Der Minister hat die verabredete Redezeit um eine knappe Minute überschritten, die jetzt den Fraktionen auch zur Verfügung steht. Zweitens, Herr Minister, möchte ich Sie nur darauf hinweisen, Kommentierungen der Führung durch das Präsidium sind nicht nur nicht üblich, sondern auch nicht zugelassen.
- Ich würde Ihnen empfehlen, das nicht weiter fortzusetzen, sonst müsste ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen. Davon will ich jetzt einmal absehen.
So viel Zeit muss sein. - Ich werde meine Redezeit wahrscheinlich nicht ganz in Anspruch nehmen, damit ich mich hier nicht irgendwo ermahnen lassen muss.
Herr Minister, herzlichen Dank für diesen Bericht. Schleswig-Holstein ist als das Energieland in Deutschland gestartet - wir haben Weihnachten, deswegen will ich auch Ihnen einmal ein Kompliment machen -, aber richtig Drive hat die Geschichte erst unter Schwarz-Gelb bekommen
- ja, Herr Stegner, zu Ihnen sage ich auch gleich noch ein Wort -, und zwar durch den LEP. Beim LEP muss ich einmal zu Ihnen kommen, Herr Stegner.
Herr Stegner, Sie wollten das damals auf dem Wege des Verordnungsverfahrens, von oben runter par ordre du mufti. Ihr Nachfolger, der SPD-Minister Herr Hay, war zumindest so kulant, in die Kreise zu fahren, um sich dort mit den Landräten und Bürgermeistern zu unterhalten. Durch Ihre „Leitplankendiskussion“ und durch die Kreisfusion wäre dies
gar nicht möglich gewesen. Bei Ihnen sollte dies von oben nach unten gehen. Richtig gelaufen ist es erst jetzt wieder mit viel Vertrauen durch unseren Innenminister Klaus Schlie.
Meine Damen und Herren, diese Landesregierung hat durch diesen LEP eine wahre Goldgräberstimmung ausgelöst. 2010 kam jede dritte Kilowattstunde aus erneuerbaren Energien. Im Jahr 2010 waren es Insgesamt 6,9 Millionen MWh. Über den LEP haben wir jetzt die Möglichkeit, durch die Erweiterung der Eignungsflächen von 0,7 % auf 1,5 % einen Ausbau auf 9.000 MW zu ermöglichen, wobei 6.000 MW auf den Onshore-Bereich und 3.000 MW auf den Offshore-Bereich entfallen werden.
Unser Minister hat es gesagt: Große Herausforderungen kommen auf uns zu. Ohne Frage verändert sich das Landschaftsbild. Ich komme aus dem schönen Gebiet der Flusslandschaft von Eider-Treene-Sorge. Dort sieht man heute wesentlich mehr Maisflächen. Ob dies so erstrebenswert ist, weiß ich nicht, aber wir brauchen allein im Leitungsbau 380-kV-Leitungen auf circa 500 km. Auch im Bereich der 110-kV-Leitungen brauchen wir etliche Kilometer. All dies muss in einem Dialogverfahren offen und transparent geschehen, und zwar nicht nur im Zusammenhang mit den Anlagen, sondern auch im Zusammenhang mit den Leitungen. Hier müssen wir vor allem bei den Großprojekten Transparenz schaffen. Dies merken wir vor allem bei den Großprojekten bei uns an der Westküste.
Es gibt heute zahlreiche Instrumentarien, um diese Konflikte zu lösen. Hierzu gehört die Clearingstelle EEG, die seit 2004 der Vermeidung von zivilrechtlichen Rechtsstreitigkeiten dient. Diese Clearingstelle ist unabhängig und keinen Weisungen unterworfen. Sie ist mit Speziallisten besetzt. Es gibt auf kommunaler Ebene ein transparentes Verfahren und ein geregeltes Beteiligungsverfahren. Dieses ist auch durch die Koordinierung der Regionalplanung gerade im laufenden Verfahren gewährleistet. Zurzeit werden die Kreiskonzepte geprüft, und zwar unter Beteiligung der Ministerien und der oberen Landesbehörden.
Die vorgezogene Bürgerbeteiligung ist durch den Minister umfassend angesprochen worden. An der Westküste gab es in diesem Zusammenhang schon fünf Veranstaltungen. Ich war bei zwei Veranstaltungen dabei, und ich muss sagen: Dort wurden mit Hilfe des Ministeriums sehr gute Veranstaltungen initiiert. Wir haben ein Bauleitverfahren und ein
Bauplanungsrecht sowie Raum für Mediation. Die Bauleitplanung liegt bei den Gemeinden. Als Dithmarscher sage ich: Dort, wo vorn ist, ist Dithmarschen.
- Danke schön, lieber Kollege! - Zusammen mit Nordfriesland haben wir in Dithmarschen zusammen mit der DBU ein Pilotprojekt laufen, bei dem es um eine erweitere Bürgerbeteiligung vor Ort geht. Lassen Sie mich daher zum Schluss kommen: Es gibt ausreichende Möglichkeiten: EEG-Clearingstelle, Regionalplanung, Bürgerbeteiligung, Bauleitplanung, Bauleitplanungsrecht und das Landesschlichtungsgesetz.
Meine Damen und Herren, ich hatte Ihnen versprochen, dass ich meine Redezeit nicht überschreiten werde. Ich wünsche Ihnen erholsame und ruhige Weihnachten und ein erfolgreiches Jahr 2012.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Jasper, diesen weihnachtlichen Gruß gebe ich gern zurück. Das Thema, mit dem wir uns jetzt befassen, hat auch etwas von weihnachtlicher Milde: Streit vermeiden. Es geht darum, beim Ausbau der erneuerbaren Energien so weit es geht Streit zu vermeiden.
Im Bericht der Regierung ist von verschiedenen Arten der Bürgerbeteiligung zu lesen, die es schon gibt und die zum Teil gesetzlich vorgeschrieben sind. Natürlich ist auch der Hinweis der Landesregierung im Fazit des Berichts richtig, dass Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden ist. Herr Minister, danke für diese Zusammenstellung.
Es ist ein schöner Bericht zum Sachstand. Eigentlich gibt er aber keine Antwort, und er enthält auch keine neuen Ideen dahin gehend, wie wir die Bürgerbeteiligung wirklich verbessern können. Ich glaube, wir sind uns hier im Haus darin einig, dass wir zu einem ganz schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien in unserem Land kommen und deshalb die Bürgerbeteiligung verbessern müssen. Ich vermisse Aussagen darüber, was über die reine In
formation von Bürgerinnen und Bürgern hinausgeht. Wo macht die Regierung mehr, als sie muss? Welche Chancen und Möglichkeiten ergeben sich daraus für die Bürgerinnen und Bürger? - Wir erleben jetzt überall, was mit der Energiewende ganz konkret gemeint ist. Was auf unser Land und auf die Menschen zukommt, wird so manchem erst allmählich klar.
Dass sich nach Fukushima etwas ändern muss, ist ganz abstrakt - irgendwie allen klar. Es braucht eine dezentrale Energieversorgung, losgelöst von großen Konzernen, und vielleicht auch sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen für Kommunen. All das klingt zunächst verlockend einfach. Es ist aber so, dass die Windenergieeignungsflächen und die Photovoltaikanlagen sowie die Stromtrassen das Gesicht unseres Landes verändern werden. Das ist die eigentliche Herausforderung der nächsten Jahre für unser Land. Manch einen Gegner einer Windkraftanlage möchte ich fragen, ob ihm oder ihr ein Atomkraftwerk in der Nähe lieber wäre.
Unser Angebot lautet: Wir bündeln die Windenergieeignungsflächen an geeigneter Stelle und schließen diese Art der Energieerzeugung an nicht geeigneten Stellen aus. Damit fahren wir seit Mitte der 90er-Jahre gut. Dieses Prinzip erleben wir gerade wieder bei der Teilfortschreibung der Regionalpläne. Dennoch müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass unsere Vorstellung über diese Art der Energieerzeugung nicht überall gleichermaßen gut ankommt. Wenn Menschen Widerstand leisten, dann müssen wir uns natürlich fragen, woher dieser Widerstand rührt. Jeder von uns hier ist gefragt, Überzeugungsarbeit zu leisten. Das ist jedoch mehr als schnöde Information.
Unsere Antwort lautet, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Unsere Idee ist, in jeder Gemeinde in Schleswig-Holstein einen Prozess zu starten, bei dem die Erfordernisse der Energiewende und die Chancen für Bürgerinnen und Bürger sondiert und vor Ort entschieden werden sollen. Wir setzen aber auch auf die Idee, Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich durch Energiegenossenschaften und Bürger- und Bürgerinnenwindparks zu beteiligen. Das ist eine echte Bürgerbeteiligung und nicht nur eine Beteiligung rein vom Verfahren her.
Ich komme nun zu einem anderen Gesetzesbereich, nämlich zum Gemeindewirtschaftsrecht. Auch hier können wir bestehenden und neuen Stadtwerken gute Rahmenbedingungen geben. Auch dies ist für mich ein Teil der Bürgerbeteiligung.
Für uns bleiben drei Eckwerte bei der Bürgerbeteiligung elementar: Zum einen müssen wir das Primat der politischen und von der Bevölkerung gewählten Interessenvertreter erhalten. Wir müssen eigene Ideen haben. Wir dürfen nicht vor der Verantwortung fliehen, und wir dürfen Entscheidungen nicht auf eine zufällige Interessengruppe verschieben. Wir brauchen eine dauerhafte Informations- und Kommunikationsplattform im Internet. Ich denke daran, das so ähnlich zu machen wie beim Breitbandkompetenzzentrum SchleswigHolstein. Ich glaube, dies ist ein gutes Vorbild für das Zusammenspiel von Land und Kommunen. Der letzte Eckpunkt ist für mich ganz wichtig. Das ist die wirtschaftliche Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern. Damit überzeugen wir sie am Ende alle. Ich würde mich freuen, wenn wir den Bericht des Ministers im Wirtschaftsausschuss vertiefen könnten.
- Weihnachten naht. Die FDP-Landtagsfraktion und auch andere Fraktionen, das will ich auch gern sagen, machen sich schon seit längerer Zeit stark für den Ausbau in erneuerbarer Energien, weil es die Chancen für eine nachhaltige Entwicklung Schleswig-Holsteins zu ergreifen gilt. Der Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien kann nur erfolgreich beschritten werden, wenn es gelingt, für eine gesicherte, bezahlbare und klima- und umweltverträgliche Energieversorgung bei den Menschen die Bereitschaft zu wecken, auch Veränderungen und Beeinträchtigungen im eigenen Umfeld zu akzeptieren.
Eine neue Energiepolitik wird jedoch erst dann erfolgreich umsetzbar sein, wenn es wirklich gelingt, eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz für diesen Prozess zu erreichen. Daher kommt es darauf an, die Menschen in einen gesellschaftlichen Diskurs einzubinden. Nur so können die notwendigen Veränderungen und Belastungen, aber auch die Chancen des Umbaus unserer Energieversorgung erkannt, nachvollzogen und gemeinsam getragen werden. Um diese zukunftsfähige Energieversorgung sicherzustellen, setzen wir uns für den Ausbau der erneuerbaren Energien ebenso ein wie für einen schnellen, kreativen und weitsichtigen Ausbau eines leistungsfähigen Stromnetzes.
Des Weiteren gilt es sich für die Weiterentwicklung und Förderung von traditionellen und innovativen Speichertechnologiekonzepten und eine gleichzeitige Stärkung von Energieeffizienzforschung und Energieverbrauchsaufklärung einzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bürgerbeteiligung darf nicht als Hemmschuh für die Planung von Infrastrukturmaßnahmen begriffen, sondern muss als Instrument von Beschleunigung und Gewährleistung von Verfahrensqualität eingesetzt werden. Ohne den betroffenen Bürger einzubeziehen, erreicht man keine Akzeptanz und keinen mit Hochdruck vorangetriebenen Netzausbau. Vielmehr schneidet man sich die Möglichkeit ab, bürgerliches Engagement und Know-how für die Planung nutzbar zu machen. Gerade an der Westküste besteht dieses Know-how dank zahlreicher Menschen, die sich in Bürgerwindparks engagiert haben oder engagieren.