Nun zu unserer dritten Forderung. Es gibt ein Programm für zusätzliche Pflegekräfte, die sogenannten Ulla-Schwestern, benannt nach der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Wir Grüne wollen die Ulla-Schwestern behalten. Das würde den Krankenhäusern in Schleswig-Holstein ein kleines bisschen mehr Luft zum Atmen geben. Schauen Sie sich das noch einmal an. Das ist eine klare Forderung, die Sie unterstützen sollten.
Gerade von jenen, die sagen, sie setzten sich für die Pflege ein, hätte ich gern eine Stellungnahme, was eine Alternative hierzu sein könnte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute Morgen sind in Kiel Tausende von Krankenhausmitarbeiterinnen und -mitarbeitern auf die Straße gegangen. Auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des UK S-H waren mit dabei. Sie protestieren alle gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen. Wir unterstützen ihr Anliegen, und wir werden uns auch weiterhin konsequent gegen die Privatisierung der Patientenversorgung am UK S-H wenden.
Wir beantragen, unseren Antrag zu einem eigenständigen Antrag zu erklären und alternativ abzustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon kurios: Selten sind wir uns hier im Haus so einig wie beim Thema bundeseinheitlicher Basisfallwert, und doch gelingt es uns nur unter großen Mühen - oder eben auch gar nicht -, diese gemeinsame Position auch gemeinsam so zu formulieren, dass es den Minister bei seinen Verhandlungen auf Bundesebene wirklich stärkt.
Währendessen spitzt sich die finanzielle Situation der Krankenhäuser im Land immer weiter zu. Ausbaden müssen es am Ende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und nicht zuletzt die Patientinnen und Patienten. Doch nicht nur die Probleme, die sich aus der finanziellen Belastung der Krankenhäuser ergeben, sind allgemein bekannt. Auch bei der Frage nach den Ursachen sind sich alle Fraktionen grundlegend einig. Deshalb ist es doch das Mindeste, dass die Mitarbeiter in den Krankenhäusern, die hier und heute absolut berechtigte und treffende Forderungen stellten, von einem einigen Landtag unterstützt werden.
Eine der Hauptursachen für die finanziellen Probleme der Krankenhäuser liegt in der bundesweit ungleichen Vergütung für ihre Leistungen. Während die Kosten für Investitionen oder den Einkauf von Material überall gleich sind, bringt ein und dieselbe Krankenhausleistung in fast allen anderen Bundesländern mehr ein als in Schleswig-Holstein. Dies ist absurd und schlicht ungerecht. Mittlerweile bedroht dieses System die Krankenhäuser in ihrer Existenz.
Aus Sicht des SSW ist es vor diesem Hintergrund absolut unhaltbar, dass sich die Bundesregierung von der vereinbarten Angleichung der Landesfallwerte und damit vom Grundsatz: ,,Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ verabschiedet. Für uns ist ganz klar: Am bundeseinheitlichen Basisfallwert führt überhaupt kein Weg vorbei. Die Landesregierung muss alle Hebel in Bewegung setzen, um zu verhindern, dass diese Ungerechtigkeit auch noch zementiert wird.
Wer meint, man könne die Finanzprobleme der Krankenhäuser durch weitere Prozessoptimierung oder gar durch Personalabbau lösen, ist auf dem völlig falschen Dampfer. Schon mit Bekanntwerden der Änderung des Krankenhausfinanzierungssystems im Jahr 2004 wurden in den Kliniken umfangreiche Optimierungs- und Verschlankungsmaßnahmen ergriffen. In der Folge nahmen auch die Arbeitsverdichtung und der Druck auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu.
Laut Deutschem Berufsverband für Pflegeberufe kommen in Deutschland oftmals doppelt so viele Patienten auf eine Pflegekraft wie in der Schweiz oder Skandinavien, und dies bei steigendem Betreuungsaufwand durch eine immer kürzer werdende Verweildauer und immer ältere Patienten. Dabei wissen wir alle, dass die Löhne der Pflegefachkräfte trotz dieser Belastungen alles andere als üppig sind. Deshalb kann es überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass ihnen die tariflich vereinbarten Lohnzuwächse zustehen. Und auch die Forderung nach einer angemessenen Personalausstattung zur Entlastung der Pflegenden ist absolut legitim. Aus Sicht des SSW ist es dringend notwendig, endlich zu besseren Arbeitsbedingungen und zu einer höheren Wertschätzung für diese Berufsgruppe zu kommen.
Unser übergeordnetes Ziel muss es doch sein, eine Krankenhausversorgung der Bevölkerung auf höchstmöglichem Niveau zu erreichen. Hierfür brauchen wir ganz sicher keinen Wettbewerb nach unten, sondern einen Qualitätswettbewerb. Dieser funktioniert aber nur, wenn eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser im Land sichergestellt ist.
Doch auch was die mittel- bis langfristige Finanzierung des gesamten Gesundheitsbereichs angeht, dürfen wir uns nichts vormachen: Dieses System ist chronisch unterfinanziert und stößt schon heute deutlich an seine Grenzen. Wir werden nicht umhinkommen, hier ganz grundlegende Dinge zu verändern. Wenn wir das heute noch vergleichsweise gute Versorgungsniveau halten wollen, kommen wir langfristig nicht an einem steuerfinanzierten Gesundheitswesen vorbei.
Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels von der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Bohn, wir finden es schade, dass Sie alternativ abstimmen lassen wollen. Denn wir hätten auch gern dem Antrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW zugestimmt.
Herr Abgeordneter, das hat sich schon erledigt. Es ist beim Präsidium angekommen, dass wir nachher über alle Anträge als selbstständige Anträge abstimmen lassen.
Für die Landesregierung erteile ich nun dem Herrn Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Dr. Heiner Garg, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Es war falsch, dass in den Koalitionsverhandlungen von CDU, FDP und CSU die bereits einmal getroffene Regelung, der zufolge ein bundeseinheitlicher Basisfallwert allerdings nicht auf höchstem Niveau, sondern in zwei Konvergenzphasen bis Ende 2019 – erreicht werden sollte, gekippt wurde.
Zweitens. Mir ist völlig egal, wie der Gesundheitsminister heißt und welcher Partei er angehört, wenn mit dem GKV-Finanzierungsgesetz bei schleswigholsteinischen Kliniken, die ich im Auge habe, weitere unzumutbare Einschnitte in eine solide gesicherte Krankenhausfinanzierung vorgenommen werden. Ich sage es noch einmal: Es ist mir egal, ob er Rösler, Bahr, Müller oder Meier heißt - es war falsch.
Drittens habe ich gehört, dass sich einige darüber geärgert haben, dass ich mit dem Finger immer besonders nach Bayern zeige. Aber es war Bayern, es war die CSU, die in den Koalitionsverhandlungen darauf bestanden hat - dazu werde ich gleich noch etwas sagen -, und eine einvernehmliche Lösung scheitert heute insbesondere an diesem Freistaat.
Es geht mir überhaupt nicht darum, anderen Bundesländern etwas wegzunehmen. Ich habe deswegen als Kompromissvorschlag eingebracht, die Abweichung nach oben weiterhin zuzulassen, die Abweichung vom Rahmen des sogenannten Basisfallwertkorridors von 1,25 % nach unten nicht mehr zuzulassen, sodass Schleswig-Holstein, die ostdeutschen Bundesländer und Nordrhein-Westfalen - das sind diejenigen, die unterhalb des Bundesdurchschnitts liegen - die Chance haben, sich relativ zu verbessern. Dass einem noch nicht einmal dafür aus der Münchner Staatskanzlei Kompromissbereitschaft entgegengebracht wird, ist unzumutbar. Das braucht sich niemand gefallen zu lassen, weder ein schleswig-holsteinischer Gesundheitsminister, noch dieser Landtag, noch die Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern, die davon betroffen sind.
Ich will ganz deutlich sagen: Ich hätte kein Gutachten gebraucht - um das unmissverständlich klarzumachen. Was wir wirklich brauchen, ist eine solide, sichere Finanzierungsbasis, die übrigens nicht ein Wünsch-dir-was für die Kliniken eröffnen würde, sondern die dauerhaft sicherstellen würde, dass die Leistungen der Mitarbeiter vernünftig honoriert werden können, dass Überstunden mit Freizeitausgleich abgegolten werden können. Die meisten von Ihnen wissen auch, dass es im Klinikalltag selbstverständlich immer wieder zu Überstunden kommen wird. Selbstverständlich braucht man dann auch die Luft, Freizeitausgleich zu gewähren. Es geht den Klinikmitarbeiterinnen und -mitarbeitern gar nicht darum, jede Überstunde voll abgegolten zu bekommen; Freizeitausgleich wäre vielen Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern lieber.
Um eine solche verlässliche Finanzierungssituation jenseits des Jahres 2014 zu bekommen - darüber reden wir zunächst einmal, denn ab 2014 soll die Konvergenzphase abgeschnitten werden, dann haben wir diesen Spread, den ich für nach wie vor unzumutbar halte -, brauchen wir bereits ab nächstem Jahr - das sage ich ganz deutlich - eine Änderung der bereits ab nächstem Jahr im GKV-Finanzierungsgesetz vorgenommenen Einschnitte. Sie werden mit Sicherheit nicht rückgängig gemacht wer
den können. Aber sie abzumildern und auf den Konjunkturverlauf zu gucken - ich glaube, dieser Landtag täte gut daran, sich mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen.
Ich will auch etwas zu dem Punkt Orientierungswert sagen. Sie wissen, dass sich der Bundesgesetzgeber vorbehalten hat - rechtstechnisch ausgedrückt geht es darum, die Regelung des § 71 SGB V durch § 10 Abs. 6 Krankenhausentgeltgesetz zu ersetzen -, ohne Zustimmung der Länder den Zeitpunkt des Übergangs zu bestimmen. Natürlich kann man dann sagen, da müsse der Landesgesundheitsminister mehr Druck machen. Ohne mir Sie wissen, ich bin ein ausgesprochen bescheidener Mensch - allzu sehr auf die Schulter klopfen zu wollen: Ich weiß, dass ich in Berlin nicht gern gesehen bin. Ich weiß im Übrigen auch, dass ich in vielen anderen -
- Ich formuliere es einmal so: Ich weiß, dass ich mit dem Anliegen, die finanzielle Situation der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser zu verbessern, bisweilen nerve. Das macht aber nichts.
- Das mag sein, dass ich Sie nerve. Aber das ist eigentlich gut. - Wir müssen zu einer Regelung kommen, die es zulässt, die Finanzierungsbasis der Krankenhäuser dauerhaft zu verbessern.
Es macht keinen Sinn - das sage ich auch sehr deutlich -, jetzt erneut mit einer Bundesratsinitiative zu kommen, bevor die Ergebnisse des Gutachtens vorliegen. Denn dann sind auch die Länder nicht mehr an der Seite Schleswig-Holsteins, die sich bisher immer an die Seite Schleswig-Holsteins gestellt haben.
- Ob Sie das glauben oder nicht! Ich habe mit den Kolleginnen und Kollegen am Rande der Gesundheitsministerkonferenz sehr intensiv über die Frage gesprochen: Wann lohnt sich ein erneuter Anlauf? Wann lohnt sich das mehrheitlich? Ich habe vom Kollegen Heinemann vernommen, er würde sich auch mit SPD-Kollegen anlegen. - Sehr schön. „Nur Mut!“, sage ich da. Dann legen Sie sich mit Bremen an! Legen Sie sich mit Rheinland-Pfalz an! Legen Sie nicht mit Nordrhein-Westfalen an! Legen Sie sich mit Baden-Württemberg an! Je größer
Letzter Satz von mir dazu: Die Frage der einheitlichen Vergütung von Krankenhausleistungen ist und war nie eine Frage von Schwarz, Gelb, Rot oder Grün, sondern war immer eine Frage: Wie schneiden die Bundesländer gerade zufällig im Konzert der Festlegung der Landesbasisfallwerte ab? Wenn wir es hinbekommen könnten, weniger mit dem Finger aufeinander zu zeigen, sondern diejenigen zu unterstützen, die massiv daran arbeiten, desto besser funktioniert es. Es ist nicht nur der Kollege aus Schleswig-Holstein, sondern es ist auch die Kollegin aus Mecklenburg-Vorpommern, die immer jede schleswig-holsteinische Initiative unterstützt hat - sie gehört nicht meiner Partei an. Das wäre hilfreicher, als das Sichaufregen über angeblich nachlässig handelnde Gesundheitsminister dieser Landesregierung. Ich glaube, dass sich diese Landesregierung in ihrem Einsatz für eine vernünftige Klinikfinanzierung und für eine dauerhaft tragfähige Klinikfinanzierung wahrlich nicht verstecken muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen.
Von der SPD-Fraktion ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, von CDU und FDP ist beantragt worden, in der Sache abstimmen zu lassen.
Ich lasse zunächst über den Antrag auf Ausschussüberweisung abstimmen. Es ist von der SPD-Fraktion beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/ 1712 sowie die Änderungsanträge 17/1743 und 17/1752 als selbstständige Anträge dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Die Gegenprobe! Wer ist gegen die Ausschussüberweisung?