Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine der wichtigsten Plenarwochen des Jahres vor uns. Mit den Haushaltsberatungen werden Weichen gestellt, wird Politik gestaltet, und es wird um Positionen gerungen. Klar, dass das eine oder andere Thema ins Hintertreffen gerät, auch wenn es für das Land von großer Bedeutung ist. Ich hätte mir gewünscht, dass die Antragsteller zur Neuordnung der Universitätsmedizin insgesamt eine Abwägung getroffen hätten: Ist dieses Thema für den Landtag geeignet oder nicht? Ich denke, nach der Vorgeschichte und dem Beratungsstand wäre es im Ausschuss besser aufgehoben gewesen.
Im März 2012 hat es im Landtag eine Debatte zu diesem Thema gegeben. Die Regierung hatte ausführlich berichtet und sich zu den Ausführungen des Wissenschaftsrates bekannt. Dieser hatte vor allem die mangelnde Verzahnung zwischen Wissenschaft und Krankenversorgung kritisiert und eine direkte Vertretung der Hochschulen im UKSH, eine gemeinsame Strategie gegenüber der Krankenversorgung und autonome Entwicklungschancen
Bemerkenswert war besonders, dass es ein gemeinsames Konzept der beiden betroffenen Hochschulen gab, das Grundlage für die Neuordnung der Universitätsmedizin sein sollte.
Dass die Kollegen von CDU und FDP nun einen Bericht zum Sachstand einfordern, ist gut und richtig. Eine Diskussion im Ausschuss dazu hätte es aber - wie ich schon sagte - auch getan.
Dass die Kollegen der ehemaligen Regierungsfraktionen wissen möchten, was aus dem seinerzeit angestoßenen Projekt geworden ist, kann ich gut nachvollziehen. Das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein hat im Mai dieses Jahres im Amtsblatt der Europäischen Union zum Wettbewerb um den Bau der Universitätsmedizin der Zukunft aufgerufen. 380 Millionen € sollen insgesamt investiert werden. Die Bewerbungsfrist endete im Juli 2012. Interessant ist neben einem Bericht zum Stand der Dinge auch der bauliche Masterplan, zu dem wir alle sicherlich etwas hören wollen. Das passt gut zur Debatte um den Sonderfonds Hochschulbau, mahnten doch die Kollegen ausdrücklich das ÖPP-Modell an, über das wir noch einmal reden müssen. Mal sehen, was die Diskussion im Ausschuss erbringt.
Heute wurden wir informiert. Wir werden das Gehörte noch erörtern. Ich würde das Gehörte gern mit den Betroffenen besprechen. Vielleicht schaffen wir es, im Ausschuss ein Gespräch mit ihnen zu führen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Behandlung komplizierter Erkrankungen, seltener Krankheiten oder multipler Krankheitsbilder erfolgt in Schleswig-Holstein in den Universitätskrankenhäusern an den Standorten in Kiel oder Lübeck. Entsprechendes Know-how, auch und gerade durch kurze Wege zwischen Forschung und Behandlung, sichern den Patienten dort ausgesprochen gute Heilungschancen.
Manchmal vergessen wir in den Diskussionen um rote oder schwarze Zahlen, dass die Universitätsmedizin für die Maximalversorgung kranker Menschen zuständig ist und diese Aufgabe ausgesprochen gut erfüllt - bislang zumindest. Manche Schlagzeilen suggerieren ein anderes Bild, wonach die hohen Standards gefährdet seien. Das ist trotz desolater baulicher Mängel an einigen Gebäuden bislang nicht der Fall. Gerade wir als Entscheider sollten uns nicht daran beteiligen, die Universitätsmedizin herunterzureden. Damit spielen wir nämlich den falschen Interessen in die Hände.
Fakt ist allerdings, dass die Zusammenlegung der beiden Standorte dem Gesamtkonzern seit 2003 in jedem Jahr ein wachsendes Defizit beschert hat. Angesichts des Defizits von 140 Millionen € ist der Masterplan Hochschulmedizin längst Makulatur. Die darin taxierten 700 Millionen € für die Gebäudesanierung und Neubauten kann die öffentliche Hand nicht aufbringen. Darum entschied sich die alte Landesregierung für die Gewinnung privater Investoren im Rahmen eines klassischen Immobilien-ÖPP-Projektes.
Private Anbieter sollen Neu- und Umbau der Universitätsgebäude finanzieren und durchführen und das Land diese Gebäude dann mieten. Entsprechende Interessenten waren schnell zur Stelle. In der politikwissenschaftlichen Literatur - das muss man allerdings sagen - werden ÖPP-Projekte im Krankenhauswesen zunehmend als problematisch bewertet, weil sie zwar kurzfristige Entlastungen bringen, aber langfristig die inhaltliche Begleitung des Projektes erschwert wird und natürlich auch die Gesamtkosten über die Laufzeit höher sind als bei einer kreditfinanzierten Variante.
Entsprechende Erfahrungen liegen uns inzwischen vor. Danach ist klar: Kein Vertrag kann so wasserdicht sein, dass nicht doch ein Schlupfloch jahrelange juristische Querelen nach sich ziehen kann. ÖPP verschiebt also die Gleichgewichte weg vom Staat hin zu privaten Investoren, und das in einem Bereich, nämlich der medizinischen Maximalversorgung, der zur Daseinsvorsorge gehört. Wir sollten daher die weiteren Verhandlungen mit entsprechender Skepsis betrachten, denn hier geht es um eine staatliche Aufgabe, die erfüllt werden soll, die wir privatisieren. Wenn wir dies tun, sollten wir etwas dazwischenschalten, was uns immer noch Einflussmöglichkeiten erhält. Das ist in dem Modell bisher nicht vorgesehen.
Allerdings ist weder den Beschäftigten vor Ort noch den Kranken oder der Landesregierung mit Bedenkenträgerei geholfen. Die massiven Probleme bei einigen Gebäuden drängen geradezu zu entschlossenem Handeln und tragfähigen Lösungen. Ich bin davon überzeugt, dass wir das Rad nicht immer neu erfinden müssen. Wir haben nämlich in Schleswig-Holstein eine Institution, die sich mit Gebäudesanierung, Gebäudeverwaltung und Gebäudebetrieb und der Begleitung von solchen großen Projekten ausgesprochen gut auskennt.
Entsprechendes Fachwissen könnte die GMSH auch bei der Universitätsmedizin zum Einsatz bringen. Damit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, eine schnelle Lösung, ohne dabei die gesamte Steuerungsfähigkeit aus der Hand gegeben zu haben. Der Betrieb der Gebäude könnte nach Sanierung oder dem Neubau zum Beispiel auch durch die GMSH durchgeführt werden. Das wäre eine denkbare Alternative, die viele der Entscheidungen in der Zukunft in den Händen des Landes belassen würde. Ich glaube, wir tragen hier eine politische Verantwortung.
In dem Meinungsbildungsprozess sind wir offen. Die Zeiten, in denen die Landesregierung den Standorten von oben herab die eine oder andere Weichenstellung verordnet hat, ohne sich dabei großartig um die örtlichen Gegebenheiten zu kümmern, sind erfreulicherweise passé.
Jetzt geht es um einen Meinungsbildungsprozess, in dem alle Alternativen abgewogen werden müssen. Diese Art der Entscheidungsfindung bildet erst die Voraussetzung, überhaupt Synergien erschaffen zu können. Wenn wir auf die bisher in Gang gesetzten Verfahren aufbauen und neue Ideen nicht von vornherein abwiegeln, sind wir auf dem besten Weg. Uns als SSW geht es nicht darum zu sagen, wir wollen möglichst günstig Bauten bekommen, wir wollen möglichst schnell bauen, sondern wir wollen als Politik auch an den Entscheidungsprozessen - nicht nur am Anfang, sondern im gesamten Prozess - beteiligt sein. Deshalb biete ich noch einmal an, darüber nachzudenken, die GMSH zu involvieren. Ich glaube, das wäre ein kluger Weg.
- Lieber Kollege Kubicki, ich kann verstehen, dass Sie alles privatisieren wollen. Das wäre auch eine Privatisierung durch die Hintertür. Hier geht es um etwas anders. Es ist Daseinsvorsorge.
- Lieber Kollege Kubicki, wenn der Staat diese Daseinsvorsorge aufgibt, schafft sich der Staat selbst ab. Wir werden den Staat nicht abschaffen. Der Staat ist nicht nur schlecht. Er hat eine wichtige Bedeutung. Ich glaube, das kommt hier zum Tragen.
Deswegen müssen wir genau darauf achten, dass wir Einflussmöglichkeiten haben. Lieber Kollege Kubicki, dafür sind wir gewählt. Wir sind nicht für die Privatisierung gewählt, sondern für Entscheidungen zugunsten der Menschen. Das werden wir auch machen.
(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Uli König [PIRATEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Ich bin dafür, dass Sie alle Unternehmen verstaatlichen!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir gerade gehört haben, wer wofür vermeintlich gewählt wurde oder auch nicht gewählt wurde, will ich zwei, drei Dinge richtigstellen, weil ich der Auffassung bin, dass sie so nicht stehen bleiben können und dürfen.
Wenn sich der Kollege Tietze hier hinstellt und den Eindruck erwecken möchte, die neue Regierungskoalition würde jetzt einen von der Vorgängerregierung in Gang gesetzten Privatisierungsprozess umdrehen, stoppen und auf die gute Seite der Macht zurückführen, dann ist das schlicht die Unwahrheit, Herr Kollege Tietze. Denn kein Mensch hat in der vergangenen Legislaturperiode einen Privatisierungsprozess eingeleitet. Herr Kollege Tietze, genauso unwahr ist, dass Sie irgendwelche Alt
Kollege Tietze, ich darf daran erinnern, dass der heutige Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Herr Dr. Stegner, in seiner Zeit als Kultusstaatssekretär in den Jahren 2000 bis 2003
- entspannen Sie sich Frau Midyatli, das ist gar kein Anwurf, sondern schlicht eine Tatsache - durch die Fraktionen gezogen ist und aufgrund der bereits damals aufgelaufenen hohen Defizite das Fusionierungsmodell vorgestellt hat. Die Defizite sind mitnichten - wie Sie hier der Öffentlichkeit glauben machen wollen - irgendwie in den Jahren von Unionsregierungsbeteiligung oder FDP-Regierungsbeteiligung aufgelaufen, sondern sie waren bereits am Ende Ihrer Regierungsbeteiligung so hoch, dass sich die damalige rot-grüne Landesregierung genötigt sah, den Fusionierungsprozess einzuleiten und ihn zu vollenden. Kollege Tietze, das gehört zur Wahrheit dazu, auch wenn es wehtut. Das hätte Ihnen ganz gut zu Gesicht gestanden.
Herr Kollege Klug und ich saßen in einer großen gemeinsamen Ausschusssitzung von Bildungsausschuss, Finanzausschuss und Sozialausschuss und haben uns in einer breiten Mehrheit - übrigens gemeinsam mit den Sozialdemokraten, gemeinsam mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vermutlich auch gemeinsam mit dem SSW - immer strikt gegen die Vollprivatisierung des UKSH ausgesprochen.
Das möchte ich an dieser Stelle festgehalten wissen, weil Sie ständig mit Ihren Unwahrheiten kommen, wir würden irgendwelchen Heuschrecken irgendetwas vorwerfen. Glauben Sie eigentlich im Ernst, dass irgendeine der von Ihnen zitierten Heuschrecken Appetit auf den Campus Kiel im derzeitigen Bauzustand hätte? Das glauben Sie doch selber nicht, Herr Kollege Tietze!
Vor diesem Hintergrund war es ein netter, aber kläglich gescheiterter Versuch, hier mit Unwissen und Halbwahrheiten zu argumentieren. Ich glaube nicht, dass man dem UKSH bei der notwendigen Lösung zur dauerhaften Stabilisierung im Sinne der Patientenversorgung mit solchen Beiträgen, wie Sie sie hier geleistet haben, weiterhilft.