Vielleicht kann ich ein Missverständnis klarstellen, Herr Kollege. Wenn wir möchten, dass eine öffentliche Ausschreibung durchgeführt wird, wollen wir nichts daran ändern, dass weiterhin in dem entsprechenden Gremium, also Ausschuss, hier ausgewählt und ein Vor
schlag erarbeitet werden soll, und dann hier im Parlament auch gewählt werden soll. Das alles soll bleiben. Es geht nur darum, durch eine öffentliche Ausschreibung allen die Gelegenheit zu geben, sich in das Verfahren einzubringen und dadurch unsere Auswahlbasis zu verbreitern. Dass das sinnvoll ist, das sehen auch viele Fachleute so. Wir haben ja eine schriftliche Anhörung dazu durchgeführt. Deswegen unser Plädoyer, diesen Punkt aufzugreifen.
Dazu kurz zwei Punkte. Der erste Punkt ist der: Diejenigen, die in diesem Verfahren unterlegen sind, werden wahrscheinlich auch in ihrem Renommee beschädigt sein. Das gilt es unbedingt zu vermeiden.
Das Zweite ist: Was passiert, wenn wir weiterhin dem Grundsatz folgen, dass wir auch ein ausgewogenes Gericht haben wollen und uns nicht an ein Ranking halten wollen, das möglicherweise über ein solches Auswahlverfahren vorgegeben wäre? Dann wäre die Empörung groß, und dann würde man über unser Landesverfassungsgericht in einer ganz anderen Art und Weise, nämlich in einer negativen Weise, in der Öffentlichkeit diskutieren. Deshalb ist es klug, solche Dinge tatsächlich in Ruhe unter allen Fraktionen des Landtages zu bereden und darauf zu achten, dass man es hinbekommt, einen gemeinsamen oder zumindest einen Vorschlag mit einer breiten Mehrheit hinzubekommen. Ich glaube, diese Tradition, die wir hier gefahren haben, ist nach wie vor die Richtige und dient dem Gericht immer noch am besten.
Ich würde gern auf beide Bedenken eingehen. Zum ersten Bedenken, der Beschädigung: Das haben wir doch bei der Landesdatenschutzbeauftragten auch so gemacht, dass wir die Sachen natürlich vertraulich behandelt haben. Das heißt, keiner, der sich beworben hat und es
Das zweite Bedenken war, dass wir nicht mehr frei in unserer Auswahl wären. Das stimmt nicht. Denn es ist ja nicht so, dass Beurteilungen vorgelegt werden.
Wir sind weiterhin frei in der Auswahl aus den eingehenden Meldungen. Auch Personen, die sich gar nicht gemeldet haben, können weiterhin vorgeschlagen werden. Das ist nicht justiziabel. Wir sind völlig frei. Wir verbreitern aber doch den Kreis der Personen, zwischen denen wir auswählen, und das ist doch etwas Gutes.
- Herr Breyer, jetzt drehen Sie sich aber im Kreis. Gerade eben wollten Sie noch eine öffentliche Ausschreibung, die automatisch ein Ranking zur Folge hat. Jetzt stelle ich mir vor, dass der Abgeordnete Lars Harms, nachdem Herr Breyer sein schönes Ranking fertig hat, angewackelt kommt und sagt: Aber ich habe noch einen besseren Kandidaten und schaffe dafür eine Mehrheit. - Dann möchte ich einmal wissen, wer hier wie ein HB-Männchen an die Decke springt und möglicherweise die gesamte Presse wild macht. Genau das ist das, was ich in solchen Verfahren befürchte, und das ist eben nicht gut für das Gericht.
Deswegen glaube ich immer noch - Sie können sich auch gern an der Findung derjenigen, die möglicherweise irgendwann einmal im Landesverfassungsgericht tätig sein sollen, beteiligen -, es ist klug, dieses Verfahren so beizubehalten, wie es ist; denn ich glaube, wir umgehen damit, dass die Menschen beschädigt werden.
Wir haben damit eine Regelung, die sowohl dazu führt, dass die Menschen unabhängig sind, weil sie eben auf zwölf Jahre gewählt werden, als auch dazu, dass das Gericht ausgewogen ist. Es ist für mich in einer Demokratie ganz wichtig, dass ein Gericht auch inhaltlich ausgewogen ist, sodass sich alle Strömungen, die sich im öffentlichen Diskurs begegnen, dann eben auch in dem Gericht bewegen. Dafür hat die Politik Sorge zu tragen. In der Vergangenheit haben wir das immer hervorragend hingekriegt. Wenn man das immer hervorragend hingekriegt hat, dann sollte man an einem solchen Verfahren auch weiter festhalten.
- Selbstverständlich können wir das. Aber du weißt ja, lieber Hans-Jörn, ich bin Demokrat. Zwischenfragen lasse ich zu, sogar von dir.
Meine Damen und Herren, jetzt aber weiter im Text. Indem wir die Wahlzeit auf zwölf Jahre verlängern, setzen wir die Verfassungsrichterinnen und -richter in Zukunft keiner Wiederwahl nach sechs Jahren aus. Die Richterinnen und Richter sind unabhängig, und dadurch, dass wir in der Mitte ihrer Amtszeit keine Wiederwahl mehr vornehmen müssen, wird ihre formale Unabhängigkeit noch größer. Diese Reform erscheint aus diesem Grund schon fast überfällig. Darüber hinaus ist eine zwölfjährige Amtszeit absehbar und endlich, sodass sowohl eine Neubesetzung des Sitzes als auch eine Neuorientierung des Richters beziehungsweise der Richterin noch möglich ist. Eine Wiederwahl soll es nicht länger geben. Die Kompetenz des Verfassungsgerichts kann sich auf diese Weise aber eben auch ständig erneuern.
Meine Damen und Herren, deshalb bin ich und ist der SSW überzeugt davon, dass wir eine Regelung aus einem Guss bekommen, die die Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter unterstreicht und gleichzeitig das Verfahren einfacher macht. Ich glaube, das wird ein richtig gutes Gesetzeswerk. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Sprachkursteilnehmerinnen und -teilnehmer des Umwelttechnikservice und Gäste der Frau Abgeordneten Serpil Midyatli. Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 18/4622 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig - vielen Dank - und damit so überwiesen.
Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich der Ministerin für Justiz, Kultur und Europa, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Das Thema „Personal im Vollzug“ ist in letzter Zeit unter ganz unterschiedlichen Aspekten Gegenstand der öffentlichen wie auch der medialen Debatte gewesen. Ich sage ganz deutlich: Dabei wurde viel in einen Topf geworfen und miteinander vermengt. Es wurden Verbindungen hergestellt und Schlüsse gezogen, die schlicht unzutreffend, die schlicht falsch sind und die ein Zerrbild von unserem Vollzug zeichnen. Auf der Strecke bleiben dabei der notwendige differenzierte Blick und leider auch der Blick dafür, was im Vollzug tatsächlich geleistet wird, wie mit organisatorischen Herausforderungen umgegangen wird und wie vor Ort tagtäglich erfolgreich gearbeitet wird.
Was, meine Damen und Herren, passiert stattdessen? Das neue Strafvollzugsgesetz wird gebetsmühlenartig zum Anlass genommen, pauschal die Personallage in den Justizvollzugsanstalten zu kritisieren. Dabei haben mein Staatssekretär Dr. Schmidt-Elsaeßer und ich im Innen- und Rechtsausschuss bereits umfassend beschrieben, wie sich die Umsetzung im Einzelnen darstellt. Ich füge hinzu: Ich habe nicht zum Spaß einen ausführlichen Bericht gegeben. Ich habe im Ausschuss begründet, dass es aus meiner Sicht notwendig war, Ihnen einmal eine vollständige Dokumentation in die Hand zu geben. Bei der Gelegenheit habe ich auch gesagt, dass wir mit Blick auf die Aufschlusszeiten, das Tragen von Privatkleidung und die veränderten Besuchszeiten in den Anstalten zeitnahe Regelungen gefunden haben. Auch das habe ich Ihnen in meinem Bericht im Innen- und Rechtsausschuss deutlich gemacht.
Heute nun, meine Damen und Herren, steht die Große Anfrage der Piratenfraktion auf der Tagesordnung. Die Große Anfrage knüpft an meinen Bericht im Innen- und Rechtsausschuss vom 13. April 2016 an und thematisiert den Krankenstand bei den Bediensteten in den Vollzugsanstalten. Richtig ist, dass zu bestimmten Tageszeiten leider Einschlussmaßnahmen für Strafgefangene in einzelnen Abteilungen erfolgen mussten. Die Personaldecke war an diesen Tagen, nicht zuletzt bedingt durch die Krankenstände, nicht ausreichend. Teilweise fielen auch Freizeit- und Sportmaßnahmen aus. Dies ist sehr bedauerlich und muss meiner Meinung nach verändert werden.
In diesem Sinne handeln wir auch. Wir werden 20 zusätzliche Stellen im Justizvollzug schaffen. Hintergrund ist der nach wie vor bestehende erhöhte Krankenstand, der zu einer Verengung der Personalsituation führt. Auch das habe ich im Ausschuss - ich hätte fast gesagt - hoch- und runtergebetet. Das habe ich nicht nur bei der Gelegenheit getan, sondern ich meine auch, dass wir im Landtag eine Debatte dazu geführt haben. Sie wissen das also alles.
Um hier nachhaltig Abhilfe zu schaffen, haben wir - auch das wissen Sie - das betriebliche Gesundheitsmanagement eingeführt. In diesem Rahmen wurden bereits verschiedene Maßnahmen auf den Weg gebracht. Es ist aber immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die vollständige Wirkung dieser Maßnahmen eine gewisse Zeit benötigt. Diesen Prozess wollen wir mit der nötigen Sorgfalt fortführen. Zu dem Prozess selbst, glaube ich, muss ich keine weiteren Ausführungen machen. Auch das ist Ihnen alles bekannt.
Mit diesen 20 Stellen reduzieren wir den Ausfall durch Krankenstände, bezogen auf die Gesamtzahl von 700 Bediensteten des allgemeinen Vollzugsdienstes in den Justizvollzugsanstalten, um knapp 3 %.
Bei einem Krankenstand von gut 10 % bedeutet dies eine tatsächliche Belastung von 7 %. Wenn es uns gelingt, den Krankenstand mit Hilfe dieser 20 Stellen so zu reduzieren, dann werden uns dadurch wieder - ich sage einmal - je Prozentpunkt gut sieben Stellen zur Verfügung stehen. Also, diese Rechnung ist für uns ganz wichtig. Wichtig ist, dass wir im Blick haben, was wir tun können, um den Krankenstand zu reduzieren. Ich muss in diesem Forum nicht noch einmal sagen, dass wir mit die
sem Problem nicht alleine stehen. Wer Presse liest, weiß, dass das bundesweit ein Problem ist, dass alle Vollzugsanstalten in dieser Republik damit zu kämpfen haben.
Also, wir nehmen Rückmeldungen aus dem Vollzug ernst. Wir nehmen die Situation ernst. Wir arbeiten erfolgreich an Lösungen. Wir tun es - dies sage ich ganz selbstbewusst - ruhig, beständig und sachorientiert. Aufgeregte Pressemitteilungen im Wochentakt helfen uns in dieser Sache nicht weiter. Das hilft auch den Bediensteten nicht.
Doch nun, meine Damen und Herren, zurück zur Großen Anfrage. Zunächst einmal ist es wichtig festzuhalten, dass es auch an Tagen, an denen es zum Beispiel aufgrund des hohen Krankenstandes teilweise zu personellen Engpässen kommt, keinen durchgehenden Einschluss der betroffenen Gefangenen gibt. Die Gefangenen arbeiten tagsüber in den Betrieben oder nehmen an Qualifizierungsmaßnahmen teil. Auch die tägliche Freistunde ist gesichert. Die Einschränkungen erfolgen in der Regel erst am späten Nachmittag oder gegen Abend. Das ist wichtig zu wissen, gerade für die Einordnung der öffentlichen Debatte in diesem Zusammenhang. Richtig ist und bleibt aber auch: Mit einem geringeren Krankenstand in den Vollzugsanstalten könnte die Arbeit mit den Gefangenen ohne Einschränkungen erfolgen.
Wir haben deshalb - auch das habe ich gesagt - vor zwei Jahren einen Bericht zum betrieblichen Gesundheitsmanagement erarbeiten lassen und den BGM-Prozess in Gang gesetzt. Ich habe in diesem Zusammenhang wiederholt betont, dass dieser Prozess Zeit braucht. Es geht um komplexe Zusammenhänge, die in der Gesamtheit angegangen werden müssen, um nachhaltige Effekte zu erzielen.
Um nur ein paar ganz konkrete Maßnahmen exemplarisch zu nennen, damit Sie wissen, worum es geht: Im Sommer hat eine Führungskräftefortbildung begonnen, an der rund 100 Führungskräfte aus den Vollzugsanstalten teilnehmen. Die Fortbildungsmaßnahmen sind für mehrere Jahre geplant. Wichtig ist, dass sich Führungskräfte auf diesen BGM-Prozess einlassen. Das soll nicht nur in bestimmten Arbeitsgruppen thematisiert werden, sondern darauf sollen sich alle einlassen. Wichtig sind eben die Führungskräfte. Im Herbst wird die Erstellung von Leitbildern für die Anstalten ein Arbeitsschwerpunkt sein, und zwar unter Beteiligung mög