Protokoll der Sitzung vom 18.11.2011

(Beifall bei FDP und CDU)

Das ist besonders frech von Leuten, die bei jeder Gelegenheit auf sogenannte gute parlamentarische Gepflogenheiten hinweisen

(Beifall bei FDP und CDU)

und es schon als einen Verstoß dagegen ansehen, wenn die gewählte Mehrheit von CDU und FDP im Ausschuss gegen ihre Anträge stimmt. Fakt ist, dass die Opposition aus SPD und Grünen den Landtag

(Markus Matthießen)

und die Fraktionen für ihre eigenen Zwecke missbraucht hat, nämlich allein für ihre Wahlkampfzwecke.

(Beifall bei der FDP - Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Niedlich finde ich das nicht, Herr Stegner.

Auf Kosten des Bürgers und Steuerzahlers, des Landtags und seiner Abgeordneten haben Sie den Versuch gestartet, Ihr mageres Wahlprogramm mit Inhalten aufzupeppen. Dass SPD und Grüne sogar den Antrag zur Bildung eines gemeinsamen Ausschusses mit Hamburg und Schleswig-Holstein, was meiner Ansicht nach die natürliche Folge des ersten Antrags wäre, ohne eine Verfassungsänderung einbringen und ohne nur einmal mit den anderen Fraktionen gesprochen zu haben, ist auch ein bedenkenswerter Vorgang. Mit einem solchen Vorgehen werden wirklich alle bisherigen parlamentarischen Gepflogenheiten auf dem Altar des Wahlkampfs geopfert.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU - Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als erheblichen Webfehler der Enquetekommission hat die FDP von Anfang an den fehlenden inhaltlichen Austausch mit den anderen norddeutschen Nachbarländern gesehen. Das Selbstgespräch, das wir mit uns geführt und dabei die anderen ignoriert haben, konnte und kann nicht zielführend sein.

(Beifall bei der FDP - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)

Kurz vor Abschluss der Arbeit finden Sie das anscheinend auch, liebe Opposition. Das, was die Enquetekommission hätte leisten können und aus unserer Sicht hätte leisten müssen, nämlich den Austausch mit den anderen Ländern und Hamburg, formulieren Sie jetzt schnell einmal in einem Antrag für den Landtag, in dem steht, dass es einen gemeinsamen Ausschuss geben soll. Sie müssten das doch eigentlich selbst merkwürdig finden. Frau Strehlau, dies gilt insbesondere, wenn Sie jetzt sagen, wir sollen das in der Enquetekommission behandeln. In der Tat, das finde ich auch. Wir werden das auch behandeln, und zwar sehr gern. Das sage ich für die FDP deutlich.

(Beifall bei der FDP)

Auch der Antrag der SPD auf die Einführung eines gemeinsamen Korruptionsregisters HamburgSchleswig-Holstein scheint mir im Hinblick auf die erklärten Ziele der Enquetekommission ziemlich

skurril. Da soll eine neue gemeinsame Dienststelle Hamburg/Schleswig-Holstein geschaffen werden, die es bisher weder in Schleswig-Holstein noch in Hamburg gibt und in deren Zusammenhang Sie selbst sagen, dass es eigentlich ein bundesweites Register geben müsste. Letzteres ist natürlich richtig. Können Sie mir erklären, wie Sie die angeblichen 100 Millionen € zusammenbringen wollen, die Sie laut SPD-Papier zum Haushalt durch gemeinsame Kooperationen einsparen wollen?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sensationell!)

Wollen Sie diese Summe zusammenkriegen, indem Sie 2012 Stellen schaffen, um sie 2013 abzuschaffen? - Das wäre eine Superhaushaltspolitik.

(Beifall bei FDP und CDU)

Etwas Wichtiges noch zum Schluss! Herr Habersaat, ich verwehre mich ausdrücklich dagegen, dass ich irgendwelche Experten und Sachverständige oder Verbände, die wir gehört haben, vor den Kopf gestoßen hätte oder dass dies etwa meine Absicht gewesen wäre.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Habersaat [SPD])

- Das war Ihre Wahrnehmung, die sich in vielen Fällen sehr deutlich von meiner unterscheidet.

(Weitere Zurufe von der SPD)

Allen Experten und Verbänden, die sich enorm viel Arbeit für diese Kommission gemacht haben, gilt mein ganz besonderer Dank.

(Beifall bei FDP, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Ihre Zeit und ihre Anstrengungen können wir mit Geld gar nicht aufwiegen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Abgeordneter Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Brand-Hückstädt, so sehr ich in vielen Punkten mit Ihnen übereinstimme, so muss ich Sie doch in einem Punkt korrigieren: Die gewählte Mehrheit in diesem Haus sitzt auf den Oppositionsbänken.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

(Ingrid Brand-Hückstädt)

Es regiert die von der Landeswahlleiterin und dem Landesverfassungsgericht bestätigte Mehrheit.

(Gerrit Koch [FDP]: Ja, und was nutzt es Ih- nen?)

Ich will zum Thema kommen: Ein Gespenst geht in Norddeutschland um, es ist das Gespenst des Nordstaats. Auch wenn wir es nicht aussprechen, lassen Sie es sich gesagt sein, Kolleginnen und Kollegen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Niemand will diesen Nordstaat, und es braucht ihn auch niemand

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

außer Ihre Landtagsfraktionen, so scheint es mir. Wir sind aber gern bereit, das Thema, auf das Sie abzielen, zu beraten, zu besprechen und immer wieder einzubringen. Schließlich haben wir dafür sogar die Enquetekommission eingerichtet. Auch DIE LINKE hat dem zugestimmt.

Die Ergebnisse dieser Enquetekommission werden wir hier bald diskutieren. Ich fürchte allerdings, dass viele hochstrebenden Erwartungen böse enttäuscht werden. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass wir diese Anträge heute diskutieren. Dass wir wenige Monate vor der geplanten Diskussion über die Ergebnisse der Enquetekommission genau über die Themen entscheiden sollen, die die Kommission ausführlich durchleuchten und dem Landtag vorlegen soll, empfinde ich als widersinnig.

(Beifall bei den LINKEN - Zuruf: Schon ein- mal was von einer ersten Lesung gehört?)

Dass Sie sogar eine Verfassungsänderung anstreben, ohne die Ergebnisse der Enquetekommission abzuwarten, ist in meinen Augen absurd.

(Beifall bei den LINKEN und beim SSW)

Die LINKE hat aber kein Problem damit, die Anträge in den entsprechenden Ausschüssen zu diskutieren. Wir können aber jetzt schon sagen, dass wir nicht zu den Ergebnissen kommen werden, die den Antragsstellern gefallen werden. Warum das so sein wird, führe ich gleich noch näher aus.

Gemeinsame Ausschusssitzungen halten wir für sehr sinnvoll. Sie regelmäßig stattfinden zu lassen, ist längst überfällig. Gemeinsame Sitzungen sollten nicht nur mit der Freien und Hansestadt Hamburg stattfinden.

Die gesundheitsgefährdenden Asbesttransporte von Niedersachsen nach Mecklenburg über schleswigholsteinisches Gebiet zeigen doch ganz deutlich,

dass es einen sehr großen Abstimmungsbedarf gibt. Dieser findet in Ihren Anträgen allerdings keine Berücksichtigung.

Einen gemeinsamen Ausschuss für die Zusammenarbeit der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein halten wir für eine bürokratische Missgeburt. Was bitte soll denn in diesem Ausschuss besprochen werden? Wollen Sie die Kompetenzen der zuständigen Fachausschüssen der beiden Landesparlamente beschneiden, sobald ein Thema beide Länder betrifft? Wie wollen Sie Entscheidungen fällen, wenn die zuständigen Fachausschüsse in den Ländern anders entscheiden als der geplante gemeinsame Ausschuss?

Eine willkürliche Festlegung der Besetzung dieses Ausschusses ist wenig sinnvoll. Wir wissen doch alle, dass die Zusammensetzung dieses Hauses in einem halben Jahr ganz anders aussehen wird.

Ihr Antrag auf eine Verfassungsänderung wirft mehr Fragen auf, als er Probleme lösen könnte. Wie bitte soll denn der gemeinsame Ausschuss zusammengesetzt sein? Sollen die hamburgischen Vertreter gemessen an der absoluten Zahl etwas unterrepräsentiert sein, oder soll die Hansestadt mit ihren fast 1,8 Millionen Einwohnern genauso viele Vertreter in diesen Ausschuss entsenden wie Schleswig-Holstein mit mehr als 2,8 Millionen Einwohnern?

Schauen Sie sich einmal die Verteilung an, die Sie vorgeschlagen haben, und wenden Sie diese auf die aktuellen Verhältnisse an. Glauben Sie etwa, dass diese Seite des Hauses dem zustimmen wird? Es ist doch ziemlich blauäugig, dass die SPD in Schleswig-Holstein mit 34 % und in Hamburg mit 47 % in diesem Ausschuss 58 % der Mitglieder stellen soll. Das finde ich zwar gut, und das ist auch nicht schlimm. Glauben Sie aber denn im Ernst, dass Sie dafür eine Zustimmung erreichen werden?

(Wolfgang Baasch [SPD]: Können wir den Mittelteil noch einmal hören?)

- 26 % in Schleswig-Holstein.

Das wird nicht funktionieren. Die SPD hätte in einem solchen gemeinsamen Ausschuss die absolute Mehrheit. Das wird einfach nicht klappen.