Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Freiwillige Ökologische Jahr ist eine ausgezeichneten Bildungsmaßnahme. Das belegen die Berichte der jungen Freiwilligen, die teilweise zum ersten Mal erfahren, wie und ob sie in dieser Gesellschaft bestehen können. Das FÖJ ist ein ganzheitliches Lernkonzept, was dem Kern der Pädagogik des dänischen Reformers Nikolaj Frederik Severin Grundtvig entspricht. Grundtvig war vom lebenslangen und ganzheitlichen Lernen überzeugt. Der SSW fühlte sich dieser Tradition verpflichtet und setzt sich für alle Maßnahmen ein, durch die Erwachsene bei der Erweiterung und Vertiefung ihres Wissens und ihrer Kompetenzen unterstützt werden. Auch die Mehrheit im Landtag steht hinter dem politischen Auftrag, das Freiwillige Ökologische Jahr hier in Schleswig-Holstein einzurichten und aufrecht zu erhalten.
Ich sage das ausdrücklich, weil der Landesrechnungshof diesen politischen Auftrag des FÖJ ignoriert, den er ironischerweise ausführlich referiert als „Lernorte für bürgerschaftliches Engagement“ und „Orte informeller Bildung“, die den Teilnehmern „wichtige personale und soziale Kompetenzen“ vermitteln. Diese Begriffe sind Zitate, die aus dem Prüfbericht 2009 stammen. Der Landesrechnungshof fordert nur wenige Zeilen später umfangreiche Korrekturen am politischen Auftrag. Er fordert unter anderem die Erhöhung des Anteils der Landeskinder, stärkere Einflussnahme der Landesregierung auf Inhalte und Ziele des freiwilligen Dienstes
Diese Forderungen haben nichts mit der Kontrolle der Ausgaben des Landes zu tun. Die politischen Vorgaben sind da und wurden in den Haushaltsberatungen noch einmal unterstrichen.
Es gilt sie umzusetzen. Das Umweltministerium hat bereits den Etat gekürzt und zeigt in der Antwort auf die SSW-Fragen nach Kürzungsposten die Bereitschaft, Mittel für das Freiwillige Ökologische Jahr zu kürzen. Das geht aus dem aktuellen Umdruck des Finanzministers zur globalen Minderausgabe hervor.
„Das Land sollte angesichts der Haushaltslage die freiwillige Förderung für das FÖJ deutlich reduzieren.“
Das ist wieder ein Zitat aus dem Prüfbericht. Das Argument lautet, dass sich die Verbände auf Kosten des Landeshaushaltes schönrechnen. Das verdreht aber völlig die Tatsachen. In anderen Bundesländern übernimmt nämlich die Landesverwaltung die administrativen Tätigkeiten und verwendet dazu auch europäische Fördergelder.
Genau das erledigten bei uns die Verbände. Das tun sie sorgfältig und penibel. Diese Tatsache erkennt sogar der Landesrechnungshof an.
Zu den Forderungen im Einzelnen: Die Kritik an der unterdurchschnittlichen Zahl von Landeskindern im Freiwilligendienst ist hanebüchen und ein sehr durchsichtiger Versuch, mittels einer Quote die Zahl der Plätze zu kappen. Führten wir aber eine Quote ein, blieben schätzungsweise zwei Drittel der Plätze unbesetzt.
Ungeachtet dessen wäre eine Landeskinderquote das absolut falsche Signal, das alle Bemühungen um Transparenz und Durchlässigkeit in Erst- und Berufsausbildung torpediert. Wir tun derzeit alles, um unsere Universitäten durchlässiger zu machen. Wir finanzieren Austauschprogramme für Schulen. Aber unsere Freiwilligendienste sollen wir mittels einer Landesquote reduzieren, indem wir die Zahl der FÖJ-Teilnehmer aus anderen Bundesländern begrenzen? Abgesehen von einem zusätzlichen ver
waltungstechnischen Aufwand sollte diese Kleinstaaterei endgültig der Vergangenheit angehören. Sie ist altmodisch und überholt. Da Statistiken über die Zahl derjenigen fehlen, die nach Ende des Freiwilligenjahres in Schleswig-Holstein bleiben und hier Steuern zahlen, entbehrt sie auch jeder sachlichen Grundlage.
Die Debatte geht allerdings weiter. Der Landtag sollte sich keineswegs vorschreiben lassen, was sich ein armes Land politisch leisten sollte - von niemandem! Ansonsten könnten wir hier die Türen absperren und den Landtag verlassen.
(Beifall bei SSW, der LINKEN, vereinzelt bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Die Kritik des Landesrechnungshofs ist nicht stichhaltig: Denn eine Kürzung, wie sie jetzt auf den Tisch gelegt wurde, kommt nicht in Frage; weder die Streichung von Stellen noch Abstriche an der Qualität und Professionalität.
Noch kurz zu Ihrem Antrag: Das mag alles wünschenswert sein, aber ich glaube, es geht jetzt in erster Linie darum, dass wir unsere Kräfte bündeln, um die 150 Plätze zu erhalten und ordentlich auszustatten. Das andere kann dann später kommen.
Es liegen jetzt Wortmeldungen für Dreiminutenbeiträge vor. Das Wort hat zunächst Frau Kollegin Sandra Redmann von der SPD-Fraktion.
Aber zu dem, was eben von Ihnen vorgetragen wurde, muss ich noch ein paar Sätze sagen. Stichwort Schuldenbremse. Wenn wir die Debatten in den letzten Wochen hier verfolgt haben, wird klar: Für jeden Unfug und für Ihr Klientel ist Geld da - im
mer und ausreichend. Das wird noch nicht einmal im Ansatz minutenlang diskutiert. Aber hier wird um jeden Euro gefeilscht, bei etwas, was einen gesellschaftlichen Mehrwert hat, der in einer Summe gar nicht auszudrücken ist. Das finde ich sehr enttäuschend.
Im Übrigen haben wir das nicht nur in der Opposition gesagt und getan, sondern wir haben das auch in der Regierungszeit und innerhalb der Großen Koalition gemacht. Uns ist es zu verdanken, dass in dem Bereich nicht mehr gekürzt wurde.
Ich darf auch daran erinnern - neben den Zitaten, die eben gebracht wurden -, dass es die FDP war, die bei den letzten Haushaltsverhandlungen für das FÖJ über 300.000 € mehr gefordert hat.
Diese ganzen Erklärungen sind mit einmal aufgrund der Schuldenbremse nichts mehr wert, wobei im gleichen Atemzug Millionen für andere Dinge ausgegeben werden, für die man es nicht nachvollziehen kann.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN - Zuruf des Abgeord- neten Wolfgang Kubicki [FDP])
Zum Stichwort „alle Stellen erhalten“: Ich frage mich, wie die Regierungsfraktionen und das Ministerium eigentlich dazu kommen, die 150 Stellen als gegeben darzustellen. Das Recht haben Sie gar nicht. Entscheidend ist doch: Wenn die Verbände nicht ausreichend Geld haben, werden die 150 Stellen nicht erhalten werden können. Da können wir im Ausschuss hundertmal unter den einzelnen Fraktionen diskutieren. Das haben nicht die Fraktionen zu entscheiden. Das ist eine ganz andere Grundlage und eine ganz andere Diskussion. Ich hätte mir gewünscht, die Landesregierung hätte das vorher erkannt und nicht einen Tag vorher eine Presseerklärung gemacht, sondern sich erst einmal mit den Verbänden hingesetzt. Das wäre anständig gewesen.
Mit den Verbänden hätte gemeinsam die Diskussion geführt werden müssen: Was gibt es für Möglichkeiten, und könnt Ihr eventuell in dem und dem Bereich eventuell noch etwas erbringen?
den soll, bin ich gespannt, wie das aussehen soll. Ich sehe zukünftig bei Vattenfall, E.ON oder RWE Dea, dass sie sich FÖJ-ler einkaufen. Dann haben wir in unserem Land genau das, was wir eigentlich nicht haben wollten.
Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Kollegen Andreas Tietze von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Verehrtes Präsidium! Meine Damen und Herren! Ich habe mich in dieser Debatte zu Wort gemeldet, weil ich tatsächlich die Wortbeiträge aus der CDUund FDP-Fraktion nicht verstehen kann. Das, was Sie hier tun, ist ökonomischer Unsinn. Ich will Ihnen auch begründen, warum. Sie haben eine Kabinettsklausur in Husum durchgeführt, Herr Ministerpräsident, und wir lesen in der Presse, Tourismus steht bei Ihnen an erster Stelle oder ist zumindest ein wichtiger Zukunftsbereich. Diese Wertschöpfungskette, die die jungen Leute durch das Freiwillige Ökologische Jahr im Tourismus schaffen, kann man gar nicht hoch genug schätzen. Ich weiß nicht, ob Sie mal eine Wattwanderung mitgemacht haben und ob Sie mal gesehen haben, was da passiert. Das ist nämlich aktives Marketing. Wer das mitgemacht hat und wieder nach Hause zurückfährt, erzählt seinen Nachbarn davon. Das muss man heute als Marketingstrategie teuer einkaufen. Das heißt Guerilla-Marketing.
Wenn Sie es tatsächlich ernst meinen, dass Sie das Welterbe schützen wollen und wir uns in diesem Haus einig sind, dass Sie Geld in die Hand nehmen, um Hochglanzbroschüren zu drucken, und dann das, was drinsteht, nicht in den Tourismusorten stattfindet, dann ist das eine Mogelpackung. Sie reißen hinten ein, was Sie vorn aufbauen. Das halte ich für eine völlig verfehlte Wirtschafts- und Tourismuspolitik.
Herr Kollege Tietze, wie kommen Sie eigentlich darauf, dass das, was Sie eben beschrieben haben, nun alles in Gefahr gerät?