Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Zur B 5 möchte ich sagen: Auch in Nordfriesland haben sich die Grünen immer klar zum dreispurigen Ausbau der B 5 bekannt. Jetzt eine Autobahndiskussion zu führen, ist völlig abstrus. Wenn Sie dieses Fenster der Diskussion über die Autobahn wieder aufmachen, dann bleibt die B 5 in den nächsten 20 Jahren im jetzigen Zustand.

Wir müssen die Debatte jetzt führen. Der dreispurige Ausbau der B 5 ist pragmatische Politik. Wer jetzt an der Westküste von einer Autobahn redet, der bringt sich selbst in die Situation, dass der Bund am Ende die Mittel für den dreispurigen Ausbau streicht. Wir müssen jetzt das stärken, was wir brauchen. Dazu bekennen sich auch die Grünen. Uns insofern vorzuwerfen, dass wir an der Westküste und in Schleswig-Holstein nicht die pragmatische Realität erkennen und dass wir nicht erkennen, was wir tun und lassen müssen, ist eine Sache, der ich entschieden entgegentreten möchte und die ich entschieden zurückweise.

Herr Dr. Tietze, lassen Sie eine Zwischenfrage von Frau Abgeordneter Pauls zu?

Ja, sehr gern.

Herr Tietze, können Sie mir sagen, wann Sie das letzte Mal auf den

(Dr. Andreas Tietze)

Autobahnen Dänemarks in Richtung Kopenhagen über die Jütland-Route gefahren sind? - Haben Sie die vielen Gewerbeansiedlungen bemerkt, die sich im Laufe der Jahre dort mit vielen Arbeitsplätzen entwickelt haben? Meinen Sie nicht auch, dass das eine Chance sein könnte?

(Beifall bei CDU und FDP)

- Selbstverständlich ist das eine Chance. Ich fahre übrigens mit dem Zug nach Kopenhagen. Auch dort erkenne ich, dass es eine bequeme Zugfahrt über die Jütland-Linie von Hamburg nach Kopenhagen ist. Ich verstehe nicht, warum es besser sein soll, über die Fehmarnbelt-Linie zu fahren. Auch hier bin ich der Meinung, dass dies gut funktioniert und dass die Jütland-Linie gut ausgebaut ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem stellvertretenden Ministerpräsidenten, Dr. Heiner Garg, das Wort.

Dr. Heiner Garg, Stellvertreter des Ministerpräsidenten:

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich würde gern weniger über belegte Brötchen und Saftpressen sprechen. Vielmehr möchte ich über die Frage der Potenziale von Freundschaft und Partnerschaft sprechen. Für mich sind diese Worte in der Debatte bedauerlicherweise zu wenig gefallen. Ich habe das schleswig-holsteinisch-dänische Projekt als Zugereister immer so verstanden, dass es etwas mit Freundschaft und mit Partnerschaft zu tun hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Dass Sie wenig von Freundschaft und Partnerschaft verstehen -

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Vielleicht hören Sie zu, wie jemand die deutschdänische Freundschaft und Partnerschaft nicht auf die Fehmarnbelt-Querung reduziert!

Ich glaube, dass in der Zusammenarbeit mit Dänemark und in der dänischen EU-Ratspräsidentschaft für Schleswig-Holstein ausgezeichnete Zukunftsperspektiven liegen, wenn man sie nur nutzt. Denn

schon heute ist Dänemark einer unserer wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner. Ich glaube auch - das haben die Redner der Koalitionsfraktionen deutlich gemacht -, in dieser Partnerschaft steckt noch viel Potenzial. Es gibt zahlreiche Bereiche, in denen wir gemeinsame Projekte anstoßen wollen, natürlich in der Wirtschaft, selbstverständlich im Klimaschutz, genauso wie in der Energieversorgung und auch in der gemeinsamen Nutzung europäischer Förderstrukturen. Es bietet große Chancen, und zwar für beide Seiten.

Deshalb tritt die Landesregierung dafür ein, die bestehenden Kooperationen weiter auszubauen. Der Ausbau der Beziehung zu allen dänischen Landesteilen ist ein erklärtes Ziel der Dänemark-Strategie der Landesregierung.

Das hat der Ministerpräsident Peter Harry Carstensen auch beim Verkehrs- und Wirtschaftssymposium der IHK Anfang Mai in Kopenhagen gesagt. Er hat gesagt: Lasst uns im Bund und in Europa gemeinsam dafür werben, die Grenzregion zu einer echten Wachstumsregion zu entwickeln. So wollen wir mehr Wachstum und Beschäftigung auf beiden Seiten der Grenze schaffen.

Schon heute stehen wir im regelmäßigen Austausch mit der dänischen Regierung. Gerade in der vergangenen Woche hat sich der Ministerpräsident in Kopenhagen zu Gesprächen mit dem dänischen Verkehrsminister und einem Vertreter des Wirtschaftsministeriums getroffen. Hierbei ging es um den Ausbau der Zusammenarbeit. Wir wollen die bewährte Zusammenarbeit mit der Region Süddänemark auf ganz Dänemark ausdehnen.

Wir haben uns bei den Gesprächen in Kopenhagen auch über die Fortschritte - wie könnte es anders sein? - bei der Planung der festen FehmarnbeltQuerung verständigt, im Übrigen auch ein Punkt, der natürlich fest auf der Dänemark-Agenda der Landesregierung steht und den wir konsequent verfolgen. Damit eröffnen wir eine neue Entwicklungsachse für unser Land und eine gute Ergänzung zu den gewachsenen Wegen auf der JütlandRoute.

Zur Beruhigung des SSW - liebe Kollegin Spoorendonk, ich sage es gern noch einmal -, des Landesteils Schleswig und der Region Süddänemark möchte ich an dieser Stelle für die Landesregierung feststellen: Die Landesregierung plant natürlich keine Gewichtsverlagerung von der Jütland-Linie auf die Fehmarn-Route. Ich bin auch offen für Nachhilfeunterricht, welchen anderen Ausdruck man für „Jütland-Route“ gebrauchen soll. Unser Ziel ist es,

(Dr. Andreas Tietze)

beide Routen zu entwickeln, ohne sie gegeneinander auszuspielen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Andresen zu?

Dr. Heiner Garg, Stellvertreter des Ministerpräsidenten:

Nein, die lasse ich im Moment nicht zu.

In der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft durch Dänemark im ersten Halbjahr 2012 liegt eine einmalige Chance, zentrale Themen der deutschdänischen Zusammenarbeit voranzubringen. Diese Chance wollen wir auf jeden Fall nutzen. Da stimme ich dem Antrag von den Sozialdemokraten selbstverständlich zu.

Wir arbeiten gemeinsam mit unseren dänischen Partnern auf eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft hin. Dafür intensivieren wir unsere Kontakte. Die feste Fehmarnbelt-Querung wird unsere Länder ab 2020 physisch verbinden, aber sie verbindet uns jetzt schon. Schließlich wird zusammen gearbeitet und geplant, und zwar an dem größten Infrastrukturprojekt Nordeuropas. Auch auf dem Gebiet der Nord- und Ostseekooperation bietet die dänische Ratspräsidentschaft zweifelsohne beste Chancen. Die Landesregierung unterstützt weiterhin die Forderung nach einer Meeresbeckenstrategie für den Nordseeraum, und wir begleiten das Vorhaben Nordseeregion 2020 der Nordseekommission. Das Papier soll der dänischen Regierung für die Ratspräsidentschaft vorgelegt werden.

Gleichzeitig machen wir uns stark für einen grenzfreien Arbeitsmarkt. Rückenwind erhalten wir dabei durch die Studie der Universität Flensburg, die eine Vergleichbarkeit der Berufsabschlüsse bescheinigt. Auf dieser Grundlage entsteht eine gemeinsame Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung deutsch-dänischer Berufsabschlüsse. Grünes Licht dazu gab es inzwischen auch aus Berlin. Bundesministerin Schavan schreibt dazu an die Landesregierung - ich zitiere -:

„… dass von einer grundsätzlichen Vergleichbarkeit der dualen Berufsabschlüsse ausgegangen werden kann.“

2006 hat die damalige Kim-Andersen-Franz-Thönnes-Kommission einen Bericht zur Beseitigung von Hemmnissen auf den grenzüberschreitenden Ar

beitsmarkt vorgelegt. Vieles ist seitdem geschehen, aber noch nicht alles ist gelöst.

Bei den Gesprächen des Ministerpräsidenten in Kopenhagen hat er daher vereinbart, dass die Landesregierung der dänischen Regierung einen Bericht zu den bestehenden Barrieren vorlegen wird. Auch das Bundesarbeitsministerium hat im Vorfeld des Besuchs des Ministerpräsidenten signalisiert, schnell und unbürokratisch für Lösungen sorgen zu wollen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, genau so kommt man voran, genau so ist der richtige Weg. Voran geht es auch bei der Verkehrsplanung. Der dänische Verkehrsminister Schmidt, Bundesverkehrsminister Ramsauer und die Landesregierung sind sich einig, eine deutsch-dänische Verkehrskommission einzusetzen. Ich weiß nicht, was daran albern oder falsch sein sollte. Sie soll möglichst bald ihre Arbeit aufnehmen. Das ist die Botschaft, die davon ausgeht, und diese Botschaft finde ich richtig.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf des Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Mit der Einrichtung dieser Kommission sind wir einen Schritt auf unsere dänischen Partner zugegangen. Die Einrichtung einer solchen Kommission war lange dänischer Wunsch. Herr Stegner, manchmal werden sogar Ihre Wünsche von der Landesregierung erfüllt.

Der dänische Verkehrsminister Schmidt zeigte sich bei dem Besuch des Ministerpräsidenten in Kopenhagen hocherfreut darüber.

(Zuruf)

- Nein, das macht nichts. Ich würde das gar nicht so abwertend beurteilen. Es macht nichts, wenn zufällig Herr Stegner eine richtige Idee entwickelt. Das ist ja in Ordnung.

Sie hören, meine Damen und Herren, die Landesregierung ist auf einem guten Weg. Mit der Dänemark-Strategie hat die Landesregierung konzeptionelle Überlegungen zur deutsch-dänischen Zusammenarbeit vorgelegt. Wir haben rund 80 Stellungnahmen bekommen, die allermeisten im Übrigen sehr wohlwollend und mit konstruktiven Anregungen. Das gilt beispielsweise auch für die Stellungnahme der deutschen und der dänischen Regierung, worüber sich die Landesregierung ausdrücklich freut. Die Stellungnahmen werden derzeit in den Ministerien erörtert, und, liebe Kollegin Spoorendonk, dazu gehören selbstverständlich auch die Vorschläge im vorliegenden SSW-Antrag.

(Stellvertreter des Ministerpräsidenten Dr. Heiner Garg)

Das Kabinett wird daher in diesem Sommer über die endgültige Strategie beschließen. Ich wünsche Ihnen gute Beratung in den Fachausschüssen.

(Beifall bei FDP, CDU und SSW)

Die Regierung hat ihre Redezeit um 2 Minuten überschritten. Ich frage, ob die Fraktionen davon Gebrauch machen wollen. - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratungen. Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 17/1358 (neu) und 17/1478 sowie den Änderungsantrag Drucksache 17/1561 dem Europaausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Dann ist das einstimmig beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 15, 31 und 35 zur gemeinsamen Beratung auf: