Wir treten hier für einen Kurs ein, meine sehr verehrten Damen und Herren, der in die Zukunft investiert und der dazu beiträgt, dass die Reparaturkosten, die Sie überhaupt nicht stören, vermindert werden. Sie sind im Prinzip gegen Bildungsgerechtigkeit. Das ist der Grund, warum Sie glauben, man kann das so machen, wie Sie das hier anstellen, anstatt in die Zukunft zu investieren und dafür zu sorgen, dass die Sozialtransfers geringer werden.
Das ist übrigens auch „Steine statt Brot“ für die Kommunen, weil die Kommunen das am Ende auszubaden haben.
Also, halten Sie ruhig Ihre Reden! Wir hören uns das hier noch ein Jahr an. Aber mit dem Kurs, den Sie einnehmen, sanieren Sie weder den Haushalt, noch werden Sie den parteipolitischen Erfolg haben. Sie verringern nicht die Schulden, sondern Sie verringern den Prozentanteil der FDP. Sie waren bei 15 %. Viel Glück, wenn Sie die 5 % schaffen! Sie werden das so nicht schaffen.
Wir sind der Meinung, dass eine nachhaltige Finanzpolitik erforderlich ist. Dazu haben wir Vorschläge gemacht.
Ich verstehe die Aufgeregtheit bei den Kollegen. Wenn ich mir die Ergebnisse angucken müsste, dann wäre ich an ihrer Stelle auch nervös.
Sie werden erleben, dass die Menschen immer dann, wenn sie abzustimmen haben, genau wissen, dass Investitionen in die Zukunft, in Bildung, in junge Menschen das ist, was wir tun müssen, damit auch die Haushalte konsolidiert werden können und wir nicht immer mehr Menschen haben, die ausgegrenzt werden, immer mehr Sozialtransfers bezahlen müssen, wobei es statt um die Zukunft immer mehr um die Vergangenheit geht. Sie stehen für die Vergangenheit. Dieser Teil des Hauses steht für die Zukunft.
Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt noch die Wortmeldung von drei Abgeordneten im Rahmen der Aktuellen Stunde auf. Das sind die Kollegen Robert Habeck, Lars Harms und Ulrich Schippels. Danach hat die Landesregierung das Wort. - Das Wort erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Dr. Robert Habeck.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist total spannend, dass Sie sich über die Umfragewerte Ihrer Parteien austauschen, aber leider hat das wenig mit der Sache hier zu tun.
Aus meiner Sicht - ich nehme an, aus der Sicht meiner ganzen Fraktion - hätte man die Debatte nach der Rede von Herrn Koch und von Frau Heinold eigentlich beenden können, denn da war in der Sache alles gesagt. Herr Koch hat ausgeführt, dass die konjunkturellen Mehreinnahmen keine Auswirkungen auf das strukturelle Defizit haben, das wir gemeinsam und hoffentlich in Kenntnis der Wirkung der Schuldenbremse beschlossen haben.
Frau Heinold hat ausgeführt, dass wir als Ganzes, auch die CDU und die FDP, nicht nachweisen können, wie wir den strukturellen Defizitabbau bis 2020 konkret umsetzen wollen. Das ist das Problem. Ende der Durchsage.
Eigentlich ist die Debatte, die gleich kommen wird, die viel spannendere, nämlich: Wie soll es gehen? Das ist auch der Dissens, der eine Qualität hat, der wichtig ist. Das Problem hier im Plenum ist: Wir können Politik nicht auf Sparen reduzieren.
Wenn wir das tun, reduzieren wir den Anspruch von Politik, Gestaltung und Demokratie letztlich auf Prognosezahlen. Das ist eindeutig zu wenig. Also ist die Frage aus Sicht meiner Fraktion: Wie gestalten wir einen qualitativen Umbau der Wirtschaft? Wie schaffen wir es, in Bildung zu investieren, obwohl wir nicht einmal nachweisen können, wie wir den Schuldenpfad einhalten können? Und wie schaffen wir es, dass das Auseinanderfallen der Gesellschaft, also die Spreizung zwischen Einkommen und Vermögen, reduziert wird? Das sind die Fragen, die politisch beantwortet werden müssen.
Die Antworten werden nicht nur in diesem Land gefunden werden können, bei allem Selbstverständnis und bei allem Selbstvertrauen, das wir als Schleswig-Holsteiner haben können. Dafür sind unsere Mittel nicht groß genug. Wir werden einen Anspruch formulieren müssen, der weit über Schleswig-Holstein hinaus geht. Diese Debatte werden wir gleich in der Aussprache über die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage führen. Das ist die weitaus spannendere Debatte, denn die zielt auf die Zukunft.
Auf der Zuschauertribüne begrüße ich eine weitere Besuchergruppe, Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften von der Immanuel-Kant-Schule aus Neumünster. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
zwei Themen voneinander trennen. Das eine sind die Altschulden, die 25 Milliarden €, die wir jetzt haben und die wahrscheinlich bis 2020 auf 32 Milliarden € angewachsen sein werden. Da reden wir dann über die Lösung, möglicherweise auch gleich unter dem nächsten Tagesordnungspunkt „Altschuldenfonds“ oder die Frage: Wie gehen wir das Ganze an? Die andere Frage betrifft die Neuverschuldung und unsere Schuldenbremse, die dazu dient, die Neuverschuldung entsprechend zu senken.
Bei den Altschulden können wir uns alle an die Nase fassen. In den 60er-, 70er-, 80er-Jahren, egal, in welchem Bundesland, hat man Leute eingestellt ohne Ende. Und die Pensionsbelastungen kommen jetzt auf uns zu. Die Leute haben sich ihre Pension verdient. Das muss man dazu sagen. Aber gleichwohl belastet das insbesondere die Haushalte, und zwar nicht nur bei uns, sondern auch in den Kommunen. Das ist unserer Auffassung nach auch eine gemeinsame Aufgabe, die wir angehen müssen. Deswegen macht ein Altschuldenfonds da auch Sinn.
Aber wenn es um die Neuverschuldung geht - nur um die geht es -, dann haben wir hier im letzten Jahr einen wichtigen Beschluss gefasst, indem wir die Schuldenbremse in die Verfassung hineingeschrieben haben. Das haben auch wir als SSW mitgetragen. Das möchte ich auch noch einmal deutlich sagen. Das heißt, niemand, der hier steht, sagt, dass wir das Geld zehnmal ausgeben sollen, sondern wir haben uns selber gebunden, haben selber gesagt: Okay, wir müssen sparen, wir müssen sehen, dass wir die Neuverschuldung drücken, wir müssen 2020 auf null sein. Dazu dient diese Schuldenbremse.
Diese Schuldenbremse sagt nun Folgendes aus: Konjunkturbedingte Mehreinnahmen dürfen nur für die Begrenzung der Neuverschuldung eingesetzt werden. Das heißt, ich darf dieses Geld nicht ausgeben. Aber strukturelle Mehreinnahmen dürfen verausgabt werden. Lesen bildet, Herr von Boetticher. Auch Sie als Jurist hätten einmal einen Blick in die Verfassung werfen müssen. Es geht nicht darum, dass man das Geld ausgeben muss, aber man darf es ausgeben. Man hat das Recht, dies zu tun, wenn man es politisch will. Das habe ich eben deutlich gemacht und habe auch deutlich gemacht, welche Alternativen es gibt, wofür man dieses Geld verwenden könnte, nämlich zur Weiterentwicklung unseres Landes.
Herr Kollege Harms, ist Ihnen bewusst, dass die Schuldenbremse, die wir in der Landesverfassung stehen haben, erst ab 2020 gilt und dass wir im Moment dabei sind, die Neuverschuldung auf null zu setzen und die Schuldenbremse mit diesen ganzen Einschränkungen, die Sie gerade beschrieben haben, erst ab dann gilt?
- Es ist richtig, dass wir im Jahre 2020 auf null sein wollen. Das werden wir auch schaffen. Das ist nicht das Problem.
Das ist auch nicht das Thema. Das Thema ist: Welche Möglichkeiten habe ich? Welche Möglichkeiten sind mir gegeben? Die Zwangsjacke lasse ich nicht durchgehen, weil ich nicht glaube, dass man Sparen immer nur als alternativlose Politik hier darstellen kann. Das ist es nicht,
sondern Politik ist Gestaltung. Wie der Kollege Habeck es gerade eben richtig gesagt hat: Sparen kann nicht das einzige Ziel der Politik sein, sondern wir müssen auch versuchen, hier in Schleswig-Holstein eine Politik für die Zukunft zu machen.
Ich habe versucht deutlich zu machen, meine Damen und Herren, dass es Alternativen gibt. Und die Alternativen werden sich nachher am 6. Mai 2012 herausstellen. Ich hoffe, die richtige Alternative bekommt dann die entsprechende Mehrheit.
Gestatten Sie noch eine weitere Zwischenfrage? Das ist nicht der Fall. Dann erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort zu einem weiteren Beitrag im Rahmen der Aktuellen Stunde.
Fraktionen erstaunt, die alle der Schuldenbremse zugestimmt haben und jetzt darüber diskutieren, wie man sie eigentlich zu interpretieren hat. Ich möchte mich da gar nicht einmischen und möchte auch nicht dem nächsten Tagesordnungspunkt vorgreifen. Ich möchte an dieser Stelle aber doch noch einmal sagen: Herr von Boetticher, wenn Sie sagen, dass es darum gehe, die Verfassung einzuhalten, und dass wir das Ziel bis 2019 schaffen müssten, kann ich nur sagen: Das werden wir eigenständig nicht schaffen. - Das werde ich gern noch einmal ausführen.
Das ist auch das Ergebnis der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage. Wir werden es ohne Hilfe nicht schaffen, die Verfassung an der Stelle einzuhalten.
Ich finde es, offen gesagt extrem schräg, dass alle Fraktionen - bis auf unsere Fraktion - so etwas in die Verfassung hineingeschrieben haben, wohl wissend, dass man diese Verfassungsregelung allein wird nicht einhalten können.