Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Herr Minister, einen Augenblick noch. Auch der Abgeordnete Dr. von Abercron hat sich gemeldet. Erlauben Sie eine Frage des Herrn Abgeordneten Dr. von Abercron?

Ja.

Herr Minister, haben Sie einen Überblick darüber, wie hoch die Fallzahlen sind, wie häufig Fälle auftreten, in denen es zu Verfahren gegen die betroffene Personengruppe kommt? Wenn nicht, wären die Zahlen vielleicht später für den Ausschuss interessant.

- Wir werden über diese Zahlen und über die Einzelheiten sicherlich zu diskutieren haben. Jetzt habe ich sie nicht dabei.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/110 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf:

Flughafen Kiel abwickeln

Antrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/93

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/145

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/146

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Ulrich Schippels von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist ein ganz neues Gefühl, als Erster reden zu dürfen. Ich denke, wir werden öfter Anträge stellen, um das genießen zu können.

Der Flughafen in Kiel-Holtenau beschäftigt die Kommunalpolitik - die Kielerinnen und Kieler wissen es - schon sehr lange. Jährlich muss dieses Fass ohne Boden mit über 1 Million € durch die Gesellschafter - das sind das Land Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt Kiel - versorgt werden. Zurzeit sind es ungefähr 1,3 Millionen € - für einen Regionalflughafen, der keinerlei überregionale Bedeutung hat.

Das, was für den Lübecker Flughafen gilt - wir haben in der letzten Sitzung darüber geredet -, gilt erst recht für die Start- und Landebahn in Kiel. Die Piste zum Starten und Parken der größten Dreckschleudern, die es gibt - gemeint sind Flugzeuge -, hat weder für das Land noch für die Stadt Kiel irgendeine Bedeutung. Die ehemalige Oberbürgermeisterin von Kiel wollte aus dieser Piste einen Flugplatz machen, der das Starten und Landen von größeren Maschinen erlaubt. Eine Bundesstraße sollte verschwenkt werden, damit Touristinnen und Touristen leichter auf ihre Kreuzfahrtschiffe hib

(Minister Emil Schmalfuß)

beln können. Zum Glück für uns alle hat die Vernunft gesiegt, und die Grünen und die knappen Haushaltsmittel der Stadt Kiel haben auch ihren Teil dazu beigetragen. Ich kann nicht viel Gutes über die Kooperation von CDU und Grünen in Kiel sagen, aber hier haben uns die Grünen vor einer Flugplatzruine, vor einer Investitionsruine bewahrt.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit der unnötigen Debatte um den Ausbau des Holtenauer Flughafens sind einige wenige Flugzeuge gelandet, und es sind sehr viele Jahre vergangen. Es hat sich gezeigt, dass es keinerlei Nachfrage für einen Linienbetrieb gibt. Zuschüsse in Höhe von mehreren Millionen Euro sind an unterschiedlichste Linienbetreiber geflossen, alles umsonst. Das Geld wurde nicht nur verpulvert, es wurde auch auf extrem umweltschädliche Art und Weise verbrannt.

Zurzeit hat der Flughafen nur noch drei „größere“ Kunden, von denen sich mindestens zwei bis zum Jahr 2012 vom Acker machen werden. Trotz aller Bemühungen unseres Bundestagsabgeordneten aus Kiel sieht es jetzt wohl doch so aus, als ob das Marinefliegergeschwader 5 Kiel verlässt.

Der zweite „größere“ Kunde ist ein Unternehmen, das ausschließlich für die Bundeswehr fliegt. Auch dessen Verbleiben nach 2012 ist alles andere als unwahrscheinlich.

Eine realistische Option zur Weiterentwicklung dieser Piste in Holtenau ist nicht in Sicht. Vielmehr entwickelt sich die Betreibergesellschaft KFG zum Dauerzuschussbetrieb, zum Millionengrab. Darüber sind wir nicht froh.

Der DGB beziehungsweise die SPD in Kiel sind dafür bekannt, dass sie alles tun, um den Flugplatz zu halten. Als Argument wird sogar die besondere Verbundenheit der Stadt mit der Bundeswehr herangezogen, als ob diese Verbundenheit mit der Aufgabe des Flughafens infrage gestellt worden wäre. So einfach ist es nicht. Ich hätte beinahe gesagt: So einfach ist es leider nicht.

Noch einmal: Eine realistische Option zur Weiterentwicklung des Flughafens Kiel-Holtenau ist überhaupt nicht in Sicht. Die derzeitige Situation ist sowohl für das Land als auch für die Stadt Kiel absolut unbefriedigend. Vor diesem Hintergrund sind die Stilllegung des Flughafens und die Abwicklung der Betreibergesellschaft die einzig sinnvolle Option. - Jetzt darfst du einmal klatschen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

- Danke schön. - Von der Stadt Kiel wird derzeit über eine Nachfolgenutzung des Flughafengeländes nachgedacht. In Verbindung mit dem 2012 frei werdenden Gelände des MFG 5 wird von der Stadt sowie von der Hafenwirtschaft in Kiel eine wirtschaftliche Nachfolgenutzung geprüft. Wegen der günstigen geografischen Lage des Gesamtgeländes - sowohl des Flughafengeländes als auch des Geländes des MFG 5 - in der Stadt und zum Wasser hin ist eine sinnvolle und wirtschaftlich nachhaltige Nachnutzung zu erwarten. Dabei werden neue, nicht subventionierungsbedürftige Arbeitsplätze in Kiel entstehen, die den eventuellen Verlust bisher subventionierter Arbeitsplätze mehr als kompensieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich freue mich, dass inzwischen auch die CDU und die FDP auf das Problem eingegangen sind und einen Änderungsantrag gestellt haben, und ich freue mich auch, dass die SPD ebenfalls etwas dazu beizutragen hat. Ich finde es schön, dass auch Sie hier Handlungsbedarf sehen, und ich hoffe, dass das Landesparlament bei dieser Thematik jetzt tatsächlich einen Schritt weiterkommt.

Wir beantragen - das haben wir so verabredet - alternative Abstimmung. Stimmen Sie unserem Antrag zu. Machen Sie den Weg frei für eine nachhaltige zivile Entwicklung der Landeshauptstadt Kiel! Beerdigen Sie endlich die Landebahn in Kiel-Holtenau!

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon ein sehr merkwürdiger Vorgang, der sich hier abspielt. Dass sich die angeblich letzte Arbeitnehmerpartei, die es in Deutschland noch gibt, gerade für die Vernichtung von Arbeitsplätzen einsetzt, zeigt, dass sie, nachdem sie gerade einmal drei Monate hier sitzt, schon weit weg von der Basis ist.

(Lachen bei der LINKEN - Zuruf des Abge- ordneten Heinz-Werner Jezewski [DIE LIN- KE])

(Ulrich Schippels)

- Das ist genau der Unterschied. Wir meinen es nämlich ernst mit den Arbeitsplätzen.

Meine Damen und Herren, der Flugplatz Kiel-Holtenau hat eine lange und sehr bewegte Diskussion hier in diesem Hohen Haus hinter sich. Wir hatten große Hoffnung, dass sich am Rande der Landeshauptstadt ein pulsierender Flughafen entwickeln kann, ein Flughafen, der auf die Region ausstrahlt, ein Flughafen, der in Kiel Wachstum erzeugt. Vieles sprach damals dafür, dass wir mit diesen Hoffnungen nicht ganz falsch lagen. Die Unterstützung der Wirtschaft und der Wissenschaft hatten wir auch. Letztlich müssen wir aber heute feststellen, dass unsere Wünsche nicht erfüllt werden konnten.

Daran - das darf man auch nicht vergessen - war Rot-Grün in Kiel, aber auch hier im Landtag nicht unbeteiligt, sondern ganz wesentlich beteiligt, weil man von Anfang an gesagt hat, Charterflüge wolle man dort nicht zulassen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das war der Anfang vom Ende dieses Flugplatzes, und dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall des Abgeordneten Johannes Callsen [CDU] - Zuruf des Abgeordneten Jürgen We- ber [SPD])

- Herr Kollege Weber, Sie wissen genau, warum es hier nicht zu einem Ausbau kam. Es ging um die Frage, keine Charterflüge zuzulassen. Sie haben dies gemeinsam mit den Grünen gefordert. Von dem Moment an hatte er überhaupt keine Perspektive mehr.

(Jürgen Weber [SPD]: Fragen Sie mal Ihre Parteifreunde in Kiel! - Weitere Zurufe)

Das muss man der Ehrlichkeit halber dazusagen. An dem Tag wurde das Ende dieses Flugplatzes besiegelt.

(Zurufe)

- Herr Schröder, Sie können nachher reden, wenn Sie es dann noch können.

(Unruhe)

Dieser Flughafen hat eben keine überregionale Bedeutung mehr, und das Passagieraufkommen ist zurückgegangen. Jetzt kommt noch einmal dazu, dass das Marinefliegergeschwader im Jahr 2012 abziehen wird. Das ist natürlich eine traurige Nachricht, aber sie ist wahr, und wir müssen uns der Realität stellen.

Mir als Wirtschaftspolitiker blutet das Herz, und die CDU wird an dem Tag auch keine Jubelfeier veranstalten, weil das für Kiel am Ende bedeutet, dass man sich der Realität stellen muss. Das tun wir. Wir können nicht auf der einen Seite sagen, wir beteiligen uns nicht an dem Flugplatz in Lübeck und gleichzeitig eine gesellschaftliche Beteiligung am Kieler Flugplatz aufrechterhalten.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)