Protokoll der Sitzung vom 24.02.2011

Meine Damen und Herren, wir kommen zunächst verabredungsgemäß zu dem uns jetzt vorliegenden Dringlichkeitsantrag.

Ich rufe damit auf:

Aufnahme einer Norm in das CCS-Gesetz

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von SSW, CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE Drucksache 17/1317 (neu)

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Die Fraktionen haben sich darauf verständigt, den Antrag ohne Aussprache zu behandeln. Ich schlage Ihnen vor, ihn als Punkt 37 a in die Tagesordnung einzureihen und abweichend von § 51 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Landtags, nämlich vom Erfordernis der Zweidrittelmehrheit, jetzt in der Sache abzustimmen. - Widerspruch sehe und höre ich nicht. Dann werden wir so verfahren.

Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 17/1317 (neu) einstimmig angenommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Einnahmesteigerung und Ausgabesenkung durch Solar- und/oder Photovoltaikanlagen

Antrag der Fraktionen von SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN Drucksache 17/1253 (neu)

Photovoltaikanlagen fördern

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1334

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Lars Harms von der Fraktion des SSW.

(Minister Jost de Jager)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Solar- und Photovoltaikanlagen ist nur scheinbar ausschließlich ein Thema, bei dem man sich aus Landessicht mit der nachhaltigen Energiegewinnung beschäftigt. Es geht hier nach unserer Auffassung um viel mehr. Es geht hier um Unternehmen, die unterstützt werden müssen, es geht um die Finanzsituation des Landes SchleswigHolstein, es geht um die Zusammenarbeit mit Energieversorgern beim Anschluss solcher Anlagen, und dann geht es natürlich auch um die Etablierung einer sauberen Energieform. Bei all dem hat die Landesregierung bisher die Hände in den Schoß gelegt und nichts getan.

Wir haben die absurde Situation, dass wir als Land Schleswig-Holstein mit Solaranlagen auf unseren landeseigenen Dächern Geld verdienen könnten, das wir dringend für Aufgaben des Landes benötigen, und dass gleichzeitig hier ansässige Firmen ihre Anlagen in anderen Bundesländern installieren, weil man hier nicht zu Potte kommt.

In den Haushaltsberatungen wurden wichtige soziale und kulturelle Projekte massiv gekürzt. Dabei ging es manchmal um geringe Summen, oft unterhalb von 10.000 €. Mit den Einnahmen, die wir mit der Solarenergie auf unseren Dächern erzielen könnten, könnten wir manches dieser Projekte aufrechterhalten. Wir könnten aber auch das Geld für das uns alle einende Ziel der Schuldenreduzierung nutzen. Was wir aber nicht können, ist, auf diese Einnahmen zu verzichten. Aber genau das tut die Landesregierung bisher wider besseres Wissen.

Es gibt dabei zwei Möglichkeiten. Man kann einerseits selber als Investor Anlagen auf den Dachflächen der landeseigenen Gebäude installieren. Dann wäre es möglich, dass hiesige Handwerksbetriebe und Solaranlagenhersteller profitieren könnten. Andererseits wäre es auch möglich, die Dachflächen einfach nur für die Nutzung zur Verfügung zu stellen und diese an Betreiber zu verpachten. Ein solches Modell wird von der Deutschen Umweltberatung aus Lübeck schon erfolgreich in anderen Bundesländern angeboten und durchgeführt. Warum sollte dies nicht auch bei uns möglich sein?

Das Verpachtungsmodell hätte den Charme, dass wir kein eigenes solares Dachflächenkataster benötigen würden und wir regelmäßige Pachteinnahmen ohne weiteres Risiko generieren könnten. Aber egal, welches der Modelle angestrebt werden würde, jedes der Modelle würde mehr Geld in die Kasse des Landes spülen. Und bevor die Landesregie

rung wieder bei den Schwächsten kürzt, wäre es endlich einmal angebracht, dass man sich erst einmal an die Einnahmen macht.

Ich glaube, dass das Land hier immer noch nicht genügend seiner Vorbildfunktion nachkommt. Wir wollen Bürgersolaranlagen. Wir wollen, dass die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land mit solchen Anlagen Geld verdienen und dann hier bei uns Steuern zahlen. Wir wollen, dass unsere Hersteller und Handwerksbetriebe überall im Land gut ausgelastet sind. Aber warum geht die Landesregierung dann nicht mit gutem Beispiel voran? Sie sprechen doch immer von einer guten Mittelstandspolitik. Hier haben Sie die Gelegenheit dazu, konkret etwas für das Handwerk und den Mittelstand zu tun. Bisher haben Sie diese Chance aber verstreichen lassen.

In dem Moment, in dem das Land vorangeht, wird es auch eine breitere Diskussion mit den Energieversorgern geben müssen, die ja auch Leitungsnetzbetreiber sind. Da gibt es natürlich unterschiedliche Interessen, und mancherorts in Deutschland sind die Energieversorgungsunternehmen wenig kooperativ, wenn es um den Anschluss von Bürgersolaranlagen an das Stromnetz geht. Wie die Erfahrungen in Schleswig-Holstein sein werden, können wir heute noch nicht sagen, weil die Landesregierung dieses Thema bisher mehr oder weniger verschlafen hat. Wir glauben, dass sich dann, wenn das Land vorangeht, auch die Türen für private Investitionen öffnen würden. Und das, meine Damen und Herren, wäre eine wirkliche, echte Mittelstandspolitik in unserem Land. Davon sind wir aber bisher dank der Landesregierung weit entfernt.

Wir haben heute einen Vorschlag vorgelegt, wie wir die Einnahmen des Landes verbessern können, wie wir die Steuereinnahmen erhöhen können, ohne jemanden zusätzlich zu belasten, wie wir den Mittelstand und das Handwerk stärken können, wie wir die Betriebskosten für unsere Liegenschaften senken können, wie wir nachhaltig Energie produzieren können und wie wir ein Vorbild für unser Land sein können.

Deshalb glaube ich, dass der Weg, den wir vorschlagen, der richtige Weg ist. Ich erkenne an, dass die Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP einen Änderungsantrag eingebracht haben, der nicht sehr weit von unserem Ursprungsantrag entfernt ist. Ich schlage daher vor, dass wir beide Anträge an den Finanzausschuss überweisen und uns dort berichten lassen, wie wir in Zukunft damit rechnen können, dass die Landesregierung an diesem Thema weiterarbeitet.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jens Magnussen das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass ich mich freue, dass die Opposition mittlerweile in Gänze Vorschläge zur Konsolidierung des Haushalts macht. Es sind zwar keine Ausgabenkürzungen, sondern Einnahmesteigerungen, was politisch ja auch attraktiver ist. Aber immerhin!

Lieber Lars Harms, du hast dir viel Mühe gegeben. Vielen Dank! Letztlich sagen ja auch wir, dass die Konsolidierung ohne zusätzliche Einnahmen nicht möglich ist. Ich bin dem SSW als Verfasser des Ursprungsantrags dankbar, gebe aber auch meiner Skepsis Ausdruck, ob diese Initiative zum Ziel führen wird.

Zunächst einmal fordern Sie, verehrte Opposition, alle entsprechend geeigneten Dachflächen mit Solaranlagen zu versehen. Abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass es viele geeignete Flächen gibt, erweckt der Antrag den Eindruck, dass jede vorgenommene Investition eine Rendite für das Land abwirft. So lese ich zumindest den Antrag. Gerade das ist aber mitnichten der Fall, und das hat mehrere Gründe.

Erstens. Jede Investition in diesen Bereich muss durch Fremdkapital finanziert werden. Angesichts der Haushaltssituation ist das nicht anders möglich. Das schmälert die zu erwartende Rendite erheblich. Wir liegen zwar derzeit bei historisch niedrigen Zinssätzen von circa 2,4 %, das kann sich aber schnell ändern.

Zweitens. Sie müssen zunächst ein Dachflächenkataster erstellen, und zwar mit allem drum und dran. Das wird sicher nicht billig, bindet Ressourcen, und der damit verbundene Verwaltungsaufwand ist mit den Plänen zum Personalabbau in der Landesregierung eher nicht vereinbar.

Außerdem gab es vor fast genau zwei Jahren schon einmal einen Antrag der Grünen zum solaren Dachflächenkataster. Das fanden wir alle damals schon absurd. Der verehrte Kollege Detlef Matthiessen machte eine One-Man-Show in der Bütt, um seinen Vorschlag zu rechtfertigen. Auch der SSW hielt damals eine Aussprache für nicht notwendig.

Drittens. Die Investitionsrechnung umfasst in erster Linie einen Zeitraum von 20 Jahren, also den Zeitraum, in dem eine Einspeisevergütung gewährt wird. Ich denke, das Landeshaus wird auch in 20 Jahren noch in Landeshand sein und wird auch weiter als Parlament genutzt werden. Ob sich aber angesichts der Sparbemühungen alle geeigneten Immobilien des Landes, die teilweise unter Denkmalschutz stehen, auch in 20 Jahren noch in Landeshand befinden, kann heute niemand voraussehen.

Viertens. Vergessen wir nicht den Verwaltungsund Instandsetzungsaufwand. Deswegen sprechen wir uns in unserem Änderungsantrag für Solaranlagen aus. Solaranlagen sind sinnvoll, wenn das Land wirklich etwas daran verdient. Für kostspielige PRMaßnahmen fehlen dem Land aber leider die finanziellen Mittel.

Sehr geehrte Damen und Herren, nicht zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen kontinuierlich angepasst werden. So wurde unter anderem im November vergangenen Jahres das Europarechtsanpassungsgesetz Erneuerbare Energien verabschiedet. Dieses sieht eine Vorbildfunktion der öffentlichen Gebäude im Bereich der Solarenergie beziehungsweise -thermie vor. Dieser Vorbildfunktion kommt SchleswigHolstein auch nach, und zwar dort, wo es sinnvoll ist. Der Minister wird dazu sicher noch einiges ausführen. Es ist also nicht so, dass wir uns dieser Technologie auf öffentlichen Gebäuden gänzlich verschließen wollen.

Darüber hinaus - und damit komme ich zum Schluss - muss man fragen, ob die Forderung der Opposition geschickt ist. Ich bin ein Verfechter des Ausbaus der erneuerbaren Energien und sehe in diesem Bereich eine große Zukunft für das Land Schleswig-Holstein. Doch unsere Priorität ist ganz klar die Windenergie.

Aus diesem Grunde begrüße ich den gefundenen Kompromiss zur vorzeitigen Absenkung der Energieeinspeisevergütung für Solarenergie, der im Übrigen von der Branche mitgetragen wird. Ich sehe jedoch nicht die Notwendigkeit, dass wir vor diesem Hintergrund auch noch von staatlicher Seite aus massiv in die Solarenergie investieren sollten. Ich sehe unsere vordringlichste Aufgabe eher darin, ideologiefreie Rahmenbedingungen zu schaffen.

Ich bitte um Abstimmung in der Sache und um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Lars Harms)

Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Olaf Schulze das Wort.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der gemeinsame Antrag der Oppositionsparteien und auch der Änderungsantrag der Regierungsfraktionen greifen ein im Landtag bereits mehrfach diskutiertes Thema auf: Wie kann das Land Schleswig-Holstein einen eigenen Beitrag zur unbestritten notwendigen Wende hin zu erneuerbaren Energien leisten und gleichzeitig die Möglichkeiten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes finanziell nutzen?

Wie es aktuell Tausende von Hauseigentümern im ganzen Land tun, kann auch das Land selbst auf seinen Gebäuden Dachflächen für Solar- und oder Photovoltaikanlagen nutzen und so Kosten für Strom und Wärme sparen.

Der Grundgedanke beider Anträge ist überzeugend und richtig. Wir dürfen dabei allerdings die Haushaltslage des Landes - Solar- und Photovoltaikanlagen kosten zunächst einmal viel Geld und bringen erst über Jahre finanzielle Vorteile - und den großenteils sanierungsbedürftigen Zustand der Landesgebäude nicht vergessen. Die GMSH schätzt allein die Kosten für die energetische Sanierung der Landesliegenschaften auf über 1 Milliarde €. Insoweit habe ich auch Sympathie für das finanzielle Argument des Antrags von CDU und FDP.

Die finanziellen Probleme können aber vermieden werden, wenn auch Dachflächen zur Gewinnung von Solarstrom verpachtet werden oder wenn entsprechende Maßnahmen im Rahmen eines umfassenden Sanierungs- und Energiekonzepts erfolgen. Das Energiemanagement der GMSH bietet bereits eine gute Grundlage, sodass die Kosten für Wärme und Strom in Höhe von etwa 28 Millionen € im Jahr 2009 schrittweise gesenkt werden können.

Wichtige Maßnahmen sind daher das Aufzeigen investiver Energieeinsparpotenziale, investive Energiesparmaßnahmen in Koppelung mit der Instandhaltung und die Erarbeitung von Konzepten zur Energieeinsparung.

Wenn wir Energie möglichst einsparen, die dann erforderliche Energie effektiver einsetzen und dabei möglichst bald nur noch erneuerbare Energie einsetzen, dann folgen wir den Grundsätzen der Energiewende, die wir politisch einfordern.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Glaubwürdig für die Bürgerinnen und Bürger des Landes sind wir allerdings erst dann, wenn wir selbst diesen Weg entschlossen gehen. Das Land muss einen eigenen Beitrag zur Energiewende leisten. Das wollen wir mit dem vorliegenden Antrag erreichen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu dem Antrag der Oppositionsfraktionen.

Außerdem finde ich es schade, dass das Entgegenkommen des Kollegen Harms von den Regierungsfraktionen nicht angenommen wird. Wir sollten das im Ausschuss noch einmal beraten und einen gemeinsamen Antrag interfraktionell abstimmen. So könnten wir auch gemeinsam etwas durchsetzen. Ich dachte, dass wir uns in der Sache einig sind. Deshalb ist es schade, dass Anträge einfach abgelehnt werden. Aber auch daran haben wir uns gewöhnt. Wenn man so nervös ist, muss man das halt so machen.