Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

Die UN-Konvention muss auch in Schleswig-Holstein mit Leben gefüllt werden. Dazu hat die Landesregierung in einem aufwendigen und mehrstufigen Prozess einen Weg eingeleitet. Ein erster Entwurf liegt vor und wird zurzeit in sechs Regionalkonferenzen mit den betroffenen Menschen in Vereinen und Verbänden diskutiert. Auch Sie, Herr Hase, sind eng in diesen Prozess eingebunden. Es ist eben unser Anspruch in Schleswig-Holstein, Beteiligung zu leben und Inklusion ernst zu nehmen.

Viertens: Arbeit. Arbeit ist mitunter das wichtigste Thema auch für Menschen mit Behinderung. Hier geht es um Inklusion und Integration in den ersten Arbeitsmarkt, aber ebenso auch um das neu gestartete Budget für Arbeit und die Situation in Werkund Arbeitsstätten und Integrationsfirmen. Politik und Arbeitgeber sollten den Fachkräftemangel auch als Chance begreifen und verstärkt qualifizierte Menschen mit Behinderung einstellen.

Fünftens ein wichtiger Grundsatz in unserem Land: die Barrierefreiheit - Barrierefreiheit in all ihren Dimensionen, Inklusion in der Schule, Inklusion in den Kommunen und auch - und gerade wichtig - in der Flüchtlingsfrage, damit eben auch Menschen mit Behinderung hier Unterstützung erfahren. Es gibt viel zu tun, packen wir es gemeinsam an.

Dann die genannten Arbeitsschwerpunkte: Im zweiten Bereich finden sich die Schwerpunkte. Auch da finde ich eine beachtliche Bilanz des Geleisteten aus den vergangenen zwei Jahren, da geht es um die Zusammenarbeit mit Landtag, Landesregierung, aber auch mit Kommunen, Werkstätten,

(Wolfgang Baasch)

Behindertenverbänden, mit den Institutionen hier in Schleswig-Holstein. Ihre Tätigkeiten für Menschen mit Behinderung reichen von konkreten Hilfen im Einzelfall, Fachveranstaltungen, über regionale Besuche bis hin zu dem einen oder anderen Gespräch hier in der Landtagskantine am Mittagstisch.

Der KRACH-MACH-TACH zeigt, dass Inklusion Spaß machen kann, und auch das ist ein wichtiger Aspekt. Er ist ein buntes, lautstarkes, gut gelauntes Fest in und um den Landtag. Er ist im Übrigen auch ein gutes Beispiel für Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung, denn die Menschen kommen hier vorbei, sind wie selbstverständlich mit den Behinderten zusammen und bauen und spielen auf Krach-MachInstrumenten, eine junge Bühne ist zu sehen. Das Gute daran: Gewinnen tun am Ende alle.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Am Ende des Berichtes hat der Behindertenbeauftragte seine aktuellen Stellungnahmen und Berichte zusammengestellt. Auf mehr als 32 Seiten kann jeder und jede nachlesen, was es zu Thema inklusive Hochschule zu sagen gibt, wie das Projekt barrierefreier Tourismus vorankommt, wie der echte inklusive Norden aussieht und wie die Zusammenarbeit mit den Fachverbänden funktioniert.

Lieber Uli Hase, es ist ein Bericht, der Lust und Spaß gemacht hat zu lesen, ein Bericht, der zeigt, dass Schleswig-Holstein auf einem guten Weg ist. Herzlichen Dank, auch wenn noch so viel zu tun ist und es auch immer ein Mehr gibt, was man tun kann. Es ist gut, dass es Inklusion in SchleswigHolstein gibt, und es ist auch gut, dass es einen so engagierten Beauftragten für Menschen mit Behinderung gibt. - Herzlichen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW, vereinzelt CDU, FDP und PIRATEN)

Das Wort für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Anita Klahn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Professor Dr. Hase, sehr geehrter Herr Magnussen, vielen Dank, dass Sie heute Abend noch hergekommen sind. Auch ich möchte Ihnen im Namen der FDP-Fraktion unseren Dank aussprechen und Sie bitten, das auch an Ihr Team weiterzugeben.

(Vereinzelter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN, PIRATEN und Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Der vorgelegte Jahresbericht 2013/2014 ist ausgesprochen interessant zu lesen. Das liegt sicherlich auch an dem neuen Layout, an der neuen Aufmachung und Gestaltung. Der Kollege Tietze hat das eben sehr ausführlich dargestellt. Ich würde den Wunsch aussprechen: Machen Sie das weiter so, das liest sich wirklich sehr angenehm.

Ich habe an einer Stelle eine Grafik gefunden, aus der hervorgeht, dass es ja doch immer noch zwei Kreise gibt, die anscheinend keinen aktiven Beirat für Menschen mit Behinderung haben, das sind der Kreis Plön und der Kreis Dithmarschen. Aber immerhin haben beide Kreise, das haben Sie auch dargestellt, inklusive Projekte. Ich habe eben meinen Kollegen gebeten, den Bericht doch einmal mit in den Kreis Dithmarschen zu nehmen.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP], Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Vielleicht fahren Sie dann auch einmal direkt nach Dithmarschen und werben dort persönlich. Unsere Unterstützung haben Sie!

Ich möchte gern einige Punkte hervorheben. Sie mahnen, wie schon oft, die gesellschaftliche Gesamtverantwortung zur Umsetzung des Inklusionsgedankens an den Schulen an. Herr Professor Dr. Hase, ich teile Ihre Auffassung, dass der Streit um Schulassistenten und den individuellen Rechtsanspruch auf Schulbegleitung nicht auf dem Rücken der betroffenen Familien ausgetragen werden darf.

Leider haben mich gerade erst wieder aus den Kreisen Nachrichten erreicht, dass es hier immer noch die unveränderte Bewilligungspraxis gibt, die zu Verunsicherung führt. Gerade hat mich ein Schreiben aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg, aus einem kleinen Ort, wirklich irritiert. Ich habe den Eindruck, an dieser Stelle haben Sie noch sehr, sehr viel zu tun.

Ebenfalls hat mich vor Kurzem die Nachricht erreicht, dass es bei der Besetzung der Schulassistentenstellen Kreise gibt, in denen das noch nicht erfolgt ist. Da würde ich gerne wissen, ob Sie informiert sind, wie diese Kreise dann mit dem erhöhten schulischen Unterstützungsbedarf umgehen und ob es richtig ist, dass diese Kreise dann noch zusätzliche Finanzmittel vom Land erhalten, und wie diese dann verwendet werden.

(Dr. Andreas Tietze)

(Beifall FDP und vereinzelt CDU - Zuruf Beate Raudies [SPD])

Ich würde mich auch freuen, wenn wir von der Ministerin im Sozialausschuss zeitnah einen aktuellen Bericht zum Umsetzungsstand der Schulassistenten bekommen könnten.

(Beate Raudies [SPD]: Sozialausschuss?)

- Ja, wir können auch im Bildungsausschuss darüber sprechen, wenn Ihnen das lieber ist. In beiden Ausschüssen?

Einen lang geforderten Punkt konnten wir in dieser Tagung endlich, auf unsere erneute Initiative hin und mit Unterstützung des Landesbeauftragten, klären: Das Prüfrecht für den Landesrechnungshof im Rahmen der Eingliederungshilfe ist beschlossen und wird eingeführt. An dieser Stelle danke ich den Koalitionären für die Unterstützung. Ich bin sehr gespannt auf die ersten Ergebnisse und darauf, ob wir gemeinsam einen Weg finden, den immensen Kostenanstieg zu bremsen.

Aktuell müssen wir uns mit einer neuen und besonderen Thematik beschäftigen: Flüchtlinge mit Behinderung sowie deren Bedarfe. Es ist zu hinterfragen, ob bei der Verteilung auf die Kommunen auf besondere Bedarfe Rücksicht genommen wird, und ob geschaut wird, ob die Kommunen in der Lage sind, diesen dann gerecht werden zu können, beziehungsweise frühzeitig informiert werden, damit sie reagieren können.

Lassen Sie mich auch noch kurz auf die Erarbeitung und Umsetzung des Aktionsplans für Menschen mit Behinderung eingehen. An dieser Stelle gebührt Ihnen, Herr Professor Dr. Hase, ganz erheblicher Dank.

(Beifall FDP)

Ihrer Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass wir jetzt so weit sind, dass etwas vorliegt, dass es Regionalkonferenzen dazu gibt.

Wir haben schon einmal persönlich darüber gesprochen: Das Zeitfenster erreicht wieder nur die Gruppe der Hauptamtlichen. Es ist aber ein Anfang, das ist ganz wichtig. Wir werden uns das Ergebnis anschauen, und dann werden Sie sicherlich dafür sorgen, dass es weiter geht.

Wichtig ist an dieser Stelle, den Blick in die Zukunft zu richten und zu hinterfragen, wie die Ressourcen zur Umsetzung des Aktionsplans aussehen. Wird es eine Verstetigung der ergriffenen Maßnahmen geben? Wie ist das ganze personell zu leisten, und wie wird es evaluiert?

Herr Professor Dr. Hase, Sie sind eine Stimme für Menschen mit Behinderung in unserem Land. Ich bin glücklich darüber, dass es Sie gibt. Ich kann mir nur wünschen und hoffe, dass Sie weiterhin laut bleiben, so wie auf dem KRACH-MACH-TACH, den wir demnächst wieder mit Ihnen gemeinsam begehen dürfen. Ich freue mich auf die weitere Beratung. - Vielen Dank.

(Beifall FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Volker Dorn- quast [CDU])

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat der Abgeordnete Wolfgang Dudda.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte meine Rede mit einem Zitat beginnen, das ich letzte Woche bei dem Besuch der Stiftung Drachensee den ganzen Vormittag über gehört habe. Aufgrund der netten Worte des Kollegen Jasper zur Kollegin Franzen fange ich aber mit etwas anderem an: Die Stiftung Drachensee hat mich ausdrücklich gebeten, der Kollegin Franzen die besten Grüße zu übermitteln und ihr mitzuteilen, dass sie jetzt schon fehle.

(Beifall PIRATEN und Karsten Jasper [CDU])

Der zweite Satz, der mir dort auf den Weg hierin mitgegeben wurde, war: Inklusion findet in den Köpfen statt. Das ist mir ausdrücklich mit auf den Weg gegeben worden, auch für die Debatte hier im Hause.

Das ist es, was die Menschen zuallererst wollen. Sie wollen mit ihren Handicaps und Stärken in die Gedanken anderer einbezogen werden. Das hört sich trivial an, ist aber gesellschaftspolitisch viel schwieriger zu erreichen als gedacht. Vor diesem Hintergrund danke auch ich Ihnen noch einmal für den Bericht. Das machen alle hier, es ist aber keine artige Pflichtaufgabe, sondern ehrliche Überzeugung. Ich werde es am Ende der Rede noch einmal machen.

Sie schreiben deutlich, dass man zwar vorankomme, dass es aber eine Daueraufgabe bleibe. Jetzt zitiere ich:

„Dennoch fehlt in weiten Kreisen der Gesellschaft ein Verständnis von Inklusion als Umsetzungspflicht für alle.“

(Anita Klahn)

Und weiter:

„Vor allem gilt dies für den Aspekt der Querschnittsaufgabe.“

Herr Professor Hase, ich darf Ihnen versichern: Wir sind an Ihrer Seite, wenn Sie diese Daueraufgabe lösen wollen.

(Beifall PIRATEN)

Wir unterstützen Sie auch bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Wir beide wissen, dass es da zwischen uns beiden im Gebälk mal etwas gekracht hat. Wir haben uns aber vor wenigen Wochen ganz vernünftig darüber unterhalten und sind eigentlich ja auch einer Meinung. Das eint auch.

Ein Aktionsplan ist gewiss gut. Wir hätten uns, wie Sie wissen, alle etwas mehr Biss und Engagement gewünscht.

(Beifall PIRATEN)

Wir hätten auch einer interministeriellen Arbeitsgruppe den Vorzug gegeben vor einer Stabsstelle für die Koordination, wie sie jetzt geschaffen worden ist. Das ist bekannt, weil wir das so auch in den Haushaltsanträgen gefordert hatten. Trotzdem wünsche ich natürlich dem jetzt vorgelegten Entwurf des Aktionsplans eine gute öffentliche Diskussion mit vielen engagierten Menschen.