Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Günther, wenn ich Ihre Mutter wäre, würde ich jetzt sagen: So richtig um die Sache ging’s dir nicht, min Jung, aber eine gute Bewerbungsrede gegenüber dem Liebing hast du hier gehalten.
Ich halte es da eher mit dem Hinweis von Herrn Kubicki, für den ich sehr dankbar bin. Ich hoffe, wir beherzigen das in Zukunft noch öfter. Ich glaube, in der Tat wollen die Menschen draußen so etwas wie das, was wir gerade gehört haben, nicht mehr hören. Es kommt uns allen doch aus den Ohren raus.
Ich halte es da mehr mit dem Faktencheck. Ich weiß, Fakten mögen Sie nicht so gern hören. Aber nun müssen Sie auch mir 17 Minuten lauschen. Ich beginne etwas spannend mit einem Rätsel. Vielleicht lösen Sie es ja selbst.
Die einen verlängern die Lebensarbeitszeit von Polizeibeamtinnen und -beamten, die anderen heben das Einstiegsamt von A 7 auf A 8. Die einen streichen die Jubiläumszulage, die anderen führen sie wieder ein und erhöhen nach jahrelangem Stillstand die Erschwerniszulage gleich mit.
Die einen schaffen während ihrer Regierungszeit keine einzige Personalstelle mehr bei der Landespolizei, es waren am Ende ihrer Regierungszeit sogar 74 weniger, die anderen schaffen im selben Zeitraum mehr als 400 neue Planstellen. Die einen
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Bei den einen stei- gen die Einbrüche, bei den anderen gehen sie zurück! - Zurufe SPD)
- Darauf komme ich gleich! Herr Dr. Garg, ich ziehe diesen Punkt vor. Jetzt wird es ganz spannend: Während der Regierungszeit der einen stieg die Einbruchsquote um 23 %,
Um noch einmal auf den Anfang zurückzukommen: Die einen fordern eine Dezentralisierung der Landespolizei, die anderen wundern sich über diese Forderung schon sehr, denn die Landespolizei ist mit ihren sieben Flächendirektionen, der Polizeidirektion für Aus- und Fortbildung, dem Landeskriminalamt und dem Landespolizeiamt dezentral organisiert.
Wir wollen Transparenz, und ich danke dem Innenminister an dieser Stelle sehr für seinen Mut, sehr frühzeitig, offen und transparent darzulegen, wie die Lage im Land ist. Denn wenn wir uns dem Thema und in Verantwortung für die Menschen unseres Landes wirklich angemessen verhalten wollen, dann müssen wir aufhören, alten Reflexen zu folgen, die ihre Zeit eigentlich überdauert haben und die hier niemand im Land mehr hören will.
Ich habe mithilfe des Kollegen Dolgner ein bisschen im Archiv kramen dürfen. 1983 - das Jahr, in dem ich eingeschult wurde - zählte die Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein 9.376 Einbruchstaten. Diese Zahl stieg bis 1986 auf fast 10.000 Taten pro Jahr an.
Einige Jahre später, nämlich 1993, titeln die Zeitungen - das kann ich gern noch einmal zeigen - mit denselben Schlagzeilen wie heute: „Einbrecher treiben die Statistik in die Höhe“ oder „Einbrecher haben Hochkonjunktur“. Denn es waren damals sage und schreibe 11.300 Einbruchstaten in einem Jahr.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir dürfen jetzt nicht Äpfel mit Birnen vergleichen! - Weite- re Zurufe CDU und FDP)
Wir wollten uns doch auf Fakten beschränken und uns wirklich sachlich mit den Dingen auseinandersetzen.
Es ist 13 Jahre her, dass schon der damalige Innenminister dazu aufgerufen hat, mit Konzepten vor Ort hinzusehen und zu helfen, nachbarschaftliche Initiativen zu schaffen, um den Schutz vor Einbrüchen zu erhöhen. Seinerzeit rührte er die Werbetrommel für die Einrichtung kriminalpräventiver Räte auf kommunaler Ebene, weil der Innenminister damals richtigerweise erkannt hatte, dass diesem Phänomen am besten vor Ort begegnet werden kann.
Schon damals fielen übrigens die Reaktionen der Opposition nach dem altbekannten Muster aus: Da wurde erst einmal der Minister pauschal kritisiert, alles sei konzeptlos, es liege schlichtweg nur an der mangelnden Polizeipräsenz: Wir brauchen eine stärkere Polizei! - Das kommt uns heute alles sehr bekannt vor.
Heute heißt es in den Schlagzeilen, die Steigerung der Einbruchszahlen um 50 % - die 50 % hat Herr Günther vor zwei Wochen offenbart; ich weiß zwar nicht, worauf er sich dabei bezieht; er hat einfach einmal nur die Zahl 50 % in den Raum geworfen sei ein klarer Beleg für die mangelhafte Personalausstattung bei der Polizei.
(Klaus Schlie [CDU]: Wer hat das gesagt? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wer hat das über- haupt gesagt, das wird hier dauernd in den Raum gestellt! - Zuruf CDU: Belegt das doch einmal! - Weitere Zurufe)
Ich bin noch nicht so lange im Parlament wie Sie, aber ich weiß, dass ich das nicht mehr hören kann und die Bürgerinnen und Bürger des Landes auch nicht mehr. Das sind Scheinargumente, die haben mit Sachlichkeit nichts mehr zu tun.
(Vereinzelter Beifall SPD - Daniel Günther [CDU]: Das sind Unwahrheiten, nichts ande- res! - Zuruf Volker Dornquast [CDU] - Mar- tin Habersaat [SPD]: Guten Morgen, Herr Dornquast!)
Unsere Verantwortung gegenüber den Menschen unseres Landes beginnt damit, genau diese Faktenlage transparent zu machen - ohne jede Manipulation. Wohnungseinbruchdiebstahl, ob versucht oder vollendet, ist eine schwere Straftat, die nach dem Strafgesetzbuch mit einer Strafe bis zu zehn Jahren geahndet wird. Die sogenannte TKÜ, die Überwachung der Telekommunikation, ist bei Bandenkriminalität bereits möglich. Seit Jahrzehnten ist dieses Kriminalitätsphänomen eines, das sich ambivalent entwickelt. Während wir Anfang der 90erJahre in Schleswig-Holstein bis zu 11.000 Taten in einem Jahr zu beklagen hatten, sank diese Zahl zuletzt bis auf 7.500 Taten ab. Zwischen 2012 und 2014 blieb sie dann konstant und steigt jetzt wieder an.
Man muss jetzt auch ehrlich bleiben: Wie hoch und wie viel sie ansteigt, wissen wir noch gar nicht. Die PKS ist noch nicht veröffentlicht.
Der Minister hat eine Annahme veröffentlicht. Richtigerweise hat er das sehr frühzeitig getan, damit wir eben nicht im März möglicherweise alle aus den Puschen kippen. Er hat sehr frühzeitig davor gewarnt, dass wir durch die steigenden Vorgangszahlen - und nichts anderes hat er gesagt - einen Anstieg zu erwarten haben. Aber wir wissen nicht, wie hoch der sein wird.
Und schon sagt Herr Günther, wir hätten einen Anstieg von 50 %. Herr Kubicki, wenn ich auf Ihre Aufforderung von vorhin zurückkomme: Wo hat das was mit Sachlichkeit zu tun?
Meine Damen und Herren, das Wort habe jetzt ich, und ich frage die Kollegin Simone Lange, ob sie eine Bemerkung des Abgeordneten Kubicki gestattet.