Ich wünsche mir, dass wir uns durchaus auch auf europäischer Ebene über gemeinsame Standards für die Unterbringung von Flüchtlingen verständigen. Ich weiß, dass das Wort Anreize immer gleich zu großem Erschrecken führt, weil es immer den Eindruck erweckt, die ließen sich anlocken durch unsere Leistungen. Aber natürlich ist auch ein Grund, warum Flüchtlinge durchaus den Wunsch haben, nach Deutschland zu kommen, dass wir hier andere und bessere Leistungen gewähren als andere europäische Länder. Insofern finde ich die Debatte absolut legitim, sich auf europäischer Ebene darauf zu verständigen, ob wir nicht auch eine bessere Verteilung darüber hinbekommen, dass wir dort die Standards einigermaßen anpassen. Das heißt übrigens sehr bewusst: nicht die Standards auf dem niedrigsten Niveau. Das muss auch völlig klar sein. Aber wir können uns auch nicht an dem höchsten Niveau orientieren, das wir hier in Deutschland im Moment bieten. Damit meine ich nicht anerkannte Flüchtlinge - das ist eine andere Debatte -, sondern ich rede über den Zeitraum bis zur offiziellen Anerkennung. Ich glaube, da muss man auch über bestimmte Standards reden.
Ich weiß, dass wir in der Debatte immer eine etwas schwierige Situation haben, weil wir auf der einen Seite, in einem politischen Lager, zu dem ich mich auch zähle, im Moment viele Leute haben, durch die auch großartige Forderungen das Licht der Öffentlichkeit erblicken, die aber auch Punkte vorschlagen, die vielleicht in der Praxis gar nicht so gut umzusetzen sind. Ich finde, darauf sollten wir bei der Dimension, die dieses Thema hat, vielleicht zukünftig nicht unbedingt den größten Schwerpunkt legen.
Ich würde mir aber umgekehrt auch wünschen, dass sozusagen auf der anderen Seite des politischen Lagers nicht jeder Vorschlag, der gemacht wird, um den Zuzug zu begrenzen, immer sofort in einer Art und Weise in Bausch und Bogen abgelehnt wird, dass wir überhaupt keine vernünftigen Debatten mehr in solchen Themenbereichen führen können.
Denn im Moment merken wir ja dadurch, dass dieses Thema immer virulenter wird, dass plötzlich Debatten, die vor vier Wochen noch völlig undenkbar erschienen, nach zwei Wochen von einem politischen Lager geführt werden und plötzlich im linken politischen Lager - so nenne ich es einmal nach vier Wochen auch diskutiert werden, weil man merkt, dass man an bestimmte Grenzen kommt.
- Na ja, ich nenne einmal das, was der Ministerpräsident zu den Ergebnissen des Flüchtlingsgipfels gesagt hat und dem Sie morgen zustimmen wollen. Ich erinnere mich an Debatten vor einigen Monaten, wo Sie das alles noch in Bausch und Bogen abgelehnt haben.
Ich nenne da bewusst auch sogenannte Transitzonen. Ich kenne natürlich viele gute Argumente, die da gebracht werden und die lauten: Das ist auch nicht der Schlüssel zur Lösung. - Aber ich finde schon, dass diejenigen, die das in Bausch und Bogen ablehnen, mehr machen müssen als nur auf die Gesetzeslage hinzuweisen und zu sagen: Man kann ja die Leute auch jetzt schon abschieben, dafür brauchen wir gar keine Transitzonen. - Das wird auch nicht ausreichen. In Schleswig-Holstein ist die Stimmung vielleicht auch deswegen noch eine andere, weil wir anders als in Bayern eine deutlich bessere Steuerung der Flüchtlingsströme nach Schleswig-Holstein haben. Man darf nicht vergessen, dass es zwischen München und Salzburg überhaupt keinen geregelten Zugverkehr mehr gibt,
weil dort jeden Tag so viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Wie soll man denn vor Ort eine schnelle Prüfung durchführen und eine schnellere Entscheidung zu denjenigen durchführen, die absehbar kein Bleiberecht bekommen? Herr Ministerpräsident, in dem Punkt fand ich es ein bisschen schief zu argumentieren: Was soll denn mit den Syrern dort in den Transitzonen passieren? - Es geht doch darum, dass wir uns hierbei um diejenigen kümmern, die absehbar kein Bleiberecht haben. Da geht es ja nicht um Kriegsflüchtlinge, die hierherkommen. Die werden natürlich danach verteilt. Diese Transitzonen werden doch eingerichtet, damit man sich dort um diejenigen kümmert, die ohne Pässe hierherkommen, die aus sicheren Herkunftsländern hierher kommen und bei denen wir versuchen zu schaffen, dass sie so schnell wie möglich in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden können. Ansonsten werden wir doch mit den Zahlen nicht herunterkommen. Da kann die Transitzone eine Lösung sein.
Herr Kollege Kubicki, ich würde das ganz gern im Zusammenhang darstellen. Sie haben nachher die Möglichkeit, darauf zu reagieren.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Eine Frage, keine Bemerkung! - Dr. Kai Dolgner [SPD]: Die Frage nach dem rechtlichen Hintergrund hät- te ich jetzt auch nicht beantworten wollen!)
- Nein, Herr Dr. Dolgner ist auch nicht gefragt worden, aber das hindert ihn ja häufig nicht daran, trotzdem seine Meinung zu sagen.
Ich nenne ein zweites Beispiel, zu dem auch schnell und reflexartig gesagt worden ist: Ist das alles so umsetzbar, müssen wir das machen? Wir haben mit unserem Antrag auch auf eine Debatte reagiert, als wir gesagt haben: Wir wollen, dass die Menschen, die zu uns kommen, sich von Anfang an zu unserem Grundgesetz, zu unseren Werten in unserem Land bekennen, weil wir doch Akzeptanzprobleme bekommen, wenn wir solche Debatten führen wie: Lasst uns die Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen nach Ethnien und Religionen trennen. Darüber machen sich Menschen in Deutschland Sorgen oder haben logischerweise Angst davor, wenn diese Menschen herkommen und nicht akzeptieren, dass wir in Deutschland gewachsene Werte haben, dass wir ein Grundgesetz haben. Wir erwarten doch nicht von denen, dass die alle Artikel aus dem Grundgesetz aufzählen können. Das kann keiner von uns.
- Wozu hat denn Herr Gabriel, Ihr Parteivorsitzender, angefangen, Grundgesetze in arabischer Sprache in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu verteilen? - Weil er sich genau diesem Gedanken auch verpflichtet fühlt.
Es ist wichtig, dass wir wirklich von Anfang an auch dadurch, dass wir eben nicht trennen, diesen Menschen deutlich machen: Wenn ihr hier zu uns nach Deutschland kommt, wenn ihr euch auf Asylrecht beruft, wenn ihr euch darauf beruft, dass ihr aus Kriegsgebieten kommt, dann können wir doch guten Gewissens auch von euch - von diesen Men
schen - erwarten, dass ihr euch ohne Wenn und Aber zu unseren Grundregeln und zu unseren Werten bekennt. Was ist daran falsch? - Das erwarten die Menschen von uns, dass wir das tun.
Und deswegen freue ich mich auch darüber, dass im Moment auf Bundesebene genau dieser Punkt aus unserem Antrag auch außerhalb des politischen Bereiches ernsthaft diskutiert wird. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, appelliert: Flüchtlinge müssen frühzeitig über Gesetze und Ordnungen in Deutschland aufgeklärt werden. Das ist nicht damit getan, dass wir ihnen das Grundgesetz in die Hand drücken. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagt:
„Für diejenigen, die trotz eindeutiger Aufklärung nicht bereit sind, sich rechtstreu und gewaltfrei zu verhalten, sollte die Prüfung von Asylbegehren unter Ausschluss weiterer Rechtswege im Eilverfahren erfolgen. Nach negativem Bescheid muss die sofortige Abschiebung erfolgen.“
Von daher geht die Debatte genau in die Richtung, die wir vorgeschlagen haben. Wir erheben im Übrigen als CDU-Landtagsfraktion nicht den Anspruch, dass unsere Vorschläge der Weisheit letzter Schluss sind. Aber beteiligen Sie sich bitte -
Ich würde mich darüber freuen, wenn wir diese Debatte ernsthaft führen. Wir erwarten eine Achtung unseres Grundgesetzes: Religionsfreiheit, Gleichberechtigung von Frau und Mann - das haben wir uns über Jahrzehnte in unserem Land erkämpft. Ich möchte bewusst nicht, was von vielen formuliert worden ist: Wenn die Flüchtlinge hierherkommen,
ist das ja so positiv, weil sich unsere Gesellschaft verändert. Ich finde, wir haben ein Recht darauf, dass sich diejenigen genau an die Regeln anpassen, die wir hier in Deutschland haben, und nicht umgekehrt.
Die Vereinbarungen, die auf Bundesebene getroffen wurden, sind richtig: 670 € pro Flüchtling und Monat. Albanien, Montenegro und Kosovo werden als sichere Herkunftsstaaten definiert. Die Maßnahmen für schnellere Abschiebungen sind miteinander vereinbart; aus Brüssel haben wir schon einen Rüffel für unsere mangelnde Abschiebepraxis bekommen. Abweichungen von Baustandards sollen geregelt werden.
Herr Ministerpräsident, ich erwarte in dieser schwierigen Situation, dass Sie den Vereinbarungen, die dort im Bund getroffen worden sind, morgen unmissverständlich Ihre Zustimmung geben. Diese Vereinbarungen müssen schnellstmöglich umgesetzt werden, damit wir diese Situation regeln können. Ich erwarte auch -
Ich erwarte auch, dass die gleichen klaren Ansagen, die Sie immer von der Bundesebene einfordern, jetzt in Schleswig-Holstein unmissverständlich gegenüber den Kommunen gemacht werden.
Bei dem Gipfel, der hier stattgefunden hat, hat der Ministerpräsident den Kommunen am Anfang gesagt: Lassen Sie uns mal heute nicht über Geld sprechen. - Ich stelle mir nur einmal vor, stellen Sie sich einmal vor, am 24. September 2015 hätte Angela Merkel den Gipfel mit den Ministerpräsidenten eröffnet und gesagt: Lassen Sie uns mal nicht über Geld sprechen, das werden wir regeln.
- Nein, das hat sie nicht gesagt. Dort sind ganz klare Vereinbarungen getroffen worden, auf deren Umsetzung die Kommunen bis heute immer noch warten, Herr Ministerpräsident, und das macht unsicher.
Sie sind mit einer Erwartungshaltung dorthin gekommen und sind weggefahren mit der klaren Zusage, wie viel Geld es gibt. Das erwarten unsere Kommunen auch.
Ich frage mich, ob Sie im Moment in Ihren Parteien keine kommunalen Vertreter haben, denn die stehen im Moment konkret vor der Situation, dass sie jetzt ihre Haushalte aufstellen müssen.