(Hans-Jörn Arp [CDU]: Geht der jetzt in Rente? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Es geht um Gerechtigkeit! Dafür ist er der Mann der Stunde!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu früh gefreut, Herr Kollege Arp! Das werden Sie nicht erleben. Sie müssen noch ein paar Jahre mit mir rechnen.
Wenn eine Partei nicht im Bundestag ist, muss sie schauen, wo sie ihre Parteitagsbeschlüsse einbringen kann. Das hat der Kollege Dr. Garg hier getan. Ich will das ausdrücklich loben, denn es ist ein wichtiges Thema, das auf der Tagesordnung steht. Mit manchen Vorstellungen in diesem Antrag stimmt die Sozialdemokratie nicht überein, mit anderen schon.
Es ist in der Tat so, dass sich viele Menschen Sorgen machen, ob das Geld im Alter reicht. Sie haben ein Leben lang gearbeitet. Sie machen sich Gedanken darüber, ob sie ihre Existenz, ihren Lebensstandard sichern können. Manch einer hat wenig Lohn und eine kleine Rente und weiß nicht, wie er über die Runden kommt. Viele Menschen sind verunsichert, suchen Orientierung. Es gibt eine Angst vor sozialem Abstieg. Der Kollege Garg hat auch recht mit seinem Hinweis auf Globalisierung, Digitalisierung und demografische Entwicklung und allen Unsicherheiten, die damit zusammenhängen.
Das Pflege- und Rentensystem wird mehr Finanzmittel bedürfen, um der demografischen Entwicklung und dem Anspruch der Menschenwürde auch im Alter gerecht zu werden. Ich finde, Altersarmut ist nicht vereinbar mit sozialer Gerechtigkeit. Deswegen brauchen wir Weichenstellungen in der Rentenpolitik.
Ich füge hinzu: Gute Arbeit ist die Voraussetzung für ordentliche Rente. Gute Arbeit ist ordentlich bezahlt, macht nicht krank und sichert eine solide Altersversorgung. Wir müssen also dafür sorgen, dass Menschen in Arbeit sind und angemessen verdienen. Das ist der erste große Schritt zur Bekämpfung von Altersarmut.
Ein weiterer großer Schritt ist übrigens auch, dass Männer und Frauen den gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten, denn Frauen sind stärker von Altersarmut betroffen als Männer.
Ein Rentenniveau von 43 % darf es für Normalund Geringverdiener, die jahrzehntelang gearbeitet haben, meiner Meinung nicht geben. Ich will kurz drei wichtige Aspekte nennen.
Erstens. Die gesetzliche Rente muss Kern des Versicherungssystems bleiben und gestärkt werden. Es gibt in unserem Land Arbeitnehmer, die ihr Leben lang in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und deren Rentenanspruch dennoch unter der Grundsicherung liegt. Ich finde, das ist falsch. Manche der privaten Ergänzungen, die es gegeben hat, haben sich nicht ausgezahlt, muss ich Ihnen ehrlich sagen. Wir brauchen auf Sicht jedenfalls etwas, was ich paritätische Bürgerversicherung nennen würde, beginnend in der Gesundheit und
Pflege und später auch in der Rente, auch wenn es jahrzehntelang dauern wird, weil wir wissen, dass das bei den Beamten nicht sofort geht.
Ich muss aber auch sagen, dass sich manches, was wir mit Riester- und Rürup-Rente gemacht haben, am Ende nicht ausgezahlt hat. Diejenigen, die es wirklich brauchen, können es sich nicht leisten, diejenigen, die es sich leisten können, brauchen es in der Regel nicht. Das ist kein gutes Prinzip. Deswegen muss man - ohne dass man bestehende Riester-Verträge einbezieht; die sind natürlich ausgenommen - darüber reden, wie man das anders machen kann.
Zweitens. Zur Bekämpfung von Altersarmut braucht es die Solidarrente. Menschen, die jahrelang gearbeitet und im Alter weniger als 850 € haben, sollten eine Solidarrente erhalten, die die Grundsicherung aufstockt. Ich habe mit Freude gelesen, dass die FDP dafür Steuermittel aufwenden will. Ich finde übrigens, die Mütterrente gehört nicht ins Beitragssystem, sondern so etwas muss aus Steuermitteln bezahlt werden, wie sich das gehört.
Dr. Garg, wir sind in vielen Punkten gar nicht so weit auseinander. Auch zu dem dritten Punkt, der die Flexibilität betrifft, will ich Ihnen ganz ehrlich Folgendes sagen: Wir haben heute die Situation, Menschen, die mit 16 auf dem Bau, in der Pflege oder anderswo zu arbeiten anfangen, arbeiten deutlich länger, haben ein deutlich geringeres Einkommen und eine deutlich niedrigere Lebenserwartung. Sie sind dreifach negativ betroffen. Deshalb wollen wir flexibilisieren, aber nicht nach Arbeitgebergusto, sondern so, dass diejenigen, die länger arbeiten können, das auch tun, aber die abschlagsfrei in Rente gehen können, die ihr Leben lang gearbeitet haben. Das, finde ich, ist der Teil, den wir hinkriegen müssen.
Der Unterschied in der Lebenserwartung beträgt teilweise zehn Jahre. Das kann man in der Bundesrepublik sehen. In einer Industriestadt wie Duisburg hat man von der Struktur her zehn Jahre weniger Lebenserwartung als in anderen Städten. Wenn man das nur fortschreibt - wie Herr Schäuble das sagt -,
weil man gar keine Lebenserwartung mehr hat. Das kann nicht richtig sein. Ich finde, das muss ausgeglichen werden. Das kann man mit Versicherungsmathematik machen, indem man die statistische Lebenserwartung einbezieht und das meiner Meinung nach vernünftig macht.
Rente ist etwas, von dem ich wirklich sagen muss: Das hat etwas mit dem Grundvertrauen in Deutschland zu tun. Das betrifft in so einem Land wie Deutschland ganz viele Menschen. Sie müssen darauf setzen können, dass sie, wenn sie arbeiten, am Ende auch etwas davon haben. Ich will noch einmal sagen: Rente ist keine Sozialleistung nach Kassenlage, sondern ist Ertrag von Lebensleistung. Deswegen muss das solidarisch ausgestaltet werden. Deswegen ist es gut, dass Mensch für Mensch zu gestalten. Deswegen muss es flexibel sein. Deswegen sollten wir darüber reden.
Das Verdienst, diese Debatte angezettelt zu haben, gebührt der FDP. Lassen Sie uns in der Sache darüber diskutieren, wo wir zusammenkommen. Das werden wir nicht überall schaffen. Aber dass in Deutschland darüber debattiert wird, ist gut.
Ein Letztes. Auch das ist ein Thema, bei dem demokratische Parteien eine Lösung finden müssen, weil, wenn wir das nicht geregelt bekommen, die anderen mit populistischen Parolen kommen. Auch deswegen sollten wir uns dieses Themas annehmen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Die Rente ist sicher!“ - Das ist die berühmte Aussage von Norbert Blüm von der CDU.
Auf einer Podiumsdiskussion habe ich vor einigen Jahren neben ihm gesessen und erlebt, wie er sich in live und in Farbe und mit Feuereifer für das Thema Rente engagiert hat. Ich muss sagen: Ich war
Die Frage bei der Rente ist nicht nur: „Ist sie sicher?“, sondern die Frage ist auch: „Wir hoch wird die Rente sein?“ Das beschäftigt die Leute, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die FDP hat uns jetzt ein zwölf Seiten langes Papier für eine zukunftssichere Altersversorgung geschrieben. Ich glaube, es sind zwölf Seiten, es können auch ein paar weniger sein.
- Sieben! Wir haben es im Mail-Format anders ausgedruckt. Bei uns sind es zwölf, aber es sind sieben in der Originalfassung.
Wer den letzten FDP-Parteitag intensiv verfolgt hat, wird auch nicht ganz erstaunt sein. Ich freue mich ausdrücklich darüber, dass wir uns mit dem Thema hier beschäftigen werden.
Ich sage Ihnen eines: Die Zielsetzung einer zukunftssicheren Altersversorgung teilen wir Grüne. Es ist bei einigen Punkten so, dass wir sagen können: Ja, das können wir alles mittragen. Es gibt aber auch einige Punkte, bei denen wir sagen: Da haben wir Gesprächsbedarf. Es gibt auch einige Punkte, die wir uns nicht so gut vorstellen können.
Schauen wir uns einmal die Situation hier in Schleswig-Holstein an. Bundesweit steigt die Altersarmut, auch bei uns in Schleswig-Holstein. Etwa jeder Sechste ist von Altersarmut betroffen, und jeder Einzelne ist einer zu viel.
In Schleswig-Holstein erhalten Frauen eine durchschnittliche Altersrente von 524 € im Monat und Männer 1.061 €. Allen Anwesenden ist sicherlich klar, dass man von 524 € nicht selbstständig leben kann. Das Gesicht der Altersarmut ist weiblich. Deswegen müssen wir dringend handeln.
Das andere, was mich bei den Debatten immer ärgert, ist, dass so viel von Durchschnittswerten gesprochen wird. Es trifft einzelne Individuen. Da hilft ein Durchschnittswert nur sehr begrenzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Schere zwischen Arm und Reich - auch dieser Satz wird immer wieder wiederholt; leider ist er immer noch