Ich habe ihn dezidiert gefragt. Er hat gesagt: Das, was da drin steht, ist nicht das, was die PIRATEN in ihrer Pressemitteilung schreiben, sondern es ist das Aufdröseln von Ja und Nein in die tausend JaGründe und in die tausend Nein-Gründe, und diese müssen Sie berücksichtigen, wie es in Nummer 7 des Runderlasses steht.
Er sagte mir im Gespräch: Es ist vorbildlich, wie Sie es machen. Vielleicht gelingt es Ihnen, das auf legislative Ebene hochzuheben. Darüber denken wir nach, und vielleicht kriegen wir das miteinander hin.
- Was Professor Pautsch gesagt und auch geschrieben hat, ist, dass im Gesetzentwurf dann, wenn wir sagen, dass ablehnenden Voten Rechnung zu tragen ist, dies zum Ziel er
hoben wird. Das heißt, nicht nur die sachlichen Gründe, die vielleicht dahinter stehen, sondern die Akzeptanz und die Berücksichtigung des Bürgerwillens selbst werden zum Ziel der Planung erhoben und dem soll in der Regel gefolgt werden. Er hat auch gesagt, dass man mit guten Argumenten und Gründen vor einem Verfassungsgericht einen solchen Ansatz verteidigen könnte.
- Er sagte in der Veranstaltung das Gegenteil und beschrieb es so, wie ich es eben mitgeteilt hatte, wie er es selbst sieht. Er sagte: Versuchen Sie, Nummer 7 auf Gesetzesebene zu heben, dann kann das ein weiterer Schritt sein, aber es gibt keinen Weg, eine rein örtliche Meinungsbildung auf eine überörtlich notwendige Abwägungsebene zu heben.
Ich habe noch keinen Weg gefunden. Ich suche gern. Wenn Herr Kumbartzky oder Sie eine Idee dazu hätten, wie dies ginge, dann sind wir dafür offen, aber wir haben diesen Weg im Moment nicht. Das ist kein Scheitern an meinen Ansprüchen, sondern es zeigt nur, dass ich in der Lage bin, zu erkennen, dass Rat möglicherweise manchmal klüger ist als Pippi Langstrumpf, nämlich dass ich mir die Welt nicht so malen kann, wie ich sie gern hätte.
Vielmehr versuche ich, das so hinzukriegen, dass ich damit eben nicht wieder vor einem Verfassungsgericht verliere.
Herr Abgeordneter Breyer, Sie haben noch eine Frage oder eine Anmerkung? - Herr Ministerpräsident, Sie gestatten diese.
Damit sich das lohnt: Herr Ministerpräsident, die Ansätze, die wir verfolgen, sind doch unterschiedlich. Die CDU hat ihren Ansatz, die FDP hat heute noch einen neuen Vorschlag gemacht, wir haben einen Vorschlag gemacht. Wir haben eine Anhörung durchgeführt. Auch das, was die Gutachter in ihren schriftlichen Stellungnahmen geäußert haben, war doch ganz unterschiedlich in der Frage, in welchem Maß man den Bürgerwillen berücksichtigen darf. Warum lassen Sie es uns nicht ganz ri
sikolos machen und zum Beispiel ein Gutachten des Verfassungsgerichts einholen, wie es beim Europäischen Gerichtshof ständig gemacht wird? Er gibt ständig Gutachten ab. Dann könnten wir ohne jede Unsicherheit ausloten, inwieweit es möglich ist, den Bürgerwillen verbindlich zu berücksichtigen. Was spricht dagegen?
- Bei allem Respekt: Ein Politikansatz eines Gesetzgebers, der sagt, ich delegiere das komplett an ein Verfassungsgericht, indem ich entweder das Gesetz sehenden Auges verfassungswidrig mache und dann gucke, ob die sich trauen, oder aber indem ich mir gar nicht mehr zutraue, etwas verfassungsgemäß zu machen, entspricht nicht meinem Verständnis von Legislative.
Ich glaube schon, dass es unsere Aufgabe ist, hier etwas vorzulegen, von dem wir glauben, dass es verfassungsgemäß ist. Wir müssen miteinander zur Kenntnis nehmen, dass das geltende Raumordnungsrecht, wie wir es in Deutschland vorfinden, das, was Sie wünschen, nicht bietet. Ich finde, die Ehrlichkeit gebietet es, den Bürgerinnen und Bürgern zu sagen, dass es Sand in die Augen streuen ist, wenn wir immer so tun, als gäbe es etwas, und wir müssten nur noch drei Tage länger darüber nachdenken oder eine klügere Landesplanung haben, dann würde das schon funktionieren. Das ist nicht so.
Wir tun Folgendes - ich muss Ihnen die Nummer 7 nicht vorlesen, aber deswegen habe ich es in diese Nummer des Runderlasses hineinschreiben lassen -: Wir nehmen jedes Ja und jedes Nein und dröseln es auf. Meine Raumordner und meine Landesplaner haben die Pflicht, dem nachzugehen und zu sagen: Was bedeutet das?
Wir sind miteinander schon einig geworden, dass Ihr gesamter Ansatz überhaupt nur funktionieren kann, wenn Sie eine unendlich große Zahl von zur Verfügung stehenden Flächen haben. Wenn sie aber limitiert ist, geht Ihr ganzer Ansatz in die Leere. Denn ich kann fragen: Wo höre ich auf, das wirken zu lassen, wenn ich 1,7 % beziehungsweise 2,0 % der Landesfläche brauche? Ich bewege mich etwa in dieser Größenordnung. Ich habe nicht 25 % geeignete Flächen, bei denen ich sagen könnte: Dort gibt es so viele Jas, dass ich sie nehme. - Ich bin vielmehr sehr limitiert.
Man kann in der Tat natürlich darüber streiten, ob wir glauben, dass das energiepolitische Ziel richtig ist. Das ist ein fairer und harter Streit. Das ist sinnvoll. Dann kann man sagen: Ich gehe weg von dem Ziel und mache das kleiner. Dann habt ihr die Sorgen nicht. - An der Stelle kann man das diskutieren. Da muss man das dann wahrscheinlich auch diskutieren.
Aber wenn wir uns mit der Union einig sind, dass wir um die 2 % Landesfläche wollen, um das politische Ziel, Atomkraft durch Windenergie zu ersetzen, zu erreichen, komme ich immer wieder - da kann ich rechnen, wie ich will - bei Größenordnungen von um die 2 % heraus. Bei all unseren Berechnungen lande ich immer bei um die 2 %. Das sind nicht 15 %, bei denen ich sagen kann: Da finde ich schon genügend, die Ja sagen.
- Dieses Miteinander sollten wir hinbekommen. Wenn wir sowieso höchstens knapp genügend Flächen finden, komme ich nicht in die Situation zu sagen: Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. - Ich werde immer die Situation haben, dass Menschen sagen: Nein, das will ich nicht. Das politische Ziel, Atomkraftwerke durch Windenergieanlagen zu ersetzen, muss ich nicht wollen. Aber wenn ich das politisch will und meine, die Mehrheit dafür im Land zu haben, muss ich den Menschen irgendwann erklären: Das bedeutet auch, dass diese Entscheidung auch negative Auswirkungen hat.
(Ministerpräsident Albig bedeutet Dr. Patrick Breyer [PIRATEN], seinen Platz wieder ein- zunehmen - Angelika Beer [PIRATEN]: Wir sind hier im Parlament! - Dr. Patrick Breyer [PIRATEN] nimmt wieder Platz)
noch einige Anmerkungen zu dem, was die CDU vorgetragen hat. Auch ich teile Folgendes - das ist bei der Veranstaltung, von der ich in der Tat glaube, dass sie keine Alibi-Veranstaltung war, ausgeführt worden -: Was da steht, ist nicht falsch, aber das ist geltende Rechtslage. Sie beschreiben nichts anderes als das, was wir anwenden.
Das Raumordnungsrecht verlangt nämlich, sämtliche sachlichen Gründe gegen und für die Windenergienutzung bei der Flächenauswahl zu überprüfen und in die Abwägung einzubeziehen. Hierzu gehören Flächennutzungspläne und die Ergebnisse der von den Gemeinden beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planungen. Auch die Rechtsprechung zur Windenergieplanung fordert, Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung im Rahmen eines schlüssigen gesamträumlichen Konzeptes auszuwählen, also eine vergleichende Betrachtung und Gewichtung der zur Verfügung stehenden Flächen anzustellen, und zwar unter Berücksichtigung der für und gegen eine Windenergienutzung sprechenden sachlichen Gründe.
Wir sind schon aus diesem Grund als Landesplanungsbehörde, heute schon - auch ohne diesen Gesetzentwurf - verpflichtet, eine Alternativenprüfung durchzuführen. Dazu müssen die anderen möglichen Flächen in die Abwägung einbezogen und geprüft werden, ob diese weniger konfliktträchtig und damit eher als Vorranggebiete geeignet wären.
Der Gesetzentwurf ist nach meiner Auffassung eine Scheinlösung. Er führt nicht zu einem Mehr an Verpflichtungen der Landesplanungsbehörde. Er führt auch nicht dazu, dass gemeindliche Entscheidungen die Entscheidungen auf regionaler Ebene binden, weil sie im Kern in etwas anderen Worten das schreiben, was in meinem Runderlass in Nummer 7 steht. Wir gewinnen durch diese zusätzlichen Bestimmungen nichts, zumindest nicht mit den zusätzlichen Bestimmungen, die die Union vorgelegt hat. Sie hat keinen Mehrwert für Gemeinden. Das Gefährliche dabei ist: In der Debatte sehen wir das im Diskurs. Sie suggerieren aber genau das. Sie wecken eine Hoffnung, man könne, indem man es einfach anders schreibe - nicht im Runderlass, sondern im Gesetz -, etwas Neues auf den Weg bringen. Das ist falsch. Der Gesetzentwurf weckt falsche Hoffnungen und wird am Ende eher diese Illusionen auf der kommunalen Ebene enttäuschen und die Menschen noch mehr in die Frustration treiben. Das ist nicht sinnvoll.
Ich bitte Sie deswegen: Unterstützen Sie uns mehr dabei, bei unseren Planungen an den Windregionalplänen erfolgreich voranzukommen. Wir gehen bereits jetzt über das hinaus, was nach dem Gesetzentwurf der Unionsfraktionen erforderlich wäre. Bitte unterstützen Sie uns dabei weiterhin. Begleiten Sie uns bei unseren Veranstaltungen - auch kritisch -, damit diese nicht nachträglich als Scheinveranstaltungen oder Showveranstaltungen abqualifiziert werden. Denn das haben sie nicht verdient, genauso wenig wie meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit sehr viel Verve genau wie die anwesenden Wissenschaftler diskutieren und sich einbringen. Wir versuchen, das bestmögliche Beteiligungsverfahren aufzustellen. Es gibt in Deutschland kein vergleichbares System, das sich bisher so wie das in Schleswig-Holstein aufgestellt hat.
Wenn wir ständig den Menschen erklären, dass wir zu dumm seien, die richtigen Lösungen zu finden, beginnen sie irgendwann zu glauben, dass wir zu dumm sind, und zwar nicht nur diejenigen, die das betreiben, sondern alle, die wir hier sitzen. Daran können wir kein Interesse haben.
Dieser Prozess ist ein Zeichen dafür, dass Politik, wir alle und meine Verwaltung in der Lage sind, diese Bedürfnisse aufzugreifen - aber in dem Rahmen, der geht, und nicht in dem Rahmen, den sich Pippi Langstrumpf wünscht. - Vielen herzlichen Dank.
Die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um 1 Minute überzogen. Diese Minute steht jetzt alles Fraktionen zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ministerpräsident, die Tatsache, dass Sie am Beginn Ihrer Rede auf die Ursache der Unterbrechung eingegangen sind, erlaubt es mir, darauf zu antworten und dazu Stellung zu nehmen.
Damit meine ich weniger die Tatsache, dass es Ihre Staatskanzlei, die im Ältestenrat mit einem Vertreter mit am Tisch sitzt, versäumt hat, eine seit Jahren bestehende Übereinkunft einzuhalten und nachzusuchen, ob das Parlament bereit ist, einem Dispens zuzustimmen,
sondern damit meine ich die Tatsache, dass Sie von der Unterbrechung der Sitzung, von der Zitierung, bis hierher, in Kiel eine Stunde gebraucht haben, um hier zu erscheinen. Die Verkehrslage in Kiel und die Straßen hier können nicht so schlimm sein, dass man das nicht innerhalb kürzerer Zeit hätte bewerkstelligen können.