Protokoll der Sitzung vom 22.09.2016

(Zurufe)

- Da war kein anderer, der die Rede halten konnte. Ich habe die Veranstaltung eröffnet, Herr Kubicki. Soll ich denen sagen: „Ätsch, bätsch, es hält keiner die Rede“? Das wäre respektlos denen gegenüber gewesen, die dort darauf gewartet haben.

(Lebhafter Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich bitte, bei der Debatte auch den Respekt vor dem Amt des Ministerpräsidenten nicht zu vergessen und dem, was ich für dieses Land an jeder Stelle tue, und den Menschen nicht den Eindruck zu vermitteln, wir führen nur zum Spaß durch die Gegend. Das tun weder Sie noch ich noch irgendjemand hier, sondern wir arbeiten alle für das Land. Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall SPD, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort hat der Oppositionsführer, der Abgeordnete Daniel Günther.

(Zuruf SPD: Können wir jetzt mal wieder ar- beiten? - Unruhe)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde es im Übrigens auch ein wenig despektierlich, wie die regierungstragenden Abgeordneten hier zum Teil dazwischengehen, wenn wir als Opposition unsere verfassungsrechtlich zugesicherten Rechte wahrnehmen. Da erwarte ich von Ihrer Seite ein bisschen mehr Respekt.

(Dr. Ralf Stegner)

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN - Dr. Ek- kehard Klug [FDP]: Bei Engholm sah das je- denfalls anders aus! - Weitere Zurufe)

Herr Ministerpräsident, man kann darüber streiten, welche Prioritäten man setzt. Es auf einen Bürofehler zu schieben, ist das eine. Selbstverständlich hätten wir von unserer Seite das gemacht, was wir immer machen, und so etwas respektiert, aber eine Meldung ist unterblieben. Sie haben seitdem gewusst, dass dieser Tagesordnungspunkt hier heute aufgerufen wird, für den Sie zuständig sind. Auch darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein.

Herr Ministerpräsident, bei allem Respekt, wenn sich der Landtag dazu entscheidet, von seinem verfassungsrechtlichen Recht Gebrauch zu machen und den Regierungschef, der sich der Kontrolle des Parlaments unterwerfen muss, hierher zu zitieren, und dieser dann trotzdem die Entscheidung trifft, nicht den Wirtschaftsminister, der hier ist, oder das gesamte andere Kabinett zu der Veranstaltung zu schicken, das ja offenkundig Zeit gehabt hätte, sich der Bitte und Aufforderung des Landtags widersetzt und die Rede trotzdem hält, ist das eine Art des Umgangs mit dem Parlament, die ich entschieden zurückweise. Das ist vollkommen inakzeptabel. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit.

(Beifall CDU, FDP und PIRATEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 18/4590 (neu) dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein und des Gesetzes über das SchleswigHolsteinische Landesverfassungsgericht (Lan- desverfassungsgerichtsgesetz - LVerfGG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/4622

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht.

Dann eröffne ich jetzt die Grundsatzberatung. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Fraktionsvorsitzende, der Abgeordnete Daniel Günther.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Unruhe)

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erleichtern wir die Arbeit für das Gericht. Wir schaffen Kontinuität, reibungslose Abläufe, wir orientieren uns an den Regelungen des Bundesverfassungsgerichts. Das Ergebnis ist eine Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit.

Ich finde es gut, dass es uns gelungen ist, die gesetzlichen Änderungen in einem so übergreifenden Verfahren hinzubekommen und so breit in den schleswig-holsteinischen Landtag einzubringen.

Seit 2008 haben wir ein eigenständiges Landesverfassungsgericht. Dieses Gericht hat tiefgreifende Entscheidungen getroffen, die durchaus zu kontroversen Debatten geführt haben.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsiden- ten)

Das Wesen eines Gerichts ist ja gerade seine Unabhängigkeit. Insbesondere bei einem Verfassungsgericht, dessen Aufgabe es ist, die Rechtmäßigkeit des Handelns von Regierung und Parlament zu kontrollieren, muss die Unabhängigkeit in einem besonderen Maß garantiert werden.

Um die Unabhängigkeit des Landesverfassungsgerichts weiter zu stärken, haben wir in diesem Gesetzentwurf vorgeschlagen, anstatt einer sechsjährigen Amtszeit mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit zukünftig eine zwölfjährige Amtszeit ohne Wiederwahlmöglichkeit einzuführen - exakt die Regelung, die das Bundesverfassungsgericht hat.

Wir haben auch hineingeschrieben, dass genau das auch für die amtierenden Verfassungsrichter gilt, weil es ansonsten durch die erste neunjährige Amtszeit ja möglich gewesen wäre, dass Richter 15 Jahre im Amt sind. Auch da haben wir eine Begrenzung eingeführt, damit alle Richter zwölf Jahre mit dabei sind. Aber gerade weil es keine Wiederwahlmöglichkeit in diesem Bereich gibt, ist das der entscheidende Punkt, um deren Unabhängigkeit wirklich zu gewährleisten und sie nicht abhängig von politischen Mehrheiten zu machen, um eine Wiederwahl zu gewährleisten.

(Beifall Dr. Ekkehard Klug [FDP])

(Daniel Günther)

Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt, den wir an der Stelle vorschlagen.

Weiterhin wollen wir die Rolle der persönlichen Stellvertreter dadurch stärken, dass es einen Automatismus gibt, dass sie auch nachrücken. Das macht diese Ämter attraktiver, und auch das ist an dieser Stelle ein Schritt, wie man die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts weiter stärken kann. Das gilt natürlich nicht für den Stellvertreter des Vorsitzenden, dass dann sozusagen ein Automatismus greift, wer Vorsitzender des Landesverfassungsgerichts wird. Das muss weiterhin in der Entscheidungskompetenz des Landtags liegen.

Ich glaube, das ist ein wegweisender Entwurf, den wir vorlegen, breit getragen von vielen Fraktionen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei all denjenigen, die daran mitgewirkt haben, und ich freue mich darauf, eine Beratung im Ausschuss dazu durchzuführen, auch mit den Fachleuten. Aber ich glaube, der Entwurf ist ein sehr guter, und ich hoffe, dass wir in diese Richtung weiterarbeiten. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Thomas Rother das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein bisschen besonders, nach der Debatte gerade eben nun auch einen Gesetzentwurf hier zu vertreten, der in großer Einmütigkeit der Fraktionen entstanden ist. Bis auf die Fraktion der PIRATEN sind auch alle dabei.

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Wir sind auch nicht gefragt worden!)

Das Landesverfassungsgericht wurde im Mai 2008 errichtet. Landesverfassung und Landesverfassungsgerichtsgesetz regeln die Bestimmungen zur Besetzung des höchsten Gerichts unseres Landes.

(Zuruf Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)

Als letztes Bundesland hat Schleswig-Holstein im Jahr 2007 ein Verfassungsgericht -

(Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist eigentlich Herr Günther? Ist klar, ist etwas ganz anderes! - Barbara Ostmeier [CDU]: Wo ist denn Stegner? - Weitere Zurufe - Glocke Präsident)

Meine Damen und Herren, bitte konzentrieren Sie sich hier vorne auf das Rednerpult, und führen Sie keine Parlamentsdebatten außerhalb dieser Regelungen.

Herr Stegner ist da vorne, Frau Ostmeier, wenn Sie ihn vermissen.

(Barbara Ostmeier [CDU]: Ich habe ihn gera- de erst gesehen! Ich bin begeistert!)

Schleswig-Holstein hat also als letztes Bundesland 2007 ein eigenes Verfassungsgericht auf den Weg gebracht - ein weiter Weg, jedoch konnten zuletzt alle Fragen in großer Einigkeit entschieden werden. Diese Einigkeit wird vielleicht auch darin deutlich, dass letzten Endes am umfassendsten über die Frage des Standorts gestritten wurde. Als Lübecker Abgeordneter erlaube ich mir dann hier einmal einen Seufzer für das Protokoll.

Unterschiedliche Wahlzeiten und eine Stellvertreterregelung sind eine Besonderheit unserer Bestimmungen. Dieses war für die Gründung des Gerichts auch sinnvoll. Nach nun acht Jahren der Tätigkeit und vor den nächsten Richterwahlen ist eine Revision, die sich aus den Anforderungen der praktischen Erfahrung und mit dem Blick auf andere Länderregelungen und die Bundesregelung ergibt, notwendig und sinnvoll, und die Fraktionen, die das Gesetz damals gemeinsam eingebracht haben und damals gemeinsam gemacht haben, wollen es nun auch gemeinsam verändern.

Herr Günther hat darauf hingewiesen: Zur Stärkung der Unabhängigkeit des Gerichts ist der künftige Verzicht auf eine Regelung zur Wiederwahl folgerichtig. Es gab beispielsweise - und das nicht gerade vor allzu langer Zeit - eine Entscheidung zur Gültigkeit der Landtagswahl, die politisch umstritten war und zu einer öffentlichen Diskussion geführt hat. Diese öffentliche Diskussion ist natürlich völlig in Ordnung, aber die Erlangung einer Wiederwahl könnte die Entscheidung eines Richters natürlich auch beeinflussen, und das wollen wir ausschließen. Die vorgeschlagene Anpassung mit der Begrenzung der Wahlzeit der Richterinnen und Richter auf zwölf Jahre orientiert sich an der bewährten und völlig unstreitigen Praxis der Besetzung des Bundesverfassungsgerichts. Schon deshalb ist für mich auch die Kritik von Herrn Dr. Breyer für die Piratenfraktion in seiner Presseerklärung vom 9. September 2016, dass „eine einfa

(Daniel Günther)

che Landtagsmehrheit“ - so heißt es dort - „künftig eine unbegrenzte Wiederwahl politisch genehmer Verfassungsrichter einführen könnte“, in ihrer Aussage völlig unverständlich.

Stellvertreterregelungen gibt es nur in den Bundesländern. Das ist an dieser Stelle aus der praktischen Erfahrung heraus auch sinnvoll. Eine Stellvertreterregelung sollte jedoch keiner Wahl zum ordentlichen Mitglied entgegenstehen oder Wahlzeiten begrenzen. Das Auseinanderfallen der Wahlzeiten hingegen war - wie schon gesagt - zum Start des Gerichts auch durchaus sinnvoll, soll künftig aber vermieden werden. Ein Nachrücken des Stellvertreters dient der Kontinuität der Arbeit des Gerichts. Nun wird eine größere Übersicht in der personellen Struktur erreicht werden können.