Raum. Durch das Gesetz ist die zweisprachige Beschilderung an Landesgebäuden eingeführt worden, und auch der Kreis Nordfriesland hat an seinem Gebäude eine mehrsprachige Beschilderung vorgenommen. Auch was die Beschilderung an Bahnhöfen und die straßenverkehrsrechtliche Beschilderung angeht, hatte das Gesetz Erfolg. Die zweisprachigen Ortsschilder sind immer beliebter geworden, und seit Bestehen des Gesetzes ist immer öfter ein zweisprachiges deutsch-friesisches Ortsschild zu sehen.
An diesem Punkt will unser neuer Gesetzentwurf ansetzen. Es geht darum, die friesische Sprache noch besser nutzbar und sichtbar zu machen. Gerade die Sichtbarkeit einer Minderheitensprache und damit auch der Minderheit an sich ist ein wichtiger Kern europäischer Minderheitenpolitik. Was in der Bretagne, im Baskenland, in Kärnten, in der Lausitz oder auch in Südtirol völlig normal ist, ist bei uns noch nicht vorhanden.
Genau hier setzen wir an. Wir werden die zweisprachige wegweisende Beschilderung im nächsten und übernächsten Jahr umsetzen und so in diesem Bereich den europäischen Standard des Minderheitenschutzes erreichen. Das ist nicht trivial, sondern hier wird ein wichtiges Recht gewährt, das in mancher Region noch nicht erreichbar ist. Somit reihen wir uns in die Vorbilder ein, die zeigen wollen, dass ein gemeinsames Miteinander durchaus möglich ist.
Hierzu gibt es noch zwei Anmerkungen zu machen, damit keine Missverständnisse entstehen. Bei der zweisprachigen wegweisenden Beschilderung wird nicht eine Minderheit gegenüber den anderen Minderheiten bevorzugt. Die Minderheit der Sinti und Roma wünscht nicht, dass ihre Sprache im öffentlichen Raum genutzt wird, und das ist zu respektieren. Bei der dänischen Minderheit gibt es noch keine abschließende Haltung zu dieser Frage, sodass wir hier noch nicht solche Maßnahmen planen. Wenn so etwas kommen soll, dann muss es durch die Minderheit selbst gewünscht sein, und dies ist bei den Friesen der Fall.
Darüber hinaus setzen wir dies aber nicht nur um, um ausschließlich Minderheitenförderung zu betreiben, sondern wir sehen auch den Mehrwert, den diese Maßnahme beispielsweise für den Tourismus hat. In Nordfriesland wird man durch die zweisprachige Beschilderung noch besser auf ein absolutes Alleinstellungsmerkmal gestoßen, das es dann auch zu vermarkten gilt. Wenn man so will, trägt
diese Beschilderung letztendlich auch zu einer Verstetigung der wirtschaftlichen Entwicklung und zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei. Das Ganze gibt es für die Region zum Nulltarif, weil ja das Land die Beschilderung für die Kommunen übernimmt.
Im Friesisch-Gesetz wollen wir aber noch mehr spezielle Regelungen einführen, um auch im Verwaltungsbereich noch mehr Friesisch zu ermöglichen. So soll es eine Zielsetzung im Gesetz geben, die dazu führen soll, dass mehr Mitarbeiter friesisch sprechen können. Das Einstellungskriterium Friesisch soll schon im Vorwege abgefragt werden, wie es das Land ja auch schon tut, wie der Herr Ministerpräsident gerade erläutert hat. Das heißt, die Verwaltung soll sich schon vor einer Stellenausschreibung überlegen, ob eine zusätzliche Qualifikation „Friesische Sprachkenntnisse“ notwendig oder wünschenswert ist. Und dann soll entsprechend ausgeschrieben werden. Wir erhoffen uns von dieser Bestimmung, dass man nicht nur wie bisher das Recht hat, Friesisch als Einstellungskriterium nachzufragen, sondern dass man das dann auch vermehrt tut.
Wir wollen Artikel 10 Absatz 4 der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen landesrechtlich umsetzen. Hier geht es darum, dass Mitarbeiter auf Wunsch in dem Gebiet eingesetzt werden können, in dem ihre friesische Sprachform gesprochen wird. Das macht nicht nur Sinn für den einzelnen Mitarbeiter, sondern auch Sinn für die jeweilige Verwaltung oder auch für die jeweilige Schule. Ein Lehrer, der eine bestimmte friesische Sprachform unterrichten kann, sollte logischerweise am besten dort unterrichten können, wo diese Sprachform gesprochen wird. Die Bestimmung aus der Sprachencharta ist aber weder bei der Bevölkerung noch bei den Behörden oder den Schulen hinlänglich bekannt, sodass es Sinn macht, sie in Landesrecht mit aufzunehmen.
Men i sammenhæng med frisisk-loven ændrer vi også en lovbestemmelse der har en særlig betydning for det danske mindretal. I de sidste år har medlemmer af det danske mindretal flere gange stået foran særlige vanskeligheder når de var anvist på at fremvise papirer der var skrevet på dansk.
Hatte man dänischsprachige Unterlagen, die beispielsweise beim Lohnsteuerjahresausgleich mit berücksichtigt werden sollten, dann konnte es vorkommen, dass diese durch den Steuerbürger kostenpflichtig übersetzt werden mussten. Da Angehörige
der dänischen Minderheit besonders häufig zur Arbeit nach Dänemark pendeln, war dies ein besonderes Ärgernis. Dieses Ärgernis zog sich durch alle möglichen weiteren Lebensbereiche.
Deshalb ist es ein riesiger Schritt für die Menschen, dass nun nicht mehr kostenpflichtige Übersetzungen beigebracht werden müssen, wenn man im Landesteil Schleswig Urkunden und Belege in dänischer Sprache, in Nordfriesland und auf Helgoland in friesischer Sprache und im ganzen Land auf Niederdeutsch einreicht. Das erleichtert im Grenzland die deutsch-dänische Zusammenarbeit, und es ist auch ein Zeichen dafür, dass alle Minderheitenund Regionalsprachen in Schleswig-Holstein gefördert werden.
Ich bin mir auch sicher, dass dies nicht zu einem riesigen Verwaltungsaufwand führen wird. Erst einmal bin ich ohnehin der Überzeugung, dass die meisten Verwaltungen und Behörden „ihre“ Regional- und Minderheitensprachen verstehen und sprechen können. Wenn dies nicht der Fall ist, kann man über eine kluge Personalplanung kurzfristig Abhilfe schaffen.
Aber alles ist nichts, wenn wir uns nicht auch um den Spracherwerb bei den Kleinsten kümmern. Wenn de lütten Kinners en Sprook lernen doot un se dann ok noch gode Berufschancen in de Verwaltung hebbt, dan geiht dat in´t ganze Land bargop mit de Sproken. Un dor wüllt wi jo ok hin!
Meine Damen und Herren, deswegen wollen wir auch das Kindertagesstättengesetz ändern. In Zukunft sollen auch Angebote zu den Minderheitenund Regionalsprachen in die Zielsetzung des Kindertagesstättengesetzes aufgenommen werden. Damit sollen in Zukunft Sprachbildungsmaßnahmen in den Minderheiten- und Regionalsprachen gefördert werden.
Bisher war alles auf Freiwilligkeit angelegt, und es gab keine explizite Förderung in diesem Bereich. Wer aber will, dass unsere heimischen Sprachen belebt werden, der muss auch Anreize setzen. Mit diesem Passus, der dann in die jährlichen Erlasse zur Förderung der Betriebskosten und Sprachbildungsmaßnahmen der Kindertagesstätten Eingang finden wird, wird eine neue Förderung für die Regional- und Minderheitensprachen eröffnet.
Das heißt, dass auf der einen Seite klassische zusätzliche Sprachangebote in friesischer, niederdeutscher oder auch dänischer Sprache gefördert wer
den, aber ich könnte mir auf der anderen Seite auch vorstellen, dass eine solche Gesetzespassage auch eine Förderung von Mediatoren in Kindergärten für die Kinder der Sinti und Roma zulässt - ähnlich wie bei den Projekten in den betreffenden Schulen.
Im Übrigen wäre dies auch eine Ergänzung zu den Angeboten, die wir schon an den Schulen haben. Wir haben eine stabile Zahl an Schülern an den dänischen Schulen. Wir haben seit einigen Jahren wieder steigende Zahlen von Schülerinnen und Schülern, die am Friesischunterricht teilnehmen.
Hier wird sich in Zukunft auch das gerade eben angesprochene Konzept im Handlungsplan Sprachenpolitik auswirken, durch das die Schulen ihr Profil, was Friesisch angeht, schärfen sollen und wo es darum geht, eine feste Zusammenarbeit zwischen Grundschulen mit Friesischunterricht und ihren weiterführenden Schulen zu etablieren.
Die Insel Föhr ist hierfür ein leuchtendes Beispiel, aber ich weiß auch, dass auf dem nördlichen Festland in Nordfriesland und auf der Insel Sylt entsprechende Ideen umgesetzt werden. Auch auf Helgoland denkt man über eine Ausweitung des Friesischunterrichts nach. Der wurde an den dänischen Schulen im Übrigen schon ausgeweitet, worüber wir uns als SSW besonders freuen. Nimmt man dann noch die vielen Schulen im ganzen Land mit Niederdeutschunterricht dazu, wird das Ganze eine runde Sache.
Unser Ziel ist es, die Sprachenvielfalt, wie es auch unsere Verfassung vorgibt, in den Kindergärten sowie in den Schulen zu fördern und auch im Berufsleben zu verankern. Nur wenn diese Bereiche für die Sprachenvielfalt offenstehen, haben wir eine reelle Chance, die Sprachenvielfalt in unserem Land als etwas Prägendes zu erhalten.
Ik seed foole tunk, dåt jam me tuhiird hääwe. Än ik wörd fernäid weese, wan we näist iir dåtheer gesätse-påk gemiinsom beslite wörden. Diesmal gibt es eine Übersetzung: Ich habe mich bei Ihnen ganz herzlich fürs Zuhören bedankt. Das haben Sie vielleicht schon geahnt. Ich würde mich freuen, wenn wir dieses Gesetzespaket im nächsten Jahr alle gemeinsam beschließen würden. - Vielen Dank.
Herr Abgeordneter Harms, gestatten Sie mir, dass ich Ihnen ganz herzlich für diese real vorgetragene
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, Sie haben mir gerade meinen Einstiegssatz weggenommen. Aber ich versichere dem Stenografischen Dienst, dass er es bei mir etwas einfacher haben wird. Obwohl ich den Wahlkreis mit den wahrscheinlich meisten Minderheitensprachen vertrete, spreche ich leider keine davon. Teilweise verstehe ich sie ganz gut. Ich möchte meinem Umfeld ersparen, sich meine Versuche anzuhören.
(Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Oh! - Jette Waldinger-Thiering [SSW]: Wir hätten auch zugehört!)
Schleswig-Holstein ist sicherlich kein reiches Land, finanziell betrachtet, aber es ist reich an Sprachen. Jeder, der neu nach Schleswig-Holstein kommt, erfährt das sehr schnell. Der eine oder andere muss ganz schön lange grübeln, und es erfordert häufig einige Erklärungen, bis man die Vielfalt und Komplexität unserer Minderheitensprachen wirklich durchdrungen hat. Nicht nur Hochdeutsch und regionale Dialekte wie in den meisten anderen Bundesländern prägen unser Land, sondern Niederdeutsch und die Sprachen der Minderheiten, Friesisch, Dänisch und seit Kurzem auch Romanes. Romanes kommt hierbei - der Kollege hat es bereits gesagt - eine Sonderrolle zu, die von der Minderheit der Sinti und Roma so durchaus gewünscht ist und von uns entsprechend akzeptiert wird. Die Sprachen bringen eine besondere Vielfalt in das Leben und insbesondere in das kulturelle Leben. Sie machen es bunt, und sie machen es auch interessant.
Schleswig-Holstein hat die Förderung seiner Minderheitensprachen in den vergangenen Jahrzehnten stets gepflegt, was durchaus nicht immer mit gleichbleibender Intensität der Fall war. Manchmal standen andere Dinge im Vordergrund. Aber so wie sich der Herr Ministerpräsident sehr gern an das Jubiläum des FriiskFunk vor einiger Zeit erinnerte,
erinnere ich mich sehr gern an den Sendebeginn des FriiskFunk 2010, den der damalige Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ganz maßgeblich mit initiiert hat. Er ist auf der Insel Föhr mittlerweile ein fester Bestandteil der Medienlandschaft geworden.
Die Minderheitengremien werden auch in unserem Landtag unter dem Vorsitz des Landtagspräsidenten und unter Mitwirkung der Minderheitenbeauftragten intensiv wertgeschätzt. Die Themen, die die Minderheiten bewegen, werden dort intensiv diskutiert, gerade was die Förderung der Sprachen anbelangt.
1998 hat Deutschland die Europäische Sprachencharta und die Sprachencharta der Regional- und Minderheitensprachen ratifiziert. Sie gelten seitdem für ganz Deutschland. Gerade die Förderung des Spracherwerbs in Kindergärten und Schulen nimmt hierbei einen sehr großen Raum ein.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat gemäß ihres Koalitionsvertrags im Frühsommer den Handlungsplan Sprachenpolitik beschlossen.
Er enthält neben der Entwicklung der Sprachenpolitik die Beschreibung des aktuellen Zustands und zahlreiche Beispiele weiterer geplanter Maßnahmen. Dazu zählen die Ausbildung von Lehrern, die die Minderheitensprachen, insbesondere Friesisch, an Bildungseinrichtungen zukünftig lehren können. Der Handlungsplan weist auch auf die Pflege und Bedeutung des Niederdeutschen und - das ist mir auch wichtig - auf die gute Arbeit und den Erhalt der Zentren für Niederdeutsch in Leck und in Ratzeburg hin.
Auch der heute eingebrachte Gesetzentwurf zur Umsetzung des Verfassungsauftrags zur Stärkung der autochthonen Minderheiten gehört zu diesem Handlungsplan. Wir verstehen dies - der Kollege Harms hat es ausgeführt - als Fortsetzung unseres Minderheitengesetzes und unseres Friesisch-Gesetzes.
Ich sage an der Stelle aber auch: Der Handlungsplan ist für den Erfolg beziehungsweise die Anwendbarkeit des Gesetzentwurfs von zentraler Bedeutung, denn wir alle wissen sehr wohl - das wissen wir auch beim Friesisch-Gesetz -: Das eine ist, was man ins Gesetz hineinschreibt, aber wenn man es mit Leben füllen will, muss man auch Menschen haben, die in der Lage sind, dies zu sprechen. Wir alle wissen, dass es, wenn wir nach Nordfriesland schauen, nicht mehr so viele Menschen gibt, die im
öffentlichen Raum Friesisch sprechen können. Es wird also durchaus eine große Herausforderung sein, ein genügendes Maß an Qualifikation herzustellen.