauf angewiesen, dass sie vor Ort Vertrauen genießen, als kompetente Partnerinnen zum Beispiel auch der Polizistinnen und Polizisten, die zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt gerufen werden, bekannt und anerkannt sind.
Auf die wichtige Tätigkeit in den KIK-Runden, bei der Umsetzung des Kinderschutzgesetzes, der Präventionsarbeit in Kitas und Schulen kann ich ihm Rahmen der Redezeit überhaupt nicht eingehen.
Und das Aus für die „Flotten Lotten“ und die „Zimtzicken“ und die anderen Mädchentreffs? Das bedeutet nämlich die Streichung des Landeszuschusses. Das Ende der konkreten Arbeit mit Mädchen und jungen Frauen, für die Jugendhäuser keine Alternative darstellen, weil sie zum Beispiel aus Familien stammen, die ihnen den Besuch eines solchen Hauses einfach verbieten. Das Ende der Entwicklung landesweiter Konzepte zum Schutz gefährdeter junger Mädchen vor Gewalt und Unterdrückung, zur Stärkung gerade von Mädchen und jungen Frauen, deren Familien dies nicht leisten können oder wollen.
Unser Fazit: Die Landesregierung zerstört mit den geplanten Kürzungen wichtige Strukturen der Hilfe, Beratung und Prävention für Mädchen und Frauen, die von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen sind oder sich in anderen Notlagen befinden. Diese Pläne sind ein weiterer Beleg dafür, dass diese Landesregierung Gleichstellungspolitik nur gering achtet
und ihren Kürzungsplänen Vorrang gegenüber dem Schutz derjenigen gibt, die qualifizierte Hilfe dringend brauchen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Die Opposition fordert in ihren beiden Anträgen geschlossen den Erhalt von Einrichtungen und Strukturen in Schleswig-Holstein, die sich auf dem Gebiet der Mädchen- und Frauenberatung und der Begleitung von Frauen, denen Gewalt angetan wurde, einen Namen gemacht haben.
Auf den ersten Blick, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, sind wir in unserem Bemühen und Bestreben nah beieinander. Wer sagt denn bitte schön, dass die Landesregierung oder die Abgeordneten der regierungstragenden Fraktionen in Schleswig-Holstein keine Frauenhäuser, keine Frauenberatungsstellen und keine Mädchenförderung in unserem Land haben möchten? Und wer sagt denn, dass genau das mit der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2011/2012 so gewollt ist? Wer
das behauptet oder durch Unterstellungen impliziert, der verkennt ganz bewusst die Tatsache, dass gerade der Erhalt dieser Strukturen für die Zukunft im neuen Haushalt in Angriff genommen wird.
Sehr geehrte Damen und Herren der Opposition, Sie fordern in Ihrem Antrag zum Erhalt der Frauenfacheinrichtungen ein Mindestmaß an personeller, materieller und finanzieller Ausstattung und eine angemessene Unterstützung. Da muss ich Sie doch fragen: Wo beginnt bei Ihnen das „Mindestmaß“? Und: Was bedeutet für Sie „angemessene Unterstützung“? War in der Vergangenheit für Sie die Nichtvornahme der Dynamisierung der FAG-Mittel für die Frauenhäuser angemessen, was letztlich eine Kürzung durch steigende Personalkosten bedeutete? Übertrifft das Konzept des Ministeriums - bei geplanten Schließungen von zwei Frauenhäusern und der Überführung der Finanzierung der Frauenberatungsstellen in das FAG - nicht sogar das von Ihnen so genannte Mindestmaß in personeller, materieller und finanzieller Hinsicht?
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, wenn es um Gewalt gegen Frauen und speziell um häusliche Gewalt geht, gibt es in Schleswig-Holstein drei tragende Säulen: Das ist zum einen KIK als erste tragende Säule, die zweite sind die Frauenberatungsstellen, und als dritte Säule gelten die Frauenhäuser.
Schleswig-Holstein als kleines und armes Bundesland hat über Jahre Strukturen aufgebaut, die in ihrer Arbeit positiv ineinandergreifen und sich wunderbar ergänzen. Eine dieser Säulen herauszunehmen, bedeutet den Totalschaden für das ganze Gebäude. So können Sie denn auch dem Haushaltsvorschlag entnehmen, dass eine Kürzung in der sogenannten ersten Säule - beim Kooperations- und Interventionskonzept - nicht vorgesehen ist.
Es gilt beim Verabschieden des Haushalts, diese drei Säulen aufrechtzuerhalten, so dass auch in Zukunft Leistungen und politisches Handeln möglich sind. Das bedeutet: Die finanzielle Grundlage muss auf solide Beine gestellt werden, damit alle Beteiligten Planungssicherheit in ihrer Arbeit haben und auch zukünftige Haushalte keinen leichten Zugriff auf die Finanzierung der unterschiedlichsten Formen der Frauenberatungsstellen in SchleswigHolstein haben. Genau das ist im Konzept des Gleichstellungsministers vorgesehen. Denn solange
es sich bei der Förderung von Frauenberatungsstellen um freiwillige Leistungen handelt, ist der Eingriff in die Förderung ein Leichtes. Allen Beteiligten muss klar sein: Das Land Schleswig-Holstein geht noch einen langen Weg, um das strukturelle Defizit abzubauen. Mit dem Haushalt 2011/2012 stehen wir erst am Anfang.
Liebe Kollegen und Kolleginnen! So komme ich nun zu Ihrer weiteren Forderung, die vier vom Land geförderten Mädchentreffs in Schleswig, Preetz, Ostenfeld und Husum in vollem Umfang weiterhin zu finanzieren. Vielleicht sollten sich die Antragsteller die Mühe machen und recherchieren, wie viele Mädchentreffs über die vier genannten hinaus es in Schleswig-Holstein gibt. Sie tun fast so, als ob es in Schleswig-Holstein nur diese vier gäbe. Das entspricht nicht der Realität.
Nein, jetzt nicht. - An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei allen bedanken, die sich im Mädchen- und Frauenbereich ehrenamtlich engagieren, und ihnen meine Anerkennung aussprechen. Sie leisten einen großen Einsatz zum Wohl der Gemeinschaft und im Speziellen für viele Mädchen und Frauen. Für diese Arbeit haben Sie meinen höchsten Respekt!
Wir, die FDP-Fraktion, wissen: Um fachmännische Unterstützung leisten zu können, braucht es auch hauptamtliche und speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen. Das bleibt unbenommen. Wir sind als Abgeordnete aber auch aufgefordert und verpflichtet, mit dem Blick auf die Haushaltslage finanzielle Leistungen zu überprüfen. Dazu gehört auch zu schauen, welche Ebene für solch eine Förderung von Mädchentreffs zuständig ist. Und hier sehe ich bei den Mädchentreffs nicht das Land in der Pflicht, sondern gemäß § 10 Jugendförderungsgesetz die Kommunen. Wenn die Kommunen wenigstens zu einem Teil ihrer Verpflichtung nachkommen, ist der Weg der Schließung eines Mädchentreffs nicht zwingend.
Ich beantrage abschließend Ausschussüberweisung, um unter Umständen noch einmal näher auf bestimmte Einzelheiten eingehen zu können.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Fraktion DIE LINKE, fordern die sofortige Rücknahme der 100-prozentigen Streichung der Landesmittel für die selbstorganisierten Mädchentreffs.
Die Streichung der Landesmittel ohne das Aufzeigen von Alternativen - was mir in den Ausführungen meiner Vorrednerin auch wieder gefehlt hat bedeutet das völlige, totale Aus für die Mädchentreffs, und zwar mit dem Jahreswechsel von 2010 auf 2011. Dies erfolgt quasi grundlos. Es gibt keinerlei Kritik an der Arbeit der vier in SchleswigHolstein landesweit tätigen Einrichtungen; diese hat hohe Qualität. Das Budget ist und war von je her schmal. Seit Bestehen der Mädchentreffs beträgt die Höhe der Landesmittel circa 145.000 € jährlich - Peanuts im Vergleich dazu, dass die Landesregierung 1 Million € für Berater bezahlt, die sich ausschließlich damit beschäftigen, die Privatisierung des UKSH zu prüfen;
Peanuts, wenn man die Qualität der Arbeit in den Mädchentreffs und die positiven sozialen Auswirkungen dazu ins Verhältnis setzt; denn in den Mädchentreffs wird mit nur geringen finanziellen Mitteln durch den Einsatz aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen - trotz der geringen finanziellen Mittel seit 20 Jahren hocheffektive, nachhaltige, geschlechterspezifische Jugendarbeit geleistet. Sie haben damit nicht nur die gesellschaftliche Teilhabe der Mädchen und jungen Frauen gefördert, sondern unmittelbar uns allen - auch über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinweg - geholfen. Die Einsparung geringer Beträge und von Einrichtungen, deren Arbeit allen in Schleswig-Holstein zugutekommt, ist der absolut falsche Weg.
Ich werde jetzt kurz aus den Arbeitsschwerpunkten des Mädchentreffs Husum - Trägerin: pro familia - zitieren: offene Mädchenarbeit, Mädchengruppen - sonntags und freitags -, sexualpädagogische Veranstaltungen wie „Elternschaft lernen - Eltern auf
Probe“, AGs an den Schulen, Medienarbeit, „girls on radio“, Gesundheit und Bewegung, Beratung und Unterstützung, Selbstbehauptung, WenDo-Kurse.
Auch noch Mädchentreff Husum: Vernetzung und Zusammenarbeit mit dem Frauenforum der Stadt Husum, den Gleichstellungsbeauftragten von Kreis und Stadt; Kooperation mit dem Arbeitskreis Mädchen, dem Theodor-Schäfer-Bildungswerk und so weiter.
Ich nenne ferner den Mädchentreff Ostenfeld „Die flotten Lotten“: Gruppenarbeit, „Babybedenkzeit“, Zeltlager, Nachwuchsarbeit für ehrenamtliche Teamerinnen - das Ehrenamt wird doch hier immer so gelobt -, Mittagsbetreuung, Jugendfreizeiten, Beteiligungsprojekte. Die Vernetzung ist auch anderswo sehr hoch, zum Beispiel zwischen AktivRegion Südliches Nordfriesland und ETS, Kreisjugendring Nordfriesland, Arbeitskreis Alkoholprävention, Paritätischem Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein, Gemeinde Ostenfeld, Jugendamt und den Trägern der Sozialräume Nord, Insel, Mitte, Husum, Süd. Und so weiter.
Mädchentreff „Trine“ - Arbeitsschwerpunkte: offene Treffarbeit mit verschiedenen Angeboten, zum Beispiel Kochen, Bewegung, Kreativität, Outdoor; themenbezogene Angebote, zum Beispiel Mobbing, Leben mit Behinderung, Freundschaft und so weiter, Beratung, Hausaufgabenhilfe, Internetcafé; Projektarbeit, zum Beispiel Sucht, Prävention von Essstörungen; Angebote an Schulen, zum Beispiel Girls’ Day, Eltern auf Probe, Angebote im Rahmen von offenen Ganztagsschulen, Ferienangebote. Auch hier gibt es eine enorme Vernetzung im Kreis.
Mädchenverein „Zimtzicke“ e.V. Arbeitsschwerpunkte: gesunde Ernährung, gesundes Körperbild, Selbstbehauptungstraining und Selbstverteidigung, sozialpädagogische Angebote und Lebensplanung. Auch hier gibt es eine enorme Vernetzung im Kreis.
All dies zerstören Sie mit einem Streich. Ich hoffe immer noch, dass dies nicht geschieht. Sie, liebe Abgeordnete von CDU und FDP, dürfen diese langjährig aufgebauten, funktionierenden Strukturen der mädchenspezifischen Jugendarbeit in SchleswigHolstein nicht zerschlagen. Sie müssen die beabsichtigten Streichungen zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zurücknehmen.
Dies gilt auch für die Frauenfacheinrichtungen in Schleswig-Holstein. Wie können Sie allen Ernstes auch bei den Frauenberatungseinrichtungen und Frauenhäusern kürzen, streichen und zusammenlegen? Das ist mir unverständlich. Sollen die von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder wirklich für Einsparungen herhalten? Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen, gehört zur Aufgabe dieser Gesellschaft. In diesem Land gibt es leider immer noch einen großen Bedarf an Schutz und Hilfe für Frauen. Dann auch noch fehlerhafte Angaben und suggestive Darstellungen zur Begründung dieser Vorgehensweise zu verwenden, lässt nur deutlich werden, dass Ihnen jegliche sachliche Argumente für diese Streichungen und Kürzungen fehlen.