Protokoll der Sitzung vom 10.06.2016

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, PIRATEN, SSW und Peter Lehnert [CDU])

Dass dieses Thema auch der CDU-Fraktion ein großes Anliegen ist, haben wir bereits 2014 mit einem Antrag zur Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen in der Hospiz- und Palliativpflege gezeigt. Aus der Diskussion zu diesem Antrag heraus ist der Runde Tisch Hospiz- und Palliativversorgung entstanden, der im Januar 2016 hier im Landeshaus stattgefunden hat. Meine Kollegin Birte Pauls hat das gerade eben auch schon in ihrer Rede erwähnt. Ich selbst war im Januar leider nicht mit dabei, habe mir aber berichten lassen, dass das Interesse bei den Haupt- und Ehrenamtlichen zu einem gemeinsamen Austausch sehr, sehr groß war.

Mit Ihrem Antrag greifen Sie diese Debatte auf und möchten den Bedarf an stationären Hospizplätzen ermitteln. Zusätzlich soll auf ein verbessertes Angebot hingewirkt werden. Das kann man nur unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ein Blick auf den demografischen Wandel zeigt uns heute schon: Der Bedarf ist enorm groß. Zu erheben, wie groß der Bedarf ist, ist sicherlich richtig. Gerade vor dem Hintergrund der geänderten Rege

lung zur Sterbebegleitung auf Bundesebene ist es zudem ein wichtiges Zeichen, die Hospiz- und Palliativversorgung in unserem Land weiterzuentwickeln.

Kommen wir zum zweiten Teil Ihres Antrags, die Einrichtung einer Koordinierungsstelle. Wir sollten uns ernsthaft fragen: Brauchen wir immer für alles seitens des Landes eine finanzierte Koordinierungsstelle, um ein Angebot zu verbessern? Ich glaube, wir brauchen das nicht.

Ich weiß, aus der Januar-Veranstaltung heraus wurde der Wunsch geäußert, den Runden Tisch regelmäßig zu etablieren, um eine bessere Planung und Vernetzung zu erreichen und Standpunkte in den verschiedenen Bereichen des Landes stärker auszutauschen. Der Hospiz- und Palliativverband hat dafür die Koordinierung angeboten. Warum sollten wir nicht auf diese Möglichkeit zurückgreifen?

Bei der Diskussion um die Weiterentwicklung des Hospiz- und Palliativbereichs sollten wir auch die Neuerungen durch das Hospiz- und Palliativgesetz des Bundes berücksichtigen. Ziel dieses Gesetzes ist eine verbesserte finanzielle Ausstattung der ambulanten und stationären Hospize und eine Sicherung der Qualität. Zudem wurden zusätzlich vergütete Leistungen eingeführt, die die Vernetzung zwischen den Akteuren verbessern soll. Inwieweit diese Maßnahmen greifen werden, bleibt abzuwarten.

Warum lassen wir die Landesregierung nicht erst den Bedarf und die Entwicklung durch das Hospizund Palliativgesetz ermitteln und tauschen uns dann über die Konsequenzen aus?

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank. - Für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Dr. Marret Bohn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Hast du Angst vor dem Tod?“ ist eine der drei Grundsatzfragen aus dem Beststeller „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky. Viele von uns reden nicht gern über den Tod, reden nicht gern über das Sterben, weichen eher aus, sie verdrängen.

Es gibt allerdings andere Situationen im Leben: Wenn ein enger Angehöriger oder wir selbst ster

benskrank werden, dann können wir das nicht mehr verdrängen, dann können wir alle froh und dankbar sein, dass es Menschen gibt, die uns unterstützen und auf dem Weg in den Tod begleiten.

Es ist wichtig, dass diese Hilfen - darauf wird der Kollege Dudda, nehme ich an, nach den Diskussionen im Sozialausschuss gleich noch einmal eingehen - überall in Schleswig-Holstein allen Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen. Schleswig-Holstein - das möchte ich hier ausdrücklich sagen - hat sich im Bereich Hospiz- und Palliativmedizin schon sehr früh auf den Weg gemacht. Nach unseren Recherchen ist schon 1989 in dieser Richtung eine Initiative auf den Weg gebracht worden.

Die bestehenden Angebote - das müssen wir auch einmal sagen, und das ist von der Kollegin Birte Pauls gerade eben aufgezählt worden - können sich auf den ersten Blick durchaus sehen lassen: 50 Hospizinitiativen, sechs stationäre Hospize mit 66 Plätzen, sechs Palliativstationen an Krankenhäusern mit 57 Betten. Zusätzlich wird in vielen Abteilungen der Inneren Medizin und Geriatrie ebenfalls eine palliativmedizinische Versorgung angeboten.

Ich freue mich besonders darüber, dass gerade am letzten Freitag die Einweihung der neuen Interdisziplinären Schmerz- und Palliativstation am UKSH in Kiel gewesen ist. Der Kollege Bernd Heinemann hat dort sehr persönliche Worte gefunden, und der Kollege Koch war auch dabei. Ich freue mich darüber, dass wir auch an unserer Uni-Klinik jetzt eine erweiterte Palliativstation zur Verfügung haben.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PIRATEN)

Mit anderen Worten: Das Fundament, auf dem wir aufbauen können, das Fundament der Hospiz- und Palliativversorgung in Schleswig-Holstein ist solide. Das zeigt auch der Bericht, den die Landesregierung 2014 vorgelegt hat.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei dem Sozialausschussvorsitzenden Peter Eichstädt, der den Runden Tisch zur Palliativmedizin organisiert hat, aus dem einige Anregungen hervorgegangen sind.

Wir dürfen uns aber auf dem, was wir bisher erreicht haben, in einer älter werdenden Gesellschaft nicht ausruhen. Wir müssen auf dem soliden Fundament, das wir haben, aufbauen. Aus diesem Grund möchten wir - das ist eines der zentralen Ergebnisse des Runden Tisches - das Angebot im stationären Bereich überprüfen lassen. Wir möchten genau sehen, in welcher Region in Schleswig-Hol

stein wir schon ganz gut aufgestellt sind und in welcher Region in Schleswig-Holstein wir noch nachbessern müssen, wo wir auf dem Fundament aufbauen müssen.

Sechs stationäre Angebote in einem Flächenland mit 15 Kreisen, da gibt es einige Bereiche, die noch nicht so gut versorgt sind, wie wir Sozial- und Gesundheitspolitiker uns das wünschen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Anteil älterer und sehr alter Menschen wird weiter zunehmen. Die Bedeutung der Sterbebegleitung, die nicht immer von den Familien geleistet werden kann, wird ebenfalls zunehmen. Gerade für Familien im ländlichen Raum ist es manchmal sehr schwierig, ihre Angehörigen regelmäßig zu besuchen. Deswegen würde ich mich freuen, wenn wir auf diesen Bereich einen besonderen Aspekt und ein besonderes Augenmerk legen könnten.

Auch die Koordinierungsstelle halte ich persönlich - wir können uns gern weiter darüber unterhalten - für einen sehr guten und wichtigen Baustein, weil die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aus meiner Sicht eine Ansprechstelle brauchen, eine Koordinierungsstelle, die sie bei ihrer Tätigkeit unterstützt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Hast du Angst vor dem Tod?“ - Ich hoffe, dass viele der Patientinnen und Patienten, die in der Hospiz- und Palliativbewegung unterstützt werden, diese Frage mit einem Nein beantworten können.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen mit Ihnen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW, PIRATEN und Klaus Schlie [CDU])

Nun hat für die Kollegen der FDP-Fraktion Frau Abgeordnete Anita Klahn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hospize sind Anlaufstelle und Zufluchtsort zugleich für Menschen, deren Leben unausweichlich zu Ende geht. Viele haben Angst vor einem langen Sterbeprozess, vor allem wenn er krankheitsbedingt mit großen Schmerzen verbunden ist. In dieser Situation steht eben nicht mehr die intensivmedizinische Versorgung an erster Stelle,

(Dr. Marret Bohn)

sondern immer die Linderung und vor allem die menschliche Zuwendung.

Überwiegend ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten die verständnisvolle Betreuung und kompetente Versorgung der Sterbenden, und sie unterstützen die Angehörigen in dieser Zeit des Abschiednehmens und oft auch in der anschließenden Trauerzeit. Dafür spreche ich den Ehrenamtlichen im Namen der FDP-Fraktion unseren besonderen Dank aus.

(Beifall FDP, CDU und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Dieses große ehrenamtliche Engagement ist das Herz der Hospizbewegung und darf deshalb auch in keiner Weise eingeschränkt werden. Wir haben aber auch eine große Verantwortung gegenüber diesen Ehrenamtlern. Sie benötigen Aus- und Fortbildungen, Veranstaltungen und Foren für Fachleute, Ehrenamtliche und Interessierte, sie brauchen selbst einen Schutzraum zum Gedankenaustausch, Ansprechpartner für die medizinischen, pflegerischen, psychosozialen Fragen des Hospizalltags und aktuelle Daten und Fakten zu Gesetzes- und Kostenregelungen sowie Kenntnis über Versorgungsstrukturen.

Die stationäre Hospizversorgung muss bedarfsgerecht ausgestaltet sein. Das gebietet die Achtung vor diesem höchstsensiblen Thema. Meine Fraktion unterstützt daher die im Antrag formulierte Bitte an die Landesregierung, den Bedarf an stationären Hospizplätzen für Schleswig-Holstein zu ermitteln. Korrigierend möchte ich zu den in der Begründung des Antrags vorgelegten Zahlen anmerken: Der Runde Tisch hat von 20 bis 25 Hospizplätzen pro 1 Million Einwohner gesprochen sowie von einem Bestand von 80 bis 100 Betten im Bereich hospizund palliativmedizinischer Versorgung. Da sind also nicht nur die stationären Hospize, sondern auch die Palliativstationen an Krankenhäusern, zum Beispiel auch die am UKSH, mit eingerechnet. Im Moment ist die genaue Zahl irrelevant; sie muss nur in einer Bedarfsberechnung nachvollziehbar begründet sein.

Auf die Schwierigkeit, eine verlässliche Bedarfsplanung überhaupt zu ermitteln, hat der Runde Tisch ja auch hingewiesen. Zumindest sollten wir ermitteln, ob es Regionen gibt, in denen ein besseres Angebot gebraucht wird.

Meine Damen und Herren, einige Fragen ergeben sich für mich zu der im Antrag geforderten Koordinierungsstelle. Es kann ja nicht darum gehen, Beratungs- und Versorgungsangebote für die Patienten

darüber zu koordinieren, da dies nach § 39 b SGB V von den Krankenkassen zu leisten ist. Der Anspruch für die Versicherten umfasst dabei auch die Übersicht über die regional verfügbaren Beratungs- und Versorgungsangebote und die entsprechenden Ansprechpartner. Ich frage daher, ob ich den Antrag richtig interpretiere, dass beabsichtigt ist, die geforderte Koordinierungsstelle im Sozialministerium zu schaffen.

Wenn ja, frage ich, ob es sich um eine zusätzliche Stelle handeln soll oder ob die Aufgabe durch bestehendes Personal abgedeckt werden kann. Denn der Geschäftsverteilungsplan des Sozialministeriums weist bereits aus, dass das Referat 22 auch für das Thema Hospizversorgung zuständig ist.

Ich gehe also davon aus, dass hier zumindest in Teilen schon eine koordinierende Funktion wahrgenommen wird. Zumindest besteht aber ein Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin, wenn ich es richtig gesehen habe, an die sich die Träger bei Fragen wenden können.

Oder soll es eine Koordinierungsstelle bei einem Dachverband neu geben? Wenn ja, bitte ich darum, uns über die genaue Ausgestaltung, den Aufgabenbereich, die Rechtsform und die genaue Etatisierung aufzuklären. Hamburg investiert für eine solche Stelle jährlich 70.000 €.

Ich will deutlich machen, dass meine Fraktion eine Koordinierungsstelle nicht ablehnt. Sie könnte sogar sehr wirkungsvoll sein. Sie muss nur einen echten Unterstützungsbeitrag für das Hospizwesen leisten. Dazu müssen die von mir genannten Details geklärt werden.

Ich beantrage daher, diesen Punkt zur weiteren Beratung in den Sozialausschuss zu überweisen. Außerdem beantrage ich, den ersten Satz des Antrags in der Sache abzustimmen, damit die Landesregierung an die Arbeit gehen kann.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Vielen Dank. - Für die Piratenfraktion hat Herr Abgeordneter Wolfgang Dudda das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Koalition für diesen notwendigen, wichtigen und guten Antrag. Wenn ich jetzt einige Anregungen gebe, dann sind diese nur positiv kriti

(Anita Klahn)