Ich bin deshalb verwirrt, weil ich den Worten des Ministers gelauscht und seine Presseveröffentlichung zur Kenntnis genommen habe. Wollen Sie uns im Hohen Haus erklären, dass der Minister mit seiner Einschätzung der Zahlen zu hoch gegriffen hat und wir erwarten dürfen, dass es weniger werden wird?
Wenn ich heute die Erklärung bekomme, er geht davon aus, dass wir 8.456 Wohnungseinbruchdiebstähle zu verzeichnen haben werden - davon geht er aus -, dann muss ich mich darauf doch verlassen können. Oder wollen Sie mir sagen, ich müsse jetzt warten, bis die Statistik da ist und wir dann feststellen können, es sind 8.456?
Warum hat er denn dann heute einen Bericht gegeben? Dann lasst uns doch nach Hause gehen, und dann warten wir, bis der Bericht da ist. - Das ist unglaublich, so etwas.
- Nein, Herr Kubicki, aber der Unterschied liegt darin, dass wir eine Polizeikriminalstatistik haben, die jedes Jahr im März veröffentlicht werden wird. Da stehen die absoluten Fakten drin und der können wir dann auch entnehmen, wie hoch die Aufklärungsquote tatsächlich ist. Aber es ist doch richtig, dass er frühzeitig davor warnt, wenn er feststellt,
dass wir im Vorgangssystem - ein Vorgangssystem ist nicht vergleichbar mit einer Kriminalstatistik diese Zahlen haben.
Und Sie können nicht den Anstieg der Vorgänge mit der Kriminalstatistik des Vorjahres in einen Vergleich setzen. Das ist schlichtweg nicht richtig. Aber es ist richtig, eine Frühwarnung zu geben. Deshalb ist es richtig, was der Minister gesagt hat, und ich dementiere das nicht, aber ich warte auch ein Stück weit die Kriminalstatistik ab.
Ich möchte gern weiter fortfahren. - Neben dem Anstieg der Wohnungseinbruchszahlen beklagen wir derzeit nämlich ebenfalls eine geringe Aufklärungsquote. Auch das ist keine ganz neue Erkenntnis. Warum ist die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen im Vergleich zu anderen Straftaten eigentlich so niedrig, generell niedrig? Auch hier lohnen ein genauerer Blick und eine sachliche Analyse. Die meisten Straftaten werden durch Hinweise von Opfern und Zeugen aufgeklärt. In der Regel gibt es bei Wohnungseinbruchdiebstahl keine Zeugen, und Tatortspuren sind immer weniger vorhanden, weil die Täterinnen und Täter entsprechende Vorkehrungen treffen, keine Spuren zu hinterlassen. Arbeiten die Täter überregional und in bandenmäßigen Strukturen, kann ich auch im Nachhinein keine Hinweise im näheren Umfeld finden.
Wer also behauptet, die geringe Aufklärungsquote sei einem Mangel an Polizisten geschuldet, der irrt. Internationale Studien belegen, dass mit einem Mehr an Polizei nicht automatisch ein Mehr an Aufklärung einhergeht.
Aber dort, wo sich Projekte vor Ort mit sozialen Strukturen auseinandersetzen, wo sie vor Ort auch mit Sicherheitskonzepten arbeiten, da steigt die Aufklärungsquote und auch das Sicherheitsempfinden der Menschen.
Auch dazu möchte ich etwas sagen. Das Sicherheitsempfinden der Menschen ist subjektiv, und es entwickelt sich paradoxerweise nicht parallel zum objektiven Tatgeschehen. Meistens ist es nämlich dort am geringsten ausgeprägt, wo auch die Kriminalitätsraten am geringsten sind. Auf der anderen Seite ist das Sicherheitsgefühl der Menschen in städtischen Ballungsgebieten, nämlich dort, wo es auch höhere Kriminalitätsraten gibt, komischerweise höher. Dieses Paradoxon haben auch Wissenschaftler seit Jahren nicht wirklich erforschen können.
Das Sicherheitsgefühl wird aber beeinflusst durch das Vertrauen, das die Menschen in staatliche Institutionen haben. Es gilt hier also, das Vertrauen in unsere Landespolizei zu stärken. Angesichts Ihrer Aussagen - jetzt ist Herr Günther nicht da; doch, da ist er - und Ihrer Pressemitteilungen im Vorwege bin ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob Sie dieses Vertrauen in unsere Landespolizei auch ernsthaft setzen.
Wir haben dieses Vertrauen in unsere Landespolizei, und ich habe mich ganz besonders heute Morgen über einen Artikel im schleswig-holsteinischen Zeitungsverlag gefreut. Der Dekan des Fachbereichs der Polizei der Verwaltungsfachhochschule belegt das auch, indem er sagt, unsere Polizei sei gut ausgestattet, gut aufgestellt und habe eine sehr gute Ausbildung. Wir haben keinen Mangel an Polizeibeamten. Natürlich kann mehr immer besser sein, und daran werden wir auch weiter arbeiten. Das sagen wir in aller Deutlichkeit. Wir sagen nicht, dass das Ende der Fahnenstange beim Ausbau der Personalstellen sozusagen schon erreicht ist. Aber wir sagen auch: Wir können wirklich großes Vertrauen in die großartige Arbeit der Landespolizei haben und fühlen uns durch diese Aussagen des Dekans auch bestätigt.
Unsere Landespolizei beweist nämlich ein um das andere Mal, dass sie schnell und zielorientiert Problemlagen erkennt und konsequent angeht. Sie ist ständig zu Organisationsentwicklungen bereit. Trotz der erheblichen Belastungen des letzten Jah
res hat die Landespolizei ihre Aktivitäten zur Bekämpfung des Einbruchdiebstahls sogar noch ausgeweitet. Es wurde dort mehr Personal eingesetzt - der Minister hat es gesagt -, 27 Planstellen wurden umgesteuert. Und das täterorientierte Landeskonzept zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls wurde erstmals auch im Sommer fortgesetzt. Die Zusammenarbeit mit Hamburg wurde verstetigt und intensiviert, und es gibt mittlerweile einen regelmäßigen Informationsaustausch mit allen Bundesländern. Das war übrigens etwas, was vor zwei Jahren Bundesinnenminister de Maizière selbst angeschoben hat. Das muss man an der Stelle anerkennen.
Deshalb gilt unser Dank allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und allen Beschäftigten in der Landespolizei, die das insbesondere in den letzten Monaten wirklich mit herausragend großer Einsatzbereitschaft gemeistert haben. Wir vergessen auch nicht, dass auch unter ihnen Opfer von Wohnungseinbrüchen sind.
Soweit zu den Fakten. Es gibt auch einige Mythen - leider. Zwei davon will ich noch ansprechen. Ein Mythos: Mehr Streifenpolizisten schrecken Einbrecher ab. Das sieht der BKA-Chef übrigens anders. Er sagt, auch wenn die Zahl der Streifenwagen verdoppelt würde, hätte das keinen spürbaren Einfluss auf Einbruchs- und Aufklärungsquote. Im Zweifel wartet der Täter, bis der Streifenwagen vorbeigefahren ist. Dies bestätigen im Übrigen auch internationale Studien. Der beste Einbruchsschutz ist immer noch die mechanische Sicherung an Türen und Fenstern sowie aufmerksame Nachbarn. Zwei bis drei Minuten würden Täter es versuchen, und im Falle der Erfolglosigkeit von dem Versuch ablassen.
Mythos 2: Banden aus Osteuropa sind für die Mehrzahl der Einbrüche verantwortlich. Das ist eine wirklich interessante Behauptung angesichts der Tatsache, dass mehr als 85 % der Einbrüche ja tatsächlich unaufgeklärt sind. Fakt ist nämlich, dass es die eine Gruppe der Täter gar nicht gibt.
- Auch das kann ich Ihnen gleich noch erklären, vielleicht stellen Sie mir noch eine Zwischenfrage, dann habe ich die Chance, das noch zu erklären.
Die eine Tätergruppe der Einbrecher gibt es nämlich gar nicht. Nach Analyse des BKA sind ungefähr 28 % tatsächlich überregional tätige Einbrecher. Jedoch - und das muss man sich auch einmal vor Augen führen - gehen circa 32 % der Einbrüche auf das Konto der sogenannten Beschafferkriminellen. Das sind in der Regel Drogenabhängige, die sich durch Einbrüche ihre Drogen finanzieren.
Frau Kollegin, können Sie bitte diese Zwischenfrage, die Sie vom Herrn Kollegen Kubicki erwartet hatten, einmal mir beantworten? Das würde mich brennend interessieren.
Herr Kubicki hat eben Bezug darauf genommen, das 90 % der Täter ausländische Täter seien oder vom Balkan kämen - ich weiß nicht, ob er das so oder so gesagt hat. Er bezieht sich damit auf eine Aussage des Ministers. Das muss man in der Tat auch unter die Lupe nehmen. Denn der Minister hat Bezug genommen auf die sogenannten Tatkomplexe. Wir haben in diesem Land etwas über 100 Tatkomplexe, das sind die sogenannten Serien, die in einer besonderen Ermittlungsgruppe bearbeitet werden. In diesen Serien konnte man tatsächlich - es waren keine 90 % - einen hohen Anteil an ausländischen Tätern identifizieren oder zumindest Tatverdächtige - korrekterweise muss ich das sagen. Jetzt muss man aber wiederum - da müssen Sie auch ein Stück weit zuhören - wissen, dass die Tatkomplexe nur einen geringen Anteil an der Gesamtanzahl der Wohnungseinbrüche ausmachen. Wir sind weit weg von der Annahme, dass ausländische Täter hier einen Anteil von 80 % an allen Einbruchstaten hät
ten. Davon sind wir weit weg. Wir liegen wahrscheinlich eher bei der Zahl, die der BKA-Chef veröffentlicht hat, bei circa 28 %.