Ich nutze einmal die kurze Pause als Gelegenheit, weil es gerade so schön passt, dazu, Vertreterinnen und Vertreter der CDU vom Ortsverein Büchen ganz herzlich im Landtag zu begrüßen. Bitte tun Sie das mit mir gemeinsam!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Lieber Heiner, so weit sind wir gar nicht auseinander, und es ist gut, dass wir über diese Neuerungen in der Pflegeausbildung reden. Denn wir sind uns wirklich alle einig, dass wir Veränderungen brauchen, dass wir eine Reform in der Pflegeausbildung brauchen, schon allein wegen der demografischen und gesundheitsbezogenen Veränderungen in der Bevölkerung mit ihren Auswirkungen in ganz, ganz naher Zukunft.
Die Menschen werden immer älter und damit kränker, und chronische Erkrankungen nehmen ebenfalls zu. Dies muss bei der stationären Pflege im Krankenhaus berücksichtigt werden und auch bei der ambulanten Pflege nach immer kürzer werdenden Aufenthaltszeiten in den Kliniken. Davon betroffen ist ebenfalls die stationäre Pflege in Altenheimen. Wir müssen handeln.
Eine zukünftige Pflegeausbildung muss Kenntnisse und Fähigkeiten der pflegerischen Berufe vereinen: der Krankenpflege, der Kinderkrankenpflege und der Altenpflege. Wir unterstützen die Aktivitäten der Bundesregierung, diese bisher eigenständigen Berufe weiterzuentwickeln und zusammenzuführen, wie es im Gesetzentwurf der Bundesregierung steht.
In der letzten Woche fand die Anhörung im Deutschen Bundestag statt, und Expertinnen und Experten wurden gehört. Man kann sagen: Es ist noch nicht alles in Stein gegossen, Veränderungen sind noch möglich. Ergebnis ist aber, dass die überwiegende Anzahl der Anzuhörenden diese Reform positiv sieht und eine generalistische Ausbildung will.
Neben den überwiegend positiven Äußerungen gab es aber auch Kritik, das dürfen wir nicht verschweigen. Es gab Kritik vom bpa, dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste, deren Vertreter sich immerhin bis 2009 noch für eine solche Reform ausgesprochen hatten. Aktuell wird von den Gegnern ein Hauptargument genannt. Sie befürchten, dass durch die Zusammenlegung der drei Pflegeberufe zu einer generalistischen Pflegeausbildung die Attraktivität des Zweiges der Altenpflege ins Hintertreffen gerät. Zurzeit befinden sich so viele junge Menschen wie noch nie in der Ausbildung zum Altenpfleger.
Wir teilen die Befürchtung der Spitzen des bpa nicht, dass die künftigen Absolventen der zusammengeführten Ausbildung weniger Altenpflegefachkräfte hervorbringen werden. Außerdem teilen wir auch nicht die Befürchtung, dass diese Reform
sich so auswirken wird, dass die Absolventen zwar viel können, aber nichts richtig. Diese Aussage gibt es ja.
Engagierte Fürsprecher für diesen neuen Gesundheitsberuf Pflegefachfrau oder Pflegefachmann sind der Deutsche Pflegerat und die kirchlichen Träger, weil es schon jetzt eine große fachliche Überschneidung aller drei Berufsarten gibt. 90 % der Kompetenzen sind gleich. Anerkannte Fachleute wie Andreas Westerfellhaus, Vorsitzender des Deutschen Pflegerats, prognostizieren eine deutlich positive Entwicklung bei der Ausbildungssituation, weil der Beruf deutlich attraktiver werden wird.
Wir sprechen uns zudem dafür aus, drei Jahre gemeinsam auszubilden mit umfassenden Vertiefungsbereichen, Pflichtpraktika und freiwilligen Praktika, je nach Neigung. Ich glaube, wir müssen darüber reden, wie zum Schluss wirklich die Freiwilligkeit und die individuelle Fachlichkeit so geregelt werden können, dass man in diesem Beruf einen besonderen Schwerpunkt haben kann.
Wir finden es auch gut, dass die reformierte Pflegeausbildung durch Ausbildungsfonds auf Landesebene finanziert werden soll. Dieses Verfahren stellt sicher, dass Ausbildungsbedarfen und Gegebenheiten eines jeden Bundeslandes unmittelbar Rechnung getragen werden kann.
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kollegin Rathje-Hoffmann, ich habe Ihnen sehr genau zugehört, insbesondere als Sie die Liste derjenigen aufgeführt haben, die für die Generalistik sprachen. Ist Ihnen bekannt, dass die nordrheinwestfälische Landesministerin, Mitglied von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu Recht diese Reform sehr scharf kritisiert? Ist Ihnen bekannt, dass das grün-schwarz regierte BadenWürttemburg schon in seinem Koalitionsvertrag vereinbart hat, eine Generalistik unter allen Umständen abzulehnen?
Und deswegen habe ich mich hauptsächlich gemeldet, nämlich wegen dieser furchtbaren Vorstellung, die Sie gerade eben skizziert haben, nämlich die Finanzierung über 16 ver
schiedene Länderfonds mit 32 Umlageverfahren zu regeln. Dass darüber die Finanzierung gesichert werden soll, ist Ihnen das bekannt?
- Das ist uns bekannt, und das ist durchgerechnet worden. Das ist auch in Berlin schon eruiert worden. Dass es hier Kritikpunkte gibt, weiß ich auch. Ich glaube aber, man wird sich einigen. Die Komplikationen, die Sie hier jetzt beschwören, sehe ich nicht, Herr Garg.
Bis zum Ende der Bundestagslegislatur haben wir noch genug Zeit, um uns weiterhin auf allen Ebenen zu beraten und Verbesserungen zu bewirken, um dann das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe schlussendlich 2017 im Bundestag beschließen zu können. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Garg, Sie haben einen echt schrägen Blick auf die Pflege. Es ist ein Stück weit verantwortungslos, welche Ängste Sie im Zusammenhang mit dem Altenpflegeberuf hier schüren. Wir werden mit diesem neuen Pflegeberufegesetz die Altenpflege nicht abschaffen, sondern wir werden sie aufwerten, und das hat die Altenpflege auch wirklich verdient, nämlich die Aufwertung des Berufes.
- Nein, das machen wir nicht, und das erzähle ich Ihnen jetzt auch. - Immer mehr Menschen werden immer älter, und das ist gut so. Diese errungene Entwicklung stellt uns aber auch vor multiple Herausforderungen: Immer mehr hochbetagte Menschen mit multimorbiden Erkrankungen und zunehmenden Alterserkrankungen wie Demenz werden in Krankenhäusern versorgt. Dazu bedarf es neben der Gesundheits- und Krankenpflege eigentlich auch der sozialpflegerischen Kompetenz der Altenpflege.
sorgung durch frühe Entlassungen und vermehrte chronische Erkrankungen notwendig. Dazu bedarf es eigentlich der medizinischen Kompetenz der Krankenpflege.
Die pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse nehmen breiteren Raum ein, die eigenständige Professionalisierung der Pflege ist auf dem Vormarsch, und auch das ist gut so.
Die Versorgung älterer und kranker Menschen muss auf Augenhöhe mit anderen Heilberufen erfolgen, damit wir der demografischen Entwicklung und den verschiedenen Ansprüchen von Lebensräumen in Stadt und Land sowie ambulanter oder stationärer Betreuung gerecht werden. Dafür benötigen wir ein durchlässiges System, eine die verschiedenen Sektoren verbindende Funktion, eine stärkere Professionalisierung und mehr Eigenverantwortung der Pflegeberufe.
Deshalb ist die generalistische Ausbildung die richtige Antwort auf die sich verändernden Anforderungen an Pflege. Sie qualifiziert für alle Bereiche der Pflege auf gleichem Niveau - das würde ich Ihnen jetzt erklären -, schafft dadurch mehr Flexibilität für die Pflegefachpersonen im Berufsleben und macht die Pflege zukunftssicher. Außerdem ist die generalistische Ausbildung endlich international anschlussfähig. Sie führt nämlich automatisch zur Anerkennung des Berufsabschlusses in Europa gemäß der Anforderung der EU-Richtlinie 2013/55/EU, die die Anerkennung der verschiedenen Berufsabschlüsse regelt.
Für die Altenpflege - und hier kommt wieder die Aufwertung - war die Berufsanerkennung im europäischen Ausland bislang ziemlich schwierig, denn die Aufteilung in drei grundständig ausgebildete Pflegeberufe der Alten-, der Kranken- und der Kinderkrankenpflege, wie wir sie in Deutschland kennen, gibt es in dieser Form in anderen Ländern überhaupt nicht.
Herzlichen Dank. Frau Kollegin, ich habe Ihnen erst einmal ruhig zugehört. Sie sind zu Beginn Ihrer Rede sagen wir einmal - auf Ihre eigene Art etwas ungewöhnlich mit mir umgegangen. Sie ha
ben gesagt, ich würde Ängste schüren. Die von mir wirklich sehr geschätzte Kollegin Steffens in Nordrhein-Westfalen, die dort mit Ihren Parteifreundinnen- und -freunden in einer Koalition ist, kritisiert genau diese Punkte. Glauben Sie auch, sie schürt nur Ängste, die völlig unverantwortlich sind? Sie müssen es ja nicht so sehr mit uns haben, aber die grüne Gesundheitsministerin in Baden-Württemberg soll genau diese Ängste, die ich geschürt haben soll, schüren?
Glauben Sie nicht vielmehr, dass man sich ernsthaft miteinander darüber austauschen muss, ob die Generalistik in der puren Konsequenz, die Sie hier dargestellt haben, wirklich der richtige Weg ist, um die Zukunftsfragen und die Anforderungen für die Zukunft einer sich so im demografischen Wandel befindlichen Bevölkerung geeignet ist und ob es nicht vielleicht doch cleverer wäre, eine Form der integrativen Ausbildung hinzubekommen? Daher auch der Vorschlag einer Ausschussüberweisung.
- Herr Garg, erst einmal würde ich Ihnen empfehlen, den Gesetzentwurf noch einmal in aller Gründlichkeit zu lesen. Durch die frühe Festlegung auf die verschiedenen Bereiche im praktischen Ausbildungsbetrieb haben sie quasi schon eine Entscheidung getroffen. Das ist übrigens etwas, was ich eigentlich nicht mit der Generalistik verbinde. Das ist eigentlich etwas, was ich kritisiere. Aber genau das sieht der Gesetzentwurf ja vor: eine frühe Festlegung im praktischen Bereich auf die einzelnen Bereiche.
Das ist ja eine elementare Frage. Natürlich überlegt man sich das, und ich kann das auch nachvollziehen; gerade auch anhand der Kinderkrankenpflege kann ich das nachvollziehen, weil ich glaube, dass sich vielleicht jemand sehr bewusst für die Kinderkrankenpflege entscheiden würde und nicht automatisch in die Altenpflege gehen würde. Aber die Wege sind ja jetzt offen. Es ist ja kein Ausschlussverfahren, nun zu sagen: Ich mache jetzt diese generalistische Ausbildung, und dann gehe nicht ausschließlich in die Kinderkrankenpflege. Darin liegt ja genau die Attraktivitätssteigerung, dass die Leute eben auch die Möglichkeit haben, sich in allen Berufszweigen gleichermaßen fortzubilden und sich zu spezialisieren.
Das ist im Übrigen so, wie die Ärzte das machen. Ihre Argumentation, die Sie gerade vorgebracht haben, würden Sie auf das Medizinstudium nicht anwenden. Da haben wir auch ein Grundstudium Me
dizin und danach eine Fachausbildung. Da ist das alles so in Ordnung, und das würden Sie auch nicht infrage stellen.
Wir müssen doch dazu kommen, die Pflege jetzt auf Augenhöhe mit allen anderen Heilberufen zu bringen, und dann können wir von dort aus organisieren, wie wir am besten mit dieser qualifizierten Ausbildung und auch im Doppelpack mit Pflegern und Ärzten zusammen die Menschen in diesem Land anständig versorgen können, und zwar auf qualitativ hohem Niveau. Es soll nicht das geschehen, was viele Anbieter ja gern wollen - das ist ja die Argumentation, die Sie auch übernommen haben -, nämlich zu sagen: „Wir würden gern die billige Altenpflege übernehmen, weil der Tarifvertrag in der Altenpflege leider noch niedriger ist als in der Krankenpflege.“ Auch insoweit werden wir die Altenpflege aufwerten.
Das am häufigsten vertretene Ausbildungsmodell in den anderen Ländern ist eine grundständige Hochschulausbildung, meist dreieinhalb oder vier Jahre mit anschließender Spezialisierung oder Weiterbildung für die verschiedenen Fachbereiche. Gerade für die Altenpflege war diese Berufsanerkennung im europäischen Ausland genau deshalb schwierig; denn die Aufteilung gibt es eben nicht. Das habe ich ja eben schon gesagt.
Auf diesem Wege macht sich das Pflegeberufegesetz jetzt auf, indem es zusätzlich zur dualen generalistischen Ausbildung eine entsprechende Hochschulausbildung anbietet. Schon heute ist es so, dass sich Pflegekräfte in verschiedenen Bereichen zusätzlich durch Weiter- und Fortbildungen qualifizieren, zum Beispiel in den Fachbereichen Intensiv, Anästhesie, Gerontopsychiatrie, Palliativ care. Also auch da nichts Neues.
Der FDP-Antrag verfolgt einen ausschließlich quantitativen Ansatz: möglichst viele möglichst schnell durch die Ausbildung zu bringen. Qualität und Qualifikation - egal. Europäische Anerkennungen - egal. Nachfolgende Aufstiegs- und Arbeitsmöglichkeiten - egal. Das ist nicht unser Bild von Pflege. Wir wollen die Pflegeberufe so attraktiv wie möglich gestalten, eine Durchlässigkeit organisieren, Tätigkeitsfelder und berufliche Möglichkeiten erweitern und Kompetenzen ausbauen.
Neben den anderen Rahmenbedingungen, von denen wirklich noch viele zu korrigieren sind, ist das neue Pflegeberufegesetz, das auch seit Jahren von den Berufsverbänden gefordert wird, ein wichtiger Baustein, die Pflegeberufe zukunftsfähig zu machen. So können wir eine quantitativ und qualitativ
An einigen Modellschulen wurden die Ausbildungszweige bereits in den letzten Jahren gemeinsam unterrichtet. Dabei ist festzustellen, dass bis zu 90 % der Curricula schon jetzt zum Teil identisch sind. Gut wäre es, wenn wir ein einheitliches Curriculum für das Land entwickeln könnten.