Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

Gut, bitte.

Herr Kollege, ist Ihnen bekannt, dass sich auch die SPD in der Umfrage des Wahl-o-Maten zur Landtagswahl 2012 für eine Erweiterung des HVV ausgesprochen hat?

(Beifall PIRATEN und FDP - Christopher Vogt [FDP]: Was? Das ist ja ungerecht ge- genüber den anderen Kreisen!)

Das war mir in der Tat nicht bekannt. Ich bin dankbar für die Information.

(Christopher Vogt [FDP]: Versprochen - ge- brochen! - Beifall FDP)

Das waren sie zu Recht. Denn es gibt viele gute Argumente. Wir haben jetzt die Finanzierungsfrage geklärt. Auch der ÖPNV-Zweckverband Steinburg hat sich ganz klar positioniert. Deswegen war ich wirklich sehr überrascht über den Änderungsantrag der Koalition, der gestern vorgestellt worden ist.

Das Vorhaben der Koalition, mit Hamburg und Niedersachsen über einen gemeinsamen Tarif zu reden, ohne dass dieser die Tarifunterschiede in der Metropolregion und die mangelnde Berücksichtigung des Kreises Steinburg auf den Hamburger Fahrplänen beseitigt, ist wirklich nichts weiter als eine Nebelkerze. Sie wollen damit nur auf Zeit spielen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP, PIRATEN und vereinzelt CDU - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Meine Argumente waren stark, Ihre sind schwach!)

- Auch Ihre Argumente, Herr Tietze, waren wirklich äußerst schwach.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Das gilt auch für die Argumente von Herrn Vogel. Herr Vogel sagte beispielsweise, es fahre kein Zug mehr. - Die Steinburger wissen, dass durch den

(Dr. Andreas Tietze)

HVV kein Zug mehr fährt. Aber darum geht es nicht. Es geht doch darum, ob ein erheblicher Nachteil für den Kreis Steinburg endlich ausgebügelt wird. Das ist des Pudels Kern.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN - Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nehmen Sie sich einmal die Karte vom HVV und schlagen Sie einen Kreis um Hamburg herum. Dann sehen Sie: Das ist fast ein gleichmäßiger Kreis außer Steinburg. Das ist wie ein runder Keks, von dem einmal abgebissen worden ist. Das ist kein ganzer Kreis. Steinburg liegt ganz nah dran. Ich finde: Es ist wirklich gerecht, wenn Steinburg jetzt dem HVV beitreten würde.

Herr Abgeordneter Kumbartzky, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Tietze?

Nein, die gestatte ich jetzt nicht. Ich fahre weiter fort.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU - Dr. Hei- ner Garg [FDP]: Bravo!)

Es geht auch um die Frage, ob sich die zusätzlichen Regionalisierungsmittel im SPNV auf die östliche Landeshälfte konzentrieren werden oder eben nicht. Der Minister stellt sich jeden Sonntag hin und erklärt immer wieder in Sonntagsreden: Wir wollen die Westküste stärken.

(Beifall PIRATEN)

Dann sagt dieser Minister: Die Opposition nölt nur herum. - Heute präsentieren wir Ihnen auf dem Silbertablett einen Antrag, mit dem sie die Westküste endlich einmal wirklich stärken können.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN - Zuruf Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Tietze, dass der Kreis Steinburg zuletzt mit der Einschränkung des Bahnangebots in Glückstadt und seit Langem wegen der mangelnden Zugehörigkeit zum HVV benachteiligt wird, ignorieren der Minister und die Koalitionen nach wie vor. Erklären Sie uns doch bitte, Herr Dr. Tietze, Herr Meyer, warum Steinburger Pendler unverhältnismäßig mehr bezahlen müssen als zum Beispiel Segeberger oder Stormarner. Dann kommen Sie nicht mit dem Jobticket.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] winkt ab)

Dieses Steinburg-Jobticket ist nämlich nur ein Trostpflaster. Aber nach Jahren haben nur die Allerwenigsten davon Gebrauch gemacht, erstens.

Zweitens. Es ist nur aus dem Stückelungspreis aus HVV-Proficard und Schleswig-Holstein-Ticket auf die Reststrecke angerechnet. Es bleibt also teurer als eine HVV-Proficard für die vierte oder fünfte Tarifzone. Deswegen nutzt niemand dieses Angebot. Zudem fällt ein Vergleich immer zugunsten der HVV-Proficard aus, weil viele Arbeitnehmer diese sehr stark rabattiert bekommen.

Meine Damen und Herren, das HVV-Tarifgebiet ist Zuzugsregion. Das ist eindeutig belegbar. In Niedersachsen, gerade aus der „zweiten“ oder „dritten“ Reihe von Hamburg aus bis Lüneburg, teilweise sogar bis in den Heidekreis und bis LüchowDannenberg. Mit einem HVV-Beitritt würde Steinburg gleichziehen.

Im Übrigen ist auch die Aussage von Minister Meyer heute in der Presse absolut erschreckend. Er sagt: „Es wird nicht günstiger für die Pendler“, als er den heute vorliegenden Antrag vorstellte. Das heißt doch im Umkehrschluss, dass die Idee, die Sie hier eben ziemlich unkonkret verteidigt haben, Herr Dr. Tietze, dass die Segeberger, die Stormarner und die Pinneberger in Zukunft mehr zahlen müssen. Das will Ihr Antrag.

(Zurufe: Genau!)

Wir stehen in einem Standortwettbewerb mit Niedersachsen. Deswegen sollten wir die Rahmenbedingungen zugunsten von Steinburg verbessern. Ein HVV-Beitritt tut wirklich not. Er hat auch Auswirkungen auf die Steinburger Unternehmer, für die es leichter wird, Hamburger Menschen für sich als Arbeitnehmer zu gewinnen.

Wir Freie Demokraten sagen Ja zu einem HVVBeitritt Steinburgs. Verkehrs- und Standortpolitik müssen nicht nur zusammengedacht werden, sondern sie sind auch zusammen zu realisieren. In unserem Antrag sehen Sie, wie es geht.

Im Übrigen hat auch der Hamburger Senat auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsfraktion bereits grünes Licht für einen HVV-Beitritt Steinburgs signalisiert. Ich frage mich also, warum Sie hier dieses Theater aufführen, Herr Dr. Tietze, Herr Vogel, liebe Freunde von der Koalition.

(Zurufe SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Oliver Kumbartzky)

Beim Fußball würden Sie für Ihren Antrag gleich zwei gelbe Karten bekommen: eine für Zeitspiel, eine andere für Schwalbe. Wenn man zwei gelbe Karten hat - das muss ich Ihnen nicht erklären -, fliegt man vom Platz. - Danke.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN - Zurufe SPD)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt der Herr Abgeordnete Flemming Meyer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Als Minister Meyer Ende letzter Woche verkündet hat, wie viel Geld SchleswigHolstein aus den Regionalisierungsmitteln bekommen wird, war das eine gute Nachricht für den ÖPNV im ganzen Land. Durchschnittlich 30 Millionen € mehr stehen uns bis zum Jahr 2031 zur Verfügung als in den vergangenen Jahren. Dazu kommt die Deckelung der Stations- und Trassenpreise, die die Ausgaben des Landes begrenzen werden. Das schafft Planungssicherheit für einen langen Zeitraum.

Zu diesem hervorragenden Ergebnis beglückwünschen wir Minister Meyer, der dies für unser Bundesland ausgehandelt hat.

(Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Ebenso ist der von Minister Meyer ausgehandelte Kieler Schlüssel ein Erfolg, weil er die Verteilung der Regionalisierungsmittel künftig dadurch gerechter macht.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All dies kommt unserem Land zugute.

Auch wenn die Mittel künftig steigen werden, sind sie nicht endlos. Die Wunschliste ist lang. Daher ist es wichtig, sich genau zu überlegen, in welche Projekte und Maßnahmen das Geld gesteckt werden soll.

Wenn wir erreichen wollen, dass mehr Menschen als bisher ihre Autos stehen lassen und stattdessen die Angebote des ÖPNV stärker nutzen, müssen wir den ÖPNV attraktiver machen. Attraktivität schaffen wir durch Qualitätsverbesserungen. Dazu gehören Pünktlichkeit der Züge, bessere Fahrgastinformationen und mehr Komfort. Das ist nicht für lau zu bekommen, sondern das kostet Geld.

Minister Meyer hat bereits ankündigt, hierfür einen Teil der Mittel aufzuwenden.

Darüber hinaus fließen die Gelder in Infrastrukturprojekte wie beispielsweise S 21 und S 4 oder auch die Reaktivierung der Strecke Geesthacht-Nettelnburg. Auch die Verbindung Kiel-Lübeck soll verbessert werden. Geplant ist, zwischen Itzehoe und Brunsbüttel einen Schnellbus einzusetzen. So weit, so gut.

Wenn wir über Verbesserungen bestehender Verbindungen sprechen, reden wir über Verbesserungen, die bei den Menschen im ganzen Land ankommen. Das soll heißen: wir setzen uns dafür ein, dass Berufspendler, Studierende oder Menschen in besonderen Lebenslagen künftig stärker berücksichtigt werden. Damit meine ich beispielsweise, dass wir Berufspendler berücksichtigen wollen.

Ich möchte gerne auf die vielen Menschen hinweisen, die sich Tag für Tag auf den Weg nach Sylt machen und keinen besonderen Tarif nutzen können. Diese Menschen müssen wir auch im Blick haben. Denn dort hat man keine Alternative zum Zug.

Aber auch auf die anderen Kurzstrecken pendeln Berufstätige täglich. Diese Menschen können wir durch die Einführung besonderer Tickets entlasten. Das kommt allen zugute.