Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

(Ministerin Kristin Alheit)

und mitberatend, denke ich, dem Finanzausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.

(Zurufe SPD: Finanzausschuss?)

- Mitberatend.

(Unruhe)

- Ich schlage Ihnen vor, den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Finanzausschluss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von FDP, CDU, PIRATEN, die Abgeordneten des SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dies einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Altenholz auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Europäische Dimension der Juristenausbildung

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3736

Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst Herrn Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag will in die Ausbildungsverordnung für Juristen - genauer gesagt: für Rechtsreferendare - eine europafreundliche Regelung einfügen. Was wir vorschlagen, ist etwa in unserem Nachbarland Hamburg seit einiger Zeit gängige Praxis. Rechtsreferendare können dort ausnahmsweise ihre Rechtsanwaltsstation unterbrechen, um eine kurze Ausbildungsbeziehungsweise Praktikumsphase zum Beispiel bei der EU-Kommission in Brüssel zu absolvieren.

Es ist, wie ich meine, völlig klar, dass derartige europäische - oder allgemein: internationale - Erfahrungen nicht nur den jungen Rechtsreferendaren, sondern auch deren späteren Arbeitgebern, also

auch dem Land Schleswig-Holstein, nutzen. Gegenwärtig ist dies aber nicht möglich, weil es der hiesigen Juristenausbildungsverordnung an der dazu erforderlichen Flexibilität mangelt. Genauso wie die EU-Kommission nehmen auch Unterorganisationen der UNO Praktikanten nur zu bestimmten Zeiten beziehungsweise Zeitpunkten auf.

Ein Beispiel: Zwischen Juni und September praktiziert Brüssel, das Zentrum einer 500-MillionenEinwohner-Staatengemeinschaft - der EU -, eine sommerliche Ruhepause, in der solche Stagiairesbeziehungsweise Praktikumsplätze nicht angeboten werden, weshalb auch das Hanse-Office den Wunsch einer Rechtsreferendarin, dort in dieser Zeit eine Station zu absolvieren, abgelehnt hat. Andererseits war das Justizprüfungsamt in Schleswig mangels einer Rechtsgrundlage nicht bereit, die in Hamburg wegen der dort geltenden flexiblen Ausbildungsverordnung mögliche Unterbrechungslösung auch bei uns anzuwenden und damit das Praktikum in Brüssel zu einem anderen Zeitpunkt zu ermöglichen.

Die in Genf ansässigen UNO-Unterorganisationen ermöglichen beispielsweise die Aufnahme in eine solche Stagiaire, das heißt in ein Praktikum, zu festen Terminen wie dem 1. April und dem 1. Oktober. Auch dafür wäre es nötig, die Referendarausbildung flexibel zu gestalten, damit junge Juristinnen und Juristen, die aus Schleswig-Holstein stammen, während ihres Referendariats auch internationale Erfahrungen sammeln können.

Es wäre im Übrigen absurd, wenn das Land bei der Einstellung von Juristen für den höheren Verwaltungsdienst einerseits zwar solche Erfahrungen wünscht und ihr Vorhandensein bei der Auswahl von Bewerbern auch positiv würdigt, andererseits ausgerechnet den eigenen schleswig-holsteinischen Rechtsreferendaren den Zugang zu solchen europäischen beziehungsweise internationalen Kenntnissen durch eine zu starre Ausbildungsverordnung versperrt. Dies gilt es zu ändern.

Die Steigerung der europäischen Kompetenz stärkt die Europafähigkeit einer Verwaltung, sich für die gestiegenen Anforderungen innerhalb des gemeinsamen europäischen Rechtsraums aufzustellen. Bereits in der Zeit des Vorbereitungsdienstes erworbenes Wissen, die Erfahrung mit der Arbeit im internationalen Team sowie geknüpfte Netzwerke können später auch für eine Tätigkeit bei uns in Schleswig-Holstein nutzbar gemacht werden. Es läge auch im Sinne der weiteren Entwicklung hin zu einer europafreundlichen Verwaltung, die unser aller Anliegen beim Ausbau der europäischen Kooperati

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

on sein sollte, diesen Antrag der FDP-Fraktion zu unterstützen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat Frau Abgeordnete Barbara Ostmeier das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist gerade aufgefallen: Heute haben wir einen deutlichen Vorsprung an Frauen, die bei uns Reden halten dürfen.

(Beifall CDU, vereinzelt SPD und PIRA- TEN)

Wir sind uns sicher, dass das noch ganz schön lange geht. Starke Frauen sind nicht so schnell wegzubekommen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: In welche Richtung haben Sie gesprochen, Frau Kollegin?)

- In welche Richtung? In alle Richtungen, einmal ganz herum.

Um gleich deutlich zu sagen, wohin die Reise geht: Der Antrag des Kollegen Dr. Klug ist nachvollziehbar und durchaus zeitgemäß. Wir wollen diesen Antrag gern unterstützen.

Vom ersten Semester an prägt das Europäische Recht die Ausbildung junger Juristen. Wer sich heute die Veranstaltungsverzeichnisse der juristischen Fakultäten ansieht, stellt fest, dass es eine breite Palette an Vorlesungen und Seminaren rund um das Europäische und das internationale Recht gibt; denn in zunehmendem Maße haben Völkerrecht und Europarecht die innerstaatlichen Regelungen verändert. Die Bedeutung des Ausländerrechts liegt ganz aktuell auf der Hand und wird Verwaltungsbehörden und Gerichte, insbesondere Verwaltungsgerichte, auch zukünftig beschäftigen.

Mit dem Vertrag von Maastricht wurden auch Umweltschutzziele zum Gegenstand des Vertrages der Europäischen Gemeinschaft - mit Auswirkungen auf die europäische Handels-, Wirtschafts- und Agrarpolitik. Längst ist es nichts Ungewöhnliches mehr, wenn Berufstätige in verschiedenen europäischen Staaten leben und arbeiten und sich mit dem Gedanken tragen, den Lebensabend im europäischen Ausland zu verbringen, was Auswirkungen auch auf die Rentenversicherung hat.

Dementsprechend ist das Europarecht längst auch Prüfungsbestandteil in der Juristenausbildung. Das Ziel des Antrags ist es, Referendaren verstärkt und vereinfacht zu ermöglichen, sich bei internationalen Institutionen ausbilden zu lassen. Die Plätze für solch eine Ausbildung sind stark begrenzt. Die Besetzung der wenigen vorhandenen Plätze orientiert sich eben nicht am Ausbildungsrhythmus in Schleswig-Holstein. Deshalb ist es der richtige Weg, in der Ausbildungsordnung mehr Flexibilität zu schaffen. Dies steigert auch die Attraktivität unserer Ausbildung. Auch hier stehen wir durchaus in Konkurrenz mit anderen Bundesländern.

(Beifall CDU)

Der vorliegende Antrag verweist in diesem Zusammenhang auf eine Regelung im Hamburger Juristenausbildungsgesetz. Herr Dr. Klug hat zu Recht darauf hingewiesen, dass auch die Anwaltsstation mit neun Monaten eine der längsten aller Ausbildungsstationen ist. Insofern würde sich dieser Ausflug, wie ich es nennen will, in die Europäische Union durchaus einarbeiten lassen.

Ich halte es durchaus für eine gute Idee, zu prüfen, ob die Unterbrechung der Anwaltsstation zugunsten einer Station bei einer internationalen Institution ein gangbarer Weg ist. Ich habe auf die Vorteile hingewiesen und kann deswegen das, was Herr Dr. Klug gesagt hat, nur unterstützen.

Wir können den Antrag uneingeschränkt befürworten. Ich fände es gut, wenn wir in der Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss ein möglichst schlankes Verfahren finden könnten, um mögliche offene Fragen zu klären und uns vielleicht auch eine Rückmeldung aus Hamburg über die Erfahrungen mit dieser Regelung einzuholen. Vielleicht wird es Nachsteuerungsbedarf geben, vielleicht gibt es weitergehende Vorschläge. Vielleicht bietet sich hier im Ausschuss ein Expertengespräch anstelle einer langwierigen Anhörung an.

Ich denke, wir könnten so gemeinsam und zügig zu einer guten Lösung kommen. Deshalb beantrage ich, dass wir den Antrag im Innen- und Rechtsausschuss auch unter diesem Gesichtspunkt beraten. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Thomas Rother das Wort.

(Dr. Ekkehard Klug)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen von der CDUFraktion, manchmal ist man etwas irritiert, wenn man erst einen etwas hochtrabenden Titel eines Antrags wie beim vorliegenden über die Europäische Dimension der Juristenausbildung und dann den Antrag selbst liest. Aber manchmal ist die Verpackung alles, Herr Dr. Klug, und sorgt für die erforderliche Aufmerksamkeit.

In der Tat haben andere Bundesländer in ihrer Juristenausbildungsverordnung - das ist keine geschlechtsneutrale Formulierung, wie im Amtsblatt eine solche Regelung, wie sie von der FDP vorgeschlagen wird.

Formal ist es richtig, dass in Schleswig-Holstein ein Tausch oder eine Unterbrechung, um eine Ausbildungsstation bei der EU-Kommission, anderen diplomatischen Vertretungen oder anderen internationalen Organisationen zu absolvieren, nicht möglich ist. Das stimmt. Eine solche Station kann jedoch während der Verwaltungsstation sowie bei der Wahlstation bereits jetzt abgeleistet werden. Es besteht zudem die Möglichkeit, die Ausbildung bei der Rechtsanwaltsstation von neun Monaten für die Dauer von einem bis zu drei Monaten bei einem Rechtsanwalt im Ausland zu leisten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon heute ist es möglich, bei entsprechender Planung einen Ausbildungsabschnitt wie gewünscht bei der EU-Kommission, dem Hanse-Office oder einer anderen internationalen Institution zu absolvieren. Das ist möglich. Den Anforderungen an eine Ausbildung im Europarecht ist bereits jetzt Rechnung getragen.

Dennoch wird die Regelung, wie von der FDP vorgeschlagen, zu einer Flexibilisierung beitragen. Der Aufnahme der von Ihnen vorgeschlagenen Regelung steht überhaupt nichts entgegen. Vielmehr wäre diese positiv und trüge zur Flexibilisierung in der Handhabung bei.

Deswegen werden wir dem Antrag gern zustimmen. Wenn sich der angehende Jurist oder die angehende Juristin damit gezielt auf das Examen vorbereitet, ist das nur zu begrüßen. Das hat aus meiner Sicht eher eine schleswig-holsteinische Dimension und die Kürze meines Beitrags eine zeitökonomische. Ich glaube, weil die Regelung schlüssig ist, brauchen wir darüber nicht im Innen- und Rechtsausschuss beraten. Wir können zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Nun hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Kollege Burkhard Peters das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich habe mir zum vorliegenden Antrag sehr viel Schlaues aufgeschrieben, was ich mir nun spare vorzutragen.

Auch ich will darauf hinweisen: Wenn man den Titel des Antrags - „Europäischen Dimension der Juristenausbildung“ - liest, denkt man, dahinter müsse etwas Gewaltiges stecken; da tun sich ganz große Räume auf. Anschließend sackt das Problem in sich zusammen.

Ich habe meinen Referendar einmal nach seinen Stationen befragt. Er hat gesagt: „Ja, dahinter steckt etwas. Das kann in einzelnen Fällen durchaus relevant sein. Dies gilt vor allem in der letzten Phase der Juristen- und Juristinnenausbildung. Dann ist der Kopf sowieso völlig zugequalmt, und es kommt die große Staatsprüfung. Dann ist die Flexibilisierung wiederum unbedingt sinnvoll.“