Prüfungsebenen gemeinsam mit ihren unterschiedlichen Ansätzen und Blickwinkeln werden gewährleisten, dass die vorhandenen Mittel eine bestmögliche Lösung zum Wohle der Menschen mit Behinderung schaffen. Das muss doch unser aller Anliegen sein. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahren sind die Kosten der Eingliederungshilfe gestiegen, ein Anstieg, der sich wohl auch in den nächsten Jahren im Wesentlichen durch die weiter steigende Zahl der Fälle und der Leistungsempfänger fortsetzen wird. Dies belegen die Aussagen und Daten unter anderem auch im Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, den wir heute auch noch diskutieren werden.
Aber sind die Fallkosten tatsächlich die einzigen Treiber für die Ausgaben in der Eingliederungshilfe? Wenn man sich das genau anguckt, dann stellt man fest, dass in Schleswig-Holstein die Kosten pro Leistungsberechtigtem bei 17.000 € im Jahr 2012 lagen, bei 18.000 € im Jahr 2013, und sie waren immer an letzter oder vorletzter Stelle im Vergleich der Flächenbundesländer in Deutschland. Das macht also deutlich: Die Fallkosten in Deutschland sind nicht die Treiber in dem Bereich, sondern es sind andere Strukturen, unter anderem, wie gesagt, die weiter ansteigenden Zahlen der Leistungsempfänger.
Es ist also richtig, deswegen die Eingliederungshilfe mit effektiven wirtschaftlichen Methoden umzusetzen und natürlich auch dafür zu sorgen, dass sie leistungsfähig und effektiv erbracht wird.
Leistungen für Menschen mit Behinderung sollten aber auch transparent erbracht werden, sie sollten transparent geplant, erbracht und abgerechnet werden. Natürlich müssen zum Beispiel unbegründete regionale Unterschiede überwunden werden. An dieser Herausforderung werden sich alle Akteure
messen lassen müssen. Dazu gehören auch die Konzeption und der Aufbau einer gemeinsamen Arbeits- und Organisationsstruktur für die Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung in der Eingliederungshilfe. Dafür wurden von den Kreisen und kreisfreien Städten jährlich 1,5 Millionen € zur Verfügung gestellt.
Der Landesrechnungshof hat nun in seinen Bemerkungen 2015 festgestellt, dass keine finanziellen Mittel des Landes zum Aufbau dieser Strukturen abgerufen worden sind. Diese Entwicklung zwingt uns nun förmlich zu handeln und dem kurzen und präzisen Gesetzentwurf der FDP-Fraktion zur Schaffung eines Prüfrechts des Landesrechnungshofes im Rahmen der Eingliederungshilfe zuzustimmen.
In der Konsequenz können dem auch die Wohlfahrtsverbände in Form der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände zustimmen. Sie sehen das auch als umfangreiche Leistungserbringer in der Eingliederungshilfe und können den Beschluss nachvollziehen. Das haben sie zumindest in einer gemeinsamen Pressemitteilung so kundgetan.
Ich will abschließend aber noch einmal auf den Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung eingehen, der uns ja auch in dieser Sitzung des Landtags - ich habe es eben auch schon zitiert - beschäftigen wird. Der Landesbeauftragte stellt in seinem Bericht unter dem Punkt „Entwicklungen in der Eingliederungshilfe“ ebenfalls fest, dass nicht nur wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund der Prüfung stehen, sondern auch die Qualität der Leistungserbringung überprüft wird. Wichtig ist dabei dem Landesbeauftragten, dass die Prüfer entsprechend ihres Auftrages fachlich so ausgebildet sind, dass sie die Qualität der erbrachten Leistungen einschätzen können. Sinn einer Qualitätsüberprüfung ist die Entwicklung eines Qualitätsmanagementsystems. Hierbei ist es wichtig, Menschen mit Behinderung zu beteiligen, damit eine Qualitätsverbesserung der Leistungserbringung gewährleistet wird. Denn Kontrollen und Prüfungen dürfen nicht dazu führen, dass Menschen mit Behinderung im Hinblick auf ihre Entwicklung und ihre Lebenssituation verunsichert werden. Der beste Weg, um derartigen Gefahren frühzeitig zu begegnen, ist es, die Menschen mit Behinderung aktiv zu beteiligen. Dies würde zu mehr Transparenz führen und die notwendigen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung in den Mittelpunkt stellen.
vorhergehenden Landesregierung gegolten hat, allein in Eutin 800 Menschen mit Behinderung auf die Straße gegangen sind, weil sie Angst davor hatten, dass durch Überprüfungen und die entsprechenden Kontrollen ihre notwendigen Unterstützungsleistungen nicht mehr zur Verfügung stehen, oder sie so verunsichert waren, dass sie Angst davor hatten, das die gar weggekürzt werden, muss, glaube ich, das ernst nehmen, was der Landesbeauftragte formuliert hat. Ich glaube, wenn die Qualitätsprüfungen in diesem Sinne auch unter Beteiligung der Menschen mit Behinderung, aber auch unter Beteiligung anderer Akteure stattfindet, ist das der richtige Weg und wäre auch eine entsprechende Neuerung.
Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?
Herr Kollege Baasch, ich unterschreibe jeden Satz, den Sie bisher formuliert haben, auch die letzten beiden Sätze. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass auch bei der letzten Landesregierung die Mittel für die Eingliederungshilfe angestiegen sind und die von Ihnen gerade skizzierten Szenarien nicht eingetreten sind.
Ja, gut, das ist eine Bemerkung. Die Wahrnehmung bleibt natürlich schon, dass diese Menschen in Eutin nicht deswegen auf die Straße gegangen sind, weil sie zufrieden waren mit dem, was die Landesregierung vorgelegt hat, sondern weil sie außerordentlich verunsichert waren über das, was die Landesregierung auf den Weg gebracht hat. Dementsprechend ist das dann eine Frage, wie man mit Gefühlen oder mit Menschen als Gruppe umgeht.
Herr Kollege Baasch, Sie wissen ja, dass ich Ihnen höchst ungern widerspreche, aber die Menschen sind damals nach der Kündigung des Landesrahmenvertrages durch den Landkreistag auf die Straße gegangen. Sie wissen auch, dass das Land vor der Entscheidung stand, ob das Land als Partner ebenfalls kündigt oder nicht. Und Sie wissen, dass sich die damalige Landesregierung entschieden hat, den Landesrahmenvertrag nicht zu kündigen, sondern neue Verhandlungen über eine Novelle des AG-SGB XII aufzunehmen.
Gut, einigen wir uns vielleicht dahin gehend: Sie sehen, dass wir uns in Richtung Prüfrecht bewegt haben, indem wir sagen: Unter Qualitätsgesichtspunkten stimmen wir dem Prüfrecht zu. Und über die Politik der damaligen Landesregierung decken wir den Mantel des Schweigens, wir machen es besser.
Ein letzter Satz: Soziale Gerechtigkeit bedeutet, die Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen unserer Gesellschaft zu gewährleisten. Dies gilt für alle Menschen - natürlich und insbesondere auch für Menschen mit Behinderung, die besondere Unterstützung und besondere Hilfe brauchen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Kosten der Eingliederungshilfe steigen jedes Jahr an. Es ist einer der
größten Einzelposten im Haushalt, der mit fast 700 Millionen € inzwischen sogar die Aufwendungen für die Zinsen übertrifft. Die Eingliederungshilfe hat eine hohe Bedeutung. Sie ist unverzichtbar für Inklusion und Teilhabe und damit für ein eigenständiges Leben für Menschen mit Behinderung.
Das Prüfrecht für den Landesrechnungshof soll eben nicht die Axt an die Eingliederungshilfe legen, ganz im Gegenteil. Das wichtigste Argument für das Prüfrecht aus unserer Sicht sind die Menschen mit Behinderung. Es ist im Interesse der Menschen mit Behinderung, dass wir alle gemeinsam nachvollziehen können, wie die Mittel für die Eingliederungshilfe genau verwendet werden. Es geht darum, die Mittel innerhalb des Systems gerecht, wirtschaftlich und für hohe Qualität einzusetzen.
Auch die Wohlfahrtsverbände sollten ein Interesse daran haben, dass durch eine transparente Prüfung Vorurteile aus dem Weg geräumt werden können. Der Kollege Baasch ist gerade darauf eingegangen. Es gibt inzwischen auch Pressemeldungen und Äußerungen, die in diese Richtung gehen.
Die FDP hat in den letzten Haushaltsberatungen beantragt, aus dem Bereich der Eingliederungshilfe 43 Millionen € zu streichen. Das mache ich Ihnen jetzt nicht zum Vorwurf und sage, dass Sie da anders davor sind als wir, aber wir Grüne haben uns zu dem Zeitpunkt jedenfalls - sehr stark über dieses Signal gewundert, weil Sie dadurch schon automatisch von einem Einsparpotenzial in diesem Bereich ausgehen. Das - finden wir Grüne - sollten wir, ohne Prüfergebnisse zu kennen, nicht tun.
Was dann kommt, werden wir sehen. Dann muss man über die Fragen und die Strukturen reden. Aber zum jetzigen Zeitpunkt halten wir das für falsch.
Das zweite Argument für ein Prüfrecht ist, dass die kommunale Prüfung bisher nicht funktioniert hat. Die Ausgaben sind eine Blackbox, es besteht zurzeit ein prüfungsfreier Raum. Obwohl das Land 1,5 Millionen € für eine gemeinsame Prüfstruktur der Kreise und kreisfreien Städte bereitstellt, wurden 2015 und bis jetzt auch in diesem Jahr keine Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfungen durchgeführt. Darüber haben wir im Finanzausschuss bereits gesprochen, und das hat die Sachlage durchaus auch noch einmal verändert.
konflikt ist bei solchen großen Themen zu vermeiden. Die Kreise befinden sich dort halt eben in einer schwierigen Doppelrolle, denn sie müssen zum einen die Einrichtungen vorhalten und auch Umsätze generieren, und zum anderen sollen sie diese gleichzeitig kontrollieren. Deswegen ist es richtig, dass wir heute gemeinsam einstimmig diesen Schritt gehen und das Prüfrecht gesetzlich verankern. Dafür möchte ich mich ausdrücklich auch bei der FDP-Fraktion bedanken, die nicht lockergelassen und diese Initiative wiederholt eingebracht hat.
Gerade die letzte Finanzausschusssitzung hat mich in unserem Abstimmungsverhalten einmal mehr bestätigt und mich überzeugt, dass wir das Prüfrecht dringend brauchen. So viel darf man am Freitagnachmittag vorsichtig sagen: Der Auftritt des Landkreistages war etwas sonderbar.
Ich habe die Argumentation jedenfalls nicht nachvollziehen können. Wir sind uns sicher, dass sich im Lauf der Jahre zeigen wird, dass es auch vonseiten der Kommunalvertreter eine Zusammenarbeit in einer guten, gemeinsamen Prüfstruktur mit dem Landesrechnungshof geben kann, ohne dass es ein Gegeneinander bedeuten muss.
Auch der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung hat sich sehr offen für den Gesetzentwurf ausgesprochen. Auch die Wohlfahrtsverbände sind inzwischen für mehr Transparenz - ich erwähnte es eben schon.
Wenn im Zuge der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes das Landesrecht angepasst werden muss, wird dieses Thema sowieso noch einmal viel stärker werden. Wir Grüne setzen darauf, dass durch ein gutes Bundesteilhabegesetz, das in Berlin hoffentlich gerade entsteht, auch in diesen Bereich mehr Bewegung hineinkommt. Dann wäre das Prüfrecht, das wir heute hier verankern, nur ein kleiner Schritt. Weitere Schritte müssen dann in Berlin folgen.
Die Prüfungsrechte der kommunalen Körperschaften bleiben weiterhin bestehen. Es wäre zu begrüßen, wenn die vage Ankündigung, dass die ersten Prüfungen durch die KOSOZ im Herbst durchgeführt werden, auch wirklich umgesetzt wird. Uns als sparsame Landesfraktion freut, dass der Rechnungshof im Finanzausschuss zudem versichert hat, dass er für die Prüfungen zunächst kein zusätzliches Personal benötigt.
Die Prüfungen sind für uns alles andere als Misstrauen. Ich finde, dass durch diesen Gesetzentwurf eigentlich alle gestärkt werden: die Prüfstrukturen der unterschiedlichen Ebenen, die dann hoffentlich kooperieren, die Beschäftigten in den Einrichtungen, Menschen mit Behinderung und wir als Politik, weil wir mehr Transparenz haben.