Protokoll der Sitzung vom 20.07.2016

(Zuruf Torge Schmidt [PIRATEN])

Wenn man sich das anschaut, so stellt man fest auch ich fahre gelegentlich als Grüner mit dem Auto und höre dort begeistert Radio -: Man kann heute schon durch die Verkehrsnachrichten im Radio sehr viel erfahren. Aber wenn man dahinter schaut, stellt man fest: Tatsächlich ist es dieses Verkehrsmeldesystem TCM -

(Zuruf PIRATEN: TMC!)

- TMC. Darauf heben Sie ab. TMC steht für Traffic Message Channel. Ich weiß schon, was das heißt. Das ist ein digitaler Code über UKW. Dieser TMCCode ist begrenzt. Man kann nur bestimmte Staus für ganz Deutschland dort hinterlegen, in der Regel auf den Hauptstrecken.

Dabei legen Sie den Finger schon in die Wunde. Ich frage mich allerdings auch - das wundert mich ein wenig -, wenn Sie sich auf diese Technik kaprizieren und den UKW-Funk ansprechen: Wie zukunftsträchtig ist eigentlich der UKW-Funk? Ich weiß, dass der UKW-Funk nur noch zeitlich begrenzt funktioniert. Die Frage wird sein: Wird es künftig in den Autos so sein, wenn wir über die Digitalisierung des Autofahrens und vielleicht irgendwann einmal über die Digitalisierung von Straßen reden - das ist in einigen Bundesstaaten der USA schon der Fall -, dass es eine lückenlose Spur gibt, wie wir uns bewegen - nicht nur im Netz, sondern auch in der realen Welt? Da muss man sich sehr genau die Frage stellen, ob das sinnvoll ist oder nicht.

Aber noch einmal: Es ist sehr komplex. Zeitnahe Eingaben sind nicht möglich. Ich habe sogar recherchiert, dass bei den Location-Code-Lists die europäische Ebene betroffen ist, also die Traveller Information Services Association, TISA, die zusätzliche Plausibilitätsprüfungen mit eigenen Zertifizierungen vornimmt. Alles ist sehr komplex.

Aber da Sie hier das Thema aufgreifen, möchte ich festhalten, dass wir uns bei dieser Frage erst einmal gemeinsam schlaumachen müssen. Es geht nicht nach dem Motto: Wenn es um das Internet geht, sind die PIRATEN schlau und alle anderen doof. Vielmehr geht es um das Thema: Was läuft wirklich besser bei den Verkehrsträgern und bei der Verkehrsinformation? Positives Beispiel ist übrigens für mich die Luftfahrt. Mit einem Smartphone können Sie das „Flightradar“ beobachten und schauen, wie das funktioniert. Das ist sehr gut ein

geführt. Bei der Schifffahrt ist es übrigens ähnlich. Ich habe festgestellt, dass der ICE, wenn er über die Grenze zum Beispiel nach Dänemark oder in die Niederlande fährt, einfach vom Radar verschwindet. Man kann das in Deutschland noch einigermaßen gut beobachten, aber international ist das natürlich nicht auf dem neusten Stand.

Mit Ihrem zweiten Antrag rennen Sie bei uns offene Türen ein. Wir finden Mobilitätsinformationssysteme sinnvoll und brauchen die, die einfach und die mit Blick auf die Datenhinterlegung sicher sind, die aber vor allen Dingen für die Menschen praktikabel sind. Deshalb lohnt sich ein Blick in § 40 des Personenbeförderungsgesetzes, in dem nämlich steht:

„Der Fahrplan muß die Führung der Linie, ihren Ausgangs- und Endpunkt sowie die Haltestellen und Fahrzeiten enthalten.“

Das ist für mich eine Banalität. Dann steht darin:

„Fahrpläne und Fahrplanänderungen sind vom Unternehmer ortsüblich bekanntzumachen. Ferner sind die gültigen Fahrpläne in den zum Aufenthalt der Fahrgäste bestimmten Räumen anzubringen. An den Haltestellen sind mindestens die Abfahrtszeiten anzuzeigen.“

Das ist natürlich ein Gummiparagraf. Nicht selten wird irgendwo ein Zettel an die Bushaltestelle gehängt, der bei schlechter Beleuchtung nachts überhaupt nicht lesbar ist. Da haben wir, glaube ich, auch Handlungsbedarf.

Drittens heißt es - das ist ein wichtiger Punkt -:

„Der Unternehmer ist verpflichtet, der Genehmigungsbehörde auf deren Anforderung die Fahrplandaten in einem geeigneten elektronischen Format zur Kontrolle der Einhaltung der Fahrplanpflichten sowie zur Nutzung in unternehmensübergreifenden Auskunftssystemen zeitgerecht und“

- jetzt kommt es

„unentgeltlich bereitzustellen.“

Da sind bereits Rahmenbedingungen vorhanden, und wir müssen nichts ändern, sondern wir müssen fragen: Wie können wir diese bunte Vielfalt der Verkehrsverbände dahin bringen, dass sie wirklich die Informationen an die Kunden bringen? Da bin ich wirklich auf Ihrer Seite. Daran müssen wir arbeiten. Da ist aber auch schon das Ministerium sehr weit. Da haben sie Fördergelder eingestellt. Da muss man ihnen auch nicht erklären, dass sie sich

(Dr. Andreas Tietze)

auf den Weg machen müssen. Da sind wir schon sehr weit.

Ich komme zum Schluss und stelle fest:

Erstens. Die PIRATEN haben das Rad nicht erfunden.

(Zurufe PIRATEN)

Zweitens. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in geeigneter Weise vorhanden.

Drittens. Informationen in Echtzeit sind wichtig für die Reise.

Viertens. Die Technik dazu existiert.

Fünftens. Im öffentlichen Verkehr gibt es die ersten Ansätze.

Sechstens. Diese sind aber noch sehr lückenhaft.

Siebtens. Wenn wir das voranbringen wollen, müssen wir unsere Behörden und unseren Minister unterstützen. Wir müssen auch die NAH.SH unterstützen, damit sie stärker aktiv werden kann.

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

Lassen Sie uns im Wirtschaftsausschuss beraten vielleicht weniger technisch, sondern mehr politisch -, wie wir das auf den Weg bringen. Dann wird auch etwas daraus. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Oliver Kumbartzky das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die FDP-Fraktion steht den PIRATEN-Anträgen positiv gegenüber, denn wir befürworten alle verantwortbaren Maßnahmen, die den Austausch von Mobilitätsinformationen fördern und den Verkehr in unserem Bundesland damit flüssiger machen.

Mehr Informationen für die Verkehrseilnehmer über Navigationssysteme und Apps sind selbstverständlich absolut sinnvoll, aber sie müssen auch bei den Verkehrsteilnehmern ankommen. Das heißt, das Land muss alles in seiner Macht Stehende tun,

um beispielsweise kostenfreies WLAN schnell und massiv auszubauen und gemeinsam mit den Betreibern von Mobilfunknetzen diese zu verbessern. Da gibt es in Schleswig-Holstein leider noch viele Lücken, die unbedingt geschlossen werden müssen.

Aber der Kern der Debatte ist gar nicht einmal die Weitergabe von Verkehrsdaten, sondern es geht um die Verbesserung der Verkehrssituation in unserem Bundesland sowie die Vermeidung von Staus. Dabei gibt es in Schleswig-Holstein unglaublich viel zu tun. Das Bundesfernstraßennetz ist in Schleswig-Holstein in einem besonders schlechten Zustand, das Landesstraßennetz sowieso, und die kommunalen Straßen werden durch eine falsche Schwerpunktsetzung der Landesregierung gerade in unverantwortlicher Weise auch noch kaputtgespart. Der Sanierungsstau ist also auf allen Ebenen enorm.

(Vereinzelter Beifall FDP - Hartmut Hame- rich [CDU]: Tosender Beifall! - Dr. Ralf Stegner [SPD]: Fulminante Unterstützung Ih- rer Position!)

Nicht wenige Baustellen, die wir derzeit ertragen müssen, hätte man durch vernünftige Erhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit vermeiden können. Darunter sind auch viele Operationen am offenen Herzen. Daraus sollte man für die Gegenwart und für die Zukunft lernen.

Schauen wir auf die Nachrichtenlage. Gerade gestern musste die A 1 zwischen Ratekau und Sereetz im Kreis Ostholstein überraschend voll gesperrt werden, weil die Fahrbahn - das war für den Landesbetrieb offenbar auch völlig überraschend derart stark beschädigt war, dass es dort Gefahr im Verzug gab. Solche Beispiele sollten uns wirklich warnen.

Wir brauchen in Sachen Informationsfluss eine schnellere und umfangreichere Weitergabe von Verkehrsdaten für Navigationssysteme und entsprechende Apps. Wir brauchen aber noch viel dringender weniger Staus und Verspätungen und viel weniger Ärger für die Verkehrsteilnehmer. Dafür brauchen wir ein besseres Baustellenmanagement des Landes und eine bessere Überprüfung der Fahrbahnen, Brücken und Tunnel durch die zuständigen Behörden. Man könnte viele Staus vermeiden, wenn die Straßenbaubehörden umfassender über den Zustand ihrer einzelnen Bauwerke und Fahrbahnen Bescheid wüssten.

Beispiele sind die A 21 und noch viel mehr die A 1, die anders als angekündigt noch während der A7-Baumaßnahme saniert werden muss, weil der Zu

(Dr. Andreas Tietze)

stand schlechter ist als ursprünglich gedacht. Auch beim Rendsburger Kanaltunnel und bei der Rader Hochbrücke war und ist das ein großes Problem.

Meine Damen und Herren, ein wirkliches Riesenproblem ist aus unserer Sicht auch das Baustellenmanagement, das in Schleswig-Holstein leider mehr schlecht als recht funktioniert. Da brauchen wir endlich eine frühzeitigere Information der Verkehrsteilnehmer sowie der Verbände, eine bessere Abstimmung mit den Behörden des Bundes und vor allen Dingen mit den Kommunen, damit sich alle Beteiligten frühzeitig auf unvermeidbare Baustellen einrichten können.

So könnten viele Staus und damit auch volkswirtschaftliche Schäden mit wenig Aufwand vermieden werden. Da muss der Landesbetrieb zum Beispiel auch dem Tourismusland Schleswig-Holstein mehr gerecht werden. Dieses Thema ist nämlich wirklich auch ein touristisches Thema. Wir könnten den Anträgen der PIRATEN heute zustimmen. Natürlich würden wir auch einer Ausschussüberweisung zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat Herr Abgeordneter Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Staus und Verkehrsbehinderungen führen Tag für Tag zu stressigen und gefährlichen Situationen auf unseren Straßen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich: Überlastete Straßen, Verkehrsbehinderungen durch Sanierungsmaßnahmen, Unfälle oder Fehlverhalten der Autofahrer führen immer wieder zu Situationen auf unseren Straßen, die teilweise an die Belastungsgrenzen der Verkehrsteilnehmer gehen.

Jeder von uns kennt die Situation: Man steht im Stau, und es geht nicht voran. Das ist Lebenszeitvernichtung und zudem ein volkswirtschaftlicher Schaden, der kaum zu beziffern ist.

Wie also lassen sich solche Situationen reduzieren? Ganz und gar verhindern lassen sie sich derzeit nicht. Also müssen wir das nutzen, was derzeit technisch möglich und machbar ist, um die Situation auf den Straßen hinsichtlich der genannten Problematik zu verbessern.