Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

(Minister Dr. Robert Habeck)

Landschaftsräume, aber in dieser Region machen wir sie nicht. - Das muss für das ganze Land gelten.

Das ist das Problem der CDU. Ich finde es total wünschenswert, dass die Windkraftanlagen 1.200 m weg von den Ortschaften errichtet werden. Keiner hier im Saal wird etwas anderes sagen. Ich fände es sogar super, wenn es sie gar nicht gäbe und der Strom einfach durch Luftwallungen produziert werden würde.

(Lars Harms [SSW]: Das gibt es in der CDU!)

Wenn man sich aber daran hält, dann wäre es lauter, wenn Sie sagen würden nach den Vorträgen im Wirtschafts- und Umweltausschuss, welche Kriterien Sie aufgeben wollen. Das müssen Sie dann aber auch sagen, aber nicht vereinzelt da und da, sondern Sie müssen das Urteil in der Logik ernst nehmen und Kriterien für das ganze Land festlegen. Dann sagen Sie doch - Sie haben es ja angedeutet -, dass Sie den Artenschutz nicht wollen. Dann gibt es eben keinen Schutz für Seeadler. Dann ist das so. Dann gibt es keinen Schutz für Fledermäuse und keinen Schutz für die Küstenstreifen. Das haben Sie ja angedeutet. Dann schreiben Sie das aber auch einmal auf und diskutieren das genauso transparent mit den jeweils Beteiligten.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Was aber nicht geht, ist zu sagen: Wir wollen möglichst weit weg, aber nicht in den Repowering-Gebieten. - Auch da sind Sie nicht sauber in der Argumentation. Die Hauptargumentation, die Sie ja nach außen vertreten, ist: möglichst große Abstände. Gleichzeitig fordern Sie aber, dass in den Repowering-Gebieten an die Ortschaften gebaut werden darf. Sie wollen also gleichzeitig weiter weg und dichter dran. Das ist keine konsistente Politik.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt SPD)

Das nächste Problem ist schwieriger, weil es sich nicht mit dem objektiven Rahmen beschäftigt, mit dem wir uns jetzt alle hier herumplagen müssen. Das bezieht sich vor allem auf die subjektive Wahrnehmung der Menschen. Das sind die Ängste vor Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Windkraftanlagen. Das betrifft die Themen Lärm und Infraschall.

Der messbare Lärm wird geregelt durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz sowie in der TA Lärm. Das wird gerade novelliert unter Mithilfe des Landes Schleswig-Holstein, weil wir damit Erfahrun

gen gemacht haben. Das sind objektive Lärmwerte, bei denen man von der Situation eines gesunden Schlafes bei einem teilweise offenen Fenster ausgeht. Es ist richtig, dass große neue Anlagen immer wieder eine Überprüfung dieser Werte nach sich ziehen. Da ist die Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft auch dran. Im Herbst werden diese Werte vorliegen.

Noch schwieriger ist es mit dem Infraschall, also einem nicht wahrnehmbaren Schall, der dann eine subjektive Wahrnehmung schafft. Das ist ja auch eine Wirklichkeit. Man kann ja nicht in Abrede stellen, dass Leute sagen: Ich fühle mich bedrängt, bedroht. Ich kann nicht schlafen, seitdem die Anlagen da stehen. - Schwierig ist aber, dass man sie nicht so einfach objektivieren kann, weil es keine genormten Verfahren und auch keine Messverfahren gibt.

(Zuruf Uli König [PIRATEN])

Bei dem Vortrag auf dem Kongress wurde erzählt, dass in Baden-Württemberg kein Unterschied zwischen stillgelegter Anlage und laufender Anlage auf die Schlafstörungen der Menschen feststellbar war. Wir befinden uns also sehr weit im Bereich des Nichtgreifbaren.

Um Abhilfe zu schaffen, werden wir für das nächste Jahr - wir sind gerade dabei, die Ausschreibung vorzubereiten; das ist ziemlich teuer, deswegen muss sie nach den Spielregeln vernünftig ausgeschrieben werden - ein Gutachten in Auftrag geben, das sowohl die Lärmmessungen über die gesamte Vegetationsperiode bei großen und kleinen Anlagen inklusive Infraschall zu objektivieren versucht. Das Problem ist aber, dass der Infraschall inkludiert sein soll. Wir müssen in den Innenräumen messen. Wir müssen berücksichtigen, dass die Häuser entweder eine verstärkende oder eine abschirmende Wirkung haben. Wir müssen erst einmal den Hintergrund abschirmen, da man den Schall ja nicht messen kann. Deshalb müssen wir ein Verfahren finden durch ein Institut, das den normalen Umgebungslärm so weit abschirmt, dass das nicht Messbare irgendwie erkennbar ist.

Das alles ist nicht trivial hinzubekommen. Wir versuchen das. Wir schreiben das jetzt aus. Im Jahr 2017 soll das durchgeführt werden. Schneller sind wir nicht. Niemand ist aber schneller, weil es dafür keine belastbaren Gutachten gibt. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

(Minister Dr. Robert Habeck)

Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 3 Minuten 30 Sekunden überzogen. Diese Zeit steht nun auch den Fraktionen zur Verfügung.

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Patrick Breyer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss zum einen auf die infamen Äußerungen des Energiewendeministers eingehen und zum anderen auf den Interessenskonflikt von Herrn Matthiessen. Natürlich kann man berufliche Erfahrungen haben, aber man darf nicht die Menschen vor Ort beschimpfen, die legitime Interessen vertreten.

Dass dann Herr Habeck gar meinen Umgang mit der Wahrheit kritisiert und das in Verbindung mit meiner Berufstätigkeit verbindet, ist infam und eine Unverschämtheit. Das muss ich hier so sagen.

(Zuruf SPD: Ach?)

Ich habe in meiner Rede ausdrücklich gesagt, Herr Habeck, und Sie haben es sehr wohl gehört, dass es trotz der Bedenken des Wissenschaftlichen Dienstes auch Juristen gab, die Möglichkeiten gesehen haben, den Bürgerwillen umzusetzen, und dass deswegen unser Gesetzentwurf eine Grundlage ist, um darauf aufzubauen und Wege zu finden, wenn Sie nicht die Beratung abgebrochen hätten. Das habe ich ausdrücklich gesagt.

Natürlich muss man den Mut haben, wenn man den Bürgerwillen umsetzen will und die gesetzlichen Grundlagen ändern möchte, die dem Gerichtsurteil zugrunde liegen, das Sie zitiert haben, neue Wege zu gehen. Das geht nicht, wenn man in alten Bahnen denkt und an ihnen festhält.

Ausgerechnet uns PIRATEN als Bürgerrechtspartei vorzuwerfen, die Verfassung zu verletzen,

(Widerspruch bei der SPD)

und das als grüner Minister, ist schon reichlich merkwürdig. Waren es nicht die Grünen, die zum Beispiel einem Gesetz zur Bestandsdatenauskunft zugestimmt haben, was als verfassungswidrig befunden worden ist, die dem Abschuss von Passagierflugzeugen im Bundestag zugestimmt haben, was als verfassungswidrig befunden worden ist, die dem Abruf von Kontodaten zugestimmt haben? Auch das wurde in Karlsruhe gekippt. Ausgerechnet uns vorzuwerfen, die Verfassung zu verletzen, ist wirklich vom Mond.

(Beifall Uli König [PIRATEN] - Zurufe SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Meine Damen und Herren, bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüßen Sie gemeinsam mit mir die Mitglieder des SPD-Ortsvereins Stockelsdorf. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir kommen zur Abstimmung, zuerst über den Gesetzentwurf der Fraktion der PIRATEN Drucksache 18/3941. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Abgeordneten des SSW und die Abgeordneten der CDU. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN. Wer enthält sich? Das sind die Abgeordneten der FDP-Fraktion. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 18/3941 abgelehnt.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung zu b), Antrag der FDP, Drucksache 18/4423, sowie Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/4474. Da die Ausschussüberweisung nicht beantragt worden ist, gehe ich davon aus, dass wir in der Sache abstimmen? - Das ist der Fall. Dann machen wir das folgendermaßen. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich schlage daher vor, abweichend von der Geschäftsordnung den vorliegenden Änderungsantrag zu einem selbstständigen Antrag zu erklären. - Widerspruch sehe ich dazu nicht. Dann werden wir so verfahren.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/4423. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von PIRATEN, CDU und FDP. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW, Drucksache 18/4474, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von

SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von PIRATEN, CDU und FDP. Damit ist dieser Antrag angenommen.

- Ich habe nicht gesehen, dass sich hier jemand gemeldet hat.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] erhebt sich vom Platz, um eine persönliche Erklärung abzugeben)

- Nun lassen Sie uns erst einmal abstimmen, danach können Sie eine persönliche Erklärung abgeben.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich kenne das Verfahren, dass es nach der Abstimmung möglich ist!)

- Das habe ich auch gesagt. Deswegen stimmen wir jetzt ab. Und nach der Abstimmung dürfen Sie dann Ihre persönliche Erklärung abgeben, von der ich jetzt weiß, dass Sie sie durchführen wollen.

Wir kommen also zur Abstimmung zu c), Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/4249 (neu). Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten von CDU und FDP. Wer enthält sich? Das sind zwei Abgeordnete der Piratenfraktion. Damit ist der Antrag Drucksache 18/4249 (neu) abgelehnt.

Dann kommen wir zur Abstimmung zu d), Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 18/4271 (neu), sowie Änderungsantrag der Fraktion der PIRATEN, Drucksache 18/4297. Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Änderungsantrags Drucksache 18/4297. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Abgeordneten des SSW. Wer ist dagegen? - Das sind die Abgeordneten der Fraktionen von PIRATEN, CDU und FDP. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 18/4297 -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir wollten uns zu diesem Antrag enthalten!)

- Ja, dafür habe ich Verständnis. Dann müssen Sie auch so abstimmen, Herr Fraktionsvorsitzender.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Danach haben Sie gar nicht gefragt!)

- Habe ich nicht gefragt?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein!)

- Das ist dann mein Versehen, Herr Fraktionsvorsitzender. Wer enthält sich? - Das sind die Abgeordneten der FDP-Fraktion. Vielen Dank, dann ist es jetzt auch so korrekt im Protokoll festgehalten. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 18/4297 abgelehnt.

(Christopher Vogt [FDP]: Wir danken Ih- nen!)