Protokoll der Sitzung vom 21.07.2016

Zu den Kommunen, lieber Kollege Koch: Wir waren - das ist von meinem Kollegen Andresen richtig gesagt worden - bei Ihrem Vorschlag gar nicht so weit auseinander; das wissen Sie aus der Debatte auch ganz genau. Ein Punkt ist aber noch einmal ganz wichtig: Die Konsolidierungskommunen müssen nicht befürchten, dass sie durch die Kofinanzierung der Krankenhaussanierung auf Konsolidierungshilfe verzichten müssen.

(Zuruf CDU: Weil sie damit Schulden ma- chen sollen!)

Deswegen würde ich mich über Ihre Zustimmung zu unserem Antrag sehr freuen.

Kommen wir zum Gesetzentwurf der FDP.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Was steht denn da drin?)

Das Gute an dem Gesetzentwurf der FDP - ich versuche ja immer, auch etwas Gutes zu finden ist, dass dadurch eine Anhörung im Sozial- und Finanzausschuss angestoßen wurde. Er geht jedoch aus unserer Sicht - das wird Sie auch nicht überraschen, lieber Kollege Garg - in eine völlig falsche Richtung.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Oh!)

Die Sanierung würde nicht 13, sondern 26 Jahre dauern. Das kann doch nicht ernst gemeint sein!

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Das können wir doch nicht wollen! - Beifall SPD)

Oder wir könnten nur die Hälfte der Projekte realisieren. Auch das kann nicht ernst gemeint sein. Mit anderen Worten: Wir lehnen den Antrag ab. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab, wir müssen ihn ablehnen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Küstenkoalition ist bei den Krankenhäusern in Schleswig-Hol

(Dr. Marret Bohn)

stein auf einem guten Kurs. Ich kenne keine Regierung, die jemals so viel in die Krankenhäuser investiert hätte. Darüber freue ich mich sehr. Über die Zustimmung zu unserem Antrag würde ich mich auch sehr freuen. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Piratenfraktion hat der Kollege Torge Schmidt das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die „Kieler Nachrichten“ zitierten die Finanzministerin am 6. Juli 2016 mit ihrem Appell an alle Akteure, sich in der Frage der Krankenhausfinanzierung an das Prinzip der Solidarität zu halten. Sie soll gesagt haben: Unabhängig von den zusätzlichen Bundesmitteln muss es gelingen, die Krankenhäuser in gemeinschaftlicher Verantwortung von Land und Kommunen zu finanzieren. - Leider verkennt Frau Heinold immer wieder ein schlagendes Argument der kommunalen Familie, das in den Sitzungen des Finanzausschusses vorgetragen wurde: Die Kommunen haben den finanziellen Spielraum nicht, um einem vom Land vorgegebenen Verfahren zu folgen.

Wir haben es hier nicht mit Neinsagern zu tun, sondern mit seriösen Kommunalpolitikern, die nicht nur die Finanzen, sondern das gesamte Aufgabenspektrum der Kommunen im Blick haben,

(Beifall PIRATEN)

das nicht zuletzt von der Landesregierung maßgeblich mit bestimmt wurde: Kita-Finanzierung, die Unterhaltung von Schulen, die Finanzierung von Straßen - wir kennen die Liste der kommunalen Aufgaben und können sie um viele Punkte erweitern.

Fakt ist, dass die Kommunen so klamm sind, dass sie keine zusätzlichen Aufgaben schultern können. Die Haushaltsabschlüsse der Kommunen sind wie in keinem anderen Land defizitär - trotz der Steuereinnahmen und der Zuweisungen -, weil diese mit den wachsenden Aufgaben nicht Schritt halten können - weder jetzt noch in naher Zukunft. Das ist auch der Grund, dass wir PIRATEN uns in den Ausschusssitzungen bereits gegen ein Stundungsmodell ausgesprochen haben. Die hälftige Finanzierung durch die Kommunen einzufordern und sie für ein paar Jahre zu stunden, verschiebt das Finanzie

rungsproblem in die Zukunft und damit auf folgende Generationen, stellt es aber nicht auf eine sichere Basis.

(Beifall PIRATEN)

An dieser Stelle wäre die viel gepriesene Dialogbereitschaft und die politische Kreativität der Landesregierung gefragt gewesen, die man sich so gern auf die rot-grün-blauen Fahnen schreibt. Statt hier wirklich nach Lösungen zu suchen, hinter denen der Landtag geschlossen stehen kann, wird hier wieder einmal mehr Basta-Politik gemacht. Da überholen die Ministerinnen und Staatssekretäre einander beim Fototermin mit den dazugehörigen Bewilligungsbescheiden in den dringend zu sanierenden Kliniken. Sie tun das, wohl wissend, dass die andere Hälfte des Geldes nicht gezahlt werden kann.

(Beifall PIRATEN und FDP)

Wenn Gerwin Stöcken - jetzt Gesundheitsdezernent - sich zwar über den Scheck freut, es gleichzeitig aber als ärgerlich bezeichnet, dass man auch von der Stadt die entsprechende Summe erwartet, entspricht das nicht der Wahlkampftaktik der Opposition, wie gerne behauptet wird, sondern zeigt einfach die Ratlosigkeit, die in den Kommunen herrscht, weil man einem nackten Mann nicht in die Tasche fassen kann, da man nichts holen kann, wo nichts mehr ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind uns doch darüber einig, dass saniert werden muss. In den Ausschussberatungen haben wir auch schon das eine oder andere Alternativmodell diskutiert. Aber die Vertreter der Landesregierung schütteln ihr weises Haupt und lehnen alle anderen Gedankenspiele ab. Ich brauche an dieser Stelle die Gedankenspiele um die Bundesmittel für die kommunalen Investitionsfonds nicht noch einmal zu schildern. Ich habe nicht den Eindruck, dass es hier noch um die Sache geht. Hier geht es um Machtdemonstrationen, sonst würde man nicht so rigoros mit denen umgehen, die sich immer als verlässliche Partner, zum Beispiel in Sachen Kita-Finanzierung, gezeigt haben.

Ich warne die Landesregierung ausdrücklich davor, sich mit der kommunalen Familie zu entzweien. Das ist keine organisierte Truppe von laienhaften Oppositionspolitikern, es sind auch gestandene Sozialdemokraten, die hier auf die Barrikaden gehen. Sie sehen ihr kommunales Selbstbestimmungsrecht gefährdet und ihre Haushalte den Bach hinuntergehen. Darum ist die Resolution, die die FDP heute vorlegt, das richtige Zeichen für die Kommunen,

(Dr. Marret Bohn)

(Beifall PIRATEN)

aber auch für die Menschen im Land, die einen Anspruch auf eine gute medizinische Versorgung haben.

Ich appelliere an die Landesregierung: Kehren Sie an den Verhandlungstisch zurück! Machen Sie Mittel aus dem Kommunalen Investitionsfonds locker, um bereits angeschobene Sanierungsmaßnahmen zu realisieren!

Nehmen Sie das Thema Krankenhausfinanzierung zum Anlass, mit der kommunalen Familie grundsätzlich eine seriöse Aufgabenanalyse zu erstellen, die finanziell belastbar für die Zukunft ist! Suchen Sie das Gespräch und nicht den Konflikt, denn Partnerschaft funktioniert nur, wenn man sich am schwächeren Partner der Beziehung orientiert. Das ist vor allem ein solidarisches Prinzip.

Wir stimmen dem Antrag der FDP zu. Wir danken Ihnen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN, CDU und FDP)

Danke schön. - Für die Kollegen des SSW hat jetzt der Kollege Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir und meiner Partei ist absolut bewusst, dass sich viele unserer Krankenhäuser in einer schwierigen Situation befinden. Kaum ein Haus schreibt heute schwarze Zahlen. An einigen Standorten geht es mittlerweile an die Qualität der Krankenversorgung und damit an die Substanz.

Gerade vor diesem Hintergrund wundere ich mich über die mitunter extrem ablehnende Haltung gegenüber unseren Plänen. Nur zur Erinnerung: Neben den Mitteln aus dem Infrastrukturprogramm IMPULS und neben der nicht unerheblichen regulären Investitionsförderung des Landes haben wir bis 2017 zusätzlich ein millionenschweres Sonderprogramm für unsere Kliniken aufgelegt. Die Kollegin Bohn hat gerade einige dieser Projekte genannt.

Insgesamt wird damit überdeutlich, dass wir unsere Verantwortung nicht nur sehen, sondern auch entsprechend handeln. Zugegeben: Eine halbe Milliarde € Investitionsstau klingt erst einmal gewaltig. Eine solche Deckungslücke entsteht bestimmt aber nicht von heute auf morgen. Mit der entsprechenden Prioritätensetzung hätte man durchaus früher umsteuern können. Hier müssen sich die politisch

Verantwortlichen nahezu aller Parteien an die eigene Nase fassen, und zwar auf Landes- wie auf kommunaler Ebene. Jetzt mit dem Finger auf die Landesregierung zu zeigen und ihr die Schuld in die Schuhe zu schieben, ist einfach zu billig. Statt unsere Maßnahmen für die Krankenhäuser als zu gering oder sonst wie zu bemängeln, sollte man aus Sicht des SSW lieber die Ärmel hochkrempeln und seinen Beitrag leisten.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, eines muss allen klar sein: Wir stehen hier alle zusammen vor einer großen Herausforderung. Die Krankenhausversorgung ist schlicht und einfach eine gemeinsame Aufgabe von Land, Kreisen und kreisfreien Städten. So steht es im Ausführungsgesetz zum Krankenhausfinanzierungsgesetz. Das gilt nicht erst seit gestern. Das ist in einem Flächenland natürlich besonders schwer umzusetzen. Das wissen wir alle. Weil diesem gesetzlichen Auftrag in der Vergangenheit nicht ausreichend entsprochen wurde, müssen wir nun gemeinsam ran. Das Land steht zu dieser Verpflichtung und leistet seinen Beitrag. Wir erwarten, dass auch die Kommunen ihrer Verantwortung nachkommen.

Das IMPULS-Programm ist bekanntlich steuerfinanziert. Natürlich kann man über die Verwendung von Steuermehreinnahmen trefflich streiten. Wir wollen diese Mittel zu einem nicht unerheblichen Teil für unsere Krankenhäuser verwenden. Damit investieren wir in den absoluten Kern der Daseinsvorsorge.

Ich denke, vom Grundsatz her kann man diese Prioritätensetzung wohl kaum für falsch halten. Nicht zuletzt die Kommunen profitieren von einer intakten Gesundheitsinfrastruktur. Weil auch sie - das ist ganz wichtig - vergleichbare Mehreinnahmen zu verzeichnen haben, erwarten wir von ihnen einen vergleichbaren Beitrag. Ganz nebenbei bemerkt ist Schleswig-Holstein als Konsolidierungsland auch nicht in der Lage, diese Aufgabe ganz allein zu bewältigen.

Ich denke, niemand im Land will ernsthaft Abstriche bei der Qualität der Krankenversorgung. Wir jedenfalls stehen zu unserer Verantwortung und zum Ziel einer regional ausgewogenen Versorgung.

Vor diesem Hintergrund ist es uns natürlich wichtig, dass den Kreisen und kreisfreien Städten nicht unnötig Steine in den Weg gelegt werden. Auch wenn klar sein muss, dass es bei der 50-prozentigen Beteiligung bleibt, setzen wir uns mit Blick auf den

(Torge Schmidt)

kommunalen Beitrag für maximale Flexibilität ein. Als Ausdruck hierfür ist zum Beispiel die Möglichkeit, einen festen Finanzierungsplan zu gestalten, in unserem Änderungsantrag festgeschrieben worden.

Grundsätzlich ist für den SSW in Sachen Gesundheitsversorgung eines völlig klar: An der Maßgabe der wohnortnahen, qualifizierten und wirtschaftlichen Krankenhausversorgung gibt es nichts zu rütteln. Diese Leitlinie ist auch nicht verhandelbar. Natürlich werden wir in unserem Flächenland so manchen weiten Versorgungsweg in Kauf nehmen müssen. Das merken wir schmerzlich gerade bei uns in Nordfriesland. Ganz ohne Frage werden für die Sicherung der Versorgungsqualität auch Umstrukturierungen und Spezialisierungen in unseren Kliniken nötig sein. Auch daran müssen wir uns erst einmal gewöhnen. Diese Prozesse sind aber vor allem deshalb wichtig, weil sie den Interessen der Patientinnen und Patienten dienen.

Voraussetzung hierfür wie für ein zukunftsfähiges Krankenhauswesen insgesamt ist ganz einfach die Auflösung des Sanierungsstaus. Wie Sie sehen, haben wir den nötigen politischen Willen für diese Aufgabe und werden den Sanierungsstau auch abbauen. Das werden wir gemeinsam mit den Kommunen machen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Kollegin Petra Nicolaisen von der CDU-Fraktion das Wort.