Da ist sie, die Haushaltsrelevanz. Das ist der entscheidende Begriff, an dem sich alles messen lassen muss. Ich glaube, ich habe gerade gezeigt, dass bei den in Rede stehenden Geldern diese Haushaltsrelevanz nicht gegeben ist, mit einer Ausnahme:
Es sei denn - da bin ich wirklich beunruhigt -, Sie wollen das Extrageld für Bildung im Landeshaushalt einsparen. Das wurde hier ja gesagt. Es wurde gesagt, diese „Gelder werden uns vom Hals gehalten“. Diese Gelder müssen wir nicht ausgeben. Dann hat aber nicht die Bildung gewonnen, sondern dann haben wir alle verloren!
Das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz - was für ein Wort; als ich das zum ersten Mal hörte, musste ich an George Orwells „1984“ denken, denn da gab es ein Wahrheitsministerium, und das hat auch immer das Gegenteil von Wahrheit verkündet - findet in Wahrheit niemand gut, außer vielleicht Herr Kubicki, wie wir gerade gehört haben, aber noch nicht einmal die Kanzlerin Frau Merkel. In diesem Fall hat sie recht; denn auch die Bildungsgelder sind ja nicht einmal gegenfinanziert. Die Lücke bleibt. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist ein Zugeständnis an die CSU und die FDP und das Maulheldentum im Wahlkampf. Es bleibt ein reines Zugeständnis. Diese ganze Debatte, diesen ganzen Ärger haben wir und letztlich Sie von der CDU nur der FDP und der CSU zu verdanken.
Nichts an diesem Gesetz ist einfach oder gerecht. Erstens. Die Steuerermäßigung für Hotels verkompliziert das Steuersystem; denn die Mehrwert
steuer ist gar nicht dafür geschaffen, irgendwelche Wachstumsimpulse zu setzen. Reduzierte Steuersätze sind für Lebensmittel und Kulturgüter vorgesehen. Vieles dabei geht drunter und drüber, und es ist falsch. Durch Ihr Gesetz wird es systematisch noch falscher. Es ist die falsche Steuer im falschen Gesetz.
Zweitens. Nur weil Herr Kollege von Boetticher es angesprochen hat, muss ich das auch noch einmal korrigieren. Es spricht nichts dagegen, Familien besserzustellen und zu unterstützen. Aber dieses Gesetz verschärft die bestehenden Ungerechtigkeiten im System.
Besserverdienende profitieren von einem höheren Kinderfreibetrag 480 €, Normalverdiener vom Kindergeld 240 €, und Hartz-IV-Empfänger profitieren gar nicht. Dabei dürften ihre Kinder eigentlich die gleichen Weihnachtswünsche und Bedürfnisse haben und eher umgekehrte Hilfebedarfe im Leben.
Drittens. Wann schafft eine Erbschaftsteuer eigentlich Wachstum? Wachstum durch Ableben, oder was ist hier die Parole?
Nein, CDU und FDP, Sie reden und handeln, wie Sie es immer der Linkspartei oder den Gewerkschaften vorwerfen, indem Sie blindwütig die Ausgaben erhöhen, ohne eine Analyse der Probleme, ohne einen roten Faden, worauf es eigentlich ankommt und was Politik heute leisten muss.
Man kann ja der Meinung sein, Steuersenkungen schüfen Wachstum. Ich bin es nicht. Aber wenn es so wäre, wieso fordert die FDP dann Kompensation für Steuerausfälle? Eigentlich müssten doch nach dieser Logik die Steuereinnahmen nur so sprudeln. Dann gäbe es nach ihrer Logik gar kein Problem.
Aber offensichtlich glauben Sie nicht einmal Ihrem eigenen Parteiprogramm. Und das tun Sie völlig zu Recht; denn selbst, als wir in den Jahren 2007 und 2008 eine boomende Wirtschaft hatten, war die Landesregierung nicht einmal in der Lage, Schulden abzutragen. Es wird mindestens bis 2013 dauern, bis die Wirtschaft wieder ein solches Niveau hat wie 2007 und 2008, nur dass die Verschuldung
und die Zinsen dann nochmals angestiegen sind. Also hören Sie auf mit der politischen Lebenslüge, und begraben Sie das Wachstumsbeschleunigungsgesetz!
Ich will an dieser Stelle ausdrücklich sagen, obwohl es nur ein Kompromiss wäre: Der Vermittlungsausschuss wäre bei dieser Lage schon ein Verhandlungserfolg. Ich hoffe, Sie stehen morgen dazu.
Die Diskussion über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ist keine über öde Finanzpolitik. Es ist auch keine über Steuerpolitik. Nein, es ist letztlich eine Frage von Gesellschaftspolitik. Es geht im Kern um die Frage nach dem demokratischen Souverän. Denn was bei Ihren Deals unter die Räder gerät, sind die Kommunen. Von denen ist heute Morgen noch nicht ein einziges Wort gesprochen worden. Es sind die Kommunen, und zwar aus folgender Logik heraus.
- Ja, über die Belastung, 60 Millionen € fehlen für die Kommunen, wurde gesagt, und die Sozialleistungen. Das habe ich aber eben ausgeräumt.
Der Bund verschuldet durch seine Unfähigkeit Not bei den Kommunen, und dann erklärt er sich bereit, diese Not irgendwie zu heilen. Das ist doch keine Antwort, das ist auch keine Kompensation, das ist selbstverständlich, dass der Bund das tut. Es wäre selbstverständlich besser, er würde ein vernünftiges Gesetz hinlegen. Aber wir kommen ja vielleicht noch dazu.
Bund und Land haben eine Schuldenbremse, die Kommunen aber nicht. Da weiß ich schon, wie die Rechnung weitergehen wird, wenn es so weiterläuft. Weitere Aufgaben werden auf die Kommunen abgeschoben werden, und zwar ohne Gegenfinanzierung, und das von der selbst ernannten Kommunalpartei CDU.
So ist die Moral dieser schwarz-gelben Chaoswochen tatsächlich erstaunlich: Erstens. Die CDU in ihrer eigenen angeblichen Kompetenz kann nicht mit Geld umgehen. Zweitens. Die FDP hat keine Ahnung von Wirtschaftspolitik. Drittens. CDU- und FDP-Politik richtet sich gegen die Interessen von Schleswig-Holstein.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW - Zuruf des Ab- geordneten Wolfgang Kubicki [FDP])
- Wir bemühen uns immerhin, Herr Kubicki. Wir bemühen uns und lassen uns nicht mit warmen Worten und nicht gebackenen Plätzchen abspeisen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Frage der SPD war: Was sind die Auswirkungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes? Die Antwort ist letztlich sehr einfach und ganz brutal. Dieses Gesetz zerstört das gemeinschaftliche Engagement, weil ehrenamtliche Tätigkeit in Gemeinderat und Kreistag, bei der Feuerwehr oder im Sportverein künftig nur noch bedeuten wird, Negativentscheidungen zu verkünden und den Mangel zu verwalten. Über kurz kann man das vielleicht noch schlucken, über lang wird es ein Rückzug aus der Gesellschaft sein. Es wird sich niemand finden, der sich dann noch engagieren will.
Die Kommunen sind jedoch nicht Almosenempfänger. Sie haben Verfassungsrang. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz höhlt genau diesen Verfassungsrang der Kommunen weiter aus. Deshalb muss die Landesregierung es voll kompensiert bekommen.
Der Ministerpräsident und das Kabinett haben geschworen, Schaden vom Land und seinen Bürgern fernzuhalten. Das bezieht sich auf die Verfassung. Als die CDU die Sozis rauswarf, hieß es: erst das Land, dann die Partei. Ich sage: Nehmen Sie den Ball aus dem Finanzausschuss auf! Dann stehen wir zusammen, Vayamos Compañeros! Das, was Herr Wiegard vorgestellt hat, ist nicht zustimmungsfähig. Herr Ministerpräsident, bleiben Sie bei sich, machen Sie sich den Schlingerkurs der FDP nicht zu eigen, lassen Sie sich nicht einfangen, und stimmen Sie morgen mit Nein!
Herr Habeck, der Abgeordnete Kubicki hat sich zu einem Dreiminutenbeitrag gemeldet. Das erfolgt am Ende der Rednerliste.
Ich begrüße die inzwischen eingetroffenen Schülerinnen und Schüler der Regionalschule Altenholz ganz herzlich auf der Besuchertribüne
und auch die Schülerinnen und Schüler des Berufsbildungszentrums Dithmarschen aus Heide. - Herzlich willkommen!
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Habeck, ich glaube, das war eher ein rhetorischer Appell an den Ministerpräsidenten. Ich glaube, dass es schon feststeht, wie morgen abgestimmt wird, leider nicht - dazu kommen wir gleich noch, das wurde hier schon ausgeführt - zum Wohle des Landes.
Herr Stegner, Sie haben vorhin gesagt, die Rede von Herrn Wiegard sei 17 Minuten lang gewesen, und er habe nichts gesagt. Ich bitte Sie, sich ein bisschen zu erinnern: Am 27. Oktober 2009 hatten wir die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten. Sie war etwas länger und war mindestens genauso inhaltsleer.
Herr Habeck hat vorhin gefragt, wer für diese Regierung überhaupt spricht. Ich denke, Herrn Kubicki ist es ziemlich egal, wer unter ihm Ministerpräsident ist und wer für ihn spricht, Hauptsache, er bestimmt, wo es langgeht.
Der Ministerpräsident und der Fraktionsvorsitzende der FDP, der Kapitän und der selbst ernannte Steuermann von Schleswig-Holstein, hatten am Wochenende eine Audienz bei unser aller Kanzlerin.