Außerdem finde ich es schade, dass das Entgegenkommen des Kollegen Harms von den Regierungsfraktionen nicht angenommen wird. Wir sollten das im Ausschuss noch einmal beraten und einen gemeinsamen Antrag interfraktionell abstimmen. So könnten wir auch gemeinsam etwas durchsetzen. Ich dachte, dass wir uns in der Sache einig sind. Deshalb ist es schade, dass Anträge einfach abgelehnt werden. Aber auch daran haben wir uns gewöhnt. Wenn man so nervös ist, muss man das halt so machen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nicht nervös. Die Opposition möchte also die Landesregierung auffordern, die entsprechend geeigneten Dachflächen der Landesliegenschaften für Solar- und Photovoltaikanlagen zu nutzen, um damit entsprechende Einnahmen zu erzielen beziehungsweise Ausgaben zu senken. Auf den ersten Blick klingt dieser Vorschlag gut.
Man könnte sämtliche Dächer der Landesliegenschaften mit Solaranlagen überbauen, und schon hätte man eine sprudelnde Einnahmequelle. Über Haushaltssanierung und Ausgabenkürzungen müsste man sich dann vielleicht gar keine großen Gedanken mehr machen. Warum machen das nicht schon längst alle Kommunen? Warum wurde das nicht schon längst gemacht? Herr Stegner war auch einmal Finanzminister. Auf dem Dach des Finanzministeriums sehe ich aber keine Anlagen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es redet der Abgeordnete Oliver Kumbartzky. Ich bitte um entsprechende Ruhe und Aufmerksamkeit.
Herr Stegner, in der Praxis ist es nicht so einfach, wie es in dem Antrag steht. Man muss nämlich sämtliche Kosten kalkulieren, und wir müssen bedenken: Wir brauchen eine Fremdfinanzierung. Photovoltaikanlagen gibt es eben nicht umsonst. Das Land könnte diese Anlagen nur mit einer neuen Schuldenaufnahme finanzieren. Außerdem ist nicht jedes Dach pauschal geeignet. Und es kann nur um ältere Bauten gehen, da bei Neubauten gesetzlich vorgeschrieben ist, erneuerbare Energien einzusetzen.
Man muss bei der Berechnung der künftigen Kosten alle Kosten einrechnen, einschließlich der Finanzierungskosten, sprich Zins und Tilgung. Hinzu kommen dann natürlich auch Projektierungskosten und Investitions- und Verwaltungskosten. Am Ende schlagen auch noch Repower- oder Abbaukosten zu Buche.
Wenn eine Anlage in der Anschaffung 50.000 € kostet, dann kommen zusätzlich Montage- und Verkabelungskosten sowie Kosten für die Planung und die Wechselrichter hinzu. Dadurch hat sich der Preis schon fast verdoppelt. Dazu müssen Sie auch noch Zins- und Tilgungskosten einberechnen, sodass Sie ganz schnell bei vielen Tausend Euro an Finanzierungskosten sind. Damit haben Sie den Landeshaushalt immer noch nicht entlastet - egal, ob Sie den Strom selber nutzen oder ins Netz einspeisen.
Von den erwarteten Erträgen, die seit dem letzten Jahr um ein Viertel je Kilowattstunde gesunken sind und die zum 1. Juli vermutlich erneut und vernünftigerweise weiter sinken, müssen Sie die laufenden Kosten der Verwaltung, der Versicherung
der Anlage, der Wartung und zum Teil auch der Beheizung abziehen. Von diesen Nettoeinnahmen müssen Sie dann die Zinskosten subtrahieren. Erst dieser Wert - soweit er überhaupt noch positiv ist würde einen Mehrwert schaffen.
Bei meiner Berechnung habe ich immer noch nicht in Erwägung gezogen, dass die Flächen erst begutachtet werden und für jede Liegenschaft eine Kosten-Nutzen-Kalkulation vorgenommen werden muss.
Jetzt nicht. - Nur so ist eine wirkliche Vollkostenrechnung möglich. Heute Abend findet der Parlamentarische Abend der Steuerberaterkammer statt. Vielleicht sind die für nützliche Hinweise zu haben.
Man könnte sich noch die Frage stellen, was geschieht, wenn man die Flächen einfach verpachtet. Auch das ist nicht so einfach, wie es im ersten Augenblick klingt. Auch hier fallen Projektierungsund Begutachtungskosten an. Diejenigen, die eine Fläche pachten wollen, werden zuerst eine Vollkostenrechnung erstellen. Eile wäre vor dem Hintergrund der weiteren Kürzung der Einspeisevergütung zum 1. Juli 2011 geboten. Außerdem werden die Pächter darauf bestehen, dass das Gebäude über einen langen Zeitraum erhalten bleibt. Auch Rechte des Pächters und Pflichten des Verpächters spielen eine Rolle.
Sie sagen einfach: Wir können überall Solaranlagen aufbauen, dann haben wir mehr Einnahmen. Das ist ja richtig. Nur Sie müssen auch beachten, dass es Ausgaben gibt. Deswegen bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen, in dem das fundiert beschrieben ist.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt tatsächlich Prognosen, die durch die Realität übertroffen werden. Erfreulicherweise haben wir bei den erneuerbaren Energien eine sehr rasante Entwicklung. Im Jahr 2010 erzeugte die Windenergie in Schleswig-Holstein fast 50 % des verbrauchten Stroms.
Die erneuerbaren Energien wachsen. Ein Wachstum haben wir aber auch beim Klimawandel. Die globale Erwärmung schreitet schneller voran, als selbst in weitgehenden Szenarien in den Jahren davor angenommen. Die jährlichen Schäden an unserem globalen Ökosystem übersteigen jede Finanzkrise. Der Klimawandel ist und bleibt eines der größten Probleme der Menschheit. Daher hat der Klimaschutz auch als allgemeiner Belang in § 1 des Baugesetzbuches Eingang gefunden. Wind und Sonne schicken keine Rechnung. Wind- und Sonnenstrom sind ökologisch, schaffen aber auch Arbeitsplätze und Einnahmen. Darum geht es in diesem Antrag. Richtigerweise ist vonseiten der CDU bemerkt worden, dass ich bereits in der letzten Legislaturperiode als einsamer Kämpfer einen Antrag gestellt habe. Da sieht man einmal, dass hartnäckiges Wirken in der Politik vielleicht doch zu einer gewissen Verbreitung richtiger Einsichten führen kann.
Die grüne Landtagsfraktion hat im Februar 2009 einen ähnlichen Antrag mit dem Titel „Solares Dachflächenkataster der Landesliegenschaften“ gestellt. Leider wurde dieser wegweisende Antrag damals von CDU und SPD abgelehnt.
Ich möchte in aller Kürze noch einmal auf den CDU-Antrag eingehen. Den Antrag finde ich nicht so schlimm. In einer Beziehung jedoch schon, darum werde ich ihn gleich noch einmal zitieren. Es geht um Potenziale. Für solare Technik wollen wir Potenziale ermitteln, und zwar nicht nur für PV, sondern auch für solarthermische Nutzung unserer Dächer in den öffentlichen Liegenschaften. Zunächst einmal geht es - das war damals unser Antrag, unser Ansinnen - um ein solares Dachflächenkataster. Das wäre die erste Stufe. Dieses Potenzial würde sich dann in einem weiteren Schritt
um technische Einschränkungen verkleinern. Dann - jetzt kommt der heute vorgelegte CDU/FDP-Antrag - macht man noch einmal eine Projektanalyse. Jedes Projekt ist individuell. Es muss berechnet werden. Wenn es sich rechnet, dann soll investiert werden.
Ich lese einmal aus dem von CDU und FDP gestellten Antrag, der recht kurzfristig eingebracht wurde, vor:
„Der … Landtag bittet die Landesregierung, … Dachflächen … zu nutzen, soweit die Abzinsung der zukünftigen Zahlungen einen positiven Nettobarwert“ ergibt.
Und so weiter und so weiter. Anhand dieses Beispiels wollte ich noch einmal daran erinnern, dass wir eine Volksvertretung sind. Wir sollten unsere Anträge in einer Art und Weise formulieren, dass auch die breite Masse des Volkes sie versteht.
(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Ingrid Brand-Hückstädt [FDP] und Wolfgang Kubicki [FDP])
Übersetzt heißt das sehr richtig - jeder wird dem beipflichten -: Wir wollen dann investieren, wenn es sich wirtschaftlich lohnt.
Der Mensch ist also lernfähig. Wir wollen offenbar solch ein solares Dachflächenkataster angehen. Deshalb hoffen wir, dass es diesem Ansinnen diesmal besser ergeht als im Februar 2009.
Zum Verfahren beantrage ich, beide Anträge zu eigenständigen Anträgen zu erklären und nicht alternativ, sondern einzeln abzustimmen. Wir wären geneigt - beide Anträge stehen ja nicht in einem unmittelbaren Gegensatz -, den von der Regierungskoalition gestellten Antrag inhaltlich in unseren Antrag zu übernehmen, oder wir bekommen die Gelegenheit, beiden Anträgen zuzustimmen. Die werden dann beide die Grundlage zur Aufforderung an die Landesregierung, endlich mit Solarstrom, mit solarer Wärme in den öffentlichen Liegenschaften in Schleswig-Holstein anzufangen. Es ist schon etwas spät dafür.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern haben wir über die CCS-Technologie und Offshore-Windkraft gesprochen. Heute ist Photovoltaik dran, morgen reden wir hier über Stromnetze, und schon öfter haben wir über Atomkraftwerke und Kohlekraftwerke diskutiert. Für mich ergibt sich - wenn ich, die Wortbeiträge, vor allem von der Koalition, einmal Revue passieren lasse - jenseits aller taktische Winkelzüge aus den Debatten der Regierungskoalition, dass sie leider immer noch an einer Energiepolitik festhält, die aus dem letzten Jahrtausend stammt und nicht den heutigen Erfordernissen entspricht. Der Antrag, den Sie heute hier als Änderungsantrag gestellt haben, ist ein solcher.
Gestern haben wir gehört: Sie sind für die CCSTechnologie, aber nicht für die CO2-Verpressung in Schleswig-Holstein. Wir hören immer, wie gut es sei, die Brückentechnologie Atomkraft zu haben. In letzter Konsequenz gibt es - das wissen Sie, auch wenn Sie immer das Gegenteil behaupten - in dieser Frage der Energieträger eben leider kein Sowohl-als-auch. Sie müssen sich schon dafür entscheiden: Sind Sie beziehungsweise sind wir für die - in unseren Augen notwendige - Umorientierung auf eine nachhaltige, auf eine ökologische Energiepolitik, oder halten Sie an der Verstromung zum Beispiel von Kohle fest? Halten Sie an der Wahnsinnstechnologie der Zertrümmerung von Atomen fest?