Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

zu werden, ist schwierig. Aber das ist die Aufgabe der gegenwärtigen Landesregierung, eine Aufgabe, die Sie in unseren Augen einmal mehr wieder nur mangelhaft bewältigt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies sieht man deutlich an Ihrem Gesetzentwurf; denn die Balance zwischen den Interessen von Naturschutz, Ökonomie und Naherholung und einer möglichen Vereinfachung und Verbesserung der Verständlichkeit des Landeswaldgesetzes ist Ihnen mit diesem Gesetzentwurf in unseren Augen nicht gelungen. Sie verschlechtern wieder einmal - nichts Neues in unseren Augen. Wir wissen, das Naturschutz und gesellschaftliche Belange bei Ihnen immer zugunsten der Wirtschaft zurückgestellt werden. Das zeigt sich im vorliegendem Gesetzentwurf zum Beispiel durch die Streichung des Absatzes 3 in Artikel 1, in dem die genaue Ausgestaltung der nachhaltigen Forstwirtschaft definiert ist. Sie machen wieder einmal vieles falsch und schaden damit auf lange Sicht nicht nur der Natur und den Menschen, sondern in unseren Augen auch der Forstwirtschaft.

Immerhin, was eben auch schon wiederholt wurde, konnten Sie sich dazu durchringen, den Wald vor Gentechnik zu bewahren - immerhin! Alles andere wäre aber auch völlig unverantwortlich gewesen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ansonsten sehen wir insbesondere in der Streichung der Präzisierung der guten fachlichen Praxis einen wirklich fatalen Rückschritt. Andere Streichungen, die der Straffung des Gesetzes dienen sollen, sind ebenso unnötig wie folgenschwer, weil sie zu einem Ungleichgewicht der Interessenlagen führen und die ökologische Ausrichtung konterkarien.

Alles in allem stellen wir also fest, dass es Ihnen mit Ihrem Gesetzentwurf nicht gelungen ist, die nötige Balance zwischen den Interessenlagen des Naturschutzes, der Forstwirtschaft und der Naherholung herzustellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für den SSW hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Spätestens seit der Einführung der intensiven Landbewirtschaftung ist der Wald bei uns seit

(Marlies Fritzen)

Jahrhunderten genutzt, abgebaut und auch ausgebeutet worden. Er wurde für Ackerflächen gerodet, Schweine fraßen sich an den Bucheckern satt, die zu neuen Bäumen hätten werden sollen, und Rinder zerbissen die neuen Triebe. Der Wald wurde vom Menschen als Brennholz, als Holzkohle verfeuert und in Häusern und riesigen Schiffsflotten verbaut. Seit Ende des 18. Jahrhunderts war der Wald schon fast ausgerottet, der Waldanteil lag bei einigen wenigen Prozent. Dass die Regenten der damaligen Zeit den traurigen Rest der Wälder unter Schutz stellten und mit der Aufforstung begannen, hatte aber rein ökonomische Ursachen. Entsprechend wurden primär Plantagen neu angelegt und Hochwälder in Monokulturen umgewandelt, um an neues Bauholz zu kommen.

Heute haben wir wieder einen Waldanteil von 10 %, aber mit den Folgen der damaligen rein ökonomischen Betrachtungsweise kämpfen wir heute immer noch. Aber immerhin: Heute sind wir klüger oder sollten wir klüger sein. Wir wissen um die Bedeutung intakter Ökosysteme, um die Wichtigkeit der Biodiversität und um die Funktion des Waldes für Luft und Klima. Außerdem wissen wir um den landwirtschaftlichen, naturhistorischen und kulturhistorischen Wert und um die Freizeitfunktion für die Menschen.

Dieses Wissen ist aber auch eine Verpflichtung. Heutzutage ist es einfach töricht, das Waldgesetz primär an den wirtschaftlichen Interessen der Holzproduktion auszurichten. Eben dies geschieht hier gerade, und das ist ein Rückschritt in das 18. Jahrhundert.

(Beifall beim SSW)

Schleswig-Holstein hat 2004 ein Waldgesetz bekommen, das nicht nur die Forstwirtschaft regelte, sondern auch der naturnahen Waldbewirtschaftung ein großes Gewicht verleiht. Eben diese Prioritäten werden aber mit dem Gesetz der schwarz-gelben Landesregierung wieder ausgehöhlt und das konsequent in einer langen Reihe von Zusammenhängen. Ganz offensichtlich ist es dort zu sehen, wo ökologische Standards aus dem Katalog der guten fachlichen Praxis einfach gestrichen werden. So sollen das Liegenlassen von Alt- und Totholz und der Verzicht auf weitergehende Entwässerungsmaßnahmen künftig nicht mehr zu den Standards der modernen Forstwirtschaft im Land gehören.

Wir werten dieses als einen massiven qualitativen Rückschritt in der Waldbewirtschaftung. Wie gesagt, das sind Standards, die wir aus anderen Jahr

hunderten kennen; das sind keine Standards, die wir als Land Schleswig-Holstein und als erstes Land der Bundesrepublik Deutschland und weltweit anstreben sollten.

Es werden aber nicht nur die Naturschutzstandards gesenkt, um den Holzproduzenten entgegenzukommen. Auch wenn es um die Erstaufforstung und die Waldumwandlung geht, darunter das Abholzen, kommt diese Novellierung ihnen entgegen. Es ist schon ein Unterschied, ob es heißt: ,,Die Genehmigung ist zu versagen, wenn …“, oder ,,Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn nicht …“. Dreht man den bisherigen Genehmigungsvorbehalt um, stärkt dies den Antragsteller, der möglicherweise massiv in die Entwicklung des Waldes eingreifen will. Dafür ist das Risiko viel zu hoch, dass ohne fachliche Begründung Fakten geschaffen werden können, weil die Behörden personell nicht mehr hinterherkommen können.

Außerdem werden die Kontrollfunktionen und Einspruchsmöglichkeiten der Naturschutzverbände ausgehebelt. Auch die Abschaffung des Schutzwaldes, die großzügigeren Fristen bei der Waldumwandlung, der Verzicht auf ein öffentliches Vorkaufsrecht und die Streichung des Waldberichts sind deutliche Verschlechterungen. Da hilft es wenig, dass die CDU und FDP immerhin beim Betretungsrecht für Privatwälder nachgebessert haben.

Der SSW sieht ebenso wie die Naturschutzexperten keinen Grund, das bestehende Waldgesetz so massiv zu ändern. CDU und FDP wollen in unseren Wäldern neue Prioritäten setzen und den wirtschaftlichen Interessen die Vorfahrt vor ökologischen Belangen geben. Die schwarz-gelbe Waldpolitik ist ein Rückschritt in das letzte Jahrhundert, als die Wälder noch reine Holzproduktionsflächen waren. Der SSW lehnt deshalb das Landeswaldgesetz ab.

Ich hoffe, dass sehr, sehr schnell neue Mehrheiten kommen, die dann dieses Waldgesetz wieder zu dem machen, was es eigentlich sein sollte, nämlich ein ökologisch orientiertes Waldgesetz, das nachhaltige Waldbewirtschaftung im Fokus hat und nicht etwas, wo es nur um Abholzen und um Nutzung geht.

(Beifall bei SSW, SPD und der LINKEN)

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich nun der Frau Abgeordneten Sandra Redmann das Wort.

(Lars Harms)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Punkte veranlassen mich nun doch, noch einmal nach vorne zu gehen. Frau Fritzen, bei aller inhaltlichen Übereinstimmung, die wir in der Rede sicherlich gefunden haben, wundere ich mich, dass die CDU dafür gelobt wird, dass sie den Punkt „Gentechnik“ aufgenommen hat. Darüber habe ich mich schon im Ausschuss gewundert. Hier wundere ich mich darüber noch mehr. Ich wundere mich auch darüber, dass Herr Hamerich das so ausgeführt hat. Das ist weder durch eine Kleine Anfrage der Grünen noch dadurch entstanden, dass die CDU und die FDP auf einmal eine Erkenntnis hatten, man müsse das mit aufnehmen, da es sowieso geregelt wäre.

Es ist Bestandteil des Bundeswaldgesetzes. Nach dem Willen der Koalition sollen Punkte aus dem Bundeswaldgesetz gar nicht aufgenommen werden. Man kann darüber spekulieren, warum Sie diese Punkte explizit herausgegriffen und in das Landeswaldgesetz hineingeschrieben haben, aber der Wahrheit halber muss man erwähnen: Selbst wenn es nicht mit enthalten gewesen wäre, wäre es selbstverständlich Bestandteil.

Zu Herrn Hildebrand fällt es mir jetzt ein bisschen schwer, etwas zu sagen, weil er gerade so etwas Nettes gesagt hat. Dennoch muss ich bei folgendem Satz einhaken: Die Landesforsten sollen dem Landeshaushalt nicht zur Last fallen. - Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wir waren, als wir die Anstalt gegründet haben - auch wenn die anderen Fraktionen nicht dabei waren, als wir diese Punkte ausgehandelt haben -, mit dem Punkt an sich alle einverstanden. Wir haben damals gesagt, ein Punkt ist besonders wichtig: Wir wollen den Landesforsten bis 2013 Zeit lassen

(Zuruf von der FDP: Ja, so ist es!)

- ja, ich komme dazu noch -, dass sie eine schwarze Null schreiben können. - Verdammt noch mal, dann lassen Sie ihnen doch auch diese Zeit!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Presseerklärungen wie von Frau Loedige, mit dem Inhalt, jetzt kürzen wir einmal in diesem Bereich, heute meine ich es so und morgen meine ich es so, erst soll das gekürzt werden und dann doch wieder anders, schafft Verunsicherung in den Landesforsten. Das ist genau das, was in der Fläche die Unruhe bringt. Warten Sie einmal ab. Vielleicht werden

Sie überrascht sein, was wir 2013 auf den Tisch bekommen.

Ich würde mir wünschen, dass diese Diskussion eben gerade deshalb nicht mehr stattfindet, weil wir uns wirklich alle darüber einig waren, unter diesen Bedingungen der Anstalt Zeit zu lassen. Ich möchte Sie daher auffordern, solche Presseerklärungen und auch solche Wünsche an Haushaltseinsparungen künftig bis 2013 einfach einmal sein zu lassen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Begrüßen Sie mit mir Angehörige der Uni Kiel - Fachbereich Politik mit Gästen aus Belarus und den Vorsitzenden des Landesverbandes der Sinti und Roma, Herrn Weiß.

(Beifall)

Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich nun Herrn Abgeordneten Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Natürlich ist es möglich, dass man - das ist auch gut so - unterschiedlicher Auffassung ist. Das wird sich dann auch im Abstimmungsverhalten irgendwie zeigen. Dennoch möchte ich, wenn Unrichtigkeiten dargestellt wurden, diese korrigieren, damit das entsprechend dargestellt wird.

Liebe Kollegin Fritzen, Sie sprachen den Mischwald an, den Sie fordern. Den haben wir mit dem Änderungsantrag seinerzeit im Ausschuss beschlossen. Ich verlese § 5 Nummer 3: „Aufbau naturnaher, standortgerechter Mischwälder unter Verwendung geeigneten forstlichen Vermehrungsgutes bei Erhaltung der genetischen Vielfalt“. Das haben wir mit unserem Änderungsantrag extra noch in den Entwurf hineingeschrieben. Insofern ist dem meiner Meinung nach Rechnung getragen worden.

Dann komme ich noch zu der Geschichte mit dem Altholz. Da ist es letztlich so, dass zunächst einmal durch die verschiedenen Zertifizierungsverfahren FSC und PEFC und auch bei Natura 2000 - ein Todholzanteil von vornherein vorgesehen ist. Insofern ist diesem Punkt auf jeden Fall Rechnung getragen, und wir müssen nicht befürchten, dass der Todholzanteil völlig verschwindet oder nicht mit einem gewissen Prozentsatz erhalten bleibt.

Ich möchte noch einmal auf das zur Last fallen zurückkommen. Ich habe vorhin in meinem Redebei

trag gesagt „nach einer Übergangszeit“. Ich stehe natürlich auch in Kontakt mit dem Chef der Landesforsten. Wir haben darüber sehr ausführlich gesprochen. Er hat mir gerade in der letzten Woche noch einmal zugesichert, dass es natürlich nach wie vor - Sie als Mitglied des Beirats müssten das auch wissen - die Zielsetzung der Landesforsten ist, im Jahr 2013 eine schwarze Null zu schreiben. Ich finde, das ist auf der einen Seite sehr ambitioniert, aber es ist auf der anderen Seite sehr vernünftig, dass auch bei den Landesforsten darauf geachtet wird, dass nicht zusätzliche Mittel auf Dauer vom Land angefordert werden. Hier sehe ich überhaupt keinen Konflikt.

(Zuruf von der SPD)

Der Punkt „Waldpädagogik“ und die darüber hinausgehende Zielvereinbarung bleiben davon natürlich unberührt.

(Beifall bei der FDP)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Hartmut Hamerich das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wird immer ein Horrorszenario aufgebaut, wenn es darum geht, den Wald in der Öffentlichkeit darzustellen. Privatwald ist ganz schlimm. Der Landeswald ist eigentlich auch schon schlimm, weil er jetzt eine Anstalt des öffentlichen Rechts ist.

Wir haben bei der Umwandlung des Landeswaldes eine Situation vorgefunden - ich nenne nur den wirtschaftlichen Bereich des Landeswaldes -, der eine Unterdeckung von 2 Millionen € hatte. Die haben wir jetzt nicht mehr.

Wir haben Gemeinwohlleistungen vorgefunden. Auch der Privatwaldbesitzer ist dazu verpflichtet, Gemeinwohlleistungen zu erbringen. Es geht hier nur um die besonderen Gemeinwohlleistungen, die der Landeswald erbringt. Ich erinnere daran - einige von Ihnen waren dabei -, Waldjugendheime existieren immer noch, und sie existieren sehr gut. Jugendwaldspiele finden immer noch statt, und sie sind super organisiert und werden ehrenamtlich begleitet. Trappenkamp ist eine hervorragende, waldpädagogische Einrichtung bei uns im Land, und sie existiert weiter. Sie existiert auch gut. Das sind alles besondere Gemeinwohlleistungen, die der Lan

deswald erbringt und die er auch weiter erbringen wird.