Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

Herr Kollege, das ist tatsächlich so.

Das ist auch tatsächlich mein letzter Satz. - Denn Dänemark ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr man auch Fehler machen kann. Es zeigt, dass es nicht hilft, einfach nur auf gesellschaftlichen Konsens in bestimmten Fragen, beispielsweise in der Asylpolitik, zu setzen. Das macht Rechtspopulisten stärker. In Dänemark lagen sie Mitte der 90er-Jahre bei 7 %, jetzt liegen sie bei 21 %. Das gesellschaftliche Klima wurde total vergiftet. Das kann keine Antwort sein, die wir hier finden dürfen. - Vielen Dank.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Ralf Stegner von der SPDFraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich ein wenig enttäuscht über die Debatte bin. Die Reden, die hier aus der Regierungskoalition gehalten wurden, waren keine parteipolitischen Reden,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein! - Weitere Zurufe CDU)

sie waren einladende Reden. Wir haben vor zehn Tagen hier einen Antrag vorgelegt, zu dem ich gern

(Rasmus Andresen)

wüsste, was an ihm Sie stört, oder was Sie gern anders hätten. Die PIRATEN haben einen Antrag dazu gestellt. Dem stimmen wir nicht zu, aber sie haben sich damit befasst. Das hätten Sie auch tun können. Ich verstehe das nicht.

Wer hier sagt, die freie Meinungsäußerung sei gefährdet, weil das manche Leute in Deutschland behaupten, dem muss ich sagen: Sie ist nicht gefährdet. Das ist eine rhetorische Figur, damit man hinterher gegen Ausländer hetzen kann. Wir finden das falsch. Man kann hier seine Meinung sagen, man muss nicht behaupten, Rechtsradikale würden in ihrer Meinung unterdrückt. Das ist wirklich falsch, und wir verteidigen die freie Meinungsäußerung.

(Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn man in einer solchen Debatte dem Kollegen Andresen Gewalt vorwirft, wenn man sagt, der Ministerpräsident sei eine Schande für dieses Land, oder wenn man sagt, die SPD trete das Recht mit Füßen - das ist hier gesagt worden -, kann ich nur sagen, dass diese Sätze eigentlich nicht zu kommentieren sind, weil sie offenkundig maßlos sind und die Betroffenen eine Entschuldigung verdient hätten. Ich möchte Sie aber gern fragen: Wie wirken solche Sätze in einer Debatte, in der wir uns mit den Feinden der Demokratie auseinandersetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren? Das will ich Sie sehr ernsthaft fragen.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, Beifall Angelika Beer [PI- RATEN] und Sven Krumbeck [PIRATEN])

Warum dieser Antrag? Lassen Sie mich das noch einmal begründen. Auch in Schleswig-Holstein hat die AfD in Umfragen 7 bis 8 %. Machen wir uns da einmal nichts vor. Lassen Sie mich aus der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zitieren. Wir haben in unserem Antrag ja PEGIDA und AfD genannt. Da sagt Frau Festerling von der PEGIDA-Führung, die sagt, die AfD sei ihr parlamentarischer Arm, gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Folgendes auf die Frage nach dem Umgang mit weiter eintreffenden Flüchtlingen in der Zukunft:

„Wenn sie weiterhin über die Grenze kommen und man sie nicht festnehmen kann, erschießt sie. … Scheiß auf den Anstand.“

Das steht heute in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir in der Debatte nicht deutlich auseinanderhalten können,

dass Wettbewerb zwischen demokratischen Parteien in der Sache das eine ist, dass aber der entschlossene Kampf gegen die Feinde der Demokratie das andere ist, dann machen wir doch wirklich etwas falsch. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Sven Krumbeck [PIRATEN])

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Tobias von Pein, ebenfalls von der SPDFraktion, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage mich ehrlich gesagt, was noch in unserem Land passieren muss, um zu kapieren und wahrzunehmen, dass wir gar nicht mehr an dem Punkt sind, wo wir nur stolz darauf sein können, wo wir stehen, und sagen können, ja Ihr seid in der Analyse vielleicht etwas schärfer, wir sehen das Problem aber auch, und ich glaube, dass wir das demokratisch „wegdiskutieren“ können.

Zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Kubicki: Ich nehme das sehr ernst. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, sich die Stimmung in der Bevölkerung noch einmal näher anzuschauen. Es gibt dazu schon länger - wir haben das hier auch schon diskutiert Studien. Es gibt auch die aktuellen Umfragen dazu. Sie sagen sehr richtig, dass ein funktionierendes Staatswesen da präventiv wirken kann.

Wir haben das in den Umfragen vom NDR auch sehen können, dass man, wenn man eine ordentliche Flüchtlingspolitik macht, wenn man sich um dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen kümmert, wenn man das vor Ort kommuniziert, wenn man mit der Zivilgesellschaft ständig im Kontakt ist, präventiv wirken und rechten Stimmungen vorbeugen kann. Wenn andere Bundesländer das schlechter machen, dann sieht man auch, wie dort die Stimmung schlechter sein kann. Da müssen wir wahrscheinlich in die Bundesländer Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gucken. Gerade Mecklenburg-Vorpommern ist ein sehr erschreckendes Beispiel, wo die AfD in den Umfragen gerade in die Höhe schießt.

Es gibt einen steigenden Hass in der Gesellschaft, es gibt eine steigende Kompromisslosigkeit und einen steigenden - so würde ich es nennen - Fundamentalismus in den Meinungen, indem man gar nichts anderes akzeptiert. Man fordert zwar die

(Dr. Ralf Stegner)

Meinungsfreiheit ein, aber wenn man dann eine andere Meinung vertritt, dann ist das die falsche Meinung oder die Lügenpresse. Das heißt, es gibt eine Verrohung der Debatte.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass man versucht, dieser Debatte hinterherzulaufen. Diese Debatte hat sich meiner Meinung nach schon nach rechts verschoben. Das sieht man auch daran, dass Politikkonzepte diskutiert werden, die früher gar nicht mehrheitsfähig waren, und heute sogar versucht wird, das eine oder andere davon im Schnelldurchlauf durch den Bundestag zu bekommen. Gott sei Dank gibt es auch aufrechte Bundestagsabgeordnete, die laut sind und sich dagegen positionieren.

Die Strategien, um dem zu begegnen, sind ein funktionierendes Staatswesen, das ist aber auch Prävention. Es war diese Koalition, die die Demokratieförderung massiv ausgebaut hat, noch bevor wir diese harte Debatte von heute hatten. Zum Zeitpunkt Februar 2016 sagen wir: Wir müssen den Wurzeln etwas entgegensetzen und da weitermachen. Ich glaube, dass es viel wichtiger ist, dort heute weiterzugehen und zu sagen, die Demokratieförderung ist der richtige Weg. Es stimmt auch nicht, dass wir in den Bereichen Islamismus und Salafismus nichts täten. Auch da machen wir etwas. Aber das an dieser Stelle mit der Frage Rechtsextremismusprävention zu vermischen, ist mal wieder total unfair.

Dem Kollegen Rasmus Andresen, der sich nun wirklich in jede Anti-Nazi-Demo selber mit einbringt und sehr aufrecht mitdemonstriert, vorzuwerfen, er würde mit demokratiefeindlichen Stimmungen sympathisieren, ist nun wirklich an den Haaren herbeigezogen.

Herr Abgeordneter, Sie müssen nun bitte zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. - Demokratie ist nichts Selbstverständliches, auch das muss man einmal laut sagen. Es muss klar gesagt werden, dass sie jeden Tag neu erkämpft, erlebt und erstritten werden muss. Wir haben in diesem Antrag viele wichtige Punkte, die auch auf Staatswesen und Prävention eingehen und eben nicht nur die Position noch einmal klarmachen.

Herr Kollege!

Ich bitte Sie, dem zuzustimmen.

(Beifall SPD)

Danke. - Für die FDP-Fraktion hat nun der Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Harms, zunächst einmal möchte ich mich ausdrücklich bei Ihnen für Ihre Worte bedanken. Die englische Schriftstellerin Evelyn Beatrice Hall hat einmal gesagt:

„Ich missbillige, was Sie sagen, aber ich werde bis zum Tod Ihr Recht verteidigen, es zu sagen.“

Ich glaube, genau das und nichts anderes haben Sie auch bei dem Beitrag meines Fraktionsvorsitzenden erlebt. So kenne ich ihn seit einem Vierteljahrhundert.

Ich will einmal sehr deutlich sagen: Mich haben zwei Erlebnisse ganz besonders geprägt, und mir haben sie auch imponiert, und da möchte ich an das anschließen, was Sie, Herr Kollege Harms, ausgeführt haben.

Erstens war dies die Art und Weise, in der von 1992 bis 1996 - damals war ich Mitarbeiter meiner Fraktion - mit der DVU, später DLVH, zum Schluss mit sechs fraktionslosen Rechtsradikalen, umgegangen wurde. Man hat sich hier im Landtag konkret mit den einzelnen Themen auseinandergesetzt - einer für alle -, sich diese Menschen vorgenommen, aber sie in der Sache gestellt. Ich finde, dass dies die richtige Art und Weise ist, um sich mit den politischen Parolen dieser Menschen auseinanderzusetzen.

Lieber Kollege Harms, so leid es mir tut, deswegen passt diese Resolution, die Sie heute hier verabschieden lassen wollen, gerade nicht.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Liebe Serpil Midyatli, Sie sind wutentbrannt rausgestürmt. Bei allem Verständnis dafür, dass man auf bestimmte Dinge extrem emotional reagieren

(Tobias von Pein)

kann, glaube ich: Bestimmte Kraftausdrücke, die ich hier nicht wiederholen will, gehören sich nicht, auch dann nicht, wenn man vor Wut schäumt.

(Serpil Midyatli [SPD]: Was habe ich denn gesagt?)

Frau Kollegin, ich möchte darauf hinweisen, dass wir jetzt an dieser Stelle keine Dialoge zwischen Rednerpult und Abgeordneten beginnen wollen.

Frau Präsidentin, Sie werden aber auch mir gestatten, auf etwas zu reagieren, genauso, wie Sie es Ihrem grünen Kollegen gestattet haben, auf etwas zu reagieren. Ich gehe davon aus, dass Sie selbstverständlich diese Neutralität wahren.

(Beifall FDP)

Das ist selbstverständlich. Ich wollte darauf hinweisen, dass es nicht üblich ist, dass wir in dieser Weise Dialoge zwischen Abgeordneten und Rednern am Rednerpult führen. Ich möchte Sie darum bitten, das in der gebotenen Kürze dann auch abzustellen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber er darf doch sagen, was er möchte!)