Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die antragstellende Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Anke Erdmann das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im letzten Jahr haben wir mehrfach über den Wegfall des beitragsfreien Kita-Jahres geredet. 35 Millionen € wurden eingespart. Im Gegenzug wurden 10 Millionen € für die Kita-Qualität versprochen.
Ursprünglich hatten wir einen Minimalantrag eingebracht. Die Zustimmung sollte Ihnen leichtfallen. Der Antrag liegt übrigens voll im Trend. Er ist nämlich zu 50 % ein Plagiat.
Die FDP hat noch Anfang dieses Monats gefordert, sie erwarte, „dass die vom Land bereitgestellten zusätzlichen 10 Millionen € für die Grundfinanzierung der Kindertagesstätten auch bei den Kindern ankommen“. Das war ein Zitat. Weiter hieß es: „Die zusätzlichen Mittel des Landes dürfen nicht zum Defizitausgleich genutzt werden.“ - Genau das steht auch im grünen Antrag.
Meine Damen und Herren, das ist eine berechtigte Sorge. In den Rat- und Kreishäusern wird über Kürzungen nachgedacht, zum Beispiel in Schleswig-Flensburg. Diese Bemerkung richtet sich vor allem an die CDU-Fraktion. Vom Land soll es 2011 1,1 Millionen € mehr für die Kitas geben. Das ist gut. Die Kreistags-CDU vor Ort will aber 440.000 € bei den Kitas kürzen. Das ist „linke Tasche, rechte Tasche“. Das war anders versprochen.
Wenn die Union vor Ort kürzt, dann schrumpfen die Qualitätsmittel wie Butter in der Sonne. Herr von Boetticher ist nicht da, aber vielleicht sagen
Sie, Frau Franzen, ihm dass er das als Parteivorsitzender einmal klären muss. Das Land muss sicherstellen, dass die Mittel bei den Kitas ankommen. Wie stellen wir uns das vor?
Erstens. Man entscheidet sich für eine gezielte Qualitätsverbesserung. Der Vorschlag der Wohlfahrtsverbände liegt Ihnen seit Juli vor, Herr Minister. Das geht dann so: Die Leitungszeit in den Kitas wird ausgeweitet. Außerdem werden die Mittel für Fortbildungen und für die Fachberatungen erhöht. Damit kann man individuell fördern. Ferner könnte die Umsetzung der guten Bildungsleitlinien, die es gibt, die aber nicht gegenfinanziert waren, ermöglicht werden. Fragen Sie in den Kitas nach, Herr Minister. Das trifft den Nerv. Das kann man auch nicht beim Hin- und Herrechnen irgendwie vergessen.
Zweitens. Wenn Sie mit der kommunalen Familie vereinbaren wollen, dass die Förderung in Ihrem Sinne bei den Einrichtungen ankommt, dann müssen Sie das Kita-Gesetz ändern. Im vergangenen Juni ging das auch ratzfatz von Mittwoch auf Freitag. Ich finde, so schnell müssten Sie das gar nicht machen, aber Sie könnten das machen, Herr Minister, aber Sie wollen das nicht.
- Der Minister kann es anregen. Das hat er auch versprochen. Wir wissen, dass die Regierung natürlich Gesetzentwürfe einbringen kann, und dass Sie ihm dabei folgen werden, da sind wir uns ganz sicher, Herr Kubicki.
Was macht der Minister stattdessen? - Es gibt, das sage ich - sehr ungern - auch in Richtung der FDPFraktion, einen Erlassentwurf aus dem Hause Klug. Ich habe einmal versucht, diesen sinnerfassend zu lesen. Dieser Entwurf soll die Aufteilung für den Kita-Bereich regeln. Das ist ein gutes Anliegen, und das ist anspruchsvoll. Das wissen wir. Nach diesem ganzen Erlassdesaster wünscht man sich aber eine sorgfältig durchdachte Regelung.
Die Qualitätsverbesserungen machen Sie an zwei Punkten fest. Das sind nicht unsere, aber das kann man so machen. Dies ist zum einen die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund. Das finden wir gut. Das betrifft zum anderen längere Betreuungszeiten. Da kann man auch sagen: Das ist mehr Qualität.
Ich bleibe einfach einmal in Ihrer Logik: Ihr ausgesprochenes Ziel ist es also, längere Betreuungszeiten zu belohnen. Das konterkarieren Sie aber mit Ihrem Erlassentwurf. Ein Kita-Platz für ein Kind unter drei Jahren soll so gefördert werden: ein VierStunden-Platz mit knapp 550 € pro Stunde, ein Fünf-Stunden-Platz mit knapp 440 € pro Stunde, die sechste Stunde mit 150 €, die siebte Stunde gar nicht und die achte Stunde mit 250 €.
Wenn Sie mir nicht folgen konnten, dann ist das normal. Dahinter steht nämlich überhaupt keine Logik. Da hat jemand mit Excel herumgespielt.
Die Zeit wird angehalten und entsprechend zugerechnet. Für eine Zwischenfrage erteile in dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki das Wort.
Frau Kollegin, habe ich Ihren vehementen Angriff gegen die Erlassentwürfe aus dem Ministerium des Kollegen Dr. Klug so zu verstehen, dass Sie meine Auffassung teilen, dass wir dort neue Mitarbeiter brauchen, weil er die Erlassentwürfe nicht selbst schreibt.
Ich gehe davon aus, dass die Erlassentwürfe in wichtigen Punkten, die der Minister zugesagt hat, auch vom Minister sinnerfassend gelesen, durchgerechnet und anschließend abgezeichnet werden.
Diesen Eindruck hat man aber nicht; denn der Erlassentwurf führt dazu, dass genau das Gegenteil von dem passiert, was der Minister sagt. Es besteht der Anreiz für die Kommunen - Sie müssen stehen bleiben, solange ich Ihre Frage beantworte -, mög
lichst viele Vormittagsplätze und möglichst keine Nachmittagsplätze zu haben. Sie dürfen sich setzen, Herr Kubicki.
Interessant ist auch, dass Kinder unter drei Jahren vormittags einen höheren Zuschussbetrag brauchen als Kinder ab drei Jahren. Das ist logisch. Nachmittags geht es dann aber irgendwie nicht mehr.
Wenn man so denkt, wie Sie denken, müsste man es so machen: kleiner Fixkostenanteil - das haben Ihnen auch andere Leute schon gesagt - dann ein Zuschuss pro Kind und Stunde. Außerdem unterscheidet man zwischen den ganz lütten Kindern und den Kindern ab drei Jahren. So schwer ist das also nicht. Dann könnten die Kreise und kreisfreien Städte auch auf dieser Sachlogik aufbauen. Das können sie momentan aber nicht.
Der Kernpunkt, durch den sich unser Antrag vom Antrag der regierungstragenden Fraktionen unterscheidet, ist, Herr Minister, dass Sie sicherstellen müssen, dass das Geld für bestimmte Qualitätsmaßnahmen in den Kitas ankommt. Das hat die Regierung versprochen. Die steht in der Pflicht. Deswegen stellen wir diesen Antrag, dem Sie einfach einmal zustimmen könnten. Es tut gut, auch einmal Ja zu sagen.
Frau Präsidentin, ich beantrage, beide Anträge zu eigenständigen zu erklären und alternativ darüber abzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frühkindliche Bildung genießt in Schleswig-Holstein einen hohen Stellenwert. Daher hat die Regierungskoalition von CDU und FDP die von Rot-Grün zementierte Deckelung der Kita-Finanzierung auf 60 Millionen € beendet. Nunmehr
stellt das Land Schleswig-Holstein ab 2011 jährlich 70 Millionen € für Kindertagesstätten zur Verfügung.
Meine Damen und Herren, dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, mit dem nachhaltige Qualitätsverbesserungen in den Einrichtungen ermöglicht werden.
In Schleswig-Holstein sind Kreise und kreisfreie Städte seit 1992 Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Ihnen obliegt es, den Bedarfsplan für Kindertageseinrichtungen und Tagespflege zu erstellen und regelmäßig zu aktualisieren. Die Mittelverteilung wird neben dem FAG in ergänzenden Verwaltungsvorschriften geregelt.
Zuschussempfänger sind Kreise und kreisfreie Städte. Diese sollen - mit Genehmigung des Präsidiums zitiere ich wörtlich aus dem Entwurf der Förderrichtlinien für 2011 -: „eigenverantwortlich ihre Aufgaben zur Betreuung und Förderung von Kindern in Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen erfüllen können und die Mittel entsprechend weiterleiten“.
Unter den Zuschussvoraussetzungen ist unter anderem geregelt, dass die Landesmittel nur an Träger von Kindertageseinrichtungen oder an Tagespflegestellen gezahlt werden dürfen, die auch tatsächlich in den Bedarfsplan aufgenommen sind. Beide Regelungen finden sich fast wortgleich bereits in den Förderrichtlinien von 2010.
Bereits seit dem 1. Januar 1993 zeichnen die Kreise und kreisfreien Städte für die Verteilung der Landesmittel an die Träger der Einrichtungen verantwortlich. Warum nun aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese seit 18 Jahren bewährte Praxis auf einmal nicht mehr geeignet sein soll,
eine bestimmungsgerechte Weiterleitung der Landesmittel durch die Träger der Jugendhilfe zu gewährleisten, erschließt sich mir beim besten Willen nicht.