Protokoll der Sitzung vom 20.11.2009

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Werner Kalinka das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat gezeigt, dass es vernünftig ist, dass wir uns im Ausschuss damit gründlicher auseinandersetzen und das Thema dort in der Tat ganz sachbezogen und ohne falsche Aufgeregtheit erörtern.

Lassen Sie mich erstens feststellen, dass die Koalitionsvereinbarung in Berlin vorsieht, dass die Optionskommunen von nun an dauerhaft arbeiten können.

(Beifall bei der CDU)

Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Entfristungsregelung sorgt zumindest dafür, dass diejenigen, die gute Arbeit leisten, dies auch zukünftig machen können.

(Beifall bei der CDU)

Hinsichtlich der Frage einer möglichen Ausweitung sind wir, glaube ich, rechtlich beieinander.

(Beifall bei der CDU)

Wir würden gern mit Ihnen zusammen, auch in der Ausschussarbeit, vielleicht auch bei anderen Gelegenheit, vertiefen, inwieweit wir flexiblere Regelungen finden können.

Ich muss allerdings eines hinzusetzen: Uns wird gesagt, dass eine Ausweitung der Optionsmöglichkeiten rechtlich schwierig sei. Das müssen wir dann einfach miteinander erörtern. Da hat es keinen Sinn, etwas aufzuschreiben und Erwartungen zu wecken, die wir nachher nicht erfüllen können. Wir haben uns natürlich auf diese Debatte vorbereitet, und es wird uns gesagt, es sei schwierig. Aber wenn etwas schwierig ist, heißt es ja nicht, dass es völlig unlösbar ist und mit anderen Dingen nicht doch angegangen werden kann. Daran sollten wir gemeinsam arbeiten.

Wir haben das gemeinsame Ziel, dass wir möglichst viele flexible, pragmatische, regional verankerte Chancen nutzen; denn das ist im Grunde die wirksamste Arbeitsmarktpolitik in der schwierigsten Zielgruppe.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich möchte mir die Anregung erlauben, dass wir eventuell auch mal als Ausschuss nach Berlin fahren.

(Unruhe)

- Es war mir klar, welche Reaktionen ich jetzt ernte. Ich gehöre ja zu denen, die eigentlich mit dem Landtag nie auf Reisen gehen, weil ich ein sparsamer Mensch bin.

(Zurufe)

- Das stimmt. Genau! - Aber, meine Damen und Herren, der Herr Landtagspräsident wird mir bestätigen: Die sieben Tage nach Oslo habe ich auch nicht mitgemacht.

(Weitere Zurufe)

- Also, meine Damen und Herren, ich habe noch 30 Sekunden Zeit. Ich möchte die Anregung geben das meine ich jetzt ganz ernsthaft -, dass wir den Sachverstand, der hier vor Ort vorhanden ist, dass wir unsere verschiedenen Ideen im Bundesarbeitsministerium den relevanten Entscheidungsträgern dort vortragen und mit ihnen ausdiskutieren. Ich sehe darin eine wirkliche Chance; denn manche Entscheidungen werden doch dort so getroffen, dass man das einsieht, was gesagt wird. Deswegen war es von mir ernsthaft gemeint, die Chancen zu nutzen, denen, die zu entscheiden haben, Informationen anzubieten und zur Verfügung zu stellen, sie vielleicht auch zu uns einzuladen, um wirklich eine dauerhaft optimale Arbeitsmarktförderung zu erreichen.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Andreas Tietze)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will überhaupt nicht in Abrede stellen, dass sich Optionskommunen in Nordfriesland und Schleswig-Flensburg nach anfänglichem Holpern auf einen sehr erfolgreichen Weg gemacht haben. Ich will nur daran erinnern, dass es in Schleswig-Flensburg im Zusammenhang mit der Betreuung von Jugendlichen ganz lange gedauert hat, bis man begriffen hat, dass man dafür extra Berater einstellen muss. Also, eine Kommune, die die Aufgabe übernimmt, ist nicht per se gut, sondern sie kann auch Fehler machen. Wir wollen aber nicht, dass sie Fehler macht. Wir wollen helfen und unterstützen, dass die Regelungen im Interesse der Betroffenen, derjenigen, die auf Unterstützungsleistungen angewiesen sind, geordnet werden.

Ich will aber auch davor warnen, in dem Zusammenhang die Agentur für Arbeit herauszunehmen. Es glaubt doch keiner von uns, dass jede Kommune in der Lage ist, eigene Arbeitsmarktprojekte zu organisieren, ohne daran die Agentur für Arbeit zu beteiligen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn die damit nichts mehr zu tun hat, wenn die nicht in Projekte, in Prozesse eingebunden wird, wird das schwieriger. Ich sage das auch ganz offen: Wenn die getrennte Aufgabenwahrnehmung kommt, dann kommen die Direktiven aus Nürnberg, und die gelten dann nur für die Agentur.

Dann kann sich jede Kommune vor Ort auf den Weg machen. Dann haben sie mal einen mehr oder weniger guten Landrat, dann klappt das mehr oder weniger gut. Dann haben sie mal einen mehr oder weniger engagierten Bürgermeister, dann ist das mehr oder weniger gut. Ich finde, eine anständige und sachgerechte Leistung darf nicht davon abhängen, wie Kommunalpolitik vor Ort funktioniert, wie der Bürgermeister oder ein anderer Akteur funktioniert.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gilt darauf hinzuwirken, dass es verlässliche rechtliche Grundlagen gibt, auf die sich die Menschen berufen dürfen.

Von daher bitte ich schon darum, dass man die Diskussion nicht auf solch einem Niveau führt, dass wir hier im Detail alles regeln könnten.

Herr Abgeordneter Baasch, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Tietze zu?

Bitte, Herr Tietze.

Herr Kollege Baasch, stimmen Sie mir zu, dass die Bundesagentur tatsächlich auch Einfluss nimmt auf die Kosten in den ARGEn, dass sie Kostenersparnis durchführt und damit auch die Arbeitsverwaltung letztlich langfristig austrocknet und eben teilweise Mittel für die Verwaltung nicht mehr zur Verfügung stellt?

Das ist wieder so eine Frage! Mit Ja oder Nein kann man darauf nicht antworten, weil das schon differenziert zu betrachten ist. Ja, so etwas gibt es. Ich kenne auch ARGEn, die zum Beispiel Geld gern für Qualifizierungsmaßnahmen und nicht für Ein-EuroJobs ausgegeben haben, und die örtliche Agentur hat Qualifizierungsmittel nach Nürnberg zurückgegeben. Ja, das gibt es, aber es gibt auch Bereiche, wo das Geld für Qualifizierung und Weiterbildung komplett ausgegeben worden ist und hervorragende Projekte gelaufen sind. Von daher, finde ich, kann man sich nicht einfach hinstellen und sagen, es funktioniert nur der eine Weg, sondern ich glaube, dass es wichtig ist, zu erkennen, dass wir uns in dem Bereich mit der Betreuung aus einer Hand auf den richtigen Weg gemacht haben.

Der Bericht der Bürgerbeauftragten zeigt deutlich, wo es Schwachstellen gibt. Die müssen wir abschaffen. Dafür müssen wir auch gesetzliche Regelungen bekommen. Aber wir dürfen nicht so tun, als wenn die Agentur für Arbeit überflüssig ist und nur noch ein bürokratisches Monster ist, das nicht hilft, sondern die Agentur für Arbeit muss eingebunden, und da, wo es nicht funktioniert, auf den richtigen Weg gebracht werden.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herrn Dr. Heiner Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass wir schon einmal weiter waren, als wir heute sind und bedauerlicherweise darüber diskutieren müssen. Es gab - daran war nicht ausschließlich die CDU/CSUBundestagsfraktion schuld oder beteiligt - einen einstimmigen ASMK-Beschluss, einen einstimmigen Beschluss aller Länder, eine verfassungsändernde Lösung herzustellen, was im Übrigen von CDU, SPD und FDP in diesem Landtag auch immer unterstützt wurde. Aus diesem ASMK-Beschluss ist nicht die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgeschert, sondern wenige Monate, nachdem dieser einstimmige, 16:0:0-Beschluss gefasst wurde, ist das Bundesland Bayern ausgeschert, weil es nämlich die Auftragsverwaltung präferiert.

Was dann passiert ist, wissen Sie alle. Das haben die Vorrednerinnen und Vorredner hier auch schon eindeutig geschildert. Ich kann allerdings über manche Debattenbeiträge hier nur staunen. Wer ernsthaft dafür plädiert, der Bundesagentur für Arbeit in Zukunft die alleinige Verantwortung zu übertragen, der plädiert ernsthaft dafür, auf jede kommunale Kompetenz in Zukunft zu verzichten, auf die kommunale Kompetenz, tatsächlich in den beiden Oppositionskommunen - bei der einen hat es etwas länger gedauert, bei der anderen hat es sehr viel schneller funktioniert - mit kommunaler, regionaler Kompetenz Menschen, die Hilfe brauchen, die Hilfe auch zu gewähren. Ich warne davor, die Bundesagentur für Arbeit in Zukunft wirklich die alleinige Kompetenz dafür übertragen zu wollen.

(Beifall bei FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich will an der Stelle davor auch eindringlich warnen - da bietet der Antrag der Grünen wirklich eine sehr sachgerechte Grundlage, glaube ich, für weitere Diskussionen im Ausschuss -, dieses Schreckgespenst der getrennten Aufgabenwahrnehmung, das jetzt diskutiert wird, hier an die Wand zu malen, 7 Millionen Hilfeempfänger würden am 1. Januar 2011 auf einmal keine Hilfeleistungen mehr bekommen.

Getrennte Aufgabenwahrnehmung mit vertraglich geregelter Trägerzusammenarbeit bei entfristeten kommunalen Optionen kann sehr wohl eine verfassungsrechtlich zulässige Lösung sein. Es kommt ganz präzise darauf an, wie genau man diese gesetzliche Regelung ausgestaltet. Es muss doch jetzt darum gehen, möglichst schnell eine gesetzliche Regelung zu finden, die garantiert, dass die Menschen weiterhin Hilfe aus einer Hand und unter einem Dach bekommen trotz getrennter Aufgabenwahrnehmung. Es hilft doch kein Lamentieren an dieser Stelle, was alles möglich gewesen wäre. Ich sage Ihnen schon jetzt voraus, dass die Länder, die in der nächsten Woche auf der ASMK weiterhin für eine verfassungsändernde Lösung plädieren, wie wir sie 2008 diskutiert haben, unabhängig davon, ob es A- oder B-Länder sind, rar sein werden. Vor dem Hintergrund ist es mir wichtig, zügig pragmatische Lösungen zu finden.

(Beifall bei FDP, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In Anbetracht dessen, mit welchen Geburtswehen, mit wie viel Schwierigkeiten die Zusammenführung allein organisatorischer Art stattgefunden hat - Frau Bohn, hier kann ich Sie beruhigen -, kann niemand auf irgendwelche Wahlen im nächsten Jahr warten. Es wird Aufgabe der ASMK in der nächsten Woche sein, den Vertretern der Bundesregierung klipp und klar zu sagen, dass wir ein schnelles Gesetzgebungsverfahren brauchen, das spätestens bis Mitte 2010, spätestens zu dem Zeitpunkt, den Sie genannt haben, abgeschlossen sein muss. Sonst ist die notwendige Neuorganisation nicht mehr leistbar. Wir sind es den Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfängern, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der ARGEn schuldig, dass wir ein solches Gesetzgebungsverfahren zügig in Gang setzen. Da können sich die Länder einbringen. An dieser Stelle werde ich mich auch mit Sicherheit einbringen, damit wir zügig ein Gesetzgebungsverfahren in Gang setzen.

(Beifall bei FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es muss darum gehen, die bereits von mir angesprochene getrennte Aufgabenwahrnehmung mit vertraglich geregelter Trägerzusammenarbeit bei entfristeten kommunalen Optionen auf den Weg zu bringen. Wie? - Durch verbindliche Vereinbarungen, strukturierte Zusammenarbeit der Träger unter Beachtung der kommunalen Selbstverwaltung. Diese Lösung wäre verfassungsgemäß, sofern die Trägereigenverantwortung nicht eingeschränkt wird. Hilfe aus einer Hand ist möglich im Rahmen der

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Es gibt keine Einschränkung der Trägereigenverantwortung. Hilfe unter einem Dach ist auch möglich.

Herr Minister Dr. Garg, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Habeck?

Selbstverständlich.