Protokoll der Sitzung vom 27.04.2016

ein Eigeninteresse, denn man will ja das, was man weitergibt, auch erhalten.

(Beifall CDU)

Dass Sie das Betretungsrecht in der freien Landschaft nach langen Diskussionen, nach einer großen Demo hier nebenan vor dem Haus B am Landeshaus und nach der Übergabe von 16.200 Unterschriften durch die Jäger an den Ministerpräsidenten, wieder einkassiert haben, ist durchaus löblich. Wir haben immer dafür geworben, dass das freie Betretungsrecht nicht kommt. Die genannten Gründe sind Ihnen bekannt: Schleswig-Holstein ist nun mal nicht Bayern, es ist anders strukturiert, wir haben zwei Küsten, wenig Rückzugsräume für das Wild, offene Weiden. Da geht es auch um Haftungsfragen. Deswegen darf es das Betretungsrecht nicht geben. Da möchte ich Sie einmal loben, gut dass Sie das herausgenommen haben.

Gezeigt hat dies aber auch, wie widersprüchlich Ihre Denkweise in diesem Punkt war. Die Knicks unter Schutz zu stellen, die Natur frei betreten zu wollen, keine Rückzugsmöglichkeiten für Wild und freilebende Tiere zu schaffen und das Betreten für jedermann zu ermöglichen, kann es nicht sein. Gut, dass Sie das nicht machen. 70 % der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt, deswegen ist es genau die richtige Entscheidung. In diesem Zusammenhang will ich mich ausdrücklich noch einmal bei dem Bauernverband und bei der Jägerschaft bedanken.

(Beifall CDU)

Ich komme zu den einzelnen Punkten. Warum lehnen wir das Gesetz ab? - Das Vorkaufsrecht wurde heiß diskutiert. Wir sind dafür, dass das Land kein Vorkaufsrecht ausüben darf. Die Tischvorlage von Ihnen konnte ich leider nicht lesen, sie scheint ja einiges einzuschränken. Aber nach wir vor schürt es unwahrscheinlich große Ängste im ländlichen Raum. Warum? - Weil die öffentlichen Kassen mit Ausgleichsgeldern voll sind. Wenn das Land für sich oder für anerkannte genehmigte Vereine kaufen kann, indem es das Vorkaufsrecht ausübt, dann kann dies durchaus dazu führen, das Flächen weggekauft werden, die dem Landwirt unwahrscheinlich wichtig sind, die zur Entwicklung seines Betriebes, vielleicht sogar zum Ausbau seines Betriebes oder für uns für Infrastrukturmaßnahmen wertvoll sind. Deswegen: Hände weg vom Vorkaufsrecht! Das ist ein Grund, das Gesetz abzulehnen.

Die schleswig-holsteinische Notarkammer, das wissen Sie, hat in der Anhörung Bedenken geltend gemacht, und diese nicht nur schriftlich, sondern im

Nachgang auch mündlich vorgetragen. Die Bedenken haben Sie vom Tisch gewischt, da geht es um Datenschutz. Ich hoffe, dass Sie das hier aufklären. Ich warte entsprechend auf Ihren Beitrag, Frau Redmann, auf den ich mich dann auch freue.

Das zweite Stichwort ist „Zuständigkeiten, Aufgaben, Befugnisse“. Da sind Vereinbarungen, die man freiwillig hinsichtlich des Naturschutzes treffen könnte, aus dem alten Gesetz gestrichen worden. Nun wird es immer einen Ausgleich und keinen freiwilligen Naturschutz mehr geben. Das darf nicht sein. Eine Kannregelung mit Ausgleichsgeldern in eine Mussregelung mit Flächenregelung zu ändern, das ist schlecht. Das schürt das Misstrauen und zeigt, wie Sie mit den Leuten im ländlichen Raum umgehen.

Drittes Stichwort: „Gesetzlich geschützte Biotope“. Natürlich waren Knicks als Biotope bereits geschützt. Der Saumstreifen mit einer Länge von 0,5 m ist in den Entwurf aufgenommen worden. In der Diskussion darüber wurde aber noch von 1 m gesprochen; Sie sind wieder einmal zurückgerudert. Aber nach wie liegt hier eine Enteignung durch die Hintertür vor.

Im Bereich des arten- und strukturreichen Dauergrünlands legen Sie uns keine flächenscharfe Abgrenzung vor. Das Vorhaben ist für diejenigen, die ihr Land gepflegt haben, ein Schlag ins Gesicht. Denn ein arten- und strukturreiches Dauergrünland - gerade in Ihrer Region, Herr Voß, ist das möglich - kann dann überall ausgewiesen werden; dieses Gebiet wird dann unter Schutz gestellt. Das bedeutet: Die Landesregierung bekommt einen Freibrief dafür, übermorgen in einer Region etlichen Landwirten ihre Fläche zu entziehen, und sie darf diese aus der Nutzung nehmen. Das darf nicht sein. Das ist eine stille Enteignung.

Warum ist das kontraproduktiv? - Auch das habe ich mehrfach erklärt, Herr Minister. Was macht denn derjenige, der fünf Mal seinen Rasen nicht gemäht hat und dann Angst haben muss, dass er den Rasen danach nicht mehr mähen darf? Derjenige mäht doch schon beim ersten Mal. Deswegen ist das kontraproduktiv. Hände weg von den geschützten Biotopen und der Ausweitung der Schutzstreifen.

Das Thema „Schutzstreifen an Gewässern“ wurde gestern in den Medien wieder heiß diskutiert. Wenn Sie die Schutzstreifen für die Bebauung von 100 m auf 150 m - Sie sind in der mündlichen Anhörung nicht darauf eingegangen - mit einem Federstrich erweitern, dann wird das für die Tourismusverbän

(Heiner Rickers)

de - Stichwort „Tourismus an den Küsten“ - auf jeden Fall schädlich sein.

Herr Meyer, wir hätten uns schon gewünscht, dass Sie sich im Tourismusland Schleswig-Holstein, im Land zwischen den Meeren, zu Wort gemeldet hätten. Anscheinend hat Herr Meyer auch jetzt kein Interesse daran. Das blockiert jegliche Entwicklung an den Küsten. Sie wissen: Auch an den Küsten gibt es alte Baubestände. Es muss modernisiert werden. Mecklenburg macht es vor. Hamburg macht es vor. Niedersachsen macht es vor. Schleswig-Holstein nimmt wieder einmal keine Rücksicht auf den Tourismus und ändert das Landesgesetz, passt es ans Bundesgesetz an. Die anderen Länder haben keine Küsten. Warum sollten wir es nicht bei der alten Regelung belassen?

(Beifall CDU)

Auch das Landeswaldgesetz wird geändert. Sie wissen, dass wir lange um die Naturwaldausweisung gestritten haben. Ich kann es noch immer nicht begreifen: Sie weisen - ganz schlank - in den Landesforsten 2.000 ha Naturwald aus. Sie hätten dafür - das wissen Sie - Ökopunkte in Anspruch nehmen können. Es werden 14 Millionen € - ohne dass wir im Parlament eingebunden werden - mit einem Federstrich wertberichtigt. Die Landesforste verlieren diesen Wert. Sie haben das Geschäftsjahr 2014 mit einem Riesenverlust abschließen müssen, obwohl die Forste sehr gute Arbeit geleistet haben. Damit fallen Sie denen in den Rücken. Wie wollen Sie politisch verkaufen, dass die Landesforste künftig noch größere Rücklagen bilden müssen, wenn die Landesforsten - weil Sie das politisch entschieden haben - 14 Millionen € abschreiben müssen? Das darf so nicht sein.

Auch dazu habe ich noch eine Frage: Wer hat einen Carport oder einen Dachstuhl gebaut? Übermorgen müssen Sie alles von woanders importieren. Auch das wird schwierig und darf mit Blick auf die Ökobilanz so nicht laufen.

Zur Befriedung der Bezirke, den Änderungsvorschlägen im Landesjagdgesetz: Sie wollen durch Änderungen im Landesjagdgesetz auch juristischen Personen die Möglichkeit eröffnen, zukünftig große Areale aus der genossenschaftlichen Jagd herauszunehmen. Das kann zu immensen Problemen im praktischen Jagdbetrieb führen. Denken Sie an die Schweinepest, an verletztes Wild, an große Wildbestände. Die Änderungen würde zu großen Problemen in der Land- und Forstwirtschaft führen. Sie geben damit großen Institutionen - nicht natürlichen Personen -, obwohl diese kein Gewissen haben und

keine ethischen Gründe wie Einzelpersonen nennen können, das Recht, auch für Stimmung zu sorgen.

Ich frage mich: Warum machen Sie das? Wenn Sie zu den Jägern und zur Jagd stehen würden, würden Sie das gar nicht andenken. So ein Vorhaben gibt es bundesweit nämlich nirgendwo. Das Jagdgesetz sieht das eigentlich auch gar nicht vor.

(Beifall CDU)

Mit dem Landesjagdverband und dem Bauernverband liegen Sie im Dauerclinch. Ich bekräftige immer: Das hilft der Natur herzlich wenig. Statt die Menschen am Gängelband zu führen, sollten Sie diese wieder mitnehmen. Sie sollten die Freiwilligkeit mit einbinden, das Eigentum schützen.

Ich versuche zusammenzufassen, Herr Präsident: Die Chance auf Befriedung, auf Aussöhnung des Naturschutzes mit den Menschen haben Sie nicht wahrgenommen. Sie bleiben dem Landesnaturschutzgesetz von 2007 ideologisch verhaftet.

Innovativ wäre es, auch einmal in den Städten auf den Umweltschutz hinzuweisen. Wir haben auch andernorts Probleme im Umweltschutz, nicht immer nur im ländlichen Bereich. Denken Sie an die Begrünung; denken Sie an den Autoverkehr; denken Sie daran, vielleicht auch alten Baumbestand zu ersetzen und nicht immer nur auf der grünen Wiese zu bauen. Das würde der Umwelt und der Natur wesentlich mehr helfen.

Ich bescheinige dem Gesetz eine geringe Halbwertzeit - in der Hoffnung, dass wir nach der Landtagswahl nächstes Jahr wieder alles ändern können. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir eine geschäftsleitende Bemerkung. Ich habe gesehen, dass es einige Unruhe gab. In der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs hatten wir eine Aussprache. Deswegen haben wir in der Zweiten Lesung eine Reihenfolge der Redner nach Stärke der Fraktionen. Dies nur zur Aufklärung.

Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Frau Sandra Redmann das Wort.

(Volker Dornquast [CDU]: Als was redet Sie heute?)

(Heiner Rickers)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir im September letzten Jahres den Entwurf der Landesregierung zur Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes, des Landesjagdund des Landeswaldgesetzes im Landtag debattiert haben, haben wir angekündigt, dass wir im parlamentarischen Verfahren eine umfangreiche Anhörung durchführen und die Bedenken und Anregungen daraus ernsthaft und ausführlich diskutieren werden. Wir haben der Opposition zugesagt, dass es kein Hauruckverfahren geben wird, so wie wir es erleben mussten, als CDU und FDP ihre Änderung im Landesnaturschutzgesetz vorgenommen haben.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Dass ausgerechnet Sie es wagen, sich hier zu beschweren, das ist ein Witz. Sie sollten lieber ganz still sein.

Das Ergebnis unserer Arbeit mag Ihnen nicht gefallen, aber das, was wir angekündigt haben, haben wir auch eingehalten.

(Beifall SPD)

Im Übrigen möchte ich Sie, da Sie so viele Ideen hatten, so viele Innovationen und tolle Sachen machen wollten, fragen: Wo sind denn Ihre Anträge geblieben? Wo ist Ihr Beitrag in der Diskussion gewesen? Dieser war gleich null. Außer Meckern nichts gewesen. Dass es aber heute doch noch einen Änderungsantrag hierzu gibt, werde ich Ihnen im Laufe meiner Rede noch erläutern.

Zuerst allerdings möchte ich mich im Namen der SPD-Fraktion herzlich bei allen bedanken, die uns in diesem Verfahren begleitet und/oder unterstützt haben.

(Beifall SPD)

- Ich werde sie jetzt aufzählen. - Dies sind unter anderem natürlich unsere Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und dem SSW, vor allem Marlies Fritzen und Flemming Meyer, sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Koalitionsfraktionen und natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Umweltministeriums. - Vielen Dank.

Es war ein langer und teils anstrengender Weg, aber dies gehört bei einem so umfangreichen Verfahren nun mal dazu. Lassen Sie mich ausdrücklich betonen, dass die Diskussionen sehr konstruktiv und sachlich verliefen, sowohl innerhalb der Koalition als auch in den Gesprächen mit den Verbänden. Das mag Ihnen nicht gefallen, Herr Rickers, das

kann ich verstehen; der Einzige aber, der in diesem Verfahren unsachlich argumentiert, das sind Sie. An Ihre Seite gesprungen ist niemand. Ich kann mir vorstellen: Das tut weh.

(Beifall SPD und SSW)

Ich kann mich nicht erinnern, wann es das bei einer Änderung des Landesnaturschutzgesetztes so je gegeben hat; immerhin ist es die vierte Änderung, die ich miterlebe.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unsere Natur wird stark beansprucht. Klimawandel, die zunehmende Nutzung von Flächen und die Zersiedelung der Landschaft sorgen für einen immensen Verlust vieler Tier- und Pflanzenarten. Unsere biologische Vielfalt ist in Gefahr. Das massive Artensterben, die Probleme mit Trink- und Grundwasser und der immer stärkere Verlust von natürlichen Lebensräumen zwingen zum Handeln. Die Bewahrung der Biodiversität muss also stärker als bisher Grundlage der Naturschutzpolitik sein. Ein Weiter-so darf es nicht geben.

Die Landesregierung hat uns vor einigen Monaten einen guten Gesetzentwurf vorgelegt. Dem vorausgegangen war ebenfalls eine Anhörung. Punkte, die der Landtag zur Novellierung des Landesnaturschutzgesetzes beschlossen hatte, fanden sich darin wieder.

Ein ganz wesentlicher Punkt war, dass das artenund strukturgleiche Dauergrünland in den Kreis geschützter Biotope aufgenommen wird und wir damit seinen Schutz erhöhen können. Wie wenig es davon noch gibt, hat uns nicht zuletzt die Biotopkartierung gezeigt. Nur ein geringer Anteil des Dauergrünlands erfüllt die Kriterien für das artenund strukturreiche Dauergrünland.

Gerade diese Flächen sind besonders wertvoll und haben eine hohe Bedeutung für den Artenschutz. Die privaten Flächen machen in diesem Bereich nur einen kleinen Anteil aus. Die Aufregung, die gerade Sie hier immer darstellen, dürfte sich daher in Grenzen halten.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ein weiterer Punkt ist das Vorkaufsrecht für naturschutzfachlich besonders wertvolle Flächen - heiß umstritten und mit vielen Unwahrheiten in der öffentlichen Diskussion Ihrerseits dargestellt. Es geht hier um kleinere Flächen, die in einer bestimmten Kulisse liegen und besonders wertvoll sind. Das wird nicht die Riesenmenge sein, hat aber für bestimmte naturschutzfachliche Maßnahmen einen