Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es droht kein Fachkräftemangel, wir sind mittendrin. Wir spüren diesen Fachkräftemangel hautnah, wenn es zum Beispiel zu einem Aufnahmestopp in Pflegeheimen kommt, weil immer mehr Einrichtungen kein Personal finden. Der Fachkräftemangel in vielen Pflegeheimen spitzt sich dramatisch zu. Im Kreis Nordfriesland ist die Situation besonders prekär. Nur knapp die Hälfte der Einrichtungen hält die gesetzlich vorgeschriebene Fachkräftequote von 50 % ein.
Anfang dieser Woche lasen wir von Eltern in Not, weil erste Kita-Gruppen in Schleswig-Holstein schließen. Der Grund? - Kein Personal. Es fehlt an allen Ecken und Enden, wurde der Vorsitzende des Landeselternbeirats der Kitas zitiert. Zwar werden in Schleswig-Holstein jährlich bis zu 1.000 Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet, knapp ein
Drittel davon orientiert sich aber schon in der Ausbildung um und kommt überhaupt nicht in der Kita an. Von den übrigen 70 % wechselt ein großer Teil in den ersten vier bis fünf Jahren den Beruf wieder.
Im öffentlichen Dienst sieht es nicht anders aus. Auch hier fehlt es an allen Ecken und Enden an Personal. Nehmen wir Heide als Beispiel. Dort herrscht Krisenstimmung, weil der Verwaltung die Ingenieure ausgehen. Ein wichtiges Straßenbauprojekt wird deshalb gestoppt, obwohl es durchfinanziert ist. Ähnlich geht es hier im Land dem LBV. Auch der Landesbetrieb hat Schwierigkeiten, ausgebildete Fachkräfte zu finden.
Meine Damen und Herren, dass wir heute da stehen, wo wir sind, kann doch wirklich niemanden verwundern. Wenn man in den Umsetzungsbericht der heute vielgelobten Fachkräfteinitiative schaut, dann sieht man das: 2012 wurde diese Initiative ins Leben gerufen, also vor vier Jahren. Ich lese in dem zweiten Umsetzungsbericht, dass die aktuelle Umsetzung der Partner der Initiative darin besteht, den spezifischen Ursachen des prognostizierten Fachkräftemangels noch genauer auf den Grund zu gehen, passgenaue und zusätzliche Maßnahmen zu erarbeiten und diese kontinuierlich umzusetzen und stetig weiterzuentwickeln.
Nach meinem Verständnis sollten Maßnahmen vorher analysiert werden. Dann sollte man die Maßnahmen umsetzen. Man sollte aber nicht erst die Maßnahmen umsetzen und nachher einmal gucken.
Wie haben Sie denn entschieden, welche Maßnahmen Sie umsetzen? - Aus dem Bauch heraus oder tagesaktuell, weil sie sich gut angehört haben?
„Die Etablierung eines auf Indikatoren gestützten Monitorings für die langfristige Steuerung der Initiative steht noch aus. Eine Bewertung des Umsetzungsstandes der Initiative und die Anpassung des Maßnahmenkatalogs kann noch nicht zahlenbasiert und wirkungsorientiert vorgenommen werden.“
Meine Damen und Herren, ist das Ihr Ernst? Heißt das, die bisherigen Maßnahmen wurden nicht operationalisiert? Sie können gar nicht genau sagen, welche Maßnahme welche Auswirkung hat, feiern aber die großen Erfolge der Initiative? - Das muss doch ein Missverständnis sein, Herr Meyer.
Immerhin empfehlen die Mitglieder des Arbeitskreises eine Wirkungsmessung für alle Maßnahmen. Nach vier Jahren gelangt man also zu der Erkenntnis, dass eine Evaluierung der Maßnahmen sinnvoll wäre - Maßnahmen, die etabliert und umgesetzt wurden, obwohl die Ursachen noch nicht bekannt sind und man nicht weiß, ob sie zielführend sind? - Der Bericht grenzt an eine Farce, und ich frage mich, was in den letzten Jahren getan wurde, außer viel Papier zu produzieren?
Wir kennen das von dieser Regierung: Der Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention liegt auch seit drei Jahren erst im Entwurf vor. Ein Konzept zur flächendeckenden Sicherstellung der Geburtshilfe gibt es bis heute nicht. Von KoPers wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden. Wer Böses denken will, der könnte meinen, dass diese Regierung vieles gar nicht umsetzen will.
Sehr geehrter Herr Minister Meyer, es reicht nicht, den Weg nur zu weisen, Sie müssen ihn auch gehen. Es reicht nicht, wohlklingende Maßnahmen auf dem Papier festzuhalten, das hilft den Menschen hier im Land nicht weiter.
Ich kann nur hoffen, dass Ihren Worten jetzt schnell Taten folgen und wir den Fachkräftemangel in den Griff bekommen, denn es droht kein Fachkräftemangel, wir stecken mitten im Fachkräftemangel drin. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Bevor aus einem Berufsanfänger oder einem Quereinsteiger eine Fachkraft wird, vergeht eine ganz schön lange Zeit, Zeit, die der Be
schäftigte nicht hundertprozentig dem Betrieb zur Verfügung steht, sondern in der er erst einmal zuschauen und lernen muss. Dementsprechend machen sich einige Betriebe gar nicht erst die Mühe. Sie versuchen, ihre Abläufe weitgehend zu automatisieren, sodass sie mit angelernten Kräften auskommen. Andere Betriebe bilden prinzipiell nicht aus, weil sie die Kosten dafür nicht schultern wollen. Diese Betriebe werben lieber Gesellen aus dem Handwerk ab.
Diese Praxis funktionierte jahrelang ganz gut, bis die geburtenschwachen Jahrgänge den Arbeitsmarkt erreichten. Auf einmal hörte man Wehklagen über stornierte Aufträge, mangelnde Fachkräfte hätten das zu verantworten. Viele Betriebe waren damals nicht ganz ehrlich.
Das hat sich mit der Fachkräfteinitiative „Zukunft im Norden“ inzwischen grundlegend geändert, weil das Prinzip auf Gemeinsamkeit und Offenheit beruht. Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren ziehen Wirtschaftsverbände, Kammern, die Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften, Hochschulen und die kommunalen Landesverbände an einem Strang. Somit sind alle Akteure im Boot, die Einfluss auf den Arbeitsmarkt haben. Die Kammern kennen die genauen Zahlen und die Befindlichkeiten der kleinen und mittleren Betriebe, während die Gewerkschaften auf die Rahmenbedingungen guter Arbeit hinweisen.
So hat der Deutsche Gewerkschaftsbund beispielsweise im letzten Jahr über 400 Sylt-Pendler nach ihren Arbeitsbedingungen gefragt. Die Antworten fielen teilweise katastrophal aus bis hin zu eindeutigen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz. Drei Viertel aller Sylt-Beschäftigten im Reinigungsgewerbe und in der Gastronomie fühlen sich in ihrer Arbeit nicht wertgeschätzt. Da wundert es keinen, dass Kellnerinnen und Köche reihenweise andere Jobs suchen und die Insel verlassen. Die Folge sind freie Stellen in fast allen kleinen Gastronomiebetrieben zwischen List und Hörnum. Das ist aber kein Indiz für einen Fachkräftemangel, sondern das Ergebnis schlechter Rahmenbedingungen.
Andere Betriebe auf Sylt haben nämlich keine Rekrutierungsprobleme; bei ihnen stimmen die Rahmenbedingungen. In der Gastronomie muss sich noch eine Menge bewegen.
In der Fachkräfteinitiative wird so etwas angesprochen. Das gemeinsame Ziel lautet: eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik und die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen.
Das kann man in den entsprechenden Vereinbarungen nachlesen. Attraktive Rahmenbedingungen sind nämlich der Schlüssel zur Fachkräftebindung und Fachkräftegewinnung. Das gemeinsame Ziel, das alle beteiligten Akteure mit ihrer Unterschrift besiegelt haben: Schleswig-Holstein soll seinem Anspruch als Land der guten Arbeitsbedingungen gerecht werden.
Diese sind noch nicht in allen Branchen beziehungsweise allen Regionen erreicht. Aber der Tanker bewegt sich: Teilzeitmodelle, berufsbegleitende Ausbildungsgänge, Engagement für Frauen in der nachfamiliären Phase. - Da gibt es schon vieles.
Aber immer noch verlassen zu viele Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Abschluss. Dem Übergangsmanagement gilt darum unser aller Augenmerk. Wie das geht, zeigt sich in Neumünster mit der Jugendberufsagentur, die auch den Jugendlichen in den ersten Arbeitsmarkt hilft, die keinen Schulabschluss haben.
Eine andere Gruppe, die gefördert werden muss, sind die Beschäftigten, die 55 Jahre und älter sind. Wird jemand in diesem Alter arbeitslos, hat er oder sie kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Dabei sind doch die Fähigkeiten und Kenntnisse dieser Beschäftigten besonders wertvoll. Es ist zu begrüßen, dass die Fachkräfteinitiative diese Gruppe besonders im Blick hat.
Tausende von Beschäftigten werden in den nächsten Jahren in Rente gehen. Das ist ein Fachkräfteabfluss, wie es ihn historisch in Deutschland noch nicht gegeben hat. Davon ist nicht zuletzt auch die Landesverwaltung betroffen. Neue Beschäftigungs- und Qualifizierungsmodelle sind dringend vonnöten. Die Drogeriekette dm bietet zum Beispiel ein Ausbildungsprogramm speziell für Studienabbrecher an, auch eine Gruppe, die ein erhebliches Potenzial zur Lösung des Fachkräftemangels birgt. Ich bin davon überzeugt, dass andere Betriebe ähnliche Projekte in Gang bringen. Gut, dass wir die Fachkräfteinitiative haben, die solche Modelle weiter kommunizieren kann. - Jo tak.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Ich stelle zunächst fest, dass der Berichtsantrag zu a), Drucksache 18/4274, durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.
Abstimmung zu b): Der Ausschuss empfiehlt mit Zustimmung der Antragsteller, den Antrag für erledigt zu erklären. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die beherrschenden Themen des schleswig-holsteinischen Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2015 sind die Reaktionen politischer Extremisten auf die deutsche Asylpolitik sowie die Beschreibung der Gefährdungslage durch den Islamismus. Der islamistische Terrorismus stellt gegenwärtig die größte Gefahr für die innere Sicherheit dar. Die Anschläge von Paris im Januar und November 2015 und im März 2016 in Brüssel haben gezeigt, dass es auch in Europa jederzeit zu islamistisch motivierten Anschlägen kommen kann.