Leih- und Zeitarbeit ist geeignet, die Flexibilität von Unternehmen zu steigern, Arbeitsspitzen und Auftragsspitzen besser bewältigen zu können. Sie bietet auch eine Chance für Arbeitnehmer. Wir wollen heute nicht so tun, als ob nicht manche ihren Wiedereinstieg über diese Form der Arbeit gefunden hätten, die wir nicht optimal finden mögen, die aber eine Chance für Arbeitnehmer bietet, den Wiedereinstieg zu finden.
Das darf natürlich nicht dazu dienen, Löhne zu drücken oder Stammbelegschaften zu ersetzen. Herr Kollege Thoroe, Sie sind ja noch ein bisschen jünger, Sie haben es, Gott sei Dank, nie erleben müssen, in Knechtschaft zu leben. Sonst würden Sie mit diesem Wort und Ihrer Kritik etwas anders umgehen.
Eine ständige Unsicherheit ist für die Arbeitnehmer und ihre Familien und auch für Unternehmen nicht gut. Das bestreiten wir nicht im Geringsten. Ich glaube, alle die in Unternehmen tätig sind oder sie führen und leiten wissen, zufriedene Arbeitnehmer leisten mehr als unzufriedene. Das ist eigentlich keine Überraschung.
Sehr geehrter Herr Kollege Kalinka, ich habe eine Doppelfrage an Sie. Zum einen: Ist Ihnen bekannt, wie viel Arbeitnehmer über den Weg von Leiharbeit in reguläre Beschäftigungsverhältnisse gekommen sind im Verhältnis zu denen, die aus regulärer Beschäftigung zu prekärer Beschäftigung gelangt sind? Das ist die eine Frage.
Die zweite Frage ist: Sie haben Ihren Optimismus hinsichtlich der FDP-Kollegen gezeigt, dass es dort in guten Händen sei. Ist Ihnen bekannt, dass bei den Verhandlungen über Hartz IV - gerade was dieses Thema angeht - sich die FDP dem komplett verweigert hat, nämlich dem Equal Payment näherzutreten?
- Herr Kollege Dr. Stegner, hinsichtlich der Zahl derer, die in feste Beschäftigung kommen konnten, könnte die Zahl sicherlich höher sein. Darüber sind wir uns einig. Aber es gibt über Monate bis hin zu einem Jahr und länger doch Phasen, die eine aussichtsreiche Chance bieten, dann, wenn die entsprechende Nachfrage in den Firmen da ist, über die Leiharbeit möglicherweise zu einem Arbeitsplatz zu kommen. Das könnten sicherlich mehr sein, aber es ist nicht so, dass das nicht auch eine Chance bedeuten könnte, jedenfalls dann, wenn freie Arbeitsplätze angeboten werden.
Das zweite Thema kann ich gleich ergänzend hinzu nehmen. Ich finde es ganz wichtig, dass man sich in unserem Antrag auf drei Monate als Einarbeitungszeit verständigt hat. Das ist eine ganz entscheidende Aussage. Wir sollten uns freuen, dass wir und hoffentlich danach auch andere woanders dazu eine klare Positionierung vornehmen werden.
Auch Arbeitnehmer aus ausländischen Zeitarbeitsfirmen sind so zu bezahlen wie vergleichbare Arbeitsplätze im eigenen Betrieb. Auch das steht in unserem Antrag drin, den wir gemeinsam vorgelegt haben.
Lassen Sie mich Ihnen ein Zitat vortragen, das mit Blick auf die verbindlichen Lohnuntergruppen bei der Zeitarbeit von Bedeutung ist. Es kommt von der Bundeskanzlerin. Diese hat laut dpa gesagt wir wollen ja, wie immer im Leben, sorgfältig zitie
ren; das hat gar nichts mit der aktuellen Diskussion zu tun, denn ich finde es in der Tat manchmal merkwürdig, wie oberflächlich so etwas wahrgenommen wird - :
„Der Durchbruch bei den Mindestlöhnen für Zeitarbeiter, Sicherheitsleute und in der Ausund Weiterbildung führt nach Ansicht der Kanzlerin zu mehr sozialer Gerechtigkeit ohne dass die Flexibilität bei der Zeitarbeit zerstört wird.“
Der Lohn muss zum Leben reichen, ein lebensunterhaltender Lohn ist ein Gebot, ist ein Maßstab einer sozialen Gesellschaft. Der Landtag Schleswig-Holstein wird heute einen richtungsweisenden Beschluss fassen, und wir appellieren, ihn in der Wirklichkeit möglichst bald und schnell umzusetzen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor fast genau 11 Monaten haben wir hier im Landtag über einen Entschließungsantrag der SPDLandtagsfraktion diskutiert. Wir wollten damals mit unserer Entschließung erreichen, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag eindeutig gegen die Verdrängung oder Ersetzung von Stammbelegschaften durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern ausspricht. Damals mussten Sie mit Ihrer Mehrheit das alles noch ablehnen.
Für uns Sozialdemokraten gilt aber weiter der Grundsatz „Gleiche Arbeit, gleiches Geld“. In unserem damaligen Antrag haben wir nur eine winzige Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen. Diese winzige Ausnahme ist mehr als vertretbar. Wir sagen: Für eine erforderliche Einarbeitungszeit - und auch wirklich nur für Einarbeitung und nicht einfach, weil es einen neuen Mitarbeiter gibt darf es für die Dauer von maximal vier Wochen eine Ausnahme geben. Und auch diese Ausnahme muss tarifvertraglich zum Schutze des Leiharbeitnehmers oder der Leiharbeitnehmerin abgesichert sein.
Nach wie vor sehen wir, dass Unternehmen immer wieder dazu übergehen, Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu ersetzen. Diese Praxis zeigt, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der derzeitigen Form nach wie vor zu einer drastischen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten durch die Unternehmen genutzt wird. Darum haben wir damals auch gefordert, die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung durch eigene Leiharbeitsgesellschaften zu begrenzen.
Seit Sonntagnacht - da stimme ich dem Kollegen Kalinka ausnahmsweise einmal zu - gibt es eine gute und eine positive Entwicklung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Für weitere 1,2 Millionen Beschäftigte in der Zeitarbeit, im Sicherheitsgewerbe und in der Weiterbildung wird ein Mindestlohn kommen.
Für die Leiharbeit bedeutet das, dass für die knapp 1 Million Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in Deutschland spätestens zum 1. Mai 2011 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein echter Mindestlohn festgesetzt wird. Dieser tarifliche Mindestlohn bildet künftig die absolute Lohnuntergrenze. Er gilt sowohl für die verleihfreie Zeit als auch für die Zeit des Einsatzes bei dem entleihenden Unternehmen. Jeder Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche kann in Zukunft damit rechnen, dass er das vereinbarte Mindestentgelt bekommt, das derzeit bei 7,59 € in der Stunde liegt. Ich glaube, das ist zumindest eine gewisse Absicherung nach unten.
Leider konnte am Sonntag kein Weg gefunden werden, um den Grundsatz „Gleiche Arbeit, gleiches Geld“ umzusetzen. Die Realität ist, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bis zu 50 % weniger verdienen als ihre Kollegen, obwohl sie die gleiche Arbeit machen. Die Realität ist auch, dass sie es sind, nämlich die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer, die immer wieder um ihre Jobs bangen müssen. Realität ist auch, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer kaum Aufstiegschancen haben, in den Betrieben nicht qualifiziert werden und seltenst von den Betrieben, in denen sie zuvor dringend gebraucht wurden, übernommen werden. Deswegen bedeutet Leiharbeit Entwürdigung der Arbeit. Würde ist bei der Arbeit aber notwendig, damit Menschen motiviert werden und sich mit ihrer Arbeit identifizieren können.
Es ist gut und unterstützend, dass die Gewerkschaften morgen einen Aktionstag gegen Missbrauch in der Leiharbeit durchführen. „Arbeit sicher und fair“, das ist das Motto der DGB-Aktion. Es findet unsere volle Unterstützung.
Die SPD tritt dafür ein, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer während ihres Einsatzes mit den Kollegen, die fest angestellt sind, gleich behandelt werden. Wenn von diesem Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen wird, dann ist dies nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, damit wird auch volkswirtschaftlicher Schaden angerichtet.
Die Ungleichbehandlung führt dazu, dass immer mehr Stammbeschäftigte dauerhaft durch Leiharbeitnehmer ersetzt werden und somit normale Arbeitsverhältnisse vernichtet werden. Wir brauchen aber gute und sichere Arbeitsplätze mit einer Entlohnung, von der die Menschen leben können.
Dies war leider in den Verhandlungen mit der Regierungskoalition auf Bundesebene nicht durchsetzbar. Die FDP war dabei die treibende Kraft, denn sie hat bis zuletzt darauf beharrt, gleichen Lohn erst nach neun Monaten des Einsatzes einzuführen. Gleicher Lohn nach neun Monaten würde aber kaum einem Leiharbeiter helfen, weil Leiharbeiter meist viel kürzer in den Betrieben eingesetzt werden. Darüber hinaus wäre zu befürchten, dass die Arbeitgeber eine solche Regelung schlicht umgehen würden, indem sie die Leiharbeitnehmer nach neun Monaten auswechseln. Da sind auch die von CDU und FDP hier geforderten drei Monate nur Ablenkung, denn in Berlin hört in dieser Frage eh keiner auf Sie!
Wir machen an dieser Stelle keine faulen Kompromisse. Wir Sozialdemokraten stehen weiter zur vollständigen Gleichbehandlung von Stammbelegschaften und Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern. Dies ist ein Gebot sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft.
Abschließend noch einige kurze Anmerkungen zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Wollte die Fraktion DIE LINKE vor elf Monaten die Leiharbeit noch pauschal verbieten, so liest sich ihr Antrag heute wesentlich differenzierter. Über Forderungen nach Beschränkung der Leiharbeit sowie über den Stopp von Missbrauch in der Leiharbeit sollten wir
im Sozialausschuss vertiefend diskutieren. Deshalb kann ich für unsere Fraktion nur fordern, die vorliegenden Anträge an den Sozialausschuss zu überweisen. Dort können wir weiterberaten. Wir können versuchen, vernünftige Wege wie das Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit sofort umzusetzen. Wenn wir aber zur Abstimmung kommen, dann werden wir die Anträge ablehnen, weil wir wie gesagt - bei der Leiharbeit keine faulen Kompromisse machen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zeitarbeit sorgt für mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt. Sie sorgt dafür, dass Stammbelegschaften bei Auftragsspitzen auf Zeit ergänzt werden können, und sie bildet für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vorher keiner Beschäftigung nachgegangen sind, eine Brücke in den Arbeitsmarkt. Gleichwohl sollte Zeitarbeit nicht zum Ersetzen von Stammbelegschaften oder zur Lohndifferenzierung innerhalb einer Belegschaft missbraucht werden.
Auch wenn die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Zeitarbeit nach wie vor nur einen eher geringen Anteil an der Zahl der Erwerbstätigen hat, so hat sie laut Bundesagentur für Arbeit eine erhebliche Bedeutung für die positive Entwicklung auf unserem Arbeitsmarkt. Die Zeitarbeit bietet im Gegensatz zu anderen Beschäftigungsformen in der Regel voll versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse und stellt insbesondere für Langzeitarbeitslose eine Chance auf einen Zugang zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung dar. Unter den ehemaligen Zeitarbeitsbeschäftigten befindet sich der überwiegende Anteil auch mittelfristig in Beschäftigung und eben nicht mehr in der Arbeitslosigkeit.
Die Zeitarbeit in ihrer heutigen Form war ein Bestandteil der Agenda 2010. Wir haben es hier gehört. Wie andere Bestandteile der Agenda 2010 auch ist die Zeitarbeit grundsätzlich als erfolgreich anzusehen. Sie bedarf jedoch einiger Korrekturen, weil es leider immer noch problematische Begleiterscheinungen gibt. In den letzten Monaten war vielfach vom Modell Schlecker oder auch von dem
„Drehtür-Modell“ die Rede, bei denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer quasi durch sich selbst günstiger ersetzt wurden. Wir begrüßen es von daher, dass die Bundesregierung diesen Missbrauch der Zeitarbeit durch eine gesetzliche Regelung unterbinden wird.
Momentan gibt es jedoch vor allem angesichts der Ausweitung der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf die acht osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten ab dem 1. Mai 2011 die Befürchtung, dass es hierdurch zu einem massiven Lohndumping bei der Zeitarbeit kommen könnte. Herr Kalinka hat es angesprochen: Aus diesem Grund sprechen wir uns in unserem Änderungsantrag für den Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ aus, der nach einer Übergangsphase von drei Monaten gewährleisten soll, dass auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus ausländischen Zeitarbeitsfirmen so bezahlt werden müssen wie vergleichbare Arbeitskräfte aus der Stammbelegschaft von Unternehmen, die die Zeitarbeiter einsetzen. Zu beachten ist allerdings auch, dass von Zeitarbeitsunternehmen eingesetzte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer teilweise mehr verdienen als die Stammbelegschaft. Auch das gibt es. Diesen Menschen wollen wir das Gehalt nicht kürzen.
- Frau Midyatli, man kann das auch sachlich und konstruktiv sehen. Ihre Partei hat dies eingeführt, insofern wäre etwas mehr Demut geboten.