Sie mögen über die Bayern schimpfen, Sie mögen über Herrn Seehofer schimpfen; aber Bayern hat trotz seiner Kritik immer seine gesamtstaatliche Verantwortung wahrgenommen und an den entscheidenden Wegmarken mit seiner Zustimmung zur Flüchtlingspolitik von Angela Merkel dieser zur notwendigen Mehrheit im Bundesrat verholfen. Sie dagegen sind nicht vertragstreu, Herr Ministerpräsident.
Deswegen sage ich Ihnen: Nutzen Sie am Freitag endlich Ihre Chance, dass Ihre Lippenbekenntnisse für Angela Merkel keine Lippenbekenntnisse sind, sondern dass sie sich endlich mal auf Ihre Zusage verlassen kann, indem Sie im Bundesrat für eine Mehrheit sorgen, Herr Ministerpräsident.
Zunächst stelle ich ganz klar und deutlich und wiederholt in diesem Hohen Hause fest, dass die SPDgeführte Landesregierung der Erweiterung der sicheren Herkunftsländer um Algerien, Marokko und Tunesien nicht zustimmt.
Diese Haltung der regierungstragenden Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW hat sich nicht verändert. Unsere Vorbehalte das haben wir hier auch mehrfach zum Ausdruck gebracht -, dass es hier faktisch um eine Aushöhlung des Grundrechts auf Asyl geht, haben sich auch nicht geändert. Das ist unsere Haltung. Sie können dazu Ihre eigene Haltung haben; dazu haben wir hier gerade einiges vernommen.
Unser Problem ist - das haben wir hier auch schon mehrfach diskutiert -, dass Sie gesagt haben, wenn es zu Vereinfachungen und auch zu Verfahrensbeschleunigungen kommen sollte - das eine hat übrigens mit dem anderen auch nichts zu tun -, dann haben wir hier im Haus stets gesagt - und so hat der Herr Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein auch immer verhandelt -, dass wir verlangen, dass es dann auch legale Einreisewege in die Bundesrepublik geben muss.
Dieses ist auch Usus in diesem Hohen Hause. Insoweit nehme ich zur Kenntnis, dass die FDP mit ihrem Antrag heute ihre Meinung geändert hat. Ich zitiere aus Ihrem Antrag von September 2015 aus der Drucksache 18/3353; da ging es um die sicheren Herkunftsländer aus den Balkanstaaten. Dazu heißt es, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, in Ihrem Antrag:
wanderungsgesetz samt verlängertem Jobsuchervisum, Punktesystem und realistischen Gehaltsgrenzen weiter liberalisiert werden.“
- Geändert hat sich, dass die Einstufung aus sicheren Herkunftsländern kommt, aber ein Einwanderungsgesetz nicht kommt. Diese Forderung haben wir bereits seit 2005 -
- Es liegt nicht an Ihnen; das sage ich ja nicht. Aber Sie haben sonst immer beides im Zweiklang formuliert, und jetzt haben wir dieses nicht mehr.
- Ich baue einen Popanz auf? Ich kann mir hier alles in diesem Land vorwerfen lassen. Aber ich kann mir nicht vorwerfen lassen, dass ich einen Popanz zum Thema Flüchtlingspolitik aufbaue, verehrter Herr Kollege. Alles, nur nicht das.
Sie sollten mich aber bitte ausreden lassen. Ich glaube, es würde uns allen helfen, wenn wir uns jetzt ein wenig zügeln. Sie lassen also keine Zwischenfragen zu, und auch Herr Kubicki wird jetzt keine Zwischenfrage stellen, vermute ich. Somit fahren Sie nun in Ihrer Rede fort.
Sehr verehrter Kollege Daniel Günther, die einzigen Lippenbekenntnisse, die wir zum Thema Integration haben, sind Ihre. Gucken Sie sich das neue Integrationsgesetz an!
Mit Verlaub muss ich sagen, dass auch einige Parteigenossen von mir in Berlin das Integrationsgesetz hoch gelobt haben. Das ist alles, nur kein vernünftiges Integrationsgesetz, das sich an den Realitäten und Bedürfnissen in diesem Land orientiert.
Das habe ich hier schon immer vertreten; Sie finden keine einzige Rede von mir, in der ich das nicht kritisiere, was in Berlin mit beschlossen wird, was nicht der Haltung dieses Landes und dieser SPDgeführten Landesregierung entspricht. Ich darf doch eine eigene Meinung in diesem Land haben!
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Das sind Lippenbekenntnisse, die wir von der CDU mittlerweile kennen. Es gibt aber - wie gesagt - immer noch kein Einwanderungsgesetz, noch wird das Integrationsgesetz sein Nötiges dazu beitragen, dass wir hier Schritte weiterkommen.
Was ist passiert? Sichere Herkunftsländer: Balkan - auch dem haben wir nicht zugestimmt. Was passiert in diesen Tagen? In diesen Tagen werden Anträge, die schon über eineinhalb Jahre alt sind, beschieden. Das führt dazu, dass über 5.000 Menschen aus diesen Ländern abgeschoben werden müssen, weil wir keinen anderen Weg gefunden haben. Man hätte Regelungen schaffen können - darauf haben wir in Schleswig-Holstein gedrängt -, dass die Menschen hierbleiben können. Ich selbst begleite gerade eine Familie aus dem Kosovo auf dem Weg einer freiwilligen Ausreise.
Liebe Kollegen von der CDU, es ist nicht mehr und nicht weniger, Sie können in das integrierte Rückkehrmanagement hineininterpretieren, was Sie gern hätten, aber es wird weder einen Abschiebeknast geben, noch wird es Abschiebe-TVs geben, die Sie sich gewünscht haben, oder sonst irgendetwas. Bereits seit eineinhalb Jahren plant diese Regierung mit den Beteiligten, mit den Migrationssozialberatungsstellen, mit dem Diakonischen Werk, mit vielen Vertreterinnen und Vertretern der NGOs zusammen, die Rückführung in Würde zu gestalten.
Neumünster - da denken wir Boostedt immer mit, das ist für uns sozusagen eine Landesunterkunft ist seit 2006 per Erlass ein Ausreisezentrum. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, was erzählen Sie uns hier eigentlich?
Man kann hier deutlich festhalten, dass all das, was Sie unter Abschiebung verstehen, nicht das ist, was wir darunter verstehen. Wir werden alles tun, aber mit Sicherheit nicht Ihren Forderungen einer Abschiebepolitik im Land Folge leisten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.