Wir werden uns dem Bereich strukturelle Lücke in den Schulen nur step by step nähern können. Bei der Neuverschuldung gibt es inzwischen einen Common Sense, dass wir sagen: Wir haben eine sehr hohe Neuverschuldung, wir müssen Einnahmen und Ausgaben in Einklang bringen. Ich glaube, dass es im Bereich der Schulen ähnlich laufen wird. Da werden wir in einen ähnlichen Bereich kommen, dass wir erkennen, dass wir nur nach und nach versuchen können, das, was wir von den Schulen erwarten und was wir ihnen tatsächlich an Stellen geben, in Einklang zu bringen.
Der Schülerrückgang ist ein Bereich, der uns helfen wird. Und ich setze ehrlich gesagt auch auf die Bundestagswahl.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal der Ministerin, der Landesregierung, den Koalitionsfraktionen danken, weil es nicht selbstverständlich ist, dass diese Zahlen heute in dieser Offenheit auf den Tisch gelegt wurden.
Aber besonders bedanke ich mich bei den Lehrerinnen und Lehren im Land, die täglich ihre Arbeit machen und - wie wir wissen - auch noch einen Packen mehr an Arbeit zu leisten haben. - Vielen Dank.
Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordneter Anita Klahn das Wort. - Auch Sie können gern bis 1 Minute 45 Sekunden das Blinken ignorieren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich danke natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für den vorliegenden Bericht, den sie für uns seit vielen Jahren jährlich erstellen müssen.
Was mich in der heutigen Debatte etwas ärgert, stört und was ich auch unfair gegenüber den Schülerinnen und Schülern sowie den Schulen in unserem Land finde, ist, dass wir uns vorrangig damit beschäftigen, wer ist gut, wer ist böse, wer hat etwas Gutes oder wer hat etwas Schlechtes getan, und uns nicht wirklich über die Inhalte des Berichtes auseinandersetzen, uns mit den Statistiken beschäftigen, wie die einzelnen Relationen aussehen. Wir haben uns von der Ministerin erklären lassen, wie man Statistiken zu verstehen hat - das ist auch sehr hilfreich gewesen. Mir fehlen aber ganz schlicht und ergreifend deutliche Signale zu dem, was Sie hier im Land verkünden.
Ich habe mir die Berechnung der GEW aus dem letzten Jahr angeschaut sowie deren alte Pressemitteilung dazu, weil ich davon ausgegangen bin, dass das in der heutigen Debatte ein wesentlicher Schwerpunkt sein wird.
Frau Kollegin Erdmann, Sie sprechen von einer gefühlten Wirklichkeit an den Schulen, die sich nicht in den Zahlen des Ministeriums widerspiegele. Das kann ich nachvollziehen. Das ist ähnlich wie mit dem Wetter, es gibt gefühlte und tatsächliche Temperaturen, die sind persönlich unterschiedlich. So kann es auch sein, durch ein unglückliches Zusammentreffen an den Schulen, durch Krankheitsfälle oder andere Dinge, dass die Unterrichtsversorgung an einer Schule vor Ort als schlecht empfunden wird - trotz allen Engagements der Lehrer, das zu kompensieren.
Auch andere Faktoren können eine Rolle spielen. Sie erinnern sich vielleicht an den Vulkanausbruch vor einigen Jahren in Island - den Namen werde ich jetzt nicht versuchen, richtig auszusprechen -, der zum Ende der Ferienzeit Nordwesteuropa lahmlegte, sodass viele urlaubende Lehrer nicht rechtzeitig zum Schulauftakt in den Schulen waren.
Aufgabe der Politik muss es doch sein, Einzelpunkte zu abstrahieren und zu sehen, ob Handlungsbedarf besteht. Es bedarf also Fakten, auf die sich politische Entscheidungen stützen können.
Diese Fakten liefert der vorgelegte Bericht zur Unterrichtssituation, auf dessen Zahlen ich mich zumindest grob verlassen können muss. Dieser Bericht sagt uns, dass die Unterrichtsversorgung eigentlich ganz gut ist. Ich habe jedenfalls nichts darin von den fehlenden Stellen, die die GEW angemahnt hat, gelesen - zuzüglich zu den Erkenntnissen, die Sie gewonnen haben. Ich habe auch nichts dazu gelesen, wie Sie damit umgehen wollen, dass an einzelnen Schulen die Mindestgrößenverordnung nicht mehr erfüllt wird. Ich habe aber wohl vernommen, dass Sie, Frau Ministerin Wende, eben bei der Demonstration vor der Tür den Eltern, Schülerinnen und Schülern und den Lehrern versprochen haben, Sie würden erst einmal gar nichts tun, sondern auf die kreativen Lösungen warten, die jetzt von den Elternvertretern, Schülern und Kommunen vorgelegt werden sollten; dann würden Sie schauen. Im gleichen Atemzug haben Sie aber auch gesagt, dass Sie natürlich kein zusätzliches Lehrpersonal zur Verfügung stellen könnten.
Sieht Ihre kreative Lösung dann so aus wie zum Beispiel in dem Ort Neudorf-Bornstein, wo man sich mit der mittelholsteinischen Privatschule zusammenschließt und zukünftig die Eltern 130 € monatlich an Schulkosten bezahlen müssen, damit ihre Schule vor Ort erhalten bleibt?
Ich weiß, Politik ist immer eine Frage des Machbaren, was sich in Zeiten knapper Kassen und notwendiger Einsparungen häufig auf die Frage reduzieren muss, was noch vertretbar ist.
Die GEW hat vorgerechnet, 1.488 Stellen fehlten. Sie sagen jetzt, wir haben einen Rückgang von 2.125 Lehrerstellen, Sie wollten 275 davon erhalten. Sie sagen, Sie stellten neuerdings Geldmittel statt Lehrerstellen zur Verfügung. Da frage ich mich, ob so etwas in der Vergangenheit nicht auch möglich war. Ich erinnere mich sehr gut an einen Fall bei uns in der Schule vor Ort. Es gab immer schon - oder nicht immer, aber schon seit Langem diese Mittel: Geld statt Stellen.
Der aktuelle Bericht zur Unterrichtsversorgung, also die Landesregierung, sagt, die Unterrichtsversorgung in Schleswig-Holstein an den allgemeinbildenden Schulen und Förderzentren ist auf dem Gebiet des Vorjahresniveaus gehalten und an den berufsbildenden Schulen erhöht worden. Sie befinde sich da sogar auf einem Höchststand. Das freut mich besonders, da diese Schulform über Jahre vernachlässigt wurde und durch Minister Klug hier endlich nachgesteuert wurde.
- Da dürfen Sie gern lachen. Ich erinnere gern daran, wie viele Jahre Sie vonseiten der SPD für die Bildungspolitik verantwortlich waren, und daran, dass Ekkehard Klug kein leichtes Erbe übernommen hat.
Meine Damen und Herren, uns allen muss klar sein, auch wenn uns das nicht gefällt - mir so wenig wie Ihnen -, dass ein zur Haushaltskonsolidierung dringend notwendiges Personaleinsparkonzept, das die mit Abstand größte Beschäftigtengruppe ausnehmen würde, kein tragfähiges Konzept mehr sein kann. So habe ich seinerzeit den Kollegen Habersaat auch einmal verstanden.
Abschließend möchte ich noch auf einen Aspekt in dem Bericht eingehen, der von Ihnen hier nicht weiter behandelt wird. Die Schülerzahl an den Gymnasien ist trotz bekannter demografischer Entwicklungen um gut 100 Schülerinnen und Schüler weiter gestiegen. Vergleicht man die Übergänge und die Übergangsempfehlung von Grundschulen an die weiterführenden Schulen, so sind zwei Zahlen interessant: 80 % der Schülerinnen und Schüler mit gymnasialer Empfehlung wechseln auf das Gymnasium, jedoch nur 8 % mit Gymnasialempfehlung an eine Gemeinschaftsschule. Dieser niedrige Wert ist damit gegenüber dem Vorjahr noch einmal gesunken. Das sagt mir, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes die Gymnasien wollen.
Meine Damen und Herren, Ihr Feldzug gegen diese Schulform richtet sich damit direkt gegen den Bürgerwillen.
Ich fordere die Koalition an dieser Stelle erneut auf: Ziehen Sie Ihr unsägliches Vorschaltgesetz zurück und horchen Sie in Ihrem Dialog und in der Debatte zu G 8 und G 9 hin, was die Bürgerinnen und Bürger wollen.
- Doch, das hat mit Unterrichtsversorgung zu tun, liebe Frau Erdmann, ob es Ihnen nun gefällt oder nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über Bildung, über den Bericht zur Unterrichtssituation im Land und über die vorhandenen Probleme. Wir sprechen über Daten des Jahres 2011, die uns mit dem Bericht zur Unterrichtssituation vorliegen, eine Erhebung aus der schwarz-gelben Regierungszeit. So ist jeder irgendwo beteiligt: die von damals, wir von heute und im besten Fall alle zusammen für die von morgen.
Die vorgelegten Anträge zum Unterrichtsausfall lassen den Schluss zu, dass hier der fraktionsübergreifende Ruf nach Ehrlichkeit laut geworden ist. Das ist auch gut. Im Bildungsbereich wurde in den zurückliegenden Jahren die Ehrlichkeit fast immer durch statistische Spielchen außer Kraft gesetzt. Eine ehrliche Bestandsaufnahme wäre hier ein Quantensprung. Ich hoffe, dass er gelingt. Wir werden später noch über die einzelnen Anträge sprechen.
Zunächst aber danke ich der Bildungsministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für den vorliegenden Bericht.
Er ist einer von vielen aus den letzten Wochen und Monaten, einer, der seit 1977 regelmäßig vorgelegt
wird und zunehmend Spielraum für Interpretationen lässt. Das liegt nicht an denjenigen, die den Bericht erstellen, sondern an den sich verändernden Anforderungen an die Daten.
Zum Beispiel wurde mit der Einführung der Kontingentstundentafel die Verantwortung der Stundenzuweisung an die Schulen übergegeben. Politisch heißt das: Verantwortung übertragen. Die, die damit vor Ort umgehen müssen, nennen das: Mangelwirtschaft. Ich spreche mich an dieser Stelle nicht gegen die Kontingentstundentafel aus. Ich glaube aber, dass die veränderten Strukturen, Notwendigkeiten und Entwicklungen heute andere Instrumente und Erhebungen verlangen als damals im Jahr 1977.
Auch wenn es an der ein oder anderen Stelle schon Veränderungen im Bericht gab, können wir sicher noch zielgenauer Fragen stellen.
Mit den Daten ist das ohnehin so eine Sache. Was im letzten Jahr noch vom liberalen Bildungsminister Klug sehr umfangreich, nämlich im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Kollegin Erdmann, hinsichtlich der kleinen Grundschulen im Land beantwortet wurde, geht heute nicht mehr.