Protokoll der Sitzung vom 22.09.2016

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Anhaltende Zurufe)

Das Wort hat der Abgeordnete Lars Harms.

Es ist natürlich immer wieder schön, ständig mehr Stellen zu fordern, ohne wenigstens mit einem Halbsatz zu sagen, wie man sie finanzieren will.

(Zurufe)

- Heiner, das ist echt schade! Das ist ja kein Kinkerlitzchen. Es geht hier ja nicht um 3,50 €, sondern wir reden hier über Millionensummen, die ausgegeben werden sollen. Da sollte man schon sagen, wie man es sich ungefähr vorstellt, die Stellen zu finanzieren.

Herr Abgeordneter Harms, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Garg?

Noch nicht einmal eine Minute, ich bin gut. Okay, Heiner, klar.

Lieber Kollege Harms, ich habe mit meinem Zwischenruf zum Ausdruck bringen wollen, dass 40 Stellen in der Allgemeinen Abteilung im Innenministerium geschaffen wurden, obwohl wir gleichzeitig darüber reden, dass über ein Dienstleistungszentrum Personal Allgemeine Abteilungen in Zukunft im Zweifel komplett überflüssig werden. Zusätzlich zu den 20 Stellen wären diese 40 Stellen in den JVA möglicherweise eine größere Hilfe gewesen, als das Geld für die Stellen auszugeben, von denen ich bezweifle, dass sie wirklich notwendig gewesen sind.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

- Lieber Kollege Garg, der Unterschied ist: Unsere 40 Stellen sind finanziert, und die 80 Stellen von dem Kollegen Klug nicht. Das war meine Kritik.

(Christopher Vogt [FDP]: Die Antwort hat nicht so richtig Sinn gemacht! - Weitere Zu- rufe)

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sind uns darin einig, die Bugwelle der Überstunden abzubauen. Das müssen wir als nächsten Schritt angehen. Da gucken wir jetzt, wie wir das hinbekom

(Dr. Ekkehard Klug)

men. Es gilt auch hier, Schritt für Schritt jedes Stückchen weiterzumachen.

Es geht aber nicht - da gebe ich dem Kollegen Dudda recht - dass man einfach pauschal auf den Lohn der Bediensteten einen Aufschlag für mögliche zu leistende Überstunden macht. Das führt nämlich automatisch dazu, dass die Leute in dem Moment sagen: Okay, dann reiße ich hier noch ein paar Stunden ab, dann beute ich mich selber noch einmal aus, weil ich die Kohle haben will.

Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Der Anreiz muss vielmehr sein, in der Vergangenheit geleistete Stunden auszugleichen. Das ist ein kluger Ansatz. Der Ansatz der CDU erscheint mir nicht so klug.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Situation in Bezug auf den Krankenstand in den Justizvollzugsanstalten im Land ist natürlich ernst zu nehmen. Die Zahlen sind bisweilen deutlich höher, als man das für einen Durchschnittswert erwarten würde. Das ist klar, das bestreitet auch keiner. Zudem sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längerfristig erkrankt. Natürlich macht sich ein hoher Krankenstand auch an der einen oder anderen Stelle bemerkbar, wie in jedem anderen Betrieb auch. Personelle Engpässe kommen immer vor.

Herr Abgeordneter Harms, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung des Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Abgeordneten Kubicki?

Natürlich, gern.

Bitte schön.

Sehr geehrter Kollege Harms, nun ist es schon 18:30 Uhr; es kann sein, dass ich nicht mehr ganz aufmerksam war. Habe ich es richtig verstanden, dass Sie sagen, der Anreiz, Überstunden zu vergüten, sei nicht richtig, der Anreiz müsse vielmehr sein, Überstunden auszugleichen? Habe ich das richtig verstanden? Dann stelle ich mir die Frage im Hinblick auf die Polizei in Schleswig-Holstein, ob Sie die Erklärung des Innenministers, er wolle die Überstunden

der Polizei vergüten, statt durch Freizeit auszugleichen, für einen falschen Ansatz halten.

Lieber Kollege Kubicki, Ihre Frage deutet darauf hin, dass Ihre erste Aussage richtig ist, dass Sie um 18:30 Uhr wahrscheinlich nicht mehr ganz so aufmerksam und wach sind. Deswegen will ich das noch einmal erklären. Der Antrag der CDU sieht vor, dass man einen Aufschlag auf den Lohn für Überstunden macht, die abzugelten sind. Das kann dazu führen - das hat der Kollege Dudda gerade dargestellt -, dass sich ein Mitarbeiter genötigt sieht, mehr Stunden zu leisten, damit er diese Gelder rechtfertigen kann. Das Problem ist, dass sich die Leute dann ausbeuten.

Dazu habe ich gesagt: Es ist nicht klug - auch vor dem Hintergrund des Krankenstandes -, dass die Leute noch länger arbeiten als die Stunden, die sie tarifmäßig ohnehin arbeiten müssen. Klüger ist es, Überstunden, die in der Vergangenheit geleistet wurden, auszugleichen. Das muss der Punkt sein, an den wir uns als Nächstes machen, dass man beispielsweise bei den Überstunden, die bis Ende August 2016 geleistet worden sind, sagt: „Okay, wir gucken einmal, wie man die ausgleichen kann, damit die Leute Geld in der Tasche haben“, denn über ein Abarbeiten wird man das wahrscheinlich nicht hinbekommen.

(Beifall Dr. Ralf Stegner [SPD])

Uns geht es darum, für die Zukunft nicht zu sagen: Leute, ihr kriegt jetzt einen Lohn extra und müsst dafür mehr Stunden leisten; dann geht ihr eben mal 50 Stunden die Woche zur Arbeit, und dann werden wir sehen, wie das mit dem Krankenstand geht, das wird schon irgendwie gut gehen. Das wollen wir auf gar keinen Fall.

(Christopher Vogt [FDP]: Also lautet die Antwort Ja!)

Meine Damen und Herren, ich war eben beim Krankenstand. Es ist kein Geheimnis, dass es generell nicht ganz einfach ist, entsprechendes Personal zu finden, das dort tätig ist. Das ist nichts Neues.

Dazu muss man auch sagen, dass es bei den jeweiligen Anstalten durchaus erhebliche Unterschiede in Bezug auf den Krankenstand zu verzeichnen gibt. Es kann durchaus sein, dass das auch anstaltsspezifisch ist und man anstaltsspezifisch darauf reagieren muss. In der Antwort der Landesregierung auf die bereits erwähnte Große Anfrage wird deutlich, dass zum Beispiel der Krankenstand in der JVA

(Lars Harms)

Neumünster höher ist als in der JVA Itzehoe oder der Jugendanstalt Schleswig.

Nichtsdestotrotz belastet der hohe Krankenstand Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Gefangene gleichermaßen. Schichtdienst, Beaufsichtigung und Administration, all diese Dinge gilt es, in den verschiedenen Einrichtungen tagtäglich zu bewerkstelligen, 365 Tage im Jahr. Die Abläufe mögen in den einzelnen Anstalten unterschiedlich sein. Es mag durchaus sein, dass man in Lübeck anders reagiert als in Neumünster und dort wieder anders als in Schleswig. Das muss man sich anstaltsspezifisch ansehen.

(Zuruf Barbara Ostmeier [CDU])

Im Zweifelsfall ist das eine anspruchsvolle Tätigkeit, die auch der Gesundheit einiges abverlangt, wenn man in den JVA tätig ist. Daher ist es absolut richtig, dass die Ministerin vor geraumer Zeit ein entsprechendes Gesundheitsmanagement auf den Weg gebracht hat. Dieses Programm wurde seit 2012 kontinuierlich erweitert, mit den Betroffenen abgestimmt und umfasst neben Schulungen und Impfungen auch Sportangebote, die ein bisschen lächerlich gemacht wurden. Aber Sport kann der Gesundheit durchaus zuträglich sein. Zumindest ich als sportpolitischer Sprecher des SSW sehe das so.

(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich weiß nicht, wie das die Sportpolitikerin der CDU sieht.

(Barbara Ostmeier [CDU]: Überstundenrege- lung!)

Was sich simpel anhören mag, gestaltet sich in der Praxis zunehmend komplex; denn die Gründe für mangelnde Vitalität und Motivation sind vielschichtig. Wer längerfristig erkrankt ist, dem nützt auch die beste Prävention nichts. Diese Tatsache gehört auch zur Wahrheit dazu. Es mag auch Bedienstete geben, die durchaus Krankheiten haben, die überhaupt nichts mit ihrem Beruf zu tun haben. Auch das gibt es. Aber trotzdem glaube ich, dass das Gesundheitsmanagement ein vernünftiges Programm ist, das auch viele Leute erreichen wird und das auch, wenn es dann erst einmal angelaufen ist und wirkt - das kann durchaus noch etwas dauern -, dann seine Wirkung entfalten wird.

Zudem sei noch einmal gesagt, dass der Krankenstand auch bei anderen Beamten beziehungsweise Bediensteten im Land hoch ist. Hohe Fehlzeiten treten auch außerhalb der Justiz auf. Das soll jetzt auch keine Beschönigung darstellen, sondern es gilt

einfach nur, die Situation in den Einrichtungen einmal in Perspektive zu rücken. Grundsätzlich gilt es in allen Bereichen der Justiz, das Beste für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erreichen.

Dazu gehören auch mehr und vor allem renovierte Räumlichkeiten in den Anstalten. Auch das wurde immer wieder angemerkt, dass es wichtig für das Wohlbefinden der Bediensteten ist, dass die Räumlichkeiten modern sind, dass das, was sie an Infrastruktur vorfinden, auch etwas ist, womit sie zufrieden sein können. Das trägt auch zur allgemeinen Zufriedenheit und damit auch zur Gesundheit bei. Dies wurde durch ein umfassendes Sanierungsprogramm unter unserer Ministerin vorangetrieben.

Auch Tariferhöhungen, wie sie bereits in der jüngsten Vergangenheit umgesetzt wurden, gehören dazu.

Zudem wurden auch Untersuchungen durchgeführt, welche die Struktur in den Einrichtungen genauer beleuchten und aus denen man dann konkrete Maßnahmenvorschläge erarbeiten kann. Da wird also schon viel getan. Es gilt, das große Ganze ein bisschen im Blick zu behalten, um, wie bereits gesagt, auf den unterschiedlichen Ebenen eine Optimierung im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erlangen. Das tut die Ministerin vehement und seit 2012 unablässig.

Zudem muss man an dieser Stelle einmal anerkennend zur Kenntnis nehmen, dass im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern - das vergisst man vielleicht an der einen oder anderen Stelle - der Krankenstand in den Einrichtungen hier bei uns in Schleswig-Holstein doch relativ moderat ist. In Brandenburg hatte man 2015 etwa einen Krankenstand von über 16 %, in NRW sind gar 17 bis 18 % nicht unüblich. Hinzu kommt - das wurde auch schon gesagt -: Die Belegungsquote in den JVA in Schleswig-Holstein ist vergleichsweise niedrig, der Personalschlüssel somit bundesweit gesehen überdurchschnittlich hoch.

Zudem hat sich die Ministerin einen modernen Strafvollzug auf die Fahnen geschrieben, der die Resozialisierung klar in den Fokus stellt und diesen auch mit deutlichen Maßnahmen umsetzt. Dass man mit einer solchen Liberalisierung nicht immer nur Freunde gewinnt, ist auch klar. Doch das Ziel muss immer sein, den jeweils Einzelnen zu stärken, Perspektiven zu bieten und somit eine ehrliche Integration in unsere Gesellschaft zu ermöglichen; denn wenn die Gefangenen eine Perspektive haben - später, nachdem sie wieder herauskommen -, kann das dazu beitragen, dass es in der Justizvollzugsanstalt

(Lars Harms)

vernünftig zugeht. Das kann durchaus dazu beitragen, dass es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dort etwas besser geht.

Dies ist zumindest unser langfristiges Ziel, welches jedoch nur erreicht werden kann, wenn in der Tat der Personalschlüssel stimmt. Da ist schon einiges getan worden. Die Leute aus Rendsburg sind dann auf die einzelnen JVA verteilt worden. Seinerzeit sind sieben Stellen mehr geschaffen worden. Insofern ist es natürlich absolut richtig, den Personalkörper weiter zu erweitern. 20 Stellen mehr sind es jetzt dank unserer Ministerin. - Oh, jetzt ist es ja heraus: Unsere Ministerin war es. Es ist ja völlig erstaunlich. Was haben Sie eigentlich erwartet? - Natürlich ist es die Ministerin, die dafür verantwortlich ist, dass wir 20 Stellen mehr haben und dass es den Justizvollzugsanstalten jetzt besser geht als noch vor einer Woche. Wir vom SSW begrüßen die von der Ministerin angekündigte Aufstockung des Personals ausdrücklich.

(Unruhe)