Liebe Landesregierung, liebe FDP, es ist ja richtig und wichtig, dass wir uns jetzt mit der Digitalisierung angemessen beschäftigen. An Geschwindigkeit können Sie gerne noch einen Zahn zulegen. Aber wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Zu guter Letzt möchte ich noch etwas zu den Punkten sagen, die meine Vorredner angesprochen haben. Es gibt einen großen und konkreten Unterschied zwischen dem, was wir vorlegen, und dem, was die Landesregierung plant. Während die Landesregierung unter Thomas Losse-Müller eine Planung für die nächsten 20, 30 Jahre vorlegt, legen wir eine konkrete Planung vor, die man in den nächsten zwei, drei Jahren umsetzen kann. Das ist der Unterschied.
Ich möchte, weil das hier auch rübergekommen ist, das Engagement der Leute, die sich mit der Landesentwicklungsstrategie und auch mit der digitalen Agenda auseinandersetzen, nicht schmälern. Ich habe von Dritten sehr viel Gutes darüber gehört. Da stehen auch einige interessante Ansätze drin. Aber es sind halt unterschiedliche Konzepte. Diese widersprechen sich nicht. Wir als Opposition planen nicht für die nächsten 20, 30 Jahre, weil uns auch nicht die gleichen Mittel zur Verfügung stehen, sondern wir machen konkrete Vorschläge, die man jetzt konkret besprechen und in den Ausschüssen beraten kann. - Vielen Dank.
diesen umfangreichen Antrag mit insgesamt 33 Punkten. Er gibt uns die Gelegenheit, ein wichtiges Thema, das vielschichtig ist, auch auf vielschichte Art und Weise zu beleuchten. Ich möchte mich aus Zeitgründen lediglich auf drei Punkte beschränken.
Erstens: „digitale Grundbedürfnisse sichern“, heißt es da. Die Bundesregierung fabuliert noch immer von einem flächendeckenden Netz mit 50 Mbit/s. Tatsächlich läuft man den wachsenden Bandbreitenbedarfen technisch aber hinterher. Außerdem besteht die Gefahr, dass man zweimal investiert, nämlich erst in das 50-Mbit-Kabel und kurze Zeit später noch einmal in ein leistungsfähigeres Glasfaserkabel. Das ist reine Verschwendung und ignoriert die Interessen von Betrieben und Unternehmen.
Diese sind nämlich auf leistungsfähige Netze mit hohen Geschwindigkeiten angewiesen, um ihre Produkte weltweit anbieten zu können. Der 50-Mbit-Standard entspricht auch nicht dem Recht auf digitale Teilhabe der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Der Bund muss mit seinen Programmen also dringend nachsteuern. Gut, dass Schleswig-Holstein in Sachen Breitbandstrategie einen anderen Weg geht und damit inzwischen bundesweit Vorreiter ist. Der Beschluss der Landesregierung aus 2013, innerhalb von 17 Jahren Schleswig-Holstein flächendeckend mit Glasfaser zu erschließen, war und ist richtig.
Zweitens: Digitalisierung darf nicht zulasten der Beschäftigten gehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat in einer aktuellen Befragung herausgefunden, dass fast die Hälfte aller Beschäftigten durch die Digitalisierung der Arbeitswelt eine höhere Arbeitsbelastung erlebt. Wir selbst bemerken es natürlich auch: Die Erreichbarkeit rund um die Uhr und das zunehmende Multitasking belasten die Gesundheit. Hier müssen wir den Arbeitsschutz im Blick behalten. Das ist aber leider nicht so ganz leicht; denn anders als bei durch Schwerarbeit verschlissene Knochen zeigen sich die Belastungen durch digitale Faktoren nicht auf den ersten Blick.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die Gefahren des Homeoffice hinweisen. Viele Beschäftigte profitieren davon, dass sie zu Hause arbeiten können; das ist gar keine Frage. Im Flächenland Schleswig-Holstein erspart das zudem viele Fahrkilometer. Andererseits ist die Isolierung im Homeoffice eine ernste Gefahr für die Beschäftig
ten. Die Betriebs- und Personalräte beklagen darüber hinaus die schlechte tägliche Erreichbarkeit der Beschäftigten, die kaum oder selten im Betrieb sind. Es geht eben nicht nur alles über Telefon oder E-Mail, sondern manchmal bedarf es des persönlichen Kontaktes. Da kann viel mehr erledigt werden. Das fällt bei Homeoffice alles weg. Das heißt, das sind Menschen, die innerhalb einer Betriebsgemeinschaft völlig isoliert dastehen. Auch das wird zunehmend zu einem Problem, sodass wir an dieser Stelle darauf achten müssen, dass die Nachteile die Vorteile nicht auffressen.
Drittens: Die öffentliche Verwaltung wird durch die Digitalisierung bürgerfreundlicher. Zumindest ist es das, was wir immer wollen. Wir stellen uns immer vor, dass alles digital erledigt werden kann. Allerdings sind wir da noch weit von dänischen Verhältnissen entfernt, wo die Steuererklärung oder die Ummeldung innerhalb weniger Minuten vom heimischen Schreibtisch oder vom Handy aus erledigt werden kann. Aber wir müssen uns in der Bundesrepublik auch politisch entscheiden, wie wir den Spagat zwischen bürgerfreundlicher, einfacher und schneller Onlinebearbeitung auf der einen Seite und dem Wunsch nach Datenschutz und Datensicherheit auf der anderen Seite hinbekommen. Es wird eine große Herausforderung sein, diesen Spagat hinzubekommen. In Dänemark hat jeder Mensch eine Nummer, und unter dieser Nummer ist alles gespeichert. Deswegen ist es dort so einfach. Aber mit unserem Verständnis von Datenschutz ist das wahrscheinlich nicht vereinbar. Die große politische Frage ist, wie wir das hinbekommen. Das ist wesentlich wichtiger als sämtliche Technikdebatten, die wir da manchmal führen.
Zusammengefasst: Es ist klar, dass die Digitalisierung Veränderungen mit sich bringen wird. Einige sprechen von der digitalen Revolution, die eine ähnliche Bedeutung haben wird wie die industrielle Revolution seinerzeit. Es ist allerdings an den demokratischen Gremien, diese Entwicklung zu steuern. Da gibt es eben neben den technischen Herausforderungen auch und gerade die gesellschaftspolitischen Herausforderungen, die wir klären müssen. Dies muss eigentlich geklärt werden, bevor wir überhaupt über die Technik reden. Das wollte ich mit meiner Rede hier zum Ausdruck bringen. - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen aus dem Parlament liegen nicht vor. Jetzt hat die Landesregierung das Wort. Es spricht der Ministerpräsident Torsten Albig.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Harms hat es eben am Ende angesprochen: Welches wird die Bedeutung digitaler Veränderung sein? Ich glaube, sie wird größer als bei der industriellen Revolution sein, weil sie viel tiefer in alle gesellschaftlichen Lebensbereiche und eben nicht nur in die Arbeit eindringen wird. Die Frage, die wir uns stellen - deswegen begrüße ich den Antrag der FDP sehr -, ist: Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Wie werden wir interagieren? Wie werden wir lernen? Wie werden wir Kultur beziehungsweise Beteiligung organisieren? Wie werden wir Gesundheit abbilden? Was sind die großen Chancen? Ich glaube, es hat große Chancen, gerade für Schleswig-Holstein, das in einer herkömmlichen ökonomischen Ableitung eher am Rande ökonomischer Ströme lag und jetzt über eine digitale Welt in die Mitte gelangen kann; am Ende hängt es nur davon ab, dass man entsprechende Datenleitungen vor Ort hat. Das ist ein großes Potenzial an Chancen.
Aber was sind die negativen Herausforderungen, denen wir uns entgegenstellen müssen? Wie verhalten wir uns zu der wachsenden Abhängigkeit von einer Pseudovielfalt an Informationen im Netz, die sich durch nichts von Monopolen bisheriger Medienbereiter unterscheidet? Wir glauben nur, dass es vielfältiger ist. Tatsächlich ist die amorphe Masse an Informationen, die ausgetauscht wird, genauso gesteuert und abhängig von anderen. Wir merken es nur nicht mehr. Wenn wir mit unseren Kindern reden, erleben wir, welche Wirkungen das auf das Miteinander hat.
Die Frage ist - Herr Vogt hat es gesagt, und ich glaube, auch wenn es alt ist, ist es weiterhin richtig, weil wir noch keine Antwort darauf haben -: Wie gehen mit der wichtigsten Währung, unseren Daten, um? Wir sind bereit, sie - bis auf den Staat beliebig jedem in den Hals zu werfen. Da sind wir und die PIRATEN ein bisschen misstrauischer. Ansonsten können wir gar nicht schnell genug unsere beste, teuerste Währung an Gott und die Welt verteilen. Was ist das eigentlich? Wie - das erleben wir in diesen Zeiten - gehen wir mit dem aus dem Netz flutenden Hass um, der in die Gesellschaft im Augenblick, wie ich finde, auf eine Art und Weise eindringt, die unerträglich geworden ist?
Wie wappnen wir uns vor dieser Herausforderung? Ich begrüße diesen Antrag sehr, weil wir am 6. Dezember die digitale Agenda der Landesregierung im Kabinett besprechen. Wir sind also gar nicht so weit auseinander, lieber Herr Vogt.
In der Landesentwicklungsstrategie ist die Digitalisierung die oberste Leitlinie all dessen, was wir im Grünbuch diskutieren. Ich habe wahrgenommen, dass noch nicht jeder die Funktion eines Grünbuchs durchdrungen hat. Aber das nehme ich in Kauf. Ich glaube, den Diskurs, den wir über die Landesentwicklungsstrategie Schleswig-Holstein 2030 führen, führen wir nicht, weil wir nicht geglaubt hätten, auf dem Weg hin ins Jahr 2030 nicht schon Ziele zu erreichen, sondern weil wir miteinander einen Zeitraum abbilden, der sinnvolle Entwicklungslinien als einen permanenten Prozess beschreiben soll. In dieser Landesentwicklungsstrategie ist in jedem einzelnen Unterpunkt der dort beschriebenen Punkte die Digitalisierung der relevante und entscheidende Treiber. Deswegen müssen zu all diesen Fragen, die Sie genannt haben, Antworten gefunden werden.
Zugegebenermaßen konzentrieren wir uns in unserer digitalen Agenda auf die Landesteile, also nicht so sehr auf das, was europa- und bundesrechtlich eine Rolle spielt, aber das muss mit angekoppelt werden, das ist völlig richtig. Wir haben das mit Herrn Oettinger beim letzten Besuch in Brüssel durchaus intensiv diskutiert, wie wir das vernetzen, wie wir Medienpolitik machen. Wenn wir jetzt 500.000 € für die digitale Bildung in den Nachtrag hineinnehmen, dann ist das auch ein Versuch, digitale Bildung voranzubringen, weil wir glauben, dass es notwendig ist.
Es reicht nicht, WhatsApp-Gruppen bilden zu können, es reicht nicht, die Technik von Smartphones beherrschen zu können, sondern ich muss auch, wenn ich Souveränität über dieses Medium errei
Wir sind - zugegebenermaßen nicht allein aufgrund unseres Verdienstes - in einer ganz guten Ausgangssituation: 25 % Glasfaseranschluss sind gut, und wir sind nach unserer Evaluation zuversichtlich, dass wir das Ziel 90 % bis 2025 erreichen können und erreichen werden. Das ist in Deutschland ein sehr ordentlicher Grundwert. Wir, die wir Infrastruktur schaffen, und viele lokale Betreiber sind es, die es möglich machen.
Wir sind froh, dass auch unsere Unternehmen - der letzte Vodafone-Atlas zum Digitalisierungsgrad im Bundesländervergleich zeigt es -, dass unser Mittelstand auf Platz drei bei der digitalen Nutzung ist. Wir sind froh - es ist eben angesprochen worden -, dass wir in Flensburg eine große veritable Gründerszene sehen - auf Platz 15 bundesweit -, dass wir Hochschulen haben, die gute, kleine, exzellente Projekte im Bereich Online-Learning, im Bereich IT-Entwicklung, im Mediendesign und bei Medienwissenschaften voranbringen. An allen Hochschulen finden wir Entrepreneurship-Lehrstühle oder Unterricht darin. All dieses ist auf dem Weg. All dieses treibt uns miteinander um.
Herr Ministerpräsident, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung oder -frage des Herrn Abgeordneten Dr. Breyer?
Vielen Dank, Herr Ministerpräsident. - Mein Kollege Sven Krumbeck hat ja dargestellt, dass eine solche digitale Strategie, die auf 20 oder 30 Jahre ausgelegt ist, und ein digitaler Kompass von uns, der ganz konkrete Maßnahmen beschreibt, einander nicht ausschließen. Weil Sie darauf noch nicht eingegangen sind, hätte ich eine Frage zu einem unserer Vorschläge,
die darin stehen, denn ich habe aus Ihrer Regierungserklärung noch im Gedächtnis, dass Sie von einer Reise nach Skandinavien zurückgekommen waren und sagten, da gebe es überall WLAN, warum gibt es eigentlich bei uns noch nicht auf jedem Bauernhof WLAN? Wir brauchen es auch für Schleswig-Holstein. Einer unserer Vorschläge ist, einmal anzufangen und zu sagen: So, jetzt machen wir ein 1.000-WLAN-Programm, 1.000 öffentliche Gebäude werden mit WLAN ausgerüstet. Was halten Sie davon? Oder haben Sie einen anderen Vorschlag, wie wir dem Ziel näherkommen wollen, dass wir auch in Schleswig-Holstein -