Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber er darf doch sagen, was er möchte!)

- Selbstverständlich darf hier jeder sagen, was er möchte. Darauf müssen wir nicht hingewiesen werden. - Herr Dr. Garg, bitte!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, worauf ich vor allen Dingen hinweisen wollte, ist das Zweite, was mich beeindruckt hat. Das haben Sie ja sozusagen eingefordert. Ich kann mich an den Landtagswahlkampf 2012 erinnern. Es war März, kurz vor der Landtagswahl. Nicht nur mit allen hier im Landtag vertretenen Parteien, sondern auch gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen in MecklenburgVorpommern haben wir uns in Lübeck in einer Demonstration gegen rechts gestellt. Ich glaube, es waren 10.000 Demokraten gegen weniger als 100 Verwirrte.

Ich finde: Das sind die richtigen Signale. Es ist schade, dass die Situation heute nicht genutzt wurde - vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich Leute anschicken, Anwälte von Schwulen und Lesben, Anwälte von Frauenrechten sein zu wollen, bei denen sich mir die Nackenhaare aufstellen. Ich will

von diesen Menschen weder außerparlamentarisch, geschweige denn in irgendeinem Parlament vertreten werden.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Ich sage es noch einmal: Da helfen solche Bekundungen nichts, wie Sie sie heute zur Abstimmung vorlegen, sondern da müssen wir sie jeweils bei jedem einzelnen Thema in der Sache stellen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss.

Wir müssen deutlich machen, dass die politischen Angebote, die diese Menschen offerieren, praktisch gleich null sind. So und nicht anders würde ich mir eine Auseinandersetzung vorstellen.

Herr Abgeordneter!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und für Ihre Geduld, Frau Präsidentin.

(Beifall FDP, vereinzelt CDU und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke schön. - Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was zu dem Antrag zu sagen ist, hat meine Kollegin Angelika Beer gesagt. Ich habe mich wegen der Eingangsrede des Kollegen Dr. Stegner zu Wort gemeldet. Zunächst einmal möchte ich Sie ausdrücklich dafür loben, dass Sie in Ihrer Rede jetzt nicht mehr die Anonymität des Internets dafür verantwortlichen machen, dass leider auch in den sozialen Medien - so wie an Stammtischen - gehetzt wird. Da haben Sie dazugelernt; das finde ich gut.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Ich möchte aber auch kritisieren, dass Sie in Ihrer Rede unser Land so über den grünen Klee gelobt haben, dass alles toll sei, dass die Menschen doch

(Dr. Heiner Garg)

glücklich sein müssten. Wenn man die Probleme, die auch vorhanden sind, so komplett ausblendet, müssen die Menschen wirklich den Eindruck gewinnen, dass sich die Politik von der Lebenswirklichkeit abgekoppelt hat. Das war wirklich eine Familie-Hansen-Rede.

Die allermeisten Menschen, die Kritik an Politik und an dem demokratischen System üben, differenzieren sehr wohl zwischen einerseits der Demokratie, die sie gut finden, die eine große Mehrheit in unserem Land hinter sich hat, und andererseits dem politischen System, wie es im Moment ausgestaltet ist. Dagegen richtet sich die Kritik, nicht pauschal gegen die Demokratie.

Genauso zum Thema Lügenpresse. Große Mehrheiten der Menschen teilen den pauschalen Vorwurf nicht, dass wir eine Lügenpresse hätten. Genauso gibt es aber eine Mehrheit, die Kritik daran übt, dass die Berichterstattung nicht immer ausgewogen und neutral ist - Stichwort Ukraine-Berichterstattung. Da ist auch etwas dran. Das müssen wir anerkennen. Deswegen haben wir unter anderem eine Reform des Landespressegesetzes zur Stärkung der inneren Pressefreiheit vorgeschlagen. Journalisten selbst beklagen teilweise eine Einflussnahme auf die Themenwahl.

Wenn Sie, sehr verehrter Herr Dr. Stegner, sagen, die SPD rücke nicht nach rechts, frage ich Sie: Wer verschärft denn das Asylrecht auf Bundesebene? Wer, wenn nicht der SPD-Bundesvorsitzende, spricht von „kriminellen Asylbewerbern“ und fordert Leistungskürzungen, um Abschiebungen zu erleichtern? - Natürlich springen Sie auf diesen Zug mit auf.

Haltung zeigen für Demokratie und Menschenrechte heißt für uns PIRATEN, dass die Politik bei sich selbst anfangen muss, zum Beispiel indem sie echte Mitbestimmung der Bürger herstellt, indem sie auch für mehr soziale Gerechtigkeit sorgt - gerade die Einkommens- und Vermögensungleichheit ist auch unter sozialdemokratischen Regierungen mit angewachsen -, indem sie den Einfluss der Wirtschaftslobby eindämmt, indem sie das Vertrauen der Bürger wieder erkämpft und verdienen muss. Dafür kämpfen wir PIRATEN. Dafür gibt es uns. Das leistet einen echten Beitrag für die Demokratie, nicht ein „Weiter so!“.

(Beifall Uli König [PIRATEN])

Das Wort hat die Abgeordnete Eka von Kalben von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich wollte gern in meinem letzten Redebeitrag dieser Debatte - ohne dass ich das Ende der Debatte ausrufen will - noch einmal diejenigen im Haus, die sich ernsthaft mit dem Antrag auseinandergesetzt haben, animieren, auffordern, bitten, wenn wir eine nummernweise Abstimmung vorschlagen, den Bekenntnissen, denen man folgen kann, zu folgen.

Ich nehme einmal irgendeinen Punkt heraus, Punkt 3:

„Der Landtag verurteilt jegliche Gewalt und den enormen Anstieg der Gewalttaten gegenüber Geflüchteten …“.

Dagegen zu stimmen, wäre doch erbärmlich.

Sie haben gesagt, Sie wollen kein klares Bekenntnis gegen die AfD. Das ist bedauerlich. Das kann man rechtssystematisch sicherlich so vertreten, wie Sie das gemacht haben.

Ich halte diesen Punkt politisch - wir sind auch ein politischer Raum - für hochgradig wichtig. Aber ich akzeptiere es, wenn Sie sagen, dass das ein Punkt sei, über den Sie nicht springen könnten.

Zu den anderen Punkten habe ich bisher gerade von der CDU nur die Argumente gehört, ein Beschluss darüber sei eigentlich nicht nötig oder löse die Probleme nicht. Natürlich löst eine Resolution nicht alle Probleme dieser Welt; das ist doch klar. Aber wir haben in den vergangenen Jahren zu Recht schon viele Resolutionen verabschiedet: für Frieden, für Freiheit, gegen sexuelle Diskriminierung und - zum Glück! - auch schon gegen Rechtsextremismus. Warum, meine Damen und Herren von CDU und FDP, können Sie den heutigen Beschluss nicht als gemeinsames Zeichen dieses Landtags anerkennen? Ich kann Ihre Haltung, ehrlich gesagt, noch nicht verstehen und finde sie sehr bedauerlich. Aus welchem politischen Grund können Sie dem Antrag heute nicht zustimmen?

Wir haben es vielleicht versäumt, Ihnen den Text formell vorab zuzuschicken. Ich kann nachvollziehen, dass Sie darüber sauer sind. Herr Günther, wir hatten aber vorher darüber gesprochen, ob die CDU sich anschließen könne. Sie haben gesagt, Sie wollten darüber noch in Ihrer Fraktion beraten - zu Recht. Es war unser Fehler - ich gestehe ihn ein;

(Dr. Patrick Breyer)

das sage ich auch in Richtung der FDP -, dass wir sie nicht formell gefragt haben. Aber ich appelliere an Sie, im Sinne der Sache zumindest Teilen des Antrags zuzustimmen. - Danke.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Daniel Günther von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt muss ich leider Frau Abgeordnete Eka von Kalben direkt ansprechen, weil sie mich ja auch angesprochen hat. Ich hoffe, das wird mir nachgesehen. - Uns nützt die Theatralik, mit der Sie plötzlich an uns appellieren, heute zuzustimmen, überhaupt nichts.

(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Wessen Theatralik? Meine? Das war kein Theater! Das war sehr ernst gemeint!)

Wir haben uns zwar einmal kurz darüber unterhalten, als der Antrag vorgelegen hat. Aber wenn es Ihnen ernsthaft darum gegangen wäre, dass der Landtag heute wirklich ein gemeinsames Bekenntnis abgibt, dann hätte Ihr erster Weg sein müssen, vor der Formulierung des Antrags mit allen Fraktionen dieses Parlaments darüber zu sprechen.

(Beifall CDU und FDP)

Wir können zwar die Debatte verlängern und uns über einzelne Formulierungen unterhalten. Aber ich finde, dass Herr Kollege Wolfgang Kubicki schon klar und konkret definiert hat, welche Punkte des Antrags aus unserer Sicht nicht zustimmungsfähig sind.

Unser Ansatz ist - das haben wir in der Debatte deutlich gemacht, und dazu stehen wir auch -: Es nützt uns überhaupt nichts, wenn wir, der Schleswig-Holsteinische Landtag, Beschlüsse fassen, in denen wir unseren Wunsch zum Ausdruck bringen, dass die AfD klein bleiben möge. Wir müssen Politik für die Menschen machen. Wir müssen die Flüchtlingsfrage in unserem Land lösen. Dadurch machen wir die AfD klein.

(Beifall CDU und FDP - Wortmeldung Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Herr Dr. Stegner, ich lasse keine Zwischenfrage zu. - Wir haben unsere Auffassung deutlich gemacht. Wir werden diesen Antrag ablehnen, weil wir es für ein falsches Signal halten, hier im Schleswig-Holsteinischen Landtag so zu beschließen.

(Beifall CDU und FDP)

Für die Abgeordneten des SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da ich sehe, wie die Abstimmung ausgehen wird - nicht alle Fraktionen werden zustimmen -, ist es mir wichtig, noch einmal auf Folgendes hinzuweisen: Ich bin der Überzeugung, dass alle Abgeordneten, die dazu gesprochen haben, gute Argumente für die Bekämpfung von Rechtsradikalismus und Rechtspopulismus vorgetragen haben. Diese Argumente sollten wir mitnehmen. Ich bin immer noch zutiefst davon überzeugt, dass wir trotz aller Schwierigkeiten, die wir anscheinend an dem heutigen Tag haben, alle Demokraten sind. Das Parlament als Ganzes, aber auch jede hier vertretene Fraktion und jede Partei stellt sich gegen Rechtsradikalismus und gegen jede sonstige Form von Radikalismus. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Von dieser Überzeugung lasse ich mich auch nicht abbringen.

(Beifall SSW und SPD)

Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Ministerpräsidenten Torsten Albig das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Irgendetwas in der öffentlichen Debatte in Deutschland läuft anscheinend falsch. Wir als Gesellschaft haben es im vergangenen Jahr hinbekommen, 1 Million Menschen in unser Land aufzunehmen - ohne dass es zu großen politischen Verwerfungen gekommen ist, ohne dass unsere Wirtschaft zusammengebrochen ist, ohne dass unsere