Protokoll der Sitzung vom 23.02.2011

Auch in dieser Situation haben wir das Pairing nicht vollständig aufgekündigt, sondern wir haben gesagt: Im Krankheitsfall zählt es selbstverständlich. Auch in dieser Sitzung ist es so, dass wir uns für zwei kranke CDU-Abgeordnete - damit sie nicht herreisen müssen - wieder enthalten, sollte es bei einer Abstimmung darauf ankommen.

Was wir aber gesagt haben - das ist in dieser Situation des Landtages völlig berechtigt; ich wundere mich, dass Sie überhaupt immer wieder damit kommen -, ist, dass, wenn Abgeordnete politisch unterwegs sind, wir das Pairing nicht garantieren.

Es gilt kein Pairing von Ministern oder Ministerpräsidenten, sondern wir pairen Abgeordnete, Herr Minister.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Sie sagen, wir hätten den Finanzminister nicht gepairt. Darum geht es gar nicht. Es geht um Abgeordnete.

(Christopher Vogt [FDP]: Das ist peinlich!)

- Ich weiß, dass Sie das nicht hören mögen, weil Sie das jedes Mal wieder aufregt.

Die Landesregierung ist frei, sich im Bundesrat oder in den Fachministerkonferenzen aus dem Kabinett von Ministerinnen und Ministern vertreten zu lassen.

Dann können entweder die hinfahren, die keine Abgeordneten sind, oder die Landesregierung nimmt in Kauf, dass dann hier Abgeordnete fehlen. Aber verbreiten Sie nicht die Unwahrheit, dass wir die Regierung in ihrem Handeln behindern.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Das ist doch heuchlerisch!)

Das tun wir nicht, sondern wir haben die klare Linie, dass wir sagen: Bei Krankheit ja, im politischen Fall nicht.

(Christopher Vogt [FDP]: Für diese klare Li- nie brauchen Sie fünf Minuten Redezeit!)

Herr von Boetticher, nennen Sie mir eine Regierungszeit in Schleswig-Holstein, wo Sie Opposition waren und wo Sie so eine klare, verbindliche Regelung getroffen haben!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN - Christopher Vogt [FDP]: Nicht wieder rechts außen!)

Der Ministerpräsident hat sich für die Landesregierung zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses nun.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte mich in die Debatte nicht eingeschaltet, Frau Heinold, wenn Sie sich jetzt nicht gemeldet hätten. Das tue ich jetzt aber und sage Ihnen, dass ich die Erklärung, die Sie gerade eben gefunden haben, insbesondere aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichts so nicht akzeptieren kann. Das Landesverfassungsgericht hat noch ein paar andere Dinge gesagt. Das Landesverfassungsgericht hat uns quasi aufgefordert, auch zu handeln.

Wir haben Aufgaben, die Sie sicherlich als Opposition noch kritisieren. Deswegen haben Sie dort einen Antrag gestellt. Ich stelle fest, dass wir aufgrund Ihres Verhaltens, Ihrer Verweigerung einen Teil dieser Aufgaben nicht wahrnehmen können.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ach je!)

- Nicht „Ach je!“

(Zuruf von der SPD: Sie wissen, dass das falsch ist, was Sie sagen! - Weitere Zurufe von der SPD)

- Sie brauchen kein Taschentuch, weil das, was Sie an Tränen vergießen, immer falsche Tränen sind.

Heute Morgen hat eine unterbrochene Sitzung des Vermittlungsausschusses stattgefunden, zu der unser Finanzminister normalerweise hätte hinmüssen, weil es da um die Interessen unserer Kommunen geht. Das ist der Punkt gewesen: die Interessen unserer Kommunen. Die Sitzung wurde übrigens gemeinsam von allen Finanzministern unterbrochen, nicht nur von CDU-Finanzministern oder von SPDFinanzministern. Es spielt doch keine Rolle, wer dort was macht. Wir haben die Sitzung unterbrochen, weil die Interessen der Kommunen nicht vertreten sein durften. Wenn Sie dem Ministerpräsidenten sagten, er könne nicht zur Bundesratssitzung gehen, ist das peinlich, aber es ist zu akzeptieren. Das kriegen wir auch so hin.

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Monika Heinold)

Wenn der Finanzminister abgehalten wird von denjenigen, die anschließend auch noch eine Diskussion über die Vertretung des Landes im Bundesrat und in anderen Gremien fordern, dann finde ich das ein unerhörtes Verhalten.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Herr Habeck, Sie haben sich ja gemeldet. Sie wissen ganz genau, dass ich nicht bei irgendeiner Geschichte etwas laut mache, sondern ganz vernünftig anfrage, ob wir gerade bei solchen Fällen nicht -

(Zuruf von der SPD: Das haben Sie nicht ge- macht!)

- Entschuldigen Sie, ich habe mit Herrn Habeck gesprochen.

(Zurufe von der SPD)

- Nein, Sie müssen nicht rausgehen. Haben Sie den Zwischenruf von Herrn Weber nicht gehört? - Gut. Dann habe ich vielleicht den Zwischenruf nicht richtig verstanden.

Ich würde das nicht laut machen, sondern ich sage: In den Fällen, wo ich darum bitte, dass wir an einer Sitzung in Berlin teilnehmen, die wichtig für uns ist, geht es wirklich um das Land und nicht um irgendwelche anderen Dinge. Ich hätte das nicht an die große Glocke gehängt. Aber ich finde das Verhalten, das Sie jetzt an den Tag legen, und vor allem die Erklärung, Frau Heinold, peinlich.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Ministerpräsident hat für die Landesregierung dreieinhalb Minuten geredet. Diese Zeit steht den Fraktionen nun auch zur Verfügung.

Ich erteile für einen weiteren Dreiminutenbeitrag dem Kollegen Wolfgang Baasch von der SPDFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Arbeitsminister hat es gut hingekriegt, die Nebelkerze zu werfen und damit von der Leiharbeitsdiskussion abzulenken.

(Beifall bei der LINKEN - Christopher Vogt [FDP]: Wer wirft hier Nebelkerzen?)

Die Diskussion, die sich jetzt hier angeschlossen hat, hat ja nun weniger mit Leiharbeit zu tun, auch wenn man sich darüber unterhalten kann, ob Herr Minister Garg nicht auch eine Art Zeitarbeiter ist.

(Beifall bei SPD und der LINKEN - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Wir sind alle eine Art Zeitarbeiter!)

Ich will versuchen, auf die Diskussion zum Thema Zeitarbeit und Leiharbeiter zurückzukommen. Die Frage des Pairings kann an dieser Stelle geführt werden, aber ich glaube nicht, dass sie entscheidend ist, um die inhaltliche Diskussion oder die Sachdiskussion voranzubringen.

Ich will noch einmal begründen, warum ich glaube, dass diese Diskussion wichtig ist. Ich meine, dass der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP unklar ist. Welchen Betrieb meint man denn nun, den entleihenden oder den verleihenden? Aber vielleicht kann man das noch richtigstellen. Also dieser Antrag ist durchaus fehlerhaft.

Aber ich will die Diskussion noch einmal aufgreifen, weil hier gesagt worden ist, man habe die Meinung geändert. Ich würde eher sagen, die Realitäten haben sich in unserem Land geändert.

Es geht darum anzuerkennen, dass das, was mit den Gesetzgebungen von Rot-Grün versucht worden ist, nicht eingetroffen ist. Der jetzt in den Redebeiträgen von CDU und FDP wieder angesprochene sogenannte Klebeeffekt bei der Leiharbeit hat ja nicht stattgefunden. Es sind ja nicht Massen von Leiharbeitern in den Betrieben übernommen worden. Ganze 7 % sind übernommen worden. Da stellt sich die berechtigte Frage: Was ist mit den anderen 93 %? Ich sage: Wenn man das feststellt, muss man an dem Gesetz etwas ändern.

(Christopher Vogt [FDP]: Was haben Sie für Anträge gestellt?)

- Ich habe Ihnen das vorhin schon gesagt: Wir haben im März 2010 einen Antrag zum Thema Leiharbeit gestellt. Den haben Sie damals abgelehnt. Da waren Sie doch überhaupt nicht in der Lage, sich über Leiharbeit und den Missbrauch in der Leiharbeit zu unterhalten. Da haben Sie das sogar noch alles geleugnet. Insofern ist es gut, dass Sie dazulernen. Das kann man nur begrüßen.

Das Zweite, was man auch festhalten muss, ist, dass wir seit der Zeit, wo wir die gesetzlichen Änderungen unter Rot-Grün hatten, die Ausweitung prekärer Beschäftigung in einem Riesenanteil gehabt

haben, dass plötzlich neue Minigewerkschaften dazugekommen sind, die Tariflöhne verabredet haben, die wir damals noch nicht gekannt haben und von denen wir heute sagen müssen: Das sind Fehlentwicklungen gewesen, und deswegen muss in der Leiharbeit korrigiert werden.

Ein Punkt, der in der Diskussion zumindest bis jetzt zu kurz gekommen ist: Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen, die in den Unternehmen tätig sind, werden immer noch nicht ausreichend mitbestimmungsmäßig und betriebsratsmäßig betreut und haben dort noch nicht Ansprüche auf gleiche Rechte. Das müssen wir ändern.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.